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Ausführliche Sitzungsberichte
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Mittwoch, 23. März 2011 - Brüssel Ausgabe im ABl.
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
 2. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 3. Begrüßung
 4. Erklärungen des Präsidenten
 5. Zusammensetzung der Ausschüsse und Delegationen: siehe Protokoll
 6. Zusammensetzung der Fraktionen: siehe Protokoll
 7. Auslegung der Geschäftsordnung: siehe Protokoll
 8. Zusammensetzung des Parlaments
 9. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 10. Anfragen zur mündlichen Beantwortung und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll
 11. Mittelübertragungen: siehe Protokoll
 12. Arbeitsplan: siehe Protokoll
 13. Abstimmungsstunde
  13.1. Änderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (A7-0052/2011, Elmar Brok) (Abstimmung)
 14. Erklärungen zur Abstimmung
 15. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 16. Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates (24.-25. März 2011) (Aussprache)
 17. Lage in Japan, einschließlich der alarmierenden Situation in den Kernkraftwerken (Aussprache)
 18. Schaffung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU (Aussprache)
 19. Zwangsvorladungen der USA und Datenschutzbestimmungen der EU (Aussprache)
 20. Rechte der Verbraucher (Aussprache)
 21. Durchführung der Richtlinie über die Kraftstoffqualität unter Einbeziehung eines EU-Standardwerts für ölhaltige Sande und Ölschiefer (Aussprache)
 22. Allgemeine Zollpräferenzen (Aussprache)
 23. Ausführungen von einer Minute (Artikel 150 GO)
 24. Beziehungen der EU zum Golf-Kooperationsrat (kurze Darstellung)
 25. Berichtigung (Artikel 216 der Geschäftsordnung): siehe Protokoll
 26. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 27. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: Jerzy BUZEK
Der Präsident

(Die Sitzung wird um 15.10 Uhr eröffnet)

 
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
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  Der Präsident. – Ich erkläre die am Donnerstag, den 10. März 2010, unterbrochene Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für wieder aufgenommen.

 

2. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
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3. Begrüßung
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  Der Präsident. – Ich möchte Frau Maria Romana de Gasperi, die Tochter des großen italienischen Staatsmanns, Alcide de Gasperi, der zu den Gründervätern der Europäischen Union gehört, begrüßen.

(Beifall)

 

4. Erklärungen des Präsidenten
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  Der Präsident. – Außerdem möchte ich Sie über beunruhigende Nachrichten aus den Staaten in dem uns benachbarten arabischen Raum informieren: Aus Bahrain, Syrien und dem Jemen. In allen genannten Ländern werden Demonstrationen von Menschen, die den demokratischen Umbruch fordern, mit Gewalt unterdrückt.

Regierungen, die Waffen gegen ihre eignen Bürgerinnen und Bürger einsetzen, verlieren jegliche demokratische Legitimation. Die Gewalt muss beendet werden, und alle Verantwortlichen müssen sich vor Gericht verantworten.

Mein nächster Punkt: Ich möchte Sie darüber informieren, dass wir heute über den Rücktritt von Herrn Thaler, einem unserer Kollegen, vom Parlament informiert wurden. Ein zweites Mitglied des Parlaments, Herr Strasser, hat sein Vorhaben bekanntgegeben, in den nächsten paar Tagen vom Parlament zurückzutreten. Ein drittes Mitglied – Herr Severin – hat die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament verlassen und ist ein fraktionsloses Mitglied geworden.

Diese Rücktritte sind eine Konsequenz einer Reihe von Anschuldigungen über unangemessenes Verhalten einiger Mitglieder dieses Hauses, die in der Presse aufgetaucht sind. Heute Morgen habe ich ein Krisentreffen des Präsidiums einberufen, um die Situation zu besprechen. Wir treffen uns heute Abend wieder, um unsere Diskussion fortzuführen.

Ich spreche im Namen des Präsidiums des Europäischen Parlaments, und ich denke, auch im Namen der Mehrheit der Mitglieder des Parlaments in diesem Plenarsaal, wenn ich sage, dass wir bei den Aktionen, die zum Rücktritt unserer Kolleginnen und Kollegen geführt haben, ganz klar eine Null-Toleranz-Politik verfolgen werden.

(Beifall)

Als von Ihnen gewählter Präsident, meine Damen und Herren, ist es mein Ziel, die Integrität dieses Hauses und aller seiner Abgeordneten zu bewahren. Ich möchte Sie an die große öffentliche Verantwortung erinnern, die auf uns, den vom Volk gewählten Abgeordneten, lastet. Die Bürgerinnen und Bürger haben uns das Recht anvertraut, in ihrem Sinne Autorität auszuüben. Wir dürfen dieses Vertrauen nicht enttäuschen. Das Präsidium hat beschlossen, dass wir die Lehren aus diesem unglücklichen Vorfall ziehen müssen. Das Parlament versucht, allen Tatsachen auf den Grund zu gehen. Wir werden mit den verantwortlichen Behörden umfassend zusammenarbeiten, um alles, was geschehen ist, zu erklären und alle Informationen zu auszuwerten. Auf die Bitte des Präsidiums werde ich mit den nationalen Ministerien für auswärtige Angelegenheiten der Staaten der betroffenen Mitglieder in Kontakt stehen, um herauszufinden, welche Maßnahmen die Justizbehörden in diesen Staaten planen.

Im Parlament müssen wir für die Zukunft an einer Stärkung unseres internen Verhaltenskodex bei Angelegenheiten dieser Art arbeiten, und das beinhaltet ernstere Sanktionen. Wir denken, dass die jüngsten Ereignisse die Notwendigkeit des Bestehens eines rechtlich bindenden Verhaltenskodex für Lobbyisten, die in den Institutionen der Europäischen Union arbeiten, zeigen.

(Beifall)

Ich werde Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

 
  
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  Sonia Alfano (ALDE). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich wollte sprechen, bevor Sie das Bestreben des Parlaments betonten, den Rücktritt des anderen Mitglieds des Europäischen Parlaments zu fordern – des letzten Mitglieds des Parlaments, das noch nicht zurückgetreten ist.

Ich danke Ihnen und dem Parlament für das Treffen einer klaren und deutlichen Entscheidung für die Anwendung einer Null-Toleranz-Politik, denn hierbei geht es um die Glaubwürdigkeit jedes Einzelnen in diesem Parlament, und vor allem müssen wir uns daran erinnern, dass wir 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger vertreten und nicht die Lobbys. Vielen Dank.-

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI).(FR) Herr Präsident, ich stimme Ihrer Ernsthaftigkeit vollkommen zu. Ich hoffe, dass dies auch auf Journalisten zutreffen wird, die nicht für Unruhe sorgen dürfen, um einen Verstoß zu provozieren, und die sich auch eindeutig unethisch verhalten haben. Was den Rest betrifft, ist dieses Plenum zu sehr der Unschuldsvermutung verbunden, als dass ich diese Angelegenheiten weiter ausführen kann.

 
  
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  Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Direkt anschließend möchte ich den Journalisten verteidigen. Ich finde es sehr lobenswert, was da passiert ist. Ist Ihnen bewusst, Herr Buzek, dass es noch ein Dutzend weitere Fälle geben wird? Werden Sie sich der Empfehlung anschließen, die wir von der Liste Martin gerne ausbringen möchten, dass diese Kollegen zurücktreten, bevor sie in den Medien bloßgestellt werden, um weiteren Schaden von dem großen europäischen Friedensprojekt abzuwenden?

Ich bitte Sie deshalb, diese Aufforderung im Präsidium zu berücksichtigen und auch den Fraktionen mitzuteilen.

 
  
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  Joanna Senyszyn (S&D).(PL) Herr Präsident, in Ihrer Erklärung sagten Sie, dass Sie die Meinung des Präsidiums und der Mehrheit des Parlaments vertreten. Es ist die Meinung des gesamten Europäischen Parlaments. Wir sind gegen die Taten unserer vier ehemaligen Kollegen. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Martin Schulz (S&D). - Herr Präsident! Ich hätte mich nicht zu Wort gemeldet, wenn es nicht die vorletzte Wortmeldung gegeben hätte. Ich glaube, Null-Toleranz gilt für alle Mitglieder dieses Hauses. Deshalb möchte ich folgende Frage stellen und ich bitte um eine klare Antwort: Können Sie, Herr Präsident, oder kann der Generalsekretär dieses Parlaments bestätigen, dass der Abgeordnete Martin auf der Grundlage eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs wegen unregelmäßiger Buchführung 168 000 Euro an das Europäische Parlament zurückzahlen muss?

(Beifall)

 
  
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  Der Präsident. – Meine Damen und Herren, ich schlage vor, dass wir mit den nächsten Tagesordnungspunkten fortfahren.

 

5. Zusammensetzung der Ausschüsse und Delegationen: siehe Protokoll
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  Nirj Deva (ECR). - Herr Präsident, wäre es für dieses Parlament nicht angemessen – da das Erdbeben in Japan und das Leiden in Japan in letzter Zeit an zweiter Stelle standen –, sich an die Menschen in Japan zu erinnern und sich mit ihrer Demokratie solidarisch zu zeigen, indem wir in einer Schweigeminute unser Beileid ausdrücken?

 
  
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  Der Präsident. – Letzte Woche hielten wir ein Treffen aller Mitglieder des Europäischen Parlaments mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission und dem Präsidenten des Rats der Europäischen Union, Herrn Van Rompuy, ab. Zu Beginn dieses Treffens bekundete ich unsere Anteilnahme mit der gesamten japanischen Nation. Ich sprach auch über das schreckliche Leid. Wir empfinden tiefes Mitgefühl für die Menschen in Japan. Wir hielten im Plenarsaal auch eine Schweigeminute ab, um derer zu gedenken, die bei dieser Katastrophe gestorben sind. Es gab auch eine kurze Aussprache zu diesem Thema. Ich denke, dass das Haus alles Notwendige getan hat, um den Menschen in Japan unsere Solidarität auszusprechen. Vielen Dank.

(Beifall)

 

6. Zusammensetzung der Fraktionen: siehe Protokoll

7. Auslegung der Geschäftsordnung: siehe Protokoll

8. Zusammensetzung des Parlaments
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  Der Präsident. – Die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament informierte mich, dass Herr Severin ab heute kein Mitglied der Fraktion mehr ist. Dieses Mal ist es eine offizielle Mitteilung. Gemäß Artikel 211 Absatz 3 hat der Ausschuss für konstitutionelle Fragen die folgende Auslegung von Artikel 128 mit dem Titel „Verfahren vor dem Gerichtshof“ vorgeschlagen. Die ganze Auslegung wurde Ihnen zur Kontrolle zugänglich gemacht. Die oben genannte Auslegung wird als angenommen erachtet, wenn bis zur Eröffnung der Sitzung am Donnerstag, den 24 März 2011, keine Einwände erhoben werden. Das heißt, dass Sie bis morgen um 9.00 Uhr Zeit haben, Einspruch gegen diese Auslegung zu erheben. Das ist eine lange Zeit, und daher werde ich sie nicht vorlesen. Sie alle haben aber Zugang zu dieser Auslegung.

Ich möchte Sie auch offiziell darüber informieren, dass Herr Thaler mit Wirkung vom 21. März 2011 vom Parlament zurückgetreten ist. Gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 3 nimmt das Parlament den Rücktritt zur Kenntnis und stellt das Freiwerden dieses Sitzes ab dem eben genannten Datum fest. Frau Soullie tritt mit Wirksamkeit ab dem 24. März 2011 vom Parlament zurück. Gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 3 nimmt das Parlament den Rücktritt zur Kenntnis und stellt das Freiwerden dieses Sitzes ab dem eben genannten Datum fest. Außerdem haben die zuständigen Behörden in Frankreich mich informiert, dass Frau Soullie mit Wirksamkeit ab dem 24. März 2011 durch Herrn Hortefeux ersetzt wird. Ich nehme an, dass Herr Hortefeux heute unter uns ist. Sind Sie im Plenarsaal, Herr Hortefeux? Wir sehen ihn nicht. Er ist nicht hier.

Gemäß Artikel 3 Absatz 2 wird Herr Hortefeux seinen Sitz im Parlament und seinen Gremien einnehmen und alle dazugehörigen Rechte ausüben können, bis seine Unterlagen überprüft sind oder es betreffend Streitfragen ein Urteil gibt, sofern er vorher schriftlich erklärt hat, dass er keine Ämter bekleidet, die unvereinbar mit dem Mandat als Mitglied des Europäischen Parlaments sind. Jetzt möchte Herr Cohn-Bendit etwas sagen.

 
  
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  Daniel Cohn-Bendit (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident, Sie wissen, genau wie ich, dass die Möglichkeit, dass Herr Hortefeux ein Mitglied dieses Parlaments wird, rechtlich angefochten wird. Genauso finde ich es etwas enttäuschend, dass die französische Regierung nicht wartet, bis sein Status verifiziert ist. Da Herr Hortefeux seine Annahme des Platzes nicht bekannt gegeben hat und nicht an der Eröffnungssitzung in Straßburg teilgenommen hat, kann der nicht die Abgeordnete ersetzen, die er ersetzen möchte.

Daher rufe ich die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), die behauptet, so legalistisch zu sein, auf, auf eine rechtliche Entscheidung darüber zu warten, ob Herr Hortefeux in diesem Plenarsaal sitzen darf oder nicht. Andernfalls ist es eine rechtliche Ungeheuerlichkeit. Es ist, als ob wir eine konstruieren.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE).(FR) Herr Präsident, dies ist nicht das erste Mal, dass unser Kollege, Herr Cohn-Bendit, der einen Präsidenten – einen Premierminister – als Diktator des Typs Hugo Chavez bezeichnete, die Demokratie missachtet hat. Brice Hortefeux wurde im Juni 2009 als Mitglied des Europäischen Parlaments gewählt. Das ist unstrittig. Zu dem Zeitpunkt war er als Innenminister berufen. Das französische Gesetz besagt, dass gewählte Vertreterinnen und Vertreter des Europäischen Parlaments, die der Regierung angehören, ihren Sitz wiedererlangen können, wenn sie die Regierung verlassen. Das ist genau ...

(Unterbrechung durch Herrn Cohn-Bendit: Er hatte keinen Sitz. Das ist das Problem, Herr Audy“).

Brice Hortefeux wurde als Abgeordneter des Europäischen Parlaments gewählt. Akzeptieren Sie das?

Ich werde zum Schluss zu kommen, Herr Präsident. Laut der Verträge und des Gesetzes liegt die Entscheidung über die Ernennung ihrer Mitglieder des Europäischen Parlaments eindeutig bei den Mitgliedstaaten. Da Brice Hortefeux gewählt ist, wurde er zu Recht von den französischen Behörden aufgestellt, um in diesem Plenarsaal zu sitzen. Ihre Aussage ist nicht hinnehmbar.

 
  
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  Joseph Daul (PPE).(FR) Herr Präsident, ich möchte Herrn Cohn-Bendit einfach sagen, dass zuerst ein offizieller Antrag gestellt werden muss, um einen Sitz in Frage zu stellen. Wenn kein Antrag gestellt wird, kann der Rechtsausschuss die Situation nicht untersuchen.

Ich schlage vor, dass Sie nachdenken, bevor Sie auf diese Art intervenieren. Das ist alles.

(Unterbrechung durch Herrn Cohn-Bendit: „Ja, aber er hat vielleicht keinen Sitz“)

Sie sind derjenige, der mich bittet, das Gesetz zu befolgen. Ich habe immer das Gesetz befolgt. Lassen Sie uns jetzt darauf warten, dass der Rechtsausschuss sein Urteil fällt. Er kann ohne einen Antrag keine Entscheidung treffen. Wenn der Antrag nicht dem Gesetz entspricht, wird es uns der Rechtsausschuss sagen. Lassen Sie es mich noch einmal sagen: Denken wir nach, bevor wir handeln.

 
  
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  Sylvie Goulard (ALDE).(FR) Herr Präsident, ich stimme der Ansicht vollkommen zu, dass wir auf die Ergebnisse der rechtlichen Beurteilung warten sollten. Ich möchte einfach nur eines sagen: Wir sind in unserem Land Zeugen von wachsendem Extremismus, und das liegt zweifellos daran, dass ein Teil der politischen Klasse der Auffassung ist, dass sie über Mandate und Posten beliebig verfügen kann. Wir erwarten etwas mehr von Frankreich – besonders im Hinblick auf das Parlament, welches seinen Sitz in Straßburg hat.

 
  
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  Der Präsident. – Ich würde gerne auf die Worte zurückkommen, die ich eben gerade vorgetragen habe. Bis seine Unterlagen überprüft sind oder es betreffend Streitfragen ein Urteil gibt, ist Herr Hortefeux ein Mitglied des Europäischen Parlaments und handelt gemäß den Bestimmungen für Mitglieder des Europäischen Parlaments. Die Angelegenheit wird begutachtet.

 

9. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

10. Anfragen zur mündlichen Beantwortung und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll

11. Mittelübertragungen: siehe Protokoll

12. Arbeitsplan: siehe Protokoll
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13. Abstimmungsstunde
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Für Einzelheiten zum Abstimmungsergebnis: siehe Protokoll)

 

13.1. Änderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (A7-0052/2011, Elmar Brok) (Abstimmung)
 

- Vor der Abstimmung:

 
  
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  Elmar Brok, Berichterstatter. − Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Dieser Europäische Stabilitätsmechanismus ist notwendig, damit eine dauerhafte rechtliche Absicherung gegeben ist, damit die Solidarität mit Ländern, die Probleme haben, gewährleistet, aber auch der Euro gesichert wird, die notwendige budgetäre Disziplin gewährleistet ist und Wachstumsfragen gemeinsam geklärt werden.

Dies konnte – wegen der Länge der Zeit, die ein normales Verfahren gedauert hätte, und auch um ein Referendum in einigen Mitgliedstaaten zu vermeiden – nur mit einem vereinfachten Vertragsänderungsverfahren geregelt werden. Das Parlament sagt allerdings, dies sollte nicht zu einem üblichen Verfahren werden, denn hier sollte eigentlich nach dem ordentlichen Vertragsänderungsverfahren vorgegangen werden.

Die ursprünglichen Vorschläge sahen vor, dass dies ein rein intergouvernementaler Ansatz sein sollte, bei dem die Kommission kaum eine Rolle und das Europäische Parlament gar keine Rolle spielte. Wir können Ihnen heute berichten, dass aufgrund der Verhandlungen, die wir mit der Kommission, der Europäischen Zentralbank, dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Vorsitzenden der Eurogruppe geführt haben, in nahezu allen Dingen, wo es um Vorlagen, Prüfungen, Entscheidungsgrundlagen geht, wo es darum geht, den Rahmen festzulegen, eine Verordnung vorzuschlagen, um dies in einem Gemeinschaftsverfahren zu regeln, vom Europäischen Rat, vom Finanzministerrat bisher akzeptiert wurde, dass auch das Europäische Parlament im Rahmen dieses Verfahrens eine Rolle spielen kann und in diesen Fragen eine Rolle spielen wird.

Deswegen sind wir vom Ausgangspunkt her nicht glücklich gewesen, aber ich glaube, wenn gemeinschaftliche Institutionen genutzt werden und wir wie in der Vergangenheit mit intergouvernementalen Verfahren anfangen können, dass es dann leicht ist, wenn die Stunde da ist, zu einer reinen Gemeinschaftspolitik zu kommen. Da die institutionellen Voraussetzungen dafür geschaffen sind, können wir Ihnen vorschlagen, dass wir dieses Vertragsänderungsverfahren des Europäischen Rates billigen und in Gang setzen. Dafür haben wir hier entsprechende Änderungsanträge mit einmütiger Zustimmung des Ausschusses für konstitutionelle Fragen vorgelegt. Wir müssen sehen, dass unsere Interpretationen durch Briefe des Vorsitzenden der Eurogruppe und des Währungskommissars sowie durch einen Brief des Präsidenten des Europäischen Rates auch angenommen und bestätigt werden. Ich glaube, dass dies eine verlässliche Grundlage ist, dass wir dem hier zustimmen können, um auf diese Art und Weise den Euro, der ein großer Erfolg für Europa ist, zu sichern und hier gemeinsam voranzugehen.

 
  
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  Roberto Gualtieri, Berichterstatter. (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, bei dem Bericht, über den wir abstimmen werden, haben wir noch Vorbehalte bei der Entscheidung über die Zustimmung zu einer Änderung des Vertrags über den zwischenstaatlichen Charakter dieses Mechanismus, aber gleichzeitig sind wir dafür, denn – wie Herr Brok erklärte – erlaubten uns die von uns geführten Verhandlungen, wichtige neue Ziele zu erreichen, die vor allem mit der Tatsache im Zusammenhang stehen, dass die Bedingungen, die im Zusammenhang mit der Hilfe stehen, durch eine Verordnung bestimmt werden, das heißt, durch ein Mitentscheidungsverfahren.

Es ist daher gerecht, dafür zu stimmen, und ich möchte gerne den zahlreichen Abgeordneten des Europäischen Parlaments danken, die zu diesem Ergebnis beigetragen haben, und die Ehre der Zusammenarbeit mit Herrn Brok, den sehr hilfreichen Rat von Herrn Pirillo und auch die Arbeit der zwei Berichterstatter des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) erwähnen: Herr Scicluna und Herr Gauzès, Herr Schade, Frau Häfner und die Gruppe der Koordinatoren und natürlich die Vorsitzenden der Fraktionen, die uns entscheidende politische Unterstützung gegeben haben – vielen Dank.

 
  
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  Der Präsident. − Ich möchte den Präsidenten der Europäischen Kommission und die Vizepräsidentin der Kommission begrüßen, die bei uns sind, und auch die amtierende Präsidentin des Rats. Es geht heute um einige sehr wichtige Abstimmungen. Wir wissen das sehr genau, und deswegen danke ich Ihnen für Ihre Anwesenheit in solch einem wichtigen Moment.

Meine Damen und Herren, Sie werden sich morgen zur Abstimmung äußern können. Jetzt ist nicht die Zeit für Erklärungen zur Abstimmung. Daher unterlassen Sie bitte solche Bemerkungen. Morgen nach der Abstimmung wird es Zeit für Kommentare zu allen Themen geben – zu den Themen von heute und morgen zusammen.

 

14. Erklärungen zur Abstimmung
  

Bericht: Elmar Brok, Roberto Gualtieri (A7-0052/2011)

 
  
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  Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich. (PT) Ich stimme für diesen Bericht, denn der Vorschlag des Europäischen Rats zur Schaffung eines ständigen Stabilitätsmechanismus würde ein zwischenstaatliches Verfahren jenseits des EU-Rahmens schaffen, was ein gefährlicher Präzedenzfall wäre. Die europäischen Institutionen, besonders die Europäische Kommission und das Parlament, müssen ein integraler Bestandteil dieses Gremiums mit der Kommission sein – als ein Mitglied und nicht als ein Beobachter. Das Parlament ist eine wichtige Organisation zur demokratischen Überwachung, und der Rat sollte den Vorschlag der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament zur einem möglichen Kompromiss über die Beteiligung des Parlaments an den operationellen Komponenten des Mechanismus berücksichtigen. Somit möchte ich die Aussage des Berichts betonen, dass „der Mechanismus nicht zu einem neuen Modell europäischen Regierens führen sollte, das hinter dem in der Union erreichten Niveau demokratischer Standards zurückbleibt“. Des Weiteren darf der Stabilitätsmechanismus nur als ein Teil des Rahmens von Lösungen für europäische wirtschaftspolitische Steuerung angesehen werden. Die Kommission sollte zum Beispiel das Potential eines zukünftigen Systems von Eurobonds untersuchen.

 
  
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  Sophie Auconie (PPE), schriftlich.(FR) Der Europäische Rat, in dem die europäischen Staats- und Regierungschefs zusammenkommen, diskutiert gegenwärtig über die Einführung eines Stabilitätsmechanismus für Mitgliedstaaten, die dem Euroraum angehören. Das Ziel ist die gemeinsame Sicherung der finanziellen Stabilität der Union, die derzeit untergraben wird. In dieser Entschließung, die ich für ausgewogen halte, begrüßt das Parlament diese Initiative, aber es äußert eine Bitte, über die angestrebten temporären Maßnahmen zur Stabilisierung des Euroraums hinauszugehen. Ich teile diese Ansicht und glaube, dass die EU ihre wirtschaftspolitische Steuerung weiter stärken muss, um zu stabilisieren – natürlich – aber auch, um nachhaltiges Wachstum zu fördern.

 
  
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  Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich.(LT) Wir haben heute für die Abänderung von Artikel 136 des Vertrags von Lissabon gestimmt, was die EU in die Lage versetzen wird, einen Stabilitätsmechanismus einzurichten, der nur für Mitglieder des Euroraums bestimmt ist. Der europäische Stabilitätsmechanismus wird die Stärkung der Haushaltsdisziplin und die Koordinierung wirtschaftlicher und finanzieller Strategien der Mitgliedstaaten des Euroraums zum Ziel haben. Das beinhaltet eine gemeinsame europäische Reaktion auf Herausforderungen wie Wachstum, Bewältigung wirtschaftlicher und sozialer Unausgewogenheiten und Verbesserung von Wettbewerbsfähigkeit. Ich glaube, dass dieser Mechanismus größere finanzielle Stabilität im Euroraum sicherstellen wird und die wirtschaftliche Erholung der Mitgliedstaaten des Euroraums beschleunigen wird. Aber Staaten, die nicht im Euroklub sind und von der Krise am härtesten getroffen wurden, bleiben außen vor, und der Weg zu einer schnelleren und nachhaltigeren wirtschaftlichen Erholung wird blockiert sein. Ich glaube, dass die EU größere Solidarität zeigen muss und die Mitgliedstaaten voll unterstützen muss, um sie in die Lage zu versetzen, dem Klub der Staaten im Euroraum beizutreten und vollwertige Mitgliedstaaten der EU zu werden.

 
  
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  Slavi Binev (NI), schriftlich. – (BG) Als ein Vertreter Bulgariens im Europäischen Parlament habe ich gegen den Beschlussentwurf gestimmt, denn ich denke, dass er unterschiedliche Maßstäbe ansetzt – etwas, was ich entschieden ablehne. Wir haben bereits im Fall von Griechenland solche unterschiedlichen Maßstäbe gesehen: Anstatt bestraft zu werden, wurde es mit 120 Mrd. EUR belohnt, während Bulgarien sich sorgt, dass es auf seine Zukunft im Euroraum warten muss.

 
  
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  Jan Březina (PPE), schriftlich. – (CS) Die Einführung des Stabilitätsmechanismus für Staaten, die mit dem Euro bezahlen, markiert die erste Anwendung der vereinfachten Änderungsoption des Vertrags von Lissabon. Dies ist eine Änderung, die auch von Staaten unterstützt werden sollte, die nicht mit dem Euro bezahlen, denn die Stabilität des Euro ist zweifellos in ihrem wesentlichen Interesse. Aber der Mechanismus sollte meiner Meinung nach nicht übermäßig genutzt werden, und ich bin erfreut, dass wir die Idee aufrechterhalten haben, dass er nur in Fällen angewandt werden sollte, in denen es absolut entscheidend ist. Das ist ein wichtiges Signal im Hinblick auf die Verantwortung von Staaten und Gläubigern, weil dadurch keine „Transferunion“ geschaffen wird, in der finanziell verantwortungslose Staaten ihre Angelegenheiten auf Kosten der finanziellen Situation von Staaten regeln, die ihre öffentlichen Finanzen konsolidiert haben. Ich bin im Gegenteil nicht besorgt, dass die vorgeschlagene Änderung die Bedingungen zur Einführung eines Stabilitätsmechanismus schaffen würde, der vollkommen außerhalb des Rahmens der Union liegt. Die Auslegung und Anwendung der relevanten Bestimmung des Vertrags von Lissabon wird in jedem Fall der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs unterliegen. Der Wille oder Unwille von Staaten, andere Unionseinrichtungen in diesen Mechanismus miteinzubeziehen, muss respektiert werden, und jede Art von zwischenstaatlichem Mechanismus ist sicherlich nicht zwangsläufig auf Kosten der Qualität oder demokratischen Legitimität apriorisch. Solange die finanzielle Seite des Stabilitätsmechanismus mit den nationalen Haushaltsplänen verbunden ist, ist es ziemlich verständlich und logisch, dass der Mechanismus von zwischenstaatlicher Natur sein sollte.

 
  
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  Zuzana Brzobohatá (S&D), schriftlich. – (CS) Der Bericht beinhaltet einen Vorschlag für einen europäischen Stabilitätsmechanismus, der einen integralen Bestandteil eines umfassenden Pakets von vorgeschlagenen Maßnahmen mit dem Ziel der Schaffung eines neuen Rahmenwerks repräsentiert, während er gleichzeitig die Haushaltsdisziplin und Koordination der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedstaaten verbessert. Dies sollte auch die Unterstützung einer gemeinsamen europäischen Reaktion auf Probleme im Bereich des Wachstums beinhalten und gleichzeitig zu einem Ende der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichte und zu größerer Wettbewerbsfähigkeit führen. Meiner Meinung nach ist der Aufruf der Kommission, auch weitere Mechanismen zur Sicherung von finanzieller Stabilität und Wirtschaftswachstum in der Eurozone in Betracht zu ziehen, vollkommen richtig. Ich glaube auch, dass die Kommission vollkommen richtig liegt, wenn sie im Interesse von finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Stabilität in der Europäischen Union zur Vorlage von Gesetzgebungsvorschlägen aufruft, die einen Stabilitätsmechanismus und Maßnahmen zur Reduzierung von Risiken, inklusive der effektiven Regulierung der Finanzmärkte, beinhalten. Es ist vollkommen angemessen, den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu ändern. Der Bericht unterstützt auch die Einführung von Instrumenten zur Reduzierung makroökonomischer Ungleichgewichte in der Eurozone sowie Maßnahmen zur ökologischen Erneuerung. Aus den oben genannten Gründen und auch aus anderen Gründen habe ich entschieden, den Bericht zu unterstützen.

 
  
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  Maria Da Graça Carvalho (PPE), schriftlich. (PT) Ich habe für die Entschließung des Parlaments gestimmt, denn ich stimme zu, dass der europäische Stabilitätsmechanismus einen wichtigen Teil eines umfassenden Maßnahmenpakets zur Definierung eines neuen Rahmenwerks darstellt, das Haushaltsdisziplin und die Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedstaaten stärkt. Dies sollte die Förderung einer gemeinsamen Reaktion der Europäischen Union auf Wachstumsherausforderungen beinhalten, und gleichzeitig sollten wirtschaftliche und soziale Ungleichgewichte überwunden und die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden.

 
  
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  Nikolaos Chountis (GUE/NGL), schriftlich. (EL) Ich habe im Hinblick auf einen Stabilitätsmechanismus für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, gegen den Bericht zur Abänderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union gestimmt. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben auf die Wirtschaftskrise mit Sparmaßnahmen und Einschnitten bei öffentlichen Ausgaben reagiert. Diese Maßnahmen und Strategien haben die Arbeitnehmer in den meisten Staaten in Europa in die Knie gezwungen, da sie die Form von Lohnkürzungen, Pensionskürzungen, Einschnitten bei sozialen Rechten und hoher Arbeitslosigkeit annehmen. Im Prinzip werden sie von denjenigen gezwungen, für die Konsequenzen der Wirtschaftskrise zu bezahlen, die sie verursacht haben. Diese Abänderung des Vertrags ebnet den Weg für eine Verschärfung der Sparmaßnahmen und zur „Krönung“ beinhaltet sie ein Paket von „Überwachungsmaßnahmen“ welches die wirtschaftspolitische Steuerung und das Europäische Semester beinhaltet. Der „Pakt für den Euro“ übergeht im Prinzip die nationale Politik und macht beinahe mit Gewalt die Institution des Euroraums zu einem Werkzeug für Deutschland zur Durchsetzung seiner Wirtschaftspolitik. Ich bin auch insbesondere gegen diese Anwendung des vereinfachten Verfahrens zur Vertragsänderung. Ich glaube, dass die angemessenste Methode zur Änderung der Verträge ein Referendum in allen Mitgliedstaaten ist.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE), schriftlich. (PT) Ich habe für den Bericht von Herrn Brok und Herrn Gualtieri gestimmt, die die Notwendigkeit erkennen, im konstitutionellen Rahmen der Union die Schaffung eines Stabilitätsmechanismus für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, zu ermöglichen. Die Praxis zeigt, dass mehr wirtschaftspolitische Steuerung innerhalb der EU erforderlich ist, was Auswirkungen auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik haben wird und mehr Haushaltsdisziplin ermöglichen wird.

Der Bericht betont zu Recht, dass temporäre Maßnahmen nicht ausreichend sind und dass jeder Versuch, ein System außerhalb des institutionellen Rahmens der EU zu schaffen, eine Bedrohung für das Projekt der Union ist. Daher fordert er auch zu Recht eine bedeutendere Rolle für die Europäische Kommission.

Ich stimme auch dem Aufruf an die Kommission zu, alle gesetzgeberischen Maßnahmen vorzulegen, die sich als erforderlich erweisen könnten, um finanzielle Stabilität und nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu stärken.

 
  
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  George Sabin Cutaş (S&D), schriftlich. (RO) Ich habe für den Bericht über den Stabilitätsmechanismus für Mitgliedstaaten im Euroraum gestimmt, da dieser Mechanismus einen Schritt vorwärts zu besserer Koordinierung von Wirtschaftspolitik auf europäischer Ebene markiert. Gleichzeitig ist ein umfassendes Maßnahmenpaket erforderlich, dass wirtschaftliche Stabilität und eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in der EU zum Ziel hat.

 
  
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  Cornelis de Jong (GUE/NGL), schriftlich. Ich habe gegen den Vorschlag als Ganzes gestimmt, denn ich glaube nicht, dass der die Probleme löst. Ich stimme dem EGB zu, dass die vorgeschlagenen Änderungen den „Weg für eine Störung des sozialen Dialogs freimachen und Auswirkungen auf die Tarifverhandlungssysteme in ganz Europa haben“.

Außerdem bin ich gegen die Wahl des vereinfachten Verfahrens zur Änderung des Vertrags. Ich glaube, dass das reguläre Verfahren zur Vertragsänderung angewandt werden sollte, um eine ordentliche und tiefgehende Debatte über den vorgeschlagenen Stabilitätsmechanismus und andere mögliche Änderungen der Verträge – zum Beispiel eine Klausel für sozialen Fortschritt – zu ermöglichen.

Schließlich dränge ich die Mitgliedstaaten, Referenden in allen Mitgliedstaaten über Vorschläge zur Vertragsänderung zu ermöglichen.

 
  
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  Proinsias De Rossa (S&D), schriftlich. Ich begrüße die heutige Abstimmung im Europäischen Parlament über die vorgeschlagene Vertragsänderung. Es ist jedoch auf dem Gipfeltreffen der Staatschefs an diesem Wochenende eine Angelegenheit von höchster Bedeutung, dass sie sich an ihre Vereinbarung mit dem Europäischen Parlament halten. Was die meisten Mitglieder des Europäischen Parlaments angeht, ist das Verfahren des Rats zur Erzielung ihres vorgeschlagenen Textes sehr unbefriedigend. Wenn es nicht um die Tatsache ginge, dass es besonders wichtig für die Eurozone ist und dass ein dauerhafter europäischer Stabilitätsmechanismus, besonders für kleine Mitgliedstaaten wie Irland, dringend benötigt wird, würde ich für meinen Teil gegen den ursprünglichen Vorschlag stimmen. Der Text, dem wir heute im Europäischen Parlament zugestimmt haben, entspricht der Mindestanforderung zur Sicherstellung der Rechtmäßigkeit der Einrichtung des Mechanismus und seiner Funktionsweise. Aber er signalisiert keine Zustimmung der Fraktion der Sozialisten und Demokraten zu den drakonischen Sparprogrammen, die von einigen Mitgliedstaaten ohne Bezug zu ihrer wirtschaftlichen Nachhaltigkeit erwartet werden.

 
  
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  Marielle De Sarnez (ALDE), schriftlich.(FR) Das Parlament unterstützt die begrenzte Abänderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, um die Schaffung eines dauerhaften Stabilitätsmechanismus für den Euroraum zu ermöglichen, der auf den Treffen des Europäischen Rats am 24. und 25. März formal eingerichtet werden sollte, indem Artikel 136 des Vertrags geändert wird. Diese Entscheidung wird dabei helfen, den Mechanismus für finanzielle Stabilität, der seine Wirksamkeit seit seiner Schaffung letzten März bewiesen hat, dauerhafter zu gestalten. Wir werden damit einen gesunden Mechanismus mit einem Umfang von 700 Mrd. EUR haben, der Kredite zum besten Zinssatz und unter strengen Bedingungen für Staaten im Euroraum, die Schwierigkeiten haben, bereitstellt. Es war jedoch unverständlich, dass die Abänderung der Verträge einen Mechanismus konsolidieren würde, der alleine auf zwischenstaatlichen Verpflichtungen basiert. Die Gemeinschaftsmethode, die wir favorisieren, ist die Garantie dafür, dass alle Mitgliedstaaten des Euroraums gleich behandelt werden, wenn sie unter strengen Auflagen auf diesen Rettungsfonds zugreifen. Was den Internationalen Währungsfonds betrifft, werden wir im Hinblick auf die Bedingungen seiner Beteiligung sehr wachsam sein.

 
  
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  Edite Estrela (S&D), schriftlich.(PT) Ich habe im Hinblick auf einen Stabilitätsmechanismus für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, für den Bericht zur Abänderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union gestimmt, denn er ist entscheidend für die langfristige Stabilisierung des Euroraums, die Begrenzung von Spekulationen gegen europäische Staaten und zum Schutz der Allgemeinheit.

Trotz des zwischenstaatlichen Charakters des Mechanismus glaube ich, dass es gut ist, die Unionsmethode gemeinsam mit der Rolle der Europäischen Institutionen bei der wirtschaftspolitischen Steuerung – insbesondere der der Kommission und des Europäischen Parlaments – zu stärken.

 
  
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  Göran Färm, Anna Hedh, Olle Ludvigsson, Marita Ulvskog und Åsa Westlund (S&D), schriftlich. (SV) Wir schwedischen Sozialdemokraten unterstützen diesen Bericht als Ganzes. Gleichzeitig sind wir aber der Ansicht, dass der Wortlaut des Textes bezüglich einer Konsolidierung des Marktes für Eurobonds zu weit geht. Wir sehen die Schaffung eines Eurobondssystems als eine interessante und vielversprechende Idee, aber wir glauben, dass die Angelegenheit gründlich untersucht werden muss, bevor sie als bereit für die tatsächliche Umsetzung erachtet werden kann. Wir wissen gegenwärtig viel zu wenig, als dass es möglich ist, in diesem Stadium irgendwelche definitiven Entscheidungen zu treffen.

 
  
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  Diogo Feio (PPE), schriftlich. (PT) In außergewöhnlichen Zeiten in der Geschichte von Staaten und Organisationen, wie in denen, die wir gerade erleben, haben wir die gemeinsame Verantwortung, angemessene und ambitionierte Antworten auf Herausforderungen zu finden, die sich uns stellen. Die Schuldenkrise, die Europa bekämpft, verlangt außergewöhnliche Maßnahmen und die notwendige Reife, um in unserer institutionellen Struktur den Weg zu einem Mechanismus zu finden, der dem Euro die notwendige Stabilität und Widerstandskraft verleiht; Maßnahmen, die fest in Haushaltsdisziplin, in der Koordinierung von makroökonomischer Politik und der Existenz nachhaltiger Wachstumsstrategien verankert sind.

Obwohl ich gesetzgeberische Stabilität befürworte, liegt es daran, dass wir in außergewöhnlichen Zeiten leben, dass ich die gegenwärtig vorgeschlagene Abänderung von Artikel 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union insofern unterstütze, dass die Schaffung eines dauerhaften Mechanismus zum Schutz der Stabilität des Euroraums, vorgeschlagen in Bericht A70282/2010, der von diesem Parlament am 20. Oktober 2010 angenommen wurde, ermöglicht wird.-

 
  
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  José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. (PT) Die Europäische Union muss ihre wirtschaftspolitische Steuerung stärken, was nur durch Anwendung der Unionsmethode, unter Führung der Kommission, erreicht werden wird und nicht mit der zwischenstaatlichen Methode.

Ich hoffe, dass die Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, das Europäische Semester, die Strategie Europa 2020 und die Abänderung von Artikel 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Hinblick auf einen Stabilitätsmechanismus zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum führen werden. Die Arbeitsweise dieses Mechanismus muss die wesentlichen Grundsätze demokratischer Entscheidungen wie Transparenz, parlamentarische Überwachung und demokratische Verantwortlichkeit respektieren. Dieser Mechanismus stellt einen bedeutenden Teil eines umfassenden Maßnahmenpakets dar, das die Definition eines neuen Rahmens zur Stärkung der Haushaltsdisziplin und die Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedstaaten zum Ziel hat, was die Förderung einer gemeinsamen europäischen Antwort auf Wachstumsherausforderungen und gleichzeitige Überwindung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichte und eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit beinhalten sollte.-

Ich habe für die Einrichtung dieses Mechanismus gestimmt, in der Hoffnung, dass er ein wertvoller Beitrag zu größerer Stabilität an den Finanzmärkten und zur Schaffung von nachhaltigem Wirtschaftswachstum sein wird.

 
  
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  João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Der angestrebte vereinfachte Weg der Abänderung des Vertrags sagt viel aus über die Inhaltslosigkeit der Glaubensbekundungen gegenüber der Bedeutung, die der Vertrag von Lissabon den nationalen Parlamenten zuschreiben würde – genau wie dem Europäischen Parlament – und über die Falschheit der ganzen Rhetorik bezüglich einer Ausweitung der Demokratie. Nach etwas mehr als einem Jahr wird der Vertrag, der eine Generation lang Bestand haben sollte, auf eine schnelle und vereinfachte Weise abgeändert, weil das Direktorium der Mächte – angeführt von Deutschland, welches um jeden Preis die wirtschaftliche und politische Dominanz erhalten möchte, die ihm die Instrumente dieser EU, inklusive der einheitlichen Währung, garantieren – dies anstrebt und dahingehend Druck ausübt. Diskussion, Teilhabe und Demokratie werden über Bord geworfen.

Um den Vertrag von Lissabon anzunehmen, scheuten sie nationale Referenden und missachteten die wenigen, die durchgeführt wurden. Jetzt zögern sie nicht, sogar der Aufsicht der nationalen Parlamente zu entkommen. Es ist verständlich, wenn wir die Tatsache betrachten, dass mit dem Mechanismus, den sie jetzt in den Vertrag aufnehmen möchten, sowie mit der sogenannten „wirtschaftspolitischen Steuerung“ das Risiko besteht, dass daraus bedeutungslose Worte werden. Es besteht kein Zweifel mehr, dass sie das Ziel haben, eine richtige Zwangsjacke für die Mitgliedstaaten zu schaffen. Ziel ist die Einführung der Strategie der Vertiefung ...-

(Stimmerklärung gekürzt gemäß Artikel 170 der Geschäftsordnung)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir sind gegen den ganzen Prozess, in dem es um die angekündigte Abänderung des Vertrags von Lissabon geht – nicht nur hinsichtlich ihres Inhalts, sondern auch hinsichtlich ihrer Form.

Die strengen Bedingungen für die Gewährung finanzieller Unterstützung im Rahmen des europäischen Stabilitätsmechanismus sind aus einer Reihe von Gründen nicht hinnehmbar. Der bedeutendste Grund ist die Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Währung der Euro ist, Macht entzogen wird und dass eine Einmischung in die Regierungsarbeit möglich ist; die Einmischung in den Bereichen Haushalt, Soziales und Arbeit ist besonders ernst.

Es ist eine Abänderung, die einen Mechanismus des Vertrags selber nutzt, um alle ins Abseits zu stellen. Es wird nicht nur eine Abänderung ohne jegliche demokratische Teilhabe ermöglicht – und dadurch fahren sie außerdem mit dem fort, was sie taten, als sie nationale Referenden zur Annahme des Vertrags ablehnten – sondern es wird ein Mechanismus geschaffen, der die dauerhafte Überwachung der Wirtschaft in Mitgliedstaaten ermöglicht.

Dieser Bericht entspricht dem und legt bestimmte Änderungsanträge für den Entwurf der Kommission zur Abänderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Hinblick auf einen Stabilitätsmechanismus für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, vor. Aber er hat immer das Ziel, mit dem „Europäischen Semester“ und der Verschärfung der Sanktionen den angestrebten Anschub zu konsolidieren, der als Teil der zuvor genannten wirtschaftspolitischen Steuerung bereitgestellt wird...

(Stimmerklärung gekürzt gemäß Artikel 170 der Geschäftsordnung)

 
  
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  Pat the Cope Gallagher (ALDE), schriftlich. (GA) Laut der Rechtsauffassung ist eine begrenzte Abänderung des Vertrags erforderlich, um sicherzustellen, dass der europäische Stabilitätsmechanismus sich innerhalb des institutionellen Rahmens der Europäischen Union befindet.

 
  
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  Estelle Grelier (S&D), schriftlich.(FR) Da vom Rat keine anderen alternativen Lösungen vorgeschlagen wurden, war es erforderlich, dafür zu stimmen, den europäischen Stabilitätsmechanismus dauerhaft zu machen, um unsere griechischen, portugiesischen und irischen Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen. Aber die Debatte ist noch lange nicht vorbei. Dieses Zugeständnis der französischen Sozialisten ist kein Indikator für das Ergebnis anderer kommender Debatten über das Thema der wirtschaftspolitischen Steuerung. Im Angesicht der Einführung dieses zwischenstaatlichen Mechanismus ist es wichtig, vorwärts zu gehen und Instrumente einzuführen, die eine Erholung des Wachstums und der Wirtschaft fördern. Ich plädiere gemeinsam mit meinen sozialistischen Kolleginnen und Kollegen für eine Ausweitung der eigenen Ressourcen der Europäischen Union, um unter anderem sicherzustellen, dass wir in der Lage sind, solche Instrumente zu finanzieren. Wir könnten auch den Strukturfonds gemeinsam mit dem europäischen Stabilitätsmechanismus nutzen, um die Deckung von Defizitstaaten zu erhöhen. Mit ambitionierten Haushaltsplänen und der Förderung eines europäischen sozialen Modells werden wir in der Lage sein, der Krise zu entkommen.

 
  
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  Sylvie Guillaume (S&D), schriftlich.(FR) Ich habe für den Stabilitätsmechanismus (ESM) für Mitgliedstaaten des Euroraums gestimmt, um unsere Nachbarn, die in Schwierigkeiten geraten sind, zu helfen. Dieser Mechanismus ist eine Vorstufe von dem, was die Eurobonds in der Zukunft sein könnten – was ihre Möglichkeit betrifft, den Haushaltsplan der Union zu finanzieren und den Würgegriff der Finanzmärkte bei den Staatsschulden von Mitgliedstaaten zu lösen. Ich finde aber die gewählte ESM-Zustimmungsmethode bedauerlich – eine einfache Konsultation des Europäischen Parlaments – denn der zwischenstaatliche Ansatz hat über den Gemeinschaftsansatz gesiegt. Das bedroht die Qualität der demokratischen Debatte, die dennoch nötig ist, um effektive Wirtschaftspolitik durchzusetzen. Dieser Mechanismus bleibt eine teilweise Reaktion, die nicht ausreichend ist, um Wachstum zu fördern und die Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

 
  
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  Gerald Häfner (Verts/ALE), schriftlich. Ich sah meine Aufgabe als Abgeordneter darin, in den Verhandlungen möglichst viel demokratische Kontrolle und Einbindung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zu erreichen. So ist das Ergebnis nun weit besser als der ursprüngliche Vorschlag. Deshalb Zustimmung. Dennoch möchte ich meine grundlegenden Einwände gegen den eingeschlagenen Weg formulieren: Für den ESM wäre das ordentliche Vertragsänderungsverfahren nötig gewesen. Das hätte erlaubt, ihn innerhalb des Gemeinschaftsgefüges unter demokratischer Beteiligung und Kontrolle zu errichten. Der Rückfall in die intergouvernementale Methode ist fatal. Wir privatisieren (Spekulations-) Gewinne und sozialisieren die Verluste. Das ist ein Irrweg. Wir lassen Steuerzahler bluten, aber schonen die Banken, Fonds und Spekulanten. Hierfür leiht sich die öffentliche Hand Geld bei den Banken. Der öffentliche Sektor trägt die Kosten, der private nicht. Ohne einen grundlegend neuen Geldbegriff und klare rechtliche Regeln für den Banken- und Finanzsektor werden wir immer weiter nur an den Symptomen kurieren, ohne die eigentlichen Ursachen zu beheben.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. Ich war während der Abstimmung über diesen Bericht nicht anwesend. Schottland ist nicht Teil der Eurozone und daher halte ich es für angemessen, dass ich mich bei der Abstimmung zu diesem Thema enthalte. Nachdem ich das gesagt habe, weise ich darauf hin, dass sich Absatz 6 auf Europas kleinere Staaten bezieht, „deren Wirtschaft nicht als nicht ‚unverzichtbar’ für die Sicherung des Euroraums als Ganzes“ angesehen werden kann. Ich glaube, dass dieser Absatz eine gefährliche Arroganz zeigt. Die EU ist die Summe aller ihrer Teile und die Bedeutung aller europäischen Volkswirtschaften ist gleich – unabhängig von der Größe. Die Geschichte zeigt, dass Unionen, die auf der Dominanz von größeren Mitgliedern basieren, zum Scheitern verurteilt sind.

 
  
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  Juozas Imbrasas (EFD), schriftlich.(LT) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, denn die angenommene Abänderung des Vertrags von Lissabon wird die Einrichtung eines dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus vereinfachen. Die Situation heute zeigt, dass wir uns in einer wirtschaftlich und finanziell schwierigen Situation befinden und dass wir sehr spezifische Maßnahmen bezüglich der wirtschaftlichen Koordinierung und Überwachung ergreifen müssen. Aber dieser Mechanismus und der Garantiefonds sind nur für Mitglieder des Euroraums gedacht, während Länder außerhalb des Euroraums außen vor bleiben, was zu einer größeren Fragmentierung der EU führt. Meiner Meinung nach muss die EU größere Solidarität zeigen, indem sie Staaten, die nicht dem Euroraum angehören, ebenso unterstützt wie Staaten im Euroraum, damit sie schnellstmöglich vollwertige und gleichberechtigte Mitgliedstaaten der EU werden können. Wir würden so eine zeitliche Diskrepanz im EU-Beitrittsabkommen beseitigen und zur Schaffung einer einheitlicheren EU beitragen.

 
  
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  Giovanni La Via (PPE), schriftlich. (IT) Die Entschließung zum Vorschlag über die Abänderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich der Einrichtung eines europäischen Stabilitätsmechanismus für den Euroraum, der das Parlament zugestimmt hat, ist ein wichtiges Ziel zur Stärkung der Kohäsion und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Stabilisierung des Finanzsystems. Ich habe angesichts der Bedeutung des Euros für den politischen und wirtschaftlichen Plan Europas für nachhaltiges Wachstum für die Abänderung gestimmt. Die Stabilisierung des Euroraums ist von strategischer Bedeutung, und ich glaube, dass Europa Maßnahmen zu dessen Stärkung ergreifen muss, was seine wirtschaftspolitische Steuerung – angesichts der im Rahmen der Strategie Europa 2020 zu verfolgenden Ziele – ausdehnt. Und schließlich glaube ich an die Notwendigkeit eines dauerhaften Stabilitätsmechanismus, um die Einbeziehung der Gemeinschaftsinstitutionen zu ermöglichen – zur Verhinderung des Aufbaus von Doppelstrukturen und weil die Einrichtung eines Mechanismus außerhalb des institutionellen Rahmens der EU eine Bedrohung für die Integrität des auf den Verträgen basierenden Systems darstellen würde.

 
  
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  Kartika Tamara Liotard (GUE/NGL), schriftlich. Ich habe den Vorschlag als Ganzes abgelehnt, da ich nicht glaube, dass er die Probleme löst. Ich stimme dem EGB zu, wenn er sagt, dass die vorgeschlagenen Änderungen „... den Weg für eine Störung des sozialen Dialogs freimachen und Auswirkungen auf die Tarifverhandlungssysteme in ganz Europa haben“. Des Weiteren bin ich nicht einverstanden mit der Wahl des vereinfachten Verfahrens zur Änderung des Vertrags. Ich glaube, dass das reguläre Verfahren zur Änderung des Vertrags angewandt werden sollte, um eine ordentliche und tiefgehende Diskussion über den vorgeschlagenen Stabilitätsmechanismus und andere mögliche Änderungen an den Verträgen, wie zum Beispiel eine Klausel für sozialen Fortschritt, zu ermöglichen. Schließlich dränge ich die Mitgliedstaaten, Referenden über Vorschläge zur Vertragsänderung in allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen.

 
  
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  Petru Constantin Luhan (PPE), schriftlich. – (RO) Ich erachte den Stabilitätsmechanismus als besonders wichtig und entscheidend für die Mitgliedstaaten, die den Euro als Währung verwenden, wenn es um die Stärkung der Einheitswährung sowie die Förderung des europäischen politischen und wirtschaftlichen Projekts geht. Ein Stärkung und Sicherung der Stabilität der Einheitswährung gibt dem Markt Sicherheit und macht die Einführung des Euros für neue Mitgliedstaaten attraktiver. Diese Angelegenheit ist entscheidend für Europas Wachstum und Entwicklung, welches Werte sind, die ich in jeder Hinsicht unterstütze. Daher habe ich für diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  David Martin (S&D), schriftlich. Ich bin erfreut über die Ergebnisse, die das Parlament durch Verhandlungen mit dem Rat erreicht hat, und daher habe ich diese Vertragsänderung unterstützt. Dem Stabilitätsmechanismus eine rechtliche Grundlage zu geben, ist entscheidend für die sofortige und langfristige Stabilität der Eurozone. Der Rat hat versichert, dass das Parlament und die Kommission in der Zukunft eine starke Rolle spielen werden, was ich für sehr wichtig halte. Während ich diese Vertragsänderung befürworte, habe ich sehr ernste Bedenken bezüglich der gegenwärtigen Vorschläge zur wirtschaftspolitischen Steuerung, und eine Abstimmung für diesen Bericht ist keine Befürwortung des gegenwärtigen Pakets zur wirtschaftspolitischen Steuerung.

 
  
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  Clemente Mastella (PPE), schriftlich.(IT) Der neue europäische Stabilitätsmechanismus erfordert eine Abänderung des Vertrags von Lissabon, um seine rechtsgültige Einbeziehung in den institutionellen Rahmen der Europäischen Union sicherzustellen. Wir glauben, dass dies durch eine Stärkung der präventiven und korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und Maßnahmen im Zusammenhang mit mittel- und langfristiger Wettbewerbsfähigkeit begleitet werden sollte. In anderen Worten: Maßnahmen, die in der Lage sind, eine gemeinsame europäische Reaktion zu ermöglichen, um besser mit makroökonomischen Ungleichgewichten zwischen Mitgliedstaaten umgehen zu können und ihr nachhaltiges Wachstum sicherzustellen. Der europäische Stabilitätsmechanismus ist daher ein wichtiges Element eines umfassenden Pakets von neuen Maßnahmen (gemeinsam mit dem Europäischen Semester und der Strategie Europa 2020), das die Einrichtung eines neuen Rahmens zur Stärkung und Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik und der Haushaltsdisziplin zum Ziel hat. Um die Achtung der Kernprinzipien demokratischer Entscheidungen, wie Transparenz, parlamentarische Kontrolle und demokratische Verantwortung, sicherzustellen, muss das Parlament angemessen informiert und beteiligt werden. Außerdem sind wir dafür, dass jedes nationale Parlament gemäß seiner Haushalts- und Kontrollrechte voll eingebunden werden muss, um die Transparenz, die Teilhabe und Verantwortlichkeit bei getroffenen Entscheidungen auch auf europäischer Ebene zu erhöhen.

 
  
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  Jean-Luc Mélenchon (GUE/NGL), schriftlich.(FR) Dieser Bericht befürwortet die Institutionalisierung der Kontrolle der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Haushaltspläne und die politischen Reformen der Mitgliedstaaten im Euroraum. Er sagt nichts über die sozialen Ungerechtigkeiten, unter denen die Bürgerinnen und Bürger leiden werden, um die finanzielle Hilfe, welche der europäische Stabilitätsmechanismus bereitstellen wird, voll in Anspruch zu nehmen. Er sagt auch nichts über die Ursachen der Krise: Die Mitgliedstaaten werden gedrängt, dem Ausbluten ihrer Bevölkerungen zuzustimmen, um die Finanzmärkte zu stärken. Noch schlimmer ist es, dass er einen Missbrauch von Autorität unterstützt, indem die vereinfachten Änderungsmaßnahmen des Vertrags von Lissabon angewandt werden, um zu versuchen, ein mögliches Referendum zu verhindern. Meine Fraktion ist die einzige, die sich unterscheidet, indem sie Referenden in allen Mitgliedstaaten fordert. Ihre europäische Oligarchie fürchtet die Demokratie. Es ist die richtige Vorgehensweise, denn die Menschen in Europa wollen dem Beispiel der Nordafrikaner folgen und ihr sagen, dass sie verschwinden soll!

 
  
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  Nuno Melo (PPE), schriftlich. (PT) Wir dürfen bei der Bekämpfung der Staatsschuldenkrise, die einige Staaten im Euroraum betrifft, nicht zögern. In einer anderen, weniger ernsten Situation, würde ich dem Änderungsvorschlag für den Vertrag von Lissabon, der erst kürzlich in Kraft getreten ist, nicht zustimmen.

Zu dieser Zeit ist es entscheidend, über die temporären Maßnahmen hinauszugehen, um den Euroraum zu stabilisieren, und es besteht kein Zweifel daran, dass die EU ihre Möglichkeiten zur Bekämpfung der Schuldenkrise stärken muss. Somit ist die Abänderung von Artikel 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union entscheidend bei der Schaffung eines dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus, der Mitgliedstaaten, die in Schwierigkeiten sind, effektiv helfen wird.

 
  
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  Willy Meyer (GUE/NGL), schriftlich. (ES) Ich habe gegen diesen Bericht gestimmt, denn dies ist keinesfalls eine Lösung für die Wirtschaftskrise, die wir erleben. Die vorgeschlagenen Änderungen ebnen den Weg für die Torpedierung des sozialen Dialogs. Des Weiteren stimme ich nicht der Wahl des vereinfachten Verfahrens zur Vertragsänderung zu. Ich bin der Meinung, dass das vereinfachte Verfahren zur Vertragsänderung genutzt werden sollte, um eine Atmosphäre zu schaffen, die günstig ist für eine tiefgehende Diskussion über den Stabilitätsmechanismus und andere mögliche Mechanismen, wie die Klausel über den sozialen Fortschritt. Schließlich rufen wir die Mitgliedstaaten dazu auf, die Grundlagen für Referenden über potentielle Modifikationen des Vertrags zu schaffen.

 
  
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  Alajos Mészáros (PPE), schriftlich.(HU) Ich vertrete ein Land des Euroraums, das zu diesem Zeitpunkt den Kredit für Griechenland nicht unterstützt hat. Das war eine Entscheidung, über die natürlich niemand erfreut war. Ich hoffe aufrichtig, dass ähnliche Entscheidungen nicht oft getroffen werden müssen. Die Krise verschonte weder den Euroraum noch die Europäische Union, aber unsere Gemeinschaftswährung hat sich bereits bei mehreren Gelegenheiten bewährt. Sie bietet ihren Nutzern eine Form von Einigkeit und Schutz. Es ist eine Errungenschaft der EU, worauf wir zu Recht stolz sein können. Aus genau diesem Grund müssen wir unsere Währung gegen zukünftige wirtschaftliche Schwankungen mit einem angemessenen Rechtsrahmen schützen. Dank der gegenwärtigen Vertragsabänderung wird ein europäischer Stabilitätsmechanismus das temporäre Stabilitätswerkzeug ersetzen. Die Reform des Mechanismus bietet denen, die in Schwierigkeiten sind, eine Chance. Daher würde ich es vorziehen, wenn er selten genutzt wird. Dies ist eine der letzten Gelegenheiten, unsere Wirtschafts- und Finanzsysteme zu koordinieren. Ich unterstütze diese sehr realistische und konstruktive Lösung mit meiner Stimme. Wie es das Parlament zuvor sagte, müssen die strukturellen Gründe der Krise bekämpft werden. Eine Wiederholung einer Situation, die den Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit ähnelt, muss verhindert werden.

 
  
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  Louis Michel (ALDE), schriftlich.(FR) Die Schuldenkrise im Euroraum hat die Notwendigkeit der schnellstmöglichen Einrichtung einer Wirtschaftsunion und einer wirtschaftspolitischen Steuerung bewiesen. Der europäische Stabilitätsmechanismus ist ein wichtiger Bestandteil der Maßnahme zur Stärkung der Haushaltsdisziplin und zur Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedstaaten. Es ist der erste Schritt in einer Serie von Änderungen, die für die Einrichtung einer glaubwürdigen wirtschaftspolitischen Steuerung erforderlich sind.

Der dauerhafte Stabilitätsmechanismus unterliegt einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, was leider bedeutet, dass das Prinzip der Einstimmigkeit zur Anwendung kommt. Das ist ein gefährlicher Ansatz, denn er könnte den Euroskeptikern in die Hände spielen. Idealerweise wäre dieser Mechanismus in das Gemeinschaftssystem eingebaut worden.

In der Tat sollte die Kommission in der Lage sein, in Übereinstimmung mit den Mitgliedstaaten die Ziele des dauerhaften Stabilitätsmechanismus zu verwalten, anstatt auf technische Überwachung beschränkt zu werden. Obwohl es richtig gewesen sein mag, in diesem Fall das vereinfachte Änderungsverfahren anzuwenden, glaube ich letzten Endes, dass es eine Ausnahme bleiben muss.

 
  
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  Rolandas Paksas (EFD), schriftlich.(LT) Ich habe für diese Entschließung gestimmt, denn sie ist während ihrer Erholung von der schweren Wirtschaftskrise für die ganze Europäische Union wichtig. Daher ist es sehr wichtig, solch einen Mechanismus einzurichten, der den Euroraum stabilisieren und seine effektive Funktion und Entwicklung sicherstellen würde. Der europäische Stabilitätsmechanismus ist ein dauerhafter Hilfsfonds, der Mitgliedstaaten im Euroraum hilft, die von der Krise betroffen sind. Aber damit dieser Mechanismus effektiv funktioniert, muss er vollkommen in den institutionellen Rahmen der Union eingebunden werden. Vor allem ist es erforderlich, sicherzustellen, dass er von Anfang an offen für alle Mitgliedstaaten ist, selbst für die, deren Währung nicht der Euro ist. Ich glaube, dass es ratsam ist, finanzielle Maßnahmen zu ermöglichen, die es ermöglichen, Anleihen von den Staaten zu kaufen, die enorme Probleme mit Schulden haben. Dies würde ihnen den Zugang zu den Finanzmärkten freimachen, während eine schnellere wirtschaftliche Erholung gefördert würde. Ich stimme dem Vorschlag zu, dass andere Gemeinschaftsorgane auch mit in den Verwaltungsprozess des Mechanismus einbezogen werden sollten, und dass die Kommission mehr Befugnisse erhalten sollte, damit die ausgedehnten Funktionen der Union in diesem Bereich effektiv umgesetzt werden.

 
  
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  Alfredo Pallone (PPE), schriftlich.(IT) Ich habe mit Blick auf den Stabilitätsmechanismus für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, für die Abänderung des Vertrags gestimmt. Ich hoffe, dass die Mitgliedstaaten zu einer schnellen Entscheidung über seine Einzelheiten und seine Spezifität kommen. Aber ich denke nicht, dass die Debatte hier endet. In der Tat glaube ich, dass in den kommenden Monaten und Jahren die Frage, ob und wie diese Beiträge genutzt werden können, zu beantworten ist. Ich beziehe mich beispielsweise auf das Thema der Eurobonds. In einer Situation wie der gegenwärtigen, in der die Mitgliedstaaten einerseits dazu aufgefordert werden, drastische Haushaltspolitiken einzuführen, um Defizite und Schulden zu verringern und andererseits Beiträge bezahlen sollen, um am Stabilisierungsfonds teilzunehmen, besteht die echte Gefahr eines Zusammenbruchs und das Risiko, dass Staaten nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu finanzieren. Wir können die europäische Wirtschaft nur wiederbeleben, wenn wir gleichzeitig die Stärke des Euros auf den internationalen Märkten und die daraus resultierenden verbesserten Kreditratings für ihre Erholung nutzen. Das Sammeln von Geldern auf europäischer Ebene erlaubt es den Mitgliedstaaten, Kosten zu senken, Überschneidungen zu vermeiden und mehr Investitionserträge zu erzielen.

 
  
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  Maria do Céu Patrão Neves (PPE), schriftlich. (PT) Die Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU ist zu einer Priorität geworden, besonders in der gegenwärtigen internationalen wirtschaftlichen Situation. In der Tat wurde am 1. Dezember 2009, als der Vertrag von Lissabon in Kraft trat, von niemandem erwartet, dass er in so naher Zukunft geändert werden muss. Aber die wohlbekannten, außergewöhnlichen finanziellen, wirtschaftlichen und jetzt auch sozialen Umstände sind der entscheidende Faktor für diese Abänderung, die von der politischen Mehrheit unterstützt wird.

Dennoch kann ich nicht darauf verzichten, zu betonen, dass dieses vereinfachte Änderungsverfahren kein Präzedenzfall für zukünftige konstitutionelle Änderungen sein darf, in denen keine wirklich außergewöhnlichen Umstände, wie die, die wir gerade erleben, vorliegen. Ich stimme zu, dass eine konzertierte und kohärente Wirtschafts- und Finanzpolitik unter den Mitgliedstaaten des Euroraums erforderlich ist, was die Kohäsion und Stabilität des Euroraums garantieren könnte. Daher habe ich für diesen Bericht zur Abänderung von Artikel 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie für die Institutionalisierung eines dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus mit dem Ziel der Garantie von Stabilität und finanzieller Unterstützung gemäß bestimmter Bedingungen – insbesondere eine rigorose Analyse der Anwendung eines Programms zur wirtschaftlichen und finanziellen Erholung – gestimmt.

 
  
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  Crescenzio Rivellini (PPE), schriftlich.(IT) -Heute haben wir während der Minitagung im Europäischen Parlament in Brüssel über den Bericht- „Änderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist“ abgestimmt.

Am 16. Dezember 2010 entschied der Europäische Rat, das Europäische Parlament gemäß dem vereinfachten Änderungsverfahren, festgeschrieben in Artikel 48 Absatz 6 der Konsolidierten Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäische Union, bezüglich einer Änderung von Artikel 136 der Konsolidierten Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäische Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für Staaten, deren Währung der Euro ist, zu konsultieren. Das Ziel des Vorschlags von unsrem Kollegen, Herrn Brok, und unserem Kollegen, Herrn Gualtieri, ist das Hinzufügen eines Absatzes, der sicherstellt, dass Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, in der Lage sind, einen Mechanismus einzurichten, der aktiviert wird, wenn es erforderlich ist, die Stabilität des Euroraums als Ganzes zu schützen, und der besagt, dass jede erforderliche finanzielle Unterstützung, die im Rahmen des Mechanismus gewährt wird, an strenge Bedingungen geknüpft ist.

 
  
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  Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. Laut dem Bericht, über den heute abgestimmt wurde, betont das Europäische Parlament:

1. dass die Währungspolitik für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, eine ausschließliche Kompetenz der Union ist und seit dem Vertrag von Maastricht zur Unionspolitik gehört; und

2. die Bedeutung des Euros für das europäische politische und wirtschaftliche Projekt, und unterstreicht die Wichtigkeit der Verpflichtung, die alle Mitgliedstaaten zum Wohle der Stabilität des Euroraums eingegangen sind und den Geist von Verantwortung und Solidarität, den sie gezeigt haben.

Gleichzeitig ist es der Ansicht, dass es entscheidend ist, über die temporären Maßnahmen zur Stabilisierung des Euroraums hinauszugehen, und dass die Union ihre wirtschaftspolitische Steuerung aufbauen sollte – unter anderem durch Strategien und Instrumente zur Förderung von nachhaltigem Wachstum in den Mitgliedstaaten – und es ist der Ansicht, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt, das Europäische Semester, die Strategie Europa 2020 und die Abänderung von Artikel 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bezüglich des Stabilitätsmechanismus nur einen ersten Schritt in diese Richtung darstellen.

 
  
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  Licia Ronzulli (PPE), schriftlich.(IT) Ich unterstütze den Wortlaut dieser Entschließung, denn ich denke, dass die Währungspolitik des Euros eine ausschließliche Kompetenz der europäischen Institutionen bleiben sollte, da dies den Aufbau von Doppelstrukturen verhindern würde, welche sich als nachteilig für die europäische Integration erweisen würden.

Alle Mitgliedstaaten koordinieren gegenwärtig ihre Wirtschaftspolitik gemäß den Maßnahmen, die für die Stabilität des gesamten Euroraums von den europäischen Institutionen diktiert werden. Der gegenwärtige Entwurf eines Beschlusses des Rates könnte einen Entscheidungsfindungsmechanismus für die Stabilität des Euros schaffen, der sich außerhalb des Rahmens des Parlaments und der Kommission befindet. Daher ist der Stabilitätsmechanismus eine gemeinsame Reaktion auf wirtschaftliche und soziale Wachstumsherausforderungen und zur Förderung der Einführung des Euros in den verbliebenen Mitgliedstaaten. Ich hoffe, dass der Aufbau und die Arbeitsweise eines dauerhaften Stabilitätsmechanismus vom gesamten europäischen institutionellen Rahmen unterstützt werden und, wenn es erforderlich ist, durch die Nutzung des Verfahrens der verstärkten Zusammenarbeit, um die Transparenz aller Entscheidungen sicherzustellen.-

 
  
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  Søren Bo Søndergaard (GUE/NGL), schriftlich. Ich habe den Vorschlag als Ganzes abgelehnt, da ich nicht glaube, dass er die Probleme löst. Ich stimme dem EGB zu, wenn er sagt, dass die vorgeschlagenen Änderungen „... den Weg für eine Störung des sozialen Dialogs freimachen und Auswirkungen auf die Tarifverhandlungssysteme in ganz Europa haben“. Des Weiteren bin ich nicht einverstanden mit der Wahl des vereinfachten Verfahrens zur Änderung des Vertrags. Ich glaube, dass das reguläre Verfahren zur Änderung des Vertrags angewandt werden sollte, um eine ordentliche und tiefgehende Diskussion über den vorgeschlagenen Stabilitätsmechanismus und andere mögliche Änderungen an den Verträgen, wie zum Beispiel eine Klausel für sozialen Fortschritt, zu ermöglichen. Schließlich dränge ich die Mitgliedstaaten, Referenden über Vorschläge zur Vertragsänderung in allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen.

 
  
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  Eva-Britt Svensson (GUE/NGL), schriftlich. Wir haben den Vorschlag als Ganzes abgelehnt, da wir nicht glauben, dass er die Probleme löst. Wir stimmen dem EGB zu, wenn er sagt, dass die vorgeschlagenen Änderungen „... den Weg für eine Störung des sozialen Dialogs freimachen und Auswirkungen auf die Tarifverhandlungssysteme in ganz Europa haben“. Außerdem sind wir nicht mit der Wahl des vereinfachten Verfahrens zur Vertragsänderung einverstanden. Wir glauben, dass das reguläre Verfahren zur Änderung von Verträge zur Anwendung kommen sollte, um eine ordentliche und tiefgehende Diskussion über den vorgeschlagenen Stabilitätsmechanismus und andere mögliche Änderungen an den Verträgen, wie zum Beispiel eine Klausel für sozialen Fortschritt, zu ermöglichen. Schließlich drängen wir die Mitgliedstaaten dazu, Referenden über die Vorschläge zur Vertragsänderung in allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen.

 
  
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  Nuno Teixeira (PPE), schriftlich. (PT) Die Staatsschuldenkrise, welche sich auf die Mitgliedstaaten auswirkt, zwingt die Europäische Union zum Überdenken ihrer Wirtschaftsstrategie. Die wirtschaftspolitische Steuerung der Union wird langsam zu einer Realität. Es besteht eine Notwendigkeit für eine konzertierte und kohärente Wirtschafts- und Finanzpolitik unter den Mitgliedstaaten des Euroraums: ein wahrer „Pakt für den Euro“. Daher und zur Garantie der Stabilität des Euroraums hat dieser Bericht das Ziel, Artikel 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu ändern und einen dauerhaften Mechanismus für finanzielle Stabilität zu institutionalisieren. Ziel ist die Garantie von Stabilität und finanzieller Unterstützung gemäß bestimmten Bedingungen – insbesondere eine rigorose Analyse der Anwendung eines Programms zur wirtschaftlichen und finanziellen Erholung.

Ich stimme für diese Abänderung, denn ich glaube, es ist entscheidend, den europäischen Mechanismus zu institutionalisieren und ihn gleichzeitig flexibler zu machen. Dennoch kann ich nicht darauf verzichten, zu betonen, dass er die Kompetenzen der europäischen Institutionen berücksichtigen muss. Ein hiervon unabhängiger institutioneller Rahmen darf also nicht geschaffen werden. Aktuelle Ereignisse erfordern die Einnahme ernster und wirklicher Standpunkte auf Ebene der Mitgliedstaaten, besonders in denen im Euroraum. Dennoch kann ich nicht darauf verzichten, zu betonen, dass dieses vereinfachte Änderungsverfahren kein Präzedenzfall für zukünftige konstitutionelle Änderungen sein darf.

 
  
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  Thomas Ulmer (PPE), schriftlich. Ich habe dieser Ergänzung zum Unionsvertrag zugestimmt, weil er logische Folgen für eine Wirtschaftsregierung enthält und das weitere Zusammenwachsen der Eurozone im Sinne gemeinsamer Wirtschaftspolitik fördert. Es ist außerdem richtig, dass kein Land Rabatte erhält und dass es keine Unterschiede zwischen guten und schlechten Schulden gibt. Schulden sind im Sinne eines Generationenvertrages immer Lasten für die nachfolgenden Generationen, die deren Spielräume und Gestaltungsmöglichkeiten einengen.

 
  
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  Dominique Vlasto (PPE), schriftlich.(FR) Die Austrocknung der öffentlichen Finanzen Europas als Resultat der wichtigen Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den Rückgang des Wachstums infolge der Finanzkrise zu kontrollieren, hat bedeutende öffentliche Defizite geschaffen, mit denen wild spekuliert wird. Dies machte es erforderlich, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) dauerhaft zu machen. Ich begrüße die Institutionalisierung dieses Instruments, welche eindeutig Solidarität innerhalb des Euroraums zum Ausdruck bringt und welche im Gegenzug seine Mitglieder aufruft, verantwortungsvoller zu sein. Erstens bietet die Aktivierung dieses Mechanismus den Mitgliedstaaten Hilfe bei ernsten finanziellen Schwierigkeiten, und zweitens verlangt der Mechanismus im Gegenzug, dass diese Staaten ihr Defizit reduzieren. Durch die Einführung eines gemeinsamen Ansatzes zur Verwaltung eines Teils der öffentlichen Schuld der Mitgliedstaaten und durch die Konvergenz ihrer Volkswirtschaften ist dieser Mechanismus in der Tat Teil einer umfassenderen Strategie, die meine politische Familie voll unterstützt, nämlich die wirtschaftspolitische Steuerung des Euroraums. Wir sprechen hier nicht von einem Gedankenspiel oder einem europäischen Reklametrick. Wir sprechen von einer klaren Notwendigkeit und realem Fortschritt für Europa. Die Stärke unserer Währung, unsere Fähigkeit, zu niedrigen Kosten zu importieren und unsere Fähigkeit, Investitionen in Europa anzuziehen, sind von dieser Strategie abhängig.

 
  
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  Angelika Werthmann (NI), schriftlich. In dem Bericht von Brok/Gualtieri wird explizit festgestellt, dass der Rat – somit die Mitgliedstaaten – es verabsäumt habe, den Stabilitäts- und Wachstumspakt vollständig umzusetzen, und die in den Verträgen vorgesehenen Möglichkeiten, den Pakt zu stabilisieren, ungenutzt ließ. Weiteres stellt sich das Parlament mit diesem Bericht hinter die Europäische Kommission und unterstützt deren „Absicht, für Kohärenz zwischen dem künftigen Mechanismus und der wirtschaftspolitischen Steuerung in der Union“ zu sorgen, vorbehaltlos – um eine Krise wie die derzeitige künftig gar nicht mehr aufkommen zu lassen. Bereits in Ziffer 3 des Berichts wird festgehalten, dass das Europäische Parlament den Stabilitätsmechanismus als „Bestandteil eines Gesamtpakets von Maßnahmen“ sieht, „die dazu dienen sollen, einen neuen Rahmen festzulegen, um die Haushaltsdisziplin und die Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedstaaten zu verstärken“. Diese Ansicht vieler meiner Kollegen teile ich.

 
  
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  Anna Záborská (PPE), schriftlich. – (SK) Die Einheitswährung hat Europa größere Freiheit gebracht. Aber Freiheit muss nicht immer mit Verantwortung einhergehen. Da liegt das Problem. Einige Mitgliedstaaten haben offensichtlich ihren Teil der Verantwortung für die gemeinsame Währung nicht sehr ernst genommen. Sie müssen jetzt mehr Geld für die allmähliche Rückzahlung dieser Schulden leihen, aber die Banken trauen ihnen nicht mehr. Die Staaten, die verantwortungsvoll gehandelt haben, hatten die Wahl: zulassen, dass die Schuldner pleitegehen oder Solidarität zeigen. Als überzeugte Europäerin bin ich froh, dass sich das Solidaritätsprinzip durchgesetzt hat. Gleichzeitig erwarte ich aber, dass der neue Mechanismus vorsichtig angewandt wird, um das zu verhindern, was wir heute erleben, und zwar, dass Griechenland und Irland zusätzlich zu dem ursprünglichen Betrag um weitere Hilfe bitten. Ich erwarte auch, dass unsere Solidarität nicht von denen missbraucht wird, die sie benötigen oder von denen, die einen bequemen Vorwand für Steuerharmonisierung oder andere Wege zur Beschränkung der Souveränität der Mitgliedstaaten suchen.

 

15. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll

16. Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates (24.-25. März 2011) (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt betrifft die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates am 24. und 25. März 2011.

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. Herr Präsident, Herr Präsident Barroso, Herr Kommissar, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich begrüße die Gelegenheit sehr, noch vor der nächsten Tagung des Europäischen Rates hier vor Ihnen zu erscheinen. Wie Sie wissen, wird es aufgrund der unvorhergesehenen Ereignisse der vergangenen Wochen eine sehr intensive Tagung werden.

Lassen Sie mich zuerst die Hauptthemen auf der Tagesordnung des Europäischen Rates durchgehen. Es wird drei Hauptpunkte geben: zunächst ein umfassendes Wirtschaftsprogramm, welches hoffentlich von den Staats- und Regierungschefs angenommen werden wird, dann Libyen und die südlichen Nachbarstaaten und drittens Japan.

Lassen Sie mich mit den wirtschaftspolitischen Fragen beginnen. Der Europäische Rat wird, wie ich hoffe, dieses Programm annehmen, um der Wirtschafts- und Finanzkrise zu begegnen. Das Paket umfasst sechs Hauptbestandteile, der erste ist der Abschluss der ersten Phase des Europäischen Semesters, wobei an den Prioritäten der Haushaltkonsolidierung und der strukturellen Reformen festgehalten wird. Wie Sie wissen, begann der Zyklus des Europäischen Semesters Anfang des Jahres mit der Präsentation des jährlichen Wachstumsberichts der Kommission. Er fasst verschiedene politische Empfehlungen zusammen, die im Hinblick auf die Unterstützung des Aufschwungs, der dauerhaften internationalen Wettbewerbsfähigkeit Europas und des Erreichens der Ziele der Strategie Europa 2020 wichtig sind.

Die erste Phase des Europäischen Semesters wird nun mit der Annahme der Prioritäten für die Haushaltkonsolidierung und für die strukturellen Reformen durch den Europäischen Rat abgeschlossen werden, in Übereinstimmung mit den vom ECOFIN-Rat und dem Rat (Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz) vorbereiteten Schlussfolgerungen. Die Linie dieses Berichtes – den der Ratsvorsitz ausgearbeitet hat – wurde am vergangenen Montag vom Rat (Allgemeine Angelegenheiten) begrüßt. Die Mitgliedstaaten werden diese allgemeinen politischen Leitlinien berücksichtigen, wenn sie ihre Stabilitäts- und Konvergenzprogramme sowie ihre nationalen Reformprogramme erarbeiten, die im April vorgelegt werden müssen.

Auf der Basis der Einschätzung durch die Kommission wird daraufhin im Juni der Rat seine Einschätzung und Richtlinien an die Mitgliedstaaten weiterleiten: Also zu einem Zeitpunkt, zu dem sich wichtige Haushaltsentscheidungen in den meisten Mitgliedstaaten noch in der Vorbereitungsphase befinden. Ziel des ungarischen Ratsvorsitzes ist es, das erste Europäische Semester bis zur Tagung des Europäischen Rates im Juni 2011 abzuschließen.

Das zweite Element ist eine stärkere wirtschaftspolitische Steuerung, und hierbei spielt das Europäische Parlament eine entscheidende Rolle. Der Rat hat bereits einen wichtigen Schritt unternommen: Die Wirtschafts- und Finanzminister haben das allgemeine Vorgehen des Rates im Zusammenhang mit den sechs Gesetzgebungsvorschlägen zur verstärkten wirtschaftspolitischen Steuerung vereinbart. Diese Leistung ermöglicht es dem Ratsvorsitz, mit diesem Parlament in Verhandlungen zu treten.

Wie Sie wissen, muss der Rat bei der politischen Einigung über das Paket eine vom Europäischen Rat gesetzte Frist – Juni 2011 – einhalten. Vier der sechs Vorschläge fallen unter das Mitentscheidungsverfahren. Wir wissen, dass die vom Europäischen Rat auferlegte Frist für das Europäische Parlament in keiner Weise bindend ist, dennoch möchte ich diese feierliche Gelegenheit ergreifen und um die Zusammenarbeit des Parlaments bitten, damit wir bis Juni eine politische Einigung erzielen können. Dies würde beruhigende Signale an die Märkte und, was das Wichtigste ist, an unsere Bürgerinnen und Bürger senden, die von uns erwarten, dass wir den Euro und mit ihm die europäische Wirtschaft schützen. Wir haben mit dem Europäischen Parlament in dieser Angelegenheit also eine gemeinsame Verantwortung.

Unser Premierminister trifft sich gegenwärtig mit den Berichterstattern und Koordinatoren, die für dieses Paket verantwortlich sind, und ich hoffe auf eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament.

Das dritte Element ist die Wiederherstellung eines gesunden Bankensektors durch den ehrgeizigen neuen Stresstest.

Das Vierte ist der Pakt für den Euro, seine Ausweitung auf Mitgliedstaaten außerhalb des Euroraumes, die diesem beitreten möchten, und die mögliche Ankündigung des ersten nationalen Aktionsplans zu seiner Umsetzung.

Das fünfte Element ist der Abschluss der Arbeit am künftigen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und an der Stärkung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), aufbauend auf dem Abkommen der Europgruppe und des Ministertreffens am 21. März, und Sie alle wissen, dass das Mandat des Europäischen Stabilitätsmechanismus erwähnt, dass das Parlament informiert werden muss. Hierüber war ich besonders erfreut.

Das sechste Element ist die Vertragsänderung, über die Sie soeben abgestimmt haben, und die formelle Annahme der Beschlüsse zur Änderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Hinblick auf die Gestaltung des künftigen ESM. Ich möchte dem Parlament an dieser Stelle für die positive Abstimmung danken: Ich denke, dies war ein äußerst wichtiger Beitrag Ihrerseits.

Wie Sie sehen, wurden im Kampf gegen die Krise bereits echte Fortschritte erzielt. Der Europäische Rat wird diese Arbeit bei seinem nächsten Treffen abschließen und ein umfassendes Maßnahmenpaket verabschieden, um der Krise zu begegnen, finanzielle Stabilität zu gewährleisten und die Voraussetzungen für nachhaltiges, beschäftigungswirksames Wachstum zu schaffen.

Lassen Sie mich nun auf Libyen und die südlichen Nachbarstaaten kommen. Auf der Basis der Entschließung des Europäischen Parlamentes vom 10. März 2011, den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 11. März 2011 und der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates hat der Rat seine Besorgnis über die gegenwärtige Situation in Libyen zum Ausdruck gebracht und die grobe und systematische Verletzung der Menschenrechte, die Gewalt und die brutale Repression, welche vom Regime ausgehen und gegen das libysche Volk gerichtet sind, verurteilt.

Die Hauptziele der Europäischen Union sind der Schutz der libyschen Zivilbevölkerung und die Unterstützung des libyschen Volkes bei der Verwirklichung seines Strebens nach einer demokratischen Gesellschaft. Oberst Gaddafi muss die Macht unverzüglich abgeben. Sein Regime hat seine Legitimität verloren und ist für die EU nicht länger ein Gesprächspartner. Welche Maßnahmen hat der Rat also ergriffen?

Lassen Sie mich zunächst etwas zu den Sanktionen sagen. Am 28. Februar 2011 hat der Rat in Rekordzeit Beschlüsse zu einschränkenden Maßnahmen gegen das Regime gefasst. Am 10. März kamen weitere Sanktionen hinzu, einschließlich des Einfrierens von Vermögen, eines weiteren Reiseverbotes, eines Waffenembargos und eines Embargos für Ausrüstung, die zur internen Repression eingesetzt werden könnte – was über die Maßnahmen der zuvor beschlossenen Resolution des UN-Sicherheitsrates hinausgeht.

Lassen Sie mich noch ein drittes Element nennen: eine dritte Runde von Sanktionen. Auf der Grundlage des vom Rat (Auswärtige Angelegenheiten) am 21. März erteilten Mandats hat der Rat heute im Zuge eines schriftlichem Verfahrens den Vorschlag des ungarischen Ratsvorsitzes angenommen, der die Ausweitung der einschränkenden Maßnahmen auf weitere libysche Personen und Instanzen vorsieht, und diese Sanktionen gelten bereits für die staatliche Ölgesellschaft Libyens.

Was hat der Rat, von den Sanktionen abgesehen, sonst noch unternommen? Der ungarische Ratsvorsitz hat die Frage der grundlegenden Versorgungssicherheit auf die Tagesordnung gesetzt. Die Minister diskutierten über die Auswirkungen der politischen Krise auf den Energiemarkt sowie die Sicherheit der Energieversorgung. Sie waren sich darüber einig, dass die EU über ausreichende Öl- und Gasreserven verfügt. Nichtsdestoweniger machte die Diskussion einmal mehr die Verletzlichkeit Europas und seinen Bedarf an einer noch intensiveren gemeinsamen Energiepolitik deutlich, einschließlich Maßnahmen wie die Diversifizierung der Lieferwege.

Der Rat äußerte seine Zufriedenheit über die Annahme der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates und betonte seine Entschlossenheit, zu deren Umsetzung beizutragen. Der Rat begrüßte außerdem die Pariser Gipfelkonferenz als einen entscheidenden Beitrag zu ihrer Umsetzung. Die EU und die Mitgliedstaaten sind entschlossen, auf unterschiedliche Weisen ihren Beitrag zu leisten und somit kollektiv und konsequent zusammen mit allen internationalen Partnern, insbesondere der Arabischen Liga und anderen Ansprechpartnern in der Region, zu handeln, um diesen Beschlüssen die größtmögliche Wirkung zu verleihen. Der Rat und die Mitgliedstaaten werden Maßnahmen im Rahmen der Resolution des UN-Sicherheitsrates unterstützen, um Zivilisten und zivil bevölkerte Gebiete zu schützen, die von Angriffen bedroht sind.

Die EU wird weiterhin allen Betroffenen humanitäre Unterstützung gewähren, und selbstverständlich werden wir – zu einem späteren Zeitpunkt – Libyen dabei helfen müssen, ein demokratisches Staatswesen und Rechtsstaatlichkeit zu verwirklichen.

Auf eine Anfrage des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten hin bereitet die EU Unterstützung im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und humanitäre Hilfe vor, wobei die UNO eine koordinierende Funktion übernimmt. Solche Aktionen finden unter völliger Einhaltung der UN-Richtlinien für den Einsatz militärischer und ziviler Verteidigungskapazitäten statt. Die Hohe Vertreterin wurde gebeten, in Übereinstimmung mit der UN-Resolution und der Erklärung des Europäischen Rates vom 11. März weitere Pläne für die humanitäre Hilfe und für Maßnahmen zum Zivilschutz, einschließlich des Einsatzes maritimer Ressourcen zu diesem Zweck, auszuarbeiten. Die Zusammenarbeit mit der UNO, der NATO und anderen Organisationen sollte in jeder Hinsicht so eng wie möglich sein. Die Hohe Vertreterin wird den Kontakt mit dem UN-Generalsekretär und den Ländern der Region, einschließlich Ägyptens und Tunesiens, aufrecht erhalten und hat verlauten lassen, dass dieser Prozess als eine Angelegenheit von hoher Dringlichkeit verfolgt werden sollte, so dass sich der Europäische Rat ab Ende dieser Woche weiter damit beschäftigen kann.

Darüber hinaus haben die Mitgliedstaaten nochmals ihre Solidarität mit denjenigen unter ihnen betont, die am stärksten von Migrationsbewegungen betroffen sind, und ihre Bereitschaft bekräftigt, die nötige Unterstützung zu gewährleisten, sollte es die weitere Situation erfordern. Der ungarische Ratsvorsitz hat diese Frage an den Rat (Justiz und Inneres) am 24. und 25. Februar 2011 weitergeleitet, und im Rahmen von Frontex ist die gemeinsame Operation Hermes gestartet worden, zu der mehrere Mitgliedstaaten Ressourcen beisteuern.

Lassen Sie mich auf die Entwicklungen im Bereich der Evakuierungen eingehen. Schon am 23. Februar hat der Ratsvorsitz das Katastrophenschutzverfahren der EU eingeleitet, um die Evakuierung von EU-Bürgerinnen und -Bürgern aus Libyen zu beschleunigen – eine Entscheidung, die auch von der Hohen Vertreterin unterstützt wurde. Im Geiste der prinzipiellen Verpflichtung, Schutz zu gewähren, welche in der Entschließung des Europäischen Parlamentes dargelegt wird, tut der ungarische Ratsvorsitz alles in seiner Macht stehende, um die laufenden Maßnahmen zu koordinieren, besonders im Hinblick auf Flüchtlings- und Migrationsfragen. Der ungarische Außenminister János Martonyi und Kommissarin Malmström besuchen derzeit Ägypten und dessen gemeinsame Grenze mit Libyen. Minister Martonyi hielt sich an der Grenze auf und sprach mit lokalen Behörden, und er sagte dort in einer früheren Stellungnahme, dass ohne die Luftschläge eine unerträgliche Situation entstanden wäre.

Nun ist dank der ägyptischen Behörden die Lage unter Kontrolle. Seit drei Tagen strömen keine Menschen mehr aus dem Land; einige Libyer haben sich zur Rückkehr entschlossen, aber natürlich ist die Situation noch immer unsicher, und wir wissen nicht, ob es weitere Flüchtlingsströme geben wird oder nicht.

Am 3. März war ich in Begleitung von Kommissarin Georgieva an der tunesisch-libyschen Grenze, um mir ein Bild von der dortigen Lage zu machen. Die Situation war noch immer sehr ernst: Noch immer kamen pro Stunde 1 000 Menschen über diese Grenze nach Tunesien. Evakuierung war am 3. März das wichtigste Thema, und es ist noch immer sehr wichtig, dass die Mitgliedstaaten bei der Rückführung von Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern, zumeist Wanderarbeiter, helfen.

Da es vor Ort keine Delegation der Europäischen Union gibt, wird die EU vom ungarischen Botschafter in Tripolis vertreten. Er ist vor Ort, und er wird dort bleiben; im Namen der Mitgliedstaaten koordiniert er die konsularischen und diplomatischen Bemühungen.

Zu den südlichen Nachbarstaaten: Auf seiner außerordentlichen Tagung am 11. März hat der Europäische Rat erklärt, dass die Aufstände der Demokratiebewegung die südlichen Nachbarstaaten dramatisch verändern und neue Hoffnung sowie die Gelegenheit zum Aufbau einer Zukunft auf der Grundlage von Demokratie, Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit schaffen. Es darf nicht verschwiegen werden, dass es nicht nur in Libyen Übergriffe gibt. Wir sollten uns bewusst sein, dass auch Menschen in Bahrain und im Jemen mit Unterdrückung konfrontiert sind, und wir müssen uns sehr klar dazu bekennen, dass solche Aggressionen nirgendwo hinnehmbar sind.

Es ist an den Ländern der Region, auf friedliche und demokratische Weise über ihre Zukunft zu entscheiden. Die EU wird alle Schritte in Richtung eines demokratischen Wandels unterstützen, hin zu politischen Systemen, die friedliche Neuerungen, Wachstum und Wohlstand sowie eine gleichmäßigere Verteilung der Früchte wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ermöglichen. Die EU wird sich mit denjenigen Ländern der Region abstimmen, die finanzielle und technische Hilfen zur besseren Kontrolle und Verwaltung ihrer Grenzen sowie Maßnahmen zur leichteren Rückkehr von Migranten in ihre Herkunftsländer benötigen.

Der Rat wurde aufgefordert – noch vor der Tagung des Europäischen Rates Juni – in Zusammenarbeit mit der Kommission einen Plan zur Bereitstellung von Kapazitäten für die Bewältigung der Migrations- und Flüchtlingsströme vorzulegen. Auf breite Zustimmung im Europäischen Rat stieß die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin, in der eine Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand im südlichen Mittelmeerraum vorgeschlagen wird, welche einem differenzierten und anreizorientierten Ansatz folgen und alle EU-Instrumente zusammenbringen soll. Der Rat aufgefordert, die in der Mitteilung enthaltenen Vorschläge schnell zu prüfen und insbesondere darüber zu beraten, wie die Union ihre Partner besser unterstützen könnte.

Abschließend möchte ich kurz die Ideen vorstellen, die eines sehr schnellen Handelns bedürfen. Wir müssen die Begrenzungen der Europäischen Investitionsbank im Hinblick auf die sich politisch reformierenden Mittelmeerstaaten anheben – in dieser Frage wird das Parlament eine Rolle spielen, und ich zähle hier auf Ihre Zusammenarbeit. Wir müssen den Vorschlag der Kommission umsetzen, dass die EIB Mittel aus früheren Transaktionen in den FEMIP-Fonds reinvestieren darf. Wir müssen, zusammen mit unseren Partnern, die Bedingungen untersuchen, unter denen die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in den südlichen Nachbarstaaten aktiv sein könnte, und wir müssen unverzüglich den Vorschlag zu den Paneuropa-Mittelmeer-Ursprungsbestimmungen annehmen, welcher von essentieller Bedeutung für die weitere Entwicklung der Region ist. Und schließlich ist die Annahme der Verordnung zur Ausweitung der Möglichkeiten von Frontex bis Juni 2011 meiner Ansicht nach erforderlich.

Ich werde an dieser Stelle enden. Über Japan werde ich nicht sprechen, da wir nun ein neues Thema auf der Tagesordnung haben. Es tut mir Leid, wenn meine Rede etwas zu lang war. Das liegt daran, dass viel geschehen ist und ich dem Parlament ein umfassendes Bild von allen Themen vermitteln wollte.

 
  
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  José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. − Herr Präsident, wie ich diesem Parlament letzte Woche gesagt habe, wird das, was Europa auf jener Tagung des Europäischen Rates am 24. und 25. März beschließen wird, die Spielregeln der wirtschaftspolitischen Steuerung völlig verändern.

Mit anderen Worten, es wird ein Eckstein unserer umfassenden Antwort auf die Krise sein und mit der Schaffung eines neuen Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung den Beginn der vollständigen Umsetzung unserer Maßnahmen markieren – und hoffentlich auch den Beginn einer Europäischen Währungsunion (EWU), die auf zwei Beinen (der Währungs- und der Wirtschaftsunion) geht, anstatt humpelnd daherzukommen.

Die Wirtschaftspolitik eines jeden Mitgliedstaates wird heute als eine Angelegenheit gesehen, die alle Mitgliedstaaten und alle Europäischen Institutionen etwas angeht. Zum ersten Mal haben wir – mit dem Europäischen Semester – die nötigen Werkzeuge, um unsere Wirtschaftspolitik und unsere strukturellen Reformen frühzeitig und wirkungsvoll zu koordinieren, ehe jeder Mitgliedstaat seine eigene Politik und seine eigenen Budgetplanungen für das nächste Jahr aufsetzt. Wir haben nicht nur eine Ex-ante-Koordination, sondern können auch parallel zur Wirtschafts- und Haushaltspolitik koordinieren.

Der Startschuss zum ersten Europäischen Semester fiel Anfang Januar mit dem jährlichen Wachstumsberichts der Kommission, welcher für dieses Jahr zehn Prioritäten vorstellt, die allesamt fest in der Strategie Europa 2020 für Wachstum und Beschäftigung verankert sind.

Sie sollen bei der Haushaltskonsolidierung helfen, makroökonomische Ungleichgewichte korrigieren und die Finanzstabilität sichern – allesamt Voraussetzungen für ein gesundes Wachstum. Diese politischen Strategien werden kein Wachstum bringen, es ist jedoch recht offensichtlich, dass wir ohne diese Voraussetzungen erfüllt zu haben, nicht die Art Wachstum bekommen werden, die wir brauchen: ein nachhaltiges Wachstum für alle.

Der Pakt für den Euro, auf den sich die Staats- und Regierungschefs des Euroraumes geeinigt haben und der allen Mitgliedstaaten offensteht, die ihm beitreten möchten, spiegelt die vorrangigen Maßnahmen aus unserem jährlichen Wachstumsbericht wider, aber nun ist der Pakt für den Euro, so wurde es beschlossen, auch vollständig mit dem Vertrag kompatibel, und er wird vollständig in das europäische System der wirtschaftspolitischen Steuerung integriert werden. Ich möchte dem Parlament nochmals danken, da ich glaube, dass die von ihm eindeutig bezogenen Positionen eine große Rolle dabei gespielt haben, dass die Gemeinschaftsmethode auch beim Pakt für den Euro erkennbar wurde. Der Pakt für den Euro stellt auch eine Anerkennung der Arbeit der Kommission im Bereich der Steuerpolitik und der Finanzvorschriften dar. Wie Ihnen ja bekannt ist, arbeitet die Kommission gerade an einem Vorschlag zur Besteuerung des Finanzsektors.

Jeder Mitgliedstaat muss bei der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes den Empfehlungen der Kommission folgen. Es wurde vergangene Woche Folgendes beschlossen, ich zitiere: „Bei seinen Entscheidungen bezüglich der Schritte im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes wird der Rat voraussichtlich die Empfehlungen der Kommission befolgen oder seinen Standpunktschriftlich erläutern.“ Dies ist das Prinzip vom 11. März 2011. Ich denke, es ist ein sehr bedeutendes politisches Prinzip, das zu den bisher getroffenen wichtigen gesetzgeberischen Entscheidungen hinzugefügt werden kann, und auch zu einigen, die Sie derzeit vorbereiten.

Haushaltkonsolidierung ist kein Selbstzweck. Ohne Haushaltskonsolidierung fehlt das Vertrauen. Ohne Vertrauen gibt es keine Investitionen. Ohne Investitionen gibt es kein Wachstum. Aber unser Ziel, wie ich es hier im Parlament schon mehrmals gesagt habe, ist Wachstum: nachhaltiges Wachstum für alle.

Zu diesem Zweck müssen wir auch das wirtschaftliche Klima verbessern. Wir müssen den Binnenmarkt vollenden. Eines unserer Ziele im Hinblick auf den Binnenmarkt betrifft eben gerade die verschiedenen Grundansätze bei der Besteuerung. Aus diesem Grund hat die Kommission bereits einen Gesetzesvorschlag für eine gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer gemacht, den sie nun auf den Tisch gelegt hat.

Wir müssen uns wirklich das volle Potential des Binnenmarktes zunutze machen, und die Kommission wird in Kürze die Binnenmarktakte mit einem Paket bestehend aus einem Dutzend Prioritätsvorschlägen vorlegen, um unsere größte Stärke zum Einsatz zu bringen, so dass Wachstum und Arbeitsplätze geschaffen werden und Europa wieder wettbewerbsfähiger wird.

Wir müssen auch noch mehr tun, um für mehr Beschäftigung zu sorgen. Wir brauchen eine größere Arbeitskräftemobilität, nicht weniger Mobilität. Wir brauchen eine stärkere Förderung von steuerlichen Anreizen, und wir wollen ein Wachstum, das beschäftigungsfördernd und beschäftigungsfreundlich ist.

In enger Zusammenarbeit mit der Kommission schließen die Mitgliedstaaten nun ihre nationalen Reformprogramme und ihre Stabilitäts- oder Konvergenzprogramme ab. Ich möchte betonen, dass klare, konkrete, ehrgeizige, einzelstaatliche Programme unerlässlich für die erfolgreiche Umsetzung des Europäischen Semesters sind. Somit liegt es in der Verantwortlichkeit jedes einzelnen Mitgliedstaates, diese wichtige Aufgabe bis Ende April abzuschließen.

Der Rat einigte sich letzte Woche auf seine allgemeine Haltung zum Gesetzespaket der Kommission zur stärkeren wirtschaftspolitischen Steuerung. Nochmals möchte ich dem ungarischen Ratsvorsitz für all seine Bemühungen danken, welche zu einem erfolgreichen Kompromiss geführt haben.

Nun beginnen die Verhandlungen mit dem Parlament. Ich weiß, dass die Kommission auf die feste Unterstützung dieses Hohen Hauses zählen kann, und ich hoffe, dass wir bis Juni eine abschließende Übereinkunft erzielen werden. Dann wäre unser neues wirtschaftliches Rahmenwerk vollständig bereit, und wir könnten bis 2012 all seine Instrumente nutzen, um die nationalen Haushalte, Stabilitäts- und Konvergenzprogramme und auch nationale Reformprogramme zu beurteilen.

Und schließlich haben wir mit dem gegenwärtigen Europäischen Stabilitätsfonds und ab 2013 mit dem permanenten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ein Auffangsystem, um nötigenfalls die Stabilität des gesamten Euroraumes sicherzustellen. Am vergangenen Montag einigten sich die Finanzminister auf die Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus ab Juni 2013, mit einer effektiven Darlehenskapazität von 500 Mrd. EUR. Dies ist für die Europäische Union ein großer Schritt nach vorn, den die Kommission, wie Sie wissen, stark unterstützt hat. Wie wir vorgeschlagen haben, weist das Abkommen zum künftigen ESM klar auf die zentrale Rolle der Kommission bei dem Prozess hin, ebenso wie auf die Beteiligung des Europäischen Parlaments.

Es ist die Verantwortung der Kommission, gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) einzuschätzen, ob ein Risiko für die finanzielle Stabilität des Euroraumes als ganzes vorliegt und eine Analyse der Beständigkeit des öffentlichen Defizits des betroffenen Mitgliedstaates vorzunehmen. Des Weiteren wird es an der Europäischen Kommission sein, die Führung bei der Einschätzung des eigentlichen Finanzbedarfs des begünstigten Mitgliedstaates ebenso wie bei der Einschätzung der Art des benötigten Engagements vonseiten der Privatwirtschaft zu übernehmen. Es wird auch Aufgabe der Europäischen Kommission sein, dem Rat eine Entscheidung vorzuschlagen, die das makroökonomische Anpassungsprogramm unterstützt.

Die Europäische Kommission wird, gemeinsam mit dem IWF und in Zusammenarbeit mit der EZB, dafür verantwortlich sein, die politischen Auflagen zu überwachen, welche ein makroökonomisches Anpassungsprogramm erforderlich macht.

Die politischen Auflagen, die im Zuge einer verstärkten Überwachung oder eines makroökonomischen Anpassungsprogrammes Gültigkeit erlangen, werden mit dem Überwachungsrahmen der Europäischen Union im Einklang stehen und müssen garantieren, dass die Verfahren der Europäischen Union, und somit auch die Rolle des Europäischen Parlaments, respektiert werden.

Die Kommission beabsichtigt, zu diesem Zweck eine auf Artikel 136 des Vertrages basierende Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Erklärung der notwendigen Verfahrensschritte vorzuschlagen, um die politischen Auflagen in den Beschlüssen des Rates zu verankern und die Übereinstimmung mit dem multilateralen Überwachungsrahmen der Europäischen Union sicherzustellen. Der Rat und die Kommission werden das Europäische Parlament regelmäßig über den Aufbau und die Aktionen des ESM unterrichten.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte lediglich bestätigen, was in einem an Sie, Herr Präsident Buzek, gerichteten Brief von Kommissar Rehn und dem Präsidenten der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, bereits gesagt wurde. Ich denke, dass wir am Ende ein Abkommen haben werden, das mit der Gemeinschaftsmethode in völligem Einklang steht, und ich möchte dem Parlament nochmals für sein Interesse und sein Engagement bei diesem Vorstoß danken.

Im Kampf um die finanzielle Stabilisierung haben die Mitgliedstaaten endlich erkannt, in welch hohem Maße ihre Volkswirtschaften voneinander abhängig sind. Die Europäische Union hat bereits sehr viel für die Genesung des Bankensystems getan, aber auch hier müssen wir noch mehr tun. Ein gesundes Bankensystem ist eine Voraussetzung für eine dauerhafte wirtschaftliche Erholung.

Die nächste Runde der EU-weiten Bankenstresstests wird in den kommenden Monaten von der neu eingerichteten Europäischen Bankenaufsicht (EBA) durchgeführt werden. Transparenz ist unerlässlich, damit die Politik und Investoren informierte Entscheidungen treffen können; dasselbe gilt für die Bereitschaft, harte, aber unumgängliche Entscheidungen durchzusetzen.

Nach dem sehr umfassenden und guten Bericht von Frau Győri, die den ungarischen Ratsvorsitz repräsentiert, denke ich, dass ich an dieser Stelle nicht auf die Fragen zu Libyen und dem südlichen Mittelmeerraum eingehen werde.

Lassen Sie mich Ihnen jedoch sagen, dass wir, was die Zuständigkeit der Kommission betrifft, eine entscheidende Rolle bei der Koordinierung der europäischen Antwort auf die eskalierende humanitäre Krise in Libyen gespielt haben. Wir haben 30 Mio. Euro zur Unterstützung von Flüchtlingen und Migranten bereitgestellt, und, wie Sie wissen, haben wir verschiedene Teams vor Ort, und wir stehen in engem Kontakt mit den Herkunftsländern sowie den Gebern. Das Katastrophenschutzverfahren (MIC) der Kommission wird außerdem weiterhin die konsularischen Operationen der Mitgliedstaaten unterstützen; auch Kommissarin Malmström und Kommissarin Georgieva waren in dieser Angelegenheit sehr aktiv und haben hier eng mit dem ungarischen Ratsvorsitz zusammengearbeitet.

Die militärischen Aktionen im Zusammenhang mit der Flugverbotszone, welche im Gefolge der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates durchgeführt wurden, haben neue Umstände hervorgebracht, welche berücksichtigt werden müssen, wenn die humanitäre Unterstützung für diejenigen, die sie benötigen, sicher und effizient erfolgen soll, sowohl an den Grenzen als auch innerhalb Libyens. Sie hat nicht nur deutlich gemacht, dass das Leben unschuldiger Zivilisten geschont werden muss, sondern auch neue Hoffnung gebracht.

Während wir uns der kurzfristigen Herausforderungen dieser sich schnell ändernden und äußerst komplexen Situation annehmen, verlieren wir unser langfristiges Ziel einer demokratischen, stabilen und wohlhabenden südlichen Mittelmeerregion nicht aus den Augen, basierend auf dem Vorschlag der Kommission zur Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand.

Das Katastrophenschutzverfahren der Kommission koordiniert auch die Antwort der Europäischen Union auf die Bitte Japans um Unterstützung. Seit letztem Freitag haben wir unsere Präsenz am Boden mit einem Katastrophenschutzteam, bestehend aus Logistik- und Nuklearexperten, verstärkt.

Speziell im Hinblick auf nukleare Themen ist es wichtig, Lehren aus den Ereignissen in Japan zu ziehen. Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, die Sicherheit in Nuklearanlagen zu überprüfen, ebenso wie die umfassende Risiko- und Sicherheitseinschätzung („Stresstest“) in allen europäische Nuklearanlagen. Diese Stresstests sollten, unter der Verantwortlichkeit der IAEA, auch in all unseren Nachbarländern und über diese hinaus durchgeführt werden. Natürlich hoffe ich, dass der Europäische Rat diese Zielsetzung bestätigen und unterstützen wird.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, wie Sie sehen, haben wir für die nächste Tagung des Europäischen Rates zahlreiche Tagesordnungspunkte, und die Kommission hat viel dafür getan, um diese umfassende europäische Antwort auf die Krise außerhalb unserer Grenzen, aber auch auf die wirtschaftliche Situation, auszuarbeiten.

Wir werden zusammen mit dem Europäischen Parlament eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der umfassenden Antwort auf die Wirtschaftskrise spielen. Wir werden dies stets im Geiste des Vertrages von Lissabon tun, das heißt, in enger Zusammenarbeit mit diesem Parlament. Und Sie können sicher sein, dass wir auch dieser Verantwortung immer gerecht werden.

 
  
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  Joseph Daul, im Namen der PPE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, der europäische Rat plant, sich die zweite Woche in Folge zu treffen, inmitten eines internationalen Klimas der Unsicherheit und der Spannungen. Da ist die Unsicherheit in Japan, wo das Ausmaß des Verlustes an menschlichem Leben noch immer schwer zu abzusehen ist, und Unsicherheit im Mittelmeerraum, da sich weitere Völker gegen ihre Regime erheben, in Bahrain und, wie Sie, Frau amtierende Ratspräsidentin, erwähnt haben, im Jemen.

All diese Situationen werden unausweichlich Auswirkungen auf uns hier in Europa haben. Unser Mitbürgerinnen und Mitbürger haben live miterlebt, wie sich das Drama in Japan abgespielt hat. Neben dem Mitgefühl, das wir für die Tausenden von Familien, die nun von Trauer erschüttert sind, empfinden, gibt es in dem Moment, da wir hier sprechen, Befürchtungen im Zusammenhang mit den Problemen im Kernkraftwerk von Fukushima und die Angst vor den Gefahren, denen auch wir uns in einer ähnlichen oder vergleichbaren Situation gegenübersehen könnten.

Diese Ereignisse sollten natürlich von allen Ländern, die Kernkraftwerke besitzen, berücksichtigt werden, und es ist gut, dass dieses Parlament derzeit eine Debatte zur nuklearen Sicherheit organisiert, obwohl wir nicht die Tatsache aus den Augen verlieren sollten, dass wir in Europa nach mehr anstatt nach weniger Energieunabhängigkeit streben sollten. Dies ist ein Thema, auf das wir während unserer nächsten Tagung zurückkommen werden.-

An diesem Wochenende werden die 27 Staats- und Regierungschefs auch die UN-Entscheidung zum Schutz der Aufständischen vor drohenden Angriffen des Regimes in Libyen zu intervenieren, diskutieren. Ich möchte betonen, dass die europäischen Staaten bei diesen Operationen die Initiative ergriffen haben und die ersten waren, die im Rahmen des UN-Mandats, welches selbst von verschiedenen europäischen Staaten initiiert wurde, interveniert haben. Zweifellos hat man gehört, was wir Abgeordnete des Europaparlaments bei unserer letzten Sitzungsperiode hier in Brüssel gesagt haben.

Meine Fraktion würde es begrüßen, wenn der Rat diese Gelegenheit ergreifen würde, die Mittelmeer-Strategie der EU weiterzuentwickeln und dabei das Ziel der Hilfe und der Unterstützung weiterzuverfolgen, ohne es jemals aufzudrängen. Dies ist unsere Pflicht als Nachbarn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, nach dem Gipfeltreffen des Euroraumes in der vergangenen Woche, auf dem die Grundlagen geschaffen wurden, betrifft die wichtigste Maßnahme des Rates in dieser Woche die Stärkung des Euro und die Fortschritte bei der wirtschaftspolitischen Steuerung.

Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) befürwortet eine Erhöhung der Mittel für die Stützung des Euro sowie das Vorhaben, das im vergangenen Jahr von uns zur Unterstützung Griechenlands und Irlands verabschiedete Ad-hoc-Instrument dauerhafter zu machen. Dieser politische Wille spiegelt die verantwortungsvolle Haltung wider, die die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung dieser in der Geschichte unserer gemeinsamen Währung noch nie dagewesenen Krise eingenommen haben.

Allerdings möchten wir sehr deutlich darauf hinweisen, dass diese außergewöhnlichen Umstände, welche durch den Verlust der Kontrolle über die öffentlichen Finanzen in einzelnen Staaten herbeigeführt wurden, vom Rat nicht als eine Gelegenheit gesehen werden dürfen, europäische Angelegenheiten nun anders zu regeln. Die Gemeinschaftsmethode muss weiterhin die Regel und die zwischenstaatliche Methode die Ausnahme bleiben. Eine sehr starke Mehrheit in diesem Parlament unterstützt dieses Prinzip, und die Kommission Barroso unterstützt uns in dieser Haltung ebenfalls, ganz einfach deshalb, weil es für die Zukunft der Europäischen Union überlebenswichtig ist. Ich bin sicher, dass es Präsident Van Rompuy gelingen wird, die Staats- und Regierungschefs hiervon zu überzeugen.

Der Pakt für den Euro sollte am Freitag ebenfalls angenommen werden. Wir begrüßen ihn insofern, als er eine Maßnahme vorstellt, die wir nun schon seit Monaten fordern, nämlich die Konvergenz in der Haushalts-, Sozial-, und Steuerpolitik der Mitgliedstaaten.

Ich kann es nicht genug betonen: Unsere Bürgerinnen und Bürger werden die europäische Solidarität nur dann akzeptieren, wenn sie das Gefühl haben, dass sie fair und verdient ist. Dies wird nur der Fall sein, wenn die Arbeitsbedingungen eingehalten werden und wenn unsere Unternehmen unter vergleichbaren steuerlichen Bedingungen investieren und einstellen können.

Und schließlich ruft unsere Fraktion den Rat dazu auf, schnelle Fortschritte beim Paket zur wirtschaftspolitischen Steuerung zu machen und die Position des Europäischen Parlamentes als Mitgesetzgeber zu vier der sechs zur Diskussion stehenden Vorschläge angemessen zu berücksichtigen.

Europa muss auf den Weg des Wachstums und der Beschäftigung zurückkehren, und die Maßnahmen, die nunmehr Gestalt annehmen, sind ein Schritt in diese Richtung. Unter der Voraussetzung, dass sie in einem gemeinschaftlichen Rahmen geplant werden, werden sie Europa eine gesunde Basis für einen Neuanfang und für eine vielversprechende Zukunft verschaffen.

 
  
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  Martin Schulz, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Zunächst einmal, Herr Kommissionspräsident, meinen herzlichen Glückwunsch zu Ihrem heutigen Geburtstag. Ich finde, Sie haben Anspruch darauf, dass man Ihnen dazu gratuliert.

(Beifall)

Ich kann Ihre Fröhlichkeit vor diesem Gipfel nicht teilen. Ich glaube, dass das ein Gipfel ist, der in der schlechtesten Phase, im schlimmsten Zustand der Europäischen Union stattfindet. Es fängt an mit Libyen: Selten ist eine Aktion so überstürzt und unstrukturiert vorbereitet worden wie diese Aktion, die eigentlich gut ist und Menschen helfen soll und die jetzt in einem diplomatischen und – ich hoffe nicht, aber möglicherweise – militärischen Desaster endet – überstürzt, unkoordiniert, nicht geordnet. Europa läuft in alle Himmelsrichtungen davon und unser Beitrittskandidat Türkei blockiert alles. Herzlichen Glückwunsch.

Wir sind in einer Situation, in der Bilanz zu ziehen ist. Seit einem Jahr gibt es diese Krise und seit einem Jahr läuft immer der gleiche Prozess ab: Das, was notwendig ist, wird zunächst einmal abgestritten, um es mit einem Zeitverzug von 4–5 Monaten anzuerkennen. „Die Griechen sollen sich selbst helfen“, hieß es vor einem Jahr. „Wir brauchen nicht zu helfen.“ Vier Monate später: Rettungsmechanismus. „Wir brauchen keinen Rettungsschirm. Das, was wir zur Verfügung gestellt haben, genügt.“ Vier Monate später: „Wir brauchen mehr Geld.“ „Wir wollen keine Eurobonds. Eurobonds sind Blödsinn.“ Diskussionen über Eurobonds in alle Himmelsrichtungen. Die Eurobonds werden kommen, da bin ich ganz sicher. Möglicherweise mit vier Monaten Verzug. „Wir brauchen keine Wirtschaftsregierung. Europa braucht keine Wirtschaftsregierung.“ Die gleichen Leute, die das mit Penetranz behauptet haben, feiern auf einer Tagung des Europäischen Rates, dass wir jetzt endlich eine Wirtschaftsregierung haben. Und sie schämen sich nicht einmal dafür, dass sie das Gegenteil von dem sagen und tun, was sie angekündigt haben.

Ich weiß auch nicht, ob wir die Gemeinschaftsmethode schon gerettet haben. Ich hoffe es und Sie haben dafür unsere Unterstützung, Herr Barroso. Nicht nur als Geburtstagsgeschenk, sondern weil es so ist, dass Europa die Gemeinschaftsmethode verteidigen muss, weil wir sehen, dass wir, wenn wir zu dieser anderen Methode kommen, die Frau Bundeskanzlerin Merkel als die „neue europäische Methode“ bezeichnet, genau das haben, was ich gerade beschrieben habe: Jeder macht das und am nächsten Tag das Gegenteil von dem, was er vorgestern angekündigt hat. Das ist die Realität. Wir haben es nicht mit einer Krise des Euro zu tun; wir haben es mit einer Krise der Regierungen der Eurostaaten zu tun. Das ist ein entscheidender Unterschied!

In Bezug auf Portugal reden wir alle und hoffen, dass die Regierung die wirklich unwahrscheinlich harten Maßnahmen durchsetzen kann. Übrigens eine Regierung, die das – ähnlich wie in Griechenland – zum Teil gegen den Willen der eigenen Wählerschaft durchsetzt, und dann erleben wir ein taktisches Schauspiel der Oppositionspartei, die diese Regierung am langen Arm verhungern lässt.

In der Bundesrepublik Deutschland schnürt der Bundesfinanzminister – ein Pro-Europäer – wenige Tage vor diesem Gipfel ein Paket, das wir alle brauchen, und dann sagen der Außenminister und die Bundeskanzlerin: „Na ja, darüber müssen wir erst noch einmal reden.“ Ich hatte am vergangenen Freitag die Gelegenheit, mit vielen führenden Leuten der europäischen Finanzwelt über die Frage „Genießt der Euro Vertrauen?“ zu reden. Die Antwort der Leute in Frankfurt, mit denen ich gesprochen habe – darunter der EZB-Präsident und der Präsident der Euro-Gruppe, aber auch viele andere führende Bankiers – war: „Ja, der Euro ist eine stabile Währung. Der Euro genießt Vertrauen und wir haben auch Vertrauen in den Euro. Aber wir haben kein Vertrauen in die Regierungen der Staaten, die diesen Euro tragen. Denn wie soll man in eine Regierung Vertrauen haben, deren Wort keine drei Tage hält?“ Das ist das Problem, mit dem wir in Europa kämpfen. Der Kurs ist falsch. Der Euro ist eine starke Währung. Er ist auch der Ausdruck der Wirtschaftskraft der Eurozone im Wettbewerb mit anderen Kontinenten. Der Euro stand bei seiner Einführung bei 1,17 Dollar. Schauen Sie sich an, wo der Euro heute steht. Der Euro ist eine stabile Währung im interkontinentalen Wettbewerb von Wirtschaftszonen, aber er wird nach innen destabilisiert, weil es keine stabile Regierungsform gibt. Deshalb ist die Gemeinschaftsmethode nicht nur ein Diskussionsgegenstand im Europäische Parlament, sondern die Grundlage für die Stabilisierung der Währung, die Ausdruck einer enormen Wirtschaftskraft der Eurozone ist. Doch diese Wirtschaftskraft kann sich nicht entfalten, weil sie verwaltet wird von Leuten, denen das letzte Umfrageergebnis für die nächste Regionalwahl wichtiger ist als die Zukunft der europäischen Währung. Das ist die Realität, mit der wir konfrontiert werden.

Ich hoffe, dass am Wochenende alles gut geht. Ich hoffe, dass Ihre Ankündigungen umgesetzt werden. Ich hoffe, dass wir mit einem erfolgreichen Gipfel nach Hause kommen. Aber ich habe meine Zweifel und die Befürchtung, dass wir auch weiterhin das erleben werden, was wir seit einem Jahr erleben – es tut mir leid, ich muss das so sagen: eine stümperhafte Führung der Europäischen Union!

(Beifall)

 
  
  

VORSITZ: Rodi KRATSA-TSAGAROPOULOU
Vizepräsidentin

 
  
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  Guy Verhofstadt, im Namen der ALDE-Fraktion.(FR) Frau Präsidentin, zunächst möchte ich Präsident Barroso alles Gute wünschen. Er ist Widder, genau wie ich, Marielle de Sarnez und Joseph Daul. Ich habe eine ganze Gruppe von Widdern um mich herum; doch wir alle haben etwas zum Pakt für Europa zu sagen, Präsident Barroso.

Ganz im Ernst: Obgleich es gut ist, dass nun jeder zustimmt, dass wir eine Wirtschaftsunion und eine echte wirtschaftspolitische Steuerung brauchen, müssen wir uns die entscheidende Frage stellen: Wird der Pakt für Europa wirklich eine Wirtschaftsunion schaffen? Wird dieser Pakt wirklich eine wirtschaftspolitische Steuerung hervorbringen?

Ich glaube wirklich nicht, dass dies der Fall sein wird, und zwar aus dem einfachen Grund, dass die Kommission den Prozess nicht steuert: das tun nach wie vor die Mitgliedstaaten. Das sind nicht meine Worte. Ich habe hier den Text vom 11. März, der morgen und übermorgen angenommen werden wird. Und was steht in diesem Text? In diesem Text steht, dass die Staats- und Regierungschefs über die Ziele entscheiden, dass die Staats- und Regierungschefs die Verpflichtungen eingehen und dass die Staats- und Regierungschefs für die Überwachung verantwortlich sind. Tatsächlich wird die Kommission nur die technische Überwachung übernehmen, mehr nicht. Die gesamte Macht liegt beim Rat. Das ist es, was die Strategie von Lissabon zum Scheitern brachte und was diese Strategie ebenfalls zum Scheitern bringen wird.

Präsident Barroso, ich möchte Sie noch einmal bitten: Dieses Wochenende wird angenommen, was angenommen werden wird, aber bitte setzen Sie sich so schnell wie möglich mit Herrn Rehn zusammen und erarbeiten Sie einen echten Plan zur wirtschaftspolitischen Steuerung, der auf einem Rechtsakt der Gemeinschaft, welcher der Kommission die gesamten Befugnisse einräumt, und auf einem Konvergenzcode basiert, und legen Sie ihn dem Rat auf den Tisch. Ich weiß, dass sie „Nein“ sagen werden. Sie sagen immer „Nein“. Aber kämpfen Sie zusammen mit uns weiter und akzeptieren Sie dieses Verfahren oder den Vorschlag, der zur Zeit auf dem Tisch liegt, nicht, da das nicht die Lösung ist und dies den Euro in den kommenden Monaten oder Jahren nicht stabilisieren wird. Das ist das erste, was ich sagen wollte.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen wollte, Frau Präsidentin, betrifft den arabischen Aufstand und die der Debatte der letzten Woche folgenden Diskussionen. Wir können jetzt eine erste Bewertung der EU-Maßnahmen vornehmen, und ich muss sagen, dass diese erste Bewertung recht mäßig ausfällt. Zunächst einmal werden Sie sich sicher daran erinnern, dass wir anfangs aus Angst vor dem islamischen Fundamentalismus nicht sehr versessen darauf waren, über diese arabischen Aufstände zu sprechen. Das war unsere erste Reaktion in den EU-Institutionen.

In der Libyen-Affäre haben wir nun den Mangel an Einheit in der Europäischen Union unter Beweis gestellt. Ich finde es erschreckend, dass nicht alle EU-Mitgliedstaaten dieselbe Position im UN-Sicherheitsrat vertreten haben: Drei Staaten stimmten dafür und einer enthielt sich. Das verstößt gegen den Vertrag von Lissabon. Artikel 34 des Vertrags sieht vor, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Instanzen, in denen es um Außenpolitik geht, die Pflicht haben, sich abzustimmen und zu einem gemeinsamen Standpunkt zu gelangen. Haben sie das getan? Ich denke nicht, und ich glaube, sie haben sogar gegen Artikel 34 des Vertrags verstoßen.

Und der dritte Punkt: Schauen Sie sich an, was wir jetzt erleben. Gestern erschien Baroness Ashton vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, und ich denke, sie sollte auch heute hier sein, da wir über ein so wichtiges Thema sprechen. Ich persönlich finde, dass es der EU in Bezug auf die arabischen Aufstände an einer Strategie mangelt. In den Gemeinschaftsorganen wurden einige skandalöse Entscheidungen getroffen.

Zum Beispiel sagte ein Kollege von Baroness Ashton, Herr Cooper, am Montag vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten sogar an einer Stelle, dass wir Verständnis für die Lage in Bahrain haben sollten und dass die Behörden Recht hatten, den Frieden und die Ordnung wieder herzustellen, obwohl vier Menschen getötet und zweihundert Menschen verletzt wurden. Ist das die Position der EU?

Ein anderes Beispiel: Die Außenminister der Union kamen am Montag im Rat zusammen und was haben sie gesagt? Sie forderten die Demonstranten – ich spreche wieder von Bahrain – dazu auf, von allen absichtlichen Einschüchterungsversuchen Abstand zu nehmen. Anstatt diese Revolutionen seitens der Europäischen Union zu unterstützen und denjenigen, die auf die Straße gegangen sind, gekämpft haben und getötet wurden, beizustehen, haben sie damit genau das Gegenteil getan. Sie fordern sie auf, ruhig zu bleiben und vorsichtig zu sein.

Ich fordere Baroness Ashton auf, zur nächsten Sitzungsperiode zu erscheinen und zu erklären, welche Haltung und welche Strategien wir in Bahrain, in Syrien und im Jemen einzunehmen und zu verfolgen beabsichtigen und welche Sanktionen wir verhängen wollen und gegen wen. Das ist die Haltung, die wie einnehmen sollten, und nicht die erbärmliche Haltung, die viele europäische Entscheidungsträger in dieser Angelegenheit bisher eingenommen haben.

 
  
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  Jan Zahradil, im Namen der ECR-Fraktion. Frau Präsidentin, ich bedaure sagen zu müssen, dass es so scheint, als könnte dieser Europäische Rat einige gefährliche Änderungen mit sich bringen, und wir sollten uns darüber Sorgen machen. Im Namen der sogenannten wirtschaftlichen Koordinierung, wirtschaftspolitischen Steuerung und Stabilität im Euroraum erleben wir die Begünstigung einer EU-weiten Steuerharmonisierung und einer EU-weiten Vereinheitlichung der Steuern. Das Parlament spielt dabei leider eine sehr aktive Rolle.

Lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Der Vorschlag der Kommission über eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage ist ein riskanter Schritt, der den gesunden Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten unterminieren, sich als schädlich für die Wirtschaft erweisen und Unternehmen aus den Mitgliedstaaten, die diese Politik verfolgen, vertreiben wird. Das alles ist zu weit gegangen und dem muss ein Ende gesetzt werden.

In den letzten Tagen haben wir auch den Versuch einiger Mitgliedstaaten erlebt, in die Steuerhoheit anderer Mitgliedstaaten einzugreifen. Sie wissen, wovon ich spreche: die wirklich infame Schikanierung Irlands. Wir dürfen das nicht noch einmal zulassen.

Was Libyen angeht, haben uns die Entwicklungen in Libyen wieder einmal daran erinnert, dass wir nicht zu viel von der sogenannten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU erwarten sollten. Nationale Entscheidungsträger, nicht die Entscheidungsträger der EU, haben internationale Führungskraft gezeigt. Premierminister Cameron und Präsident Sarkozy haben Entscheidungen getroffen und durchgesetzt – nicht die Vertreter der EU. Ich denke, dies zeigt klar, dass die Integration in diesem Bereich Grenzen hat – aber nicht nur in diesem Bereich. Kein Mitgliedstaat sollte sich verpflichtet fühlen, mehr zu tun, als er für richtig hält. Das gilt für die Außenpolitik genauso wie für die Wirtschaftspolitik.

Europa muss flexibel bleiben, wo immer es möglich ist, und darf sich nicht mehr von dem rigiden integrationistischen Dogma leiten lassen, und es ist Zeit, dass sich am Integrationsparadigma der EU etwas ändert. Das ist klar. Das ist nachvollziehbar, und ich hoffe, dass sich der Europäische Rat damit auseinandersetzen wird.

 
  
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  Philippe Lamberts, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(FR) Frau Präsidentin, Herr Barroso ist schon gegangen, aber wie er sagte, ist Vertrauen die Grundlage für alles.

Ich kann Ihnen sagen, dass sich das Vertrauen unserer Bürgerinnen und Bürger so schnell verflüchtigt wie das Wasser in den Tanks des Atomkraftwerks Fukushima. Ja, unsere Bürgerinnen und Bürger wissen, dass sich bestimmte Dinge ändern müssen und dass wir nicht weitermachen können wie vorher. Ja, wir müssen das Wettrennen um Unsicherheit und mehr Ungerechtigkeit beenden. Ja, wir müssen uns von unserer Abhängigkeit von fossiler Energie und gefährlichen Energien befreien. Ja, wir müssen wieder dahin zurückkommen, dass der Finanzsektor der Wirtschaft dient und die Wirtschaft den Bürgerinnen und Bürgern dient; und nein, wir können unsere Volkswirtschaften nicht länger auf Schulden, ob Staatsschulden oder privaten Schulden, auf Defiziten und auf Spekulation aufbauen.

Unsere Bürgerinnen und Bürger wissen das alles. Sie wissen auch, dass dies tiefgreifende und radikale Änderungen seitens der Regierungen, seitens der Unternehmen und seitens ihrer selbst erfordert. Sie wissen das und sie fühlen das.

Sie wissen, dass diese radikalen Änderungen auch komplex sind. Wie Marianne Thyssen mir gestern sagte, sind sie komplex, und wir können nicht alles auf einmal machen. Wir müssen irgendwo anfangen.

Das Problem ist jedoch, dass wir nach Ansicht unserer Bürgerinnen und Bürger immer an derselben Stelle ansetzen: Wir fangen immer damit an, öffentliche Ausgaben zu beschneiden, die, wie wir alle wissen, hauptsächlich den Schwächsten zu Gute kommen. Wir fangen immer damit an, die Arbeitsmärkte flexibler zu gestalten. Aber wenn man darüber spricht, Flexibilität und Sicherheit wieder ins Gleichgewicht zu bringen, wissen wir ganz genau, dass dies mehr Flexibilität und weniger Sicherheit bedeutet.

Unsere Bürgerinnen und Bürger haben diese Politik satt, bei der mit zweierlei Maß gemessen wird. Eine Politik, die am Ende diejenigen in Ruhe lässt, die von der Kasino-Wirtschaft der letzten 20 Jahre am meisten profitiert haben.

Was wir deshalb – natürlich zusätzlich zu all dem, was heute auf dem Tisch liegt – vom Rat wollen, ist eine mutige Initiative, die den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union stabile und faire Steuereinnahmen bringt. Das heißt natürlich die Finanztransaktionssteuer, plus Energie- und Unternehmenssteuern – und bitte versuchen Sie nicht, uns die gemeinsame Besteuerungsgrundlage als das A und O oder als die ultimative Steuerpolitik zu verkaufen – und zuletzt bedeutet das die Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerparadiesen.

Ohne eine solche Initiative kann ich Ihnen versprechen, dass alles, was im Zusammenhang mit der wirtschaftspolitischen Steuerung auf dem Tisch liegt, in sich zusammenbrechen und den Euro mit in den Abgrund ziehen wird. Meine Damen und Herren, es gibt kein Beispiel für eine Währungsunion, die ohne eine robuste Steuerunion, die sie stützt, erfolgreich war.

Keine Folgenabschätzungen, keine Ausflüchte und kein nationaler Egoismus mehr: Handeln Sie um Himmels willen!

Und zu guter Letzt werden mit Blick auf die Finanzindustrie neue Stresstests nicht für mehr Sicherheit sorgen, genauso wenig, wie sie in der Atomindustrie für mehr Sicherheit sorgen werden, wenn ich das sagen darf. Wir haben gesehen, wie nutzlos die vorherigen Stresstests waren. Alles war angeblich in bester Ordnung, sogar in Irland. Was wir brauchen sind neue verbindliche Regeln, aber keine Regeln, von denen man uns sagt, dass sie am 1. Januar 2019 eingeführt werden. Es ist höchste Zeit, dass der Dämon der Finanzindustrie mit seinen räuberischen Aktivitäten wieder in seiner Flasche verschlossen wird, und unsere Bürgerinnen und Bürger werden nicht dulden, dass wir noch länger warten.

Das ist der Preis, den wir für das Vertrauen unserer Bürgerinnen und Bürger bezahlen müssen, und es ist unverzichtbar, dass wir als Europäer dieses Vertrauen haben, damit wir mit Optimismus und mit hoch erhobenem Kopf wieder ins 21. Jahrhundert zurückkehren können.

 
  
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  Lothar Bisky, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Wirtschafts- und Währungsunion ohne wirksame wirtschaftspolitische Koordinierung wird nicht funktionieren! Der Stabilitäts- und Wachstumspakt hat versagt, darin sind sich viele Experten über parteipolitische Grenzen hinweg einig. Problematisch ist, dass die Politik längst nicht so weit zu sein scheint! Tatsächlich sind keine neuen Politikkonzepte sichtbar.

Zur Erinnerung: Die 3 %-Grenze des Stabilitätspakts ist seit 1999 73-mal nicht eingehalten worden, 46-mal wäre das laut Vertrag kaum tolerierbar gewesen, kein einziges Mal ist eine Strafe verhängt worden. Nun soll nicht der nichtfunktionierende Pakt geändert werden, er soll nur besser – sprich: überhaupt – umgesetzt werden.

Natürlich weiß jeder Hausmann und jede Unternehmerin, wie wichtig nachhaltiges Haushalten ist. Bei den anstehenden Beschlüssen zur Economic Governance und zum Europäischen Stabilitätsmechanismus steht jedoch zu befürchten, dass es nur ums Sparen geht. Das ist aber etwas anderes als nachhaltiges Haushalten! Kein Staat, der so hoch verschuldet ist, dass er an der Grenze zur Zahlungsunfähigkeit steht, kann aus der Schuldenfalle herauskommen, wenn er sich weiter mit hochverzinslichen Krediten finanzieren muss. Wie sehr er auch immer spart, die Verschuldung steigt weiter – umso mehr, wenn Löhne, Arbeitslosenunterstützung und Renten gesenkt, Arbeitszeiten verlängert, öffentliche Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Gesundheit usw. zurückgefahren werden müssen. Denn wo keiner konsumieren kann, muss auch die Produktion zusammenbrechen. Weder die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts noch die so genannte strikte Konditionalität des künftigen Stabilitätsmechanismus ist also zielführend.

Was im gesamten Maßnahmenpaket deutlicher hervorgehoben werden sollte, ist der Hinweis auf den zusätzlichen Bedarf an Investitionen gerade in krisenbedrohten Staaten, und zwar über Kreditverlängerungen und kleine Zinssenkungen hinausgehend. Der Hinweis auf die Notwendigkeit, Leistungsbilanzunterschiede abzubauen, ist so lange problematisch, wie er nur von den wirtschaftlich schwachen Staaten Maßnahmen verlangt, die wirtschaftlich starken aber so weitermachen dürfen wie bisher. Es ist nicht nur so, dass das Stichwort „Solidarität“ nirgendwo auftaucht, es wird auch vergessen, dass Ausgaben und Leistungsbilanzdefizite der einen Seite Einnahmen und Leistungsbilanzüberschüsse der anderen Seite sind.

 
  
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  Nikolaos Salavrakos, im Namen der EFD-Fraktion.(EL) Frau Präsidentin, was Kommissar Barroso im Grunde gesagt hat, ist der Vorschlag, die wirtschaftspolitische Steuerung und die Stabilität des Euro zu stärken. Das bedeutet, die Politik der wirtschaftspolitischen Steuerung in Europa zu beschleunigen.

Natürlich ist die Arbeit, die Herr Barroso mit Unterstützung von Kommissar Rehn leistet, sehr gut, und wir sehen sie in einem positiven Licht. Wir hoffen, dass dieser Pakt geeignet sein wird, auf die wirtschaftlichen und steuerlichen Herausforderungen, denen sich Europa gegenübersieht, zu reagieren, und die richtige Botschaft an die Märkte aussenden wird. Leider sind die Märkte unser gegenwärtiges Problem.

Diese neue wirtschaftspolitische Steuerung kommt nach einer Krise, einer heftigen Krise in Form von Staatsschulden der Mitgliedstaaten. Wenn die Vereinigten Staaten Geld, nämlich in einer geschätzten Höhe von über drei Billionen Dollar drucken, sehe ich persönlich keinen Grund, warum Europa seine Probleme nicht dadurch lösen sollte, indem es Geld in der Größenordnung von einer Billion Euro druckt, nicht um es in den Markt zu pumpen, sondern um einen Fonds einzurichten, den wir „Stabilitätsmechanismus“ nennen. Wie dem auch sein, es scheint, dass die Zeit für eine solche Idee noch nicht reif ist, nicht solange die Ideen von Frau Merkel Europa beherrschen.

Dennoch müssen wir nochmals die Tatsache betonen, dass die Europäische Union gezwungen ist, unter ungünstigen Umständen neue Systeme und Werte zu schaffen.

Die Einführung der Währungsunion ohne eine umfassende Strategie für eine wirtschaftspolitische Steuerung und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten war ein Risiko, das in der Praxis getestet wurde und mit dem man nur in groben Zügen arbeitete. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass die Union mutigere Entscheidungen trifft und die erforderlichen strukturellen Änderungen vornimmt.

Wie ich schon sagte, unterstützen wir natürlich grundsätzlich die Beschlüsse des Rates zum Pakt für den Euro, und wir sind der Meinung, dass der Euro nach wie vor eine gute Währung ist. Dennoch müssen wir nicht nur sicherstellen, dass wir das Ziel der Stabilität im Euroraum erreichen, sondern dass wir auch einen hohen Grad an Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Europa erzielen und dass wir für die europäischen Bürgerinnen und Bürger, vor allem für junge Leute, mehr Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Wir müssen uns auf die jungen Menschen konzentrieren.

 
  
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  Hans-Peter Martin (NI). - Frau Präsidentin! Als glühendem Pro-Europäer – und die große Mehrheit meiner 500 000 direkten Wählerinnen und Wähler sieht es auch so – fällt es mir sehr schwer, diese Zwickmühle, in die Sie sich gebracht haben, zu akzeptieren. Auf der einen Seite brauchen wir die Stabilität und müssen etwas gegen Spekulation tun; auf der anderen Seite ist die Art, wie Sie das vorantreiben, wieder ein Anlass, das Demokratiedefizit der Europäischen Union auf eine ziemlich drastische Art und Weise zu illustrieren. Die Form erinnert mehr an Notstandsgesetzgebung als an das, was man sich von einem sich entwickelnden Europa wünschen dürfte. Darum habe ich natürlich mit Entschiedenheit den Änderungsantrag 34 der Linken unterstützt, die die Anwendung des ordentlichen Vertragsänderungsverfahrens gefordert haben. Sie tun immer wieder aus einer Notsituation heraus etwas, was in Wirklichkeit die Kluft zwischen Bürgerinnen und Bürgern immer weiter vergrößert.

Außerdem möchte ich noch die Gelegenheit nutzen, um die Art und Weise, in der Martin Schulz in diesem Haus mit mir umgeht, auf das Entschiedenste zurückzuweisen.

 
  
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  José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE).(ES) Frau Präsidentin, die Krise in Nordafrika stellt die im Vertrag von Lissabon festgelegten Mechanismen auf die Probe.

Gestern, als die Hohe Vertreterin vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten erschien, haben wir die positiven Aspekte der Maßnahmen der Europäischen Union unterstrichen: die Mitteilung von Frau Ashton, die zwischen kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen unterscheidet; die schnelle Anwendung der Resolution 1970 des UN-Sicherheitsrates; die Fähigkeit, mit der Arabischen Liga zu verhandeln; und die Tagung des Europäischen Rates.

Dennoch ist es nur fair, hier und heute zu sagen, dass die europäische öffentliche Meinung, und damit unsere Bürgerinnen und Bürger, noch einige andere Fragen haben.

Frau amtierende Ratspräsidentin, Herr Verhofstadt hat absolut Recht. Wie ist es heute noch möglich, dass die vier Mitgliedstaaten, die im UN-Sicherheitsrat vertreten sind, nicht in derselben Weise abstimmen, sondern so unterschiedlich abstimmen?--

Wie ist es heute noch möglich, dass wir darüber diskutieren, ob die UN-Resolution von der Europäischen Union, von der NATO oder von der internationalen Koalition angewendet wird, wenn wir über dieselben Mittel sprechen, die von denselben Steuerzahlern kommen; wenn wir über dieselben Schiffe und ihre Verwendung im selben Einsatzgebiet sprechen?

Es ist klar, dass wir mit Blick auf unsere Koordinierungsfähigkeit noch viel verbessern müssen und dass wir auch noch viel am Entscheidungsprozess verbessern müssen.-

Es gibt ein berühmtes Filmzitat, das besagt: „Uns bleibt immer noch Paris“. Jemand sagte bei dieser Aussprache, dass die Reaktion der Europäischen Union übereilt gewesen sei. Hätte Frankreich bei der Anerkennung der Rebellen, bei der Entsendung des Ministers für auswärtige und europäische Angelegenheiten in den Sicherheitsrat, bei der Einberufung des Elysée-Gipfels und bei der Anwendung der Resolution nicht so viel Mut, Entschlossenheit und Kohärenz gezeigt – und genau so muss man es sehen – dann wären, Lady Ashton, Gaddafis Truppen bereits in Bengasi einmarschiert.

 
  
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  Kristian Vigenin (S&D).(BG) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte mich etwas mehr auf eines der wichtigsten Themen konzentrieren, das morgen diskutiert wird, nämlich auf die Lage in Libyen.

Meine Kollegen sagen zu Recht, dass man in den letzten Tagen den Eindruck gewonnen hat, dass bei den Entscheidungen und dem Verhalten der Europäischen Union, insbesondere ihrer Mitgliedstaaten, totales Chaos oder zumindest ein Mangel an Vorhersehbarkeit herrscht. Insbesondere mit einigen Ländern, die sich der Koalition anschließen und ihre Beteiligung dann aufkündigen, ist es unmöglich, innerhalb der NATO einen Konsens zu erzielen.

Das schafft nicht nur eine Situation großer Unsicherheit unter unseren Partnern, die sich fragen, ob wir eine klare Vorstellung davon haben, was wir grundsätzlich erreichen wollen und wie wir es erreichen wollen, sondern es schafft auch größte Probleme in der europäischen öffentlichen Meinung, die keinerlei Vertrauen mehr darin haben kann, dass die Europäische Union und ihre derzeitigen Vertreter in der Lage sind, der Verantwortung, die sie gegenüber unseren Partnern im südlichen Mittelmeerraum haben, gerecht zu werden.

Ich hätte gerne, dass der Europäische Rat in den nächsten Tagen klare, fundierte Beschlüsse zu Libyen vorlegt, und nicht nur mit Blick auf Libyen, sondern auch mit Blick auf andere Länder, in denen grundsätzlich eine ähnliche Lage herrscht, wie es in Bahrain, dem Jemen und in gewissem Maße auch in Syrien der Fall ist. Wir vergessen ein wenig, dass das, was wir in Libyen tun, auch vor dem Hintergrund unseres Verhaltens gegenüber den anderen Ländern in der Region bewertet wird.

Ich möchte, dass der Europäische Rat klare Beschlüsse dazu fasst, was die Europäische Union in Libyen erreichen will, wodurch dann auch weitgehend klar wird, wie wir es erreichen. Ich glaube, dass wir ganz klar verstehen müssen, dass die Lage in Libyen auch viele ernsthafte Auswirkungen auf die Nachbarländer haben wird, wenn die gegenwärtige Situation länger anhält.

Daher müssen wir bereit sein, sowohl Ägypten als auch Tunesien zu helfen, und zwar nicht nur dabei, die humanitäre Situation zu bewältigen, sondern wir müssen auch bereit sein, buchstäblich in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung zu leisten, weil die Situation dort Auswirkungen auf die Wirtschaftslage in diesen beiden Ländern haben wird.

 
  
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  Alexander Graf Lambsdorff (ALDE). - Frau Präsidentin! Es ist hier gesagt worden, nicht der Euro ist in der Krise, sondern unsere Mitgliedstaaten, die Schulden gemacht haben. Denn das ist der Kern der Krise – verantwortungslose Schuldenmacherei über viele Jahre. Das ist das, was jetzt enden muss. Deswegen ist es auch richtig, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus harte Auflagen vorsieht. Deswegen ist es auch richtig, dass das bei den bisherigen Rettungsmechanismen so geschehen ist. Deswegen ist es auch richtig, dass Irland keine Reduzierung im Zinssatz bekommen hat.

Diese Schuldenmacherei muss enden! Ich höre jetzt von der sozialdemokratischen Seite schon wieder eine Unterscheidung zwischen guten und schlechten Schulden. Ja, natürlich sind Investitionen etwas anderes als Konsum. Nur irgendwann werden zu viele gute Schulden auch zu schlechten Schulden. Wir brauchen Generationengerechtigkeit, wir brauchen Nachhaltigkeit in den öffentlichen Finanzen, dann wird der Euro auch wieder stabil.

Der Pakt für den Euro, das ist zu wenig Gemeinschaftsmethode. Das ist hier gesagt worden und das ich völlig richtig. Ich teile diese Ansicht.

Ein letztes Wort zu Libyen: Der Rat hat die Resolution 1973 unterstützt. Wir müssen jetzt nach vorne schauen. Ich stimme Herrn Salafranca Sánchez-Neyra zu, wenn er sagt, Frankreich hat eine sehr gute Rolle gespielt. Aber man hätte die Türkei zum Elysée-Gipfel einladen müssen, dann hätten wir jetzt nicht diese Probleme in der NATO, dann wäre die Situation für uns alle erheblich leichter. Ansonsten hoffe ich, dass der neu ernannte Regierungschef der libyschen Übergangsregierung bald hier in Europa empfangen werden kann.

 
  
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  Konrad Szymański (ECR).(PL) Frau Präsidentin, alle Ziele, die sich die Euro-Gruppe selbst gesetzt hat, und die manchmal auch völlig vernünftig sind, können mit Hilfe der Wirtschafts-, Sozial- und Steuerpolitik der Mitgliedstaaten erfolgreich erreicht werden. Deshalb stellt sich die Frage, warum wir den Vertrag heute im Eiltempo ändern, um diese Kompetenzen – zumindest zum Teil – auf Unionsebene zu übertragen.

Ich denke, es gibt zwei Antworten: entweder wollen wir wie immer die Verantwortung für unpopuläre Entscheidungen mit der Europäischen Union teilen oder aber wir wollen die Gelegenheit – vielleicht unter dem Vorwand von Reformen – nutzen, um Brüssel ganz einfach mehr Macht zu übertragen. Ich bezweifle, dass dies die erwarteten Auswirkungen haben wird, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die meisten Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe eine höhere Staatsverschuldung und ein weniger wettbewerbsfähiges Steuersystem haben als die anderen Mitgliedstaaten.

Über dieser Diskussion schwebt natürlich die Bedrohung eines Europas der zwei Geschwindigkeiten. Ich möchte diejenigen, die es eilig haben, warnen. Zusätzlich zu eben dieser Geschwindigkeit benötigen wir auch die richtige Richtung. Im Eiltempo voranzugehen, aber in die falsche Richtung zu laufen, birgt die Gefahr, dass es am Ende nur noch einen Weg gibt – eine riesige Zunahme des Ausmaßes der Katastrophe. So zumindest sehe ich das, was sich auf den Straßen Europas ereignet.

 
  
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  Miguel Portas (GUE/NGL).(PT) Frau Präsidentin, das portugiesische Parlament wird heute gegen das vierte Stabilitätsprogramm, das von der Regierung in 12 Monaten vorgelegt wurde, stimmen. Die Mehrheit der portugiesischen Abgeordneten wird wegen des Inhalts des Pakets gegen dieses Dokument stimmen, aber auch weil es in Brüssel vorgestellt wurde, noch bevor es in Portugal überhaupt bekannt war, verhandelt oder gebilligt wurde.

Das ist der Grund für meine erste Frage an den ungarischen Ratsvorsitz: Beabsichtigt er vor dem Hintergrund dieser Erfahrung, gemeinsam mit seinen Partnern, den zwingenden Charakter der vorherigen parlamentarischen Zustimmung zu diesen Dokumenten zu verteidigen oder nicht?

Meine zweite Frage ist Folgende. Morgen entscheidet der Rat über einen Finanzierungsmechanismus für die Zeit nach 2013, aber er sagt uns nichts über den gegenwärtigen Finanzierungsmechanismus, und das ist es, was uns interessiert. Da in Portugal eine Zeit der vorgezogenen Wahlen anbricht, wird es zwangsläufig zu einer Explosion der Staatsschulden und Zinssätze kommen. Was beabsichtigt der Rat zu tun, um Spekulationen mit portugiesischen Staatsschulden zu verhindern? Und sagen Sie bitte nicht, dass das eine Angelegenheit der Portugiesen ist, denn wenn die Sparmaßnahmen unsere Sache sind, dann ist das unsere Sache, weil es auch Ihre Entscheidungen sind.-

 
  
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  Bastiaan Belder (EFD). - (NL) Frau Präsidentin, die Hohe Vertreterin hat gestern Nachmittag im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten zu verstehen gegeben, dass sie das, was wir angefangen haben, „das neue Ägypten“ zu nennen, konkret durch die Bekämpfung des großen Wohnungsmangels unterstützen will. Jeder, der sich auch nur ansatzweise des enormen sozio-ökonomischen Elends, in dem die große Mehrheit der Ägypter lebt, bewusst ist, kann nicht mehr euphorisch sein. Es geht darum, echtes europäisches Mitgefühl zu zeigen.

Aus diesem Grund begrüße ich alle europäischen Anstrengungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Ägypten sehr. Gerade jetzt, da sich das Land nach dem Sturz von Präsident Mubarak in einer unsicheren Übergangsphase befindet und Kairo direkt auf eine Finanz- und Lebensmittelkrise zuzusteuern scheint. Ich bin der Meinung, dass die europäische Hilfe für Ägypten Hand in Hand mit einer Verdopplung der Anstrengungen des Rates gehen sollte.

Im neuen Ägypten müssen alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrer Religion vor dem Gesetz gleich sein, mit gleichen Rechten für alle. Darüber hinaus muss Kairo den Friedensvertrag mit Israel einhalten und ihn sogar noch weiterentwickeln. Wenn wir diese beiden Bedingungen stellen, wird sowohl die innere als auch die äußere Stabilität des neuen Ägyptens gestärkt.

 
  
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  Barry Madlener (NI). - (NL) Frau Präsidentin, ich dachte schon, Sie hätten mich übersehen. Ich danke Ihnen, dass Sie mir das Wort erteilen. Wir schaffen einen Stabilitätsmechanismus, einen ständigen Hilfsfonds, für den der einfache Bürger zahlen muss, der Bürger, dem keine Geschenke gemacht werden. Die Begünstigten sind jedoch die Leute, denen Geschenke gemacht werden. Betrüger, diejenigen, die ihre Versprechen nicht halten und die, die Zahlen manipulieren, werden von nun an belohnt.

Vor zehn Jahren wurde ein Stabilitäts- und Wachstumspakt mit dem feierlichen Versprechen unterzeichnet, dass dieser Pakt die Staatsfinanzen in Ordnung halten würde. Gegen diesen Pakt haben Deutschland, Frankreich, Griechenland und andere verstoßen. Gegen große Defizite wurde nichts unternommen. Und nun wird wieder feierlich gelobt, dass der neue Pakt wirklich funktionieren wird. Nun wird es Brüssel sein, das entscheidet, was die Niederländer verdienen dürfen, wann die Niederländer in Rente gehen dürfen und wie viel sie von ihrer Rente bekommen. Und wieder wird die Rechnung von den Steuerzahlern, von den Menschen, denen keine Geschenke gemacht werden, bezahlt.

Frau Präsidentin, dieser ständige Fonds ist ein teures Spielzeug, das es der politischen Elite ermöglicht, die Tatsache zu kaschieren, dass man einigen Ländern in einer Währungsunion nicht trauen kann. Da sind Länder, die die Freuden des Euro genießen wollen, aber die Last nicht mittragen wollen, Länder, die ihre Finanzen nicht in Ordnung halten. Diese Länder, Frau Präsidentin, sollten den Euroraum verlassen. Das ist die einzige Anpassung, die wir am Stabilitäts- und Wachstumspakt vornehmen müssen.

 
  
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  Mario Mauro (PPE). - (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Umwälzungen, die sich im südlichen Mittelmeerraum häufen, dürfen unsere Aufmerksamkeit nicht von den mittelfristigen wirtschaftlichen und anderen Zielen, die schon lange gesteckt wurden, ablenken. Die internationalen Turbulenzen sollten vielmehr dazu führen, dass wir das Tempo in Richtung eines Wachstums unserer Wirtschaft erhöhen: Ich begrüße die Tatsache, dass die Beschlüsse zur Umsetzung der Strategie „Europa 2020“ schnell gefasst werden sollen, und zwar schon bei der Sitzung in dieser Woche.

Wir wissen nicht, was nach dem Konflikt in Libyen passieren wird, aber wir können sicher sein, dass nichts mehr so sein wird wie zuvor. Europa braucht deshalb wirklich ein Maßnahmenpaket, damit die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten wieder zu Kräften kommen können, bevor sie eine neue Zeit der Unsicherheit durchlaufen müssen. Die größte Frage ist jedoch sicherlich die Frage nach der Lage im Mittelmeerraum. Ein sich im Krieg befindender Mittelmeerraum ist die schlimmste Katastrophe, die sich die Welt im Moment vorstellen kann. Die Länder, die es für unerlässlich hielten, unter diesen Umständen zu handeln, haben das Richtige getan, aber es bleibt der große Widerspruch einer Europäischen Union, die mit Blick auf das, was zu tun ist, verlegen, wenn nicht sogar geteilt zu sein scheint.

Ich appelliere daher an den ungarischen Ratsvorsitz: Das Parlament und ich glaube auch die Kommission stehen diesem Ratsvorsitz nahe, der die Möglichkeit hat, diese Krise in etwas zu verwandeln, das letzten Endes nicht einfach in eine Unterminierung der Europäischen Union mündet.

Wir haben diese enorme Verantwortung: die derzeitige Krise in eine Chance zur Produktion zu verwandeln, eine Außenpolitik, die der Welt würdig ist, zu verfolgen und mit Leben zu erfüllen. Mit unseren Verantwortlichkeiten, unseren Zweifeln und unseren Fehlern stehen wir kurz vor bedeutenden Ereignissen, und ich denke, wir sollten diese Verantwortung in vollem Umfang wahrnehmen und dafür sorgen, dass die Beschlüsse, die der Rat morgen und übermorgen fassen wird, vernünftig, aber vor allem mutig sind. Vielen Dank.

 
  
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  Edite Estrela (S&D).(PT) Frau Präsidentin, es wurde bereits gesagt, dass es – leider – möglich ist, dass in diesem Moment im portugiesischen Parlament die Regierung gestürzt wird. Wenn die Regierung fällt, dann geschieht dies infolge der von den Oppositionsparteien verursachten politischen Instabilität, die ein weiteres Sparpaket nicht unterstützt haben.

Es ist wahr: Dies ist das vierte Sparpaket innerhalb weniger Monate. Das kommt nicht daher, weil die vorherigen Sparpakete nicht eingehalten wurden: sie wurden eingehalten. Es kommt vielmehr daher, dass sich die auferlegten Bedingungen gerade so wie es den Märkten beliebte, verschlimmert haben. Portugals Haushaltsausführung konnte in den Monaten Januar und Februar einen Überschuss verzeichnen, mit Ausgabenkürzungen von 3 % und einer Erhöhung der Einnahmen um 11 %.-

Die politischen Kräfte, die diese politische Krise durch die Ablehnung dieses von der Regierung vorgelegten und von der Europäischen Kommission, dem Rat und der Europäischen Zentralbank unterstützten Sparprogramms herbeigeführt haben, können damit sehr zufrieden sein. Es ist jedoch allein ihre Unbesonnenheit, die es ihnen erlaubt, mit dieser Situation zufrieden zu sein, da diese Situation für ein Land des Euroraums mit Schuldenproblemen schrecklich ist. Es ist schrecklich für das Land, es ist gegenüber dem portugiesischen Volk ungerecht, und es ist ein weiterer Schlag für die Zukunftsfähigkeit dieses großartigen Projekts, des Projekts der Einheitswährung.

Wir befinden uns im Euroraum nicht in einer Krise: wir befinden uns inmitten der großen Krise des Euroraums. Ich möchte meine portugiesischen Kolleginnen und Kollegen fragen: Was ist die Alternative? Alle Mitgliedstaaten müssen bis April ihre Sparpläne vorlegen. Braucht Portugal weitere Sparmaßnahmen, um sein Defizit und seine Staatsverschuldung abzubauen, um das Defizit 2012 und 2013 um jeweils 3 % und 2 % zu senken, oder braucht es sie nicht? Sie wollten nicht verhandeln, aber Sie haben auch keine Alternativen vorgelegt. Dagegen zu sein ist nicht die Lösung, es ist das Problem und verlangt dem portugiesischen Volk noch mehr Opfer ab.

 
  
  

VORSITZ: Miguel Angel MARTÍNEZ MARTÍNEZ
Vizepräsident

 
  
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  Marielle De Sarnez (ALDE).(FR)Herr Präsident, der nächste Rat ist wahrscheinlich die letzte Chance für die europäischen Politiker, um sich daran zu erinnern, dass es uns bei der Gründung Europas um die Aufrechterhaltung von Werten und um ein gemeinsames Handeln in Grundsatzfragen ging. Wenn eine Bevölkerung der Gnade eines mordenden Staatsoberhauptes ausgeliefert ist, dann haben wir es mit einer Grundsatzfrage zu tun.

Dank der Bemühungen seitens Frankreichs und des Vereinigten Königreichs ist eine Resolution angenommen worden. Wir haben es geschafft, General Gaddafi vor der Einnahme von Bengasi zu stoppen. Dennoch zeigt Europa keine Einheit. Und das ist besorgniserregend. Morgen muss der Rat ein starkes Signal senden; er muss die laufende Intervention unterstützen, die libyschen Rebellen anerkennen, um ihnen Unterstützung zu geben und General Gaddafi noch mehr zu isolieren und damit den Sturz des Regimes herbeizuführen.

Um Grundsatzfragen geht es auch, wenn wir die Ereignisse in Bahrain, im Jemen und in Syrien betrachten. Wenn wir sehen, wie der Kreislauf der Gewalt erneut im Mittleren Osten aufflammt, dann ist das auch eine Grundsatzfrage.

Wir, die Mitglieder des Europäischen Parlaments, fordern führenden Politiker Europas auf zu handeln, bevor es zu spät ist. In vielen Teilen der Welt ist die Geschichte in Bewegung gekommen. Politischer Mut bedeutet, diese Herausforderung zu meistern: Genau das erwarten wir von Europa und denjenigen, die im Namen Europas Verantwortung tragen und handeln.

 
  
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  Peter van Dalen (ECR). - (NL) Herr Präsident, die Garantien der Niederlande in Höhe von vielen Milliarden Euro zwangen den früheren Finanzminister Ruding zu der folgenden Aussage: „Der Weg zur Haushaltshölle ist mit Garantien gepflastert.“ In der Tat waren die gewährten Garantien zu hoch und zu riskant. Sie werden nicht helfen, die Krise abzuwenden, da sie sehr weit über das Ziel hinausschießen.

Die aktuelle europäische Krise wurde von denjenigen verursacht, die ohne jegliches Verantwortungsbewusstsein zuließen, dass die Schulden anstiegen, und denjenigen, denen es nicht gelang, die getroffenen Vereinbarungen zu erfüllen. Wenn wir diese Kernfragen nicht anpacken, können wir so viele Garantien geben wie wir wollen, doch diese werden in keiner Weise hilfreich sein.

Wir haben einen Stabilitäts- und Wachstumspakt. Schon Anfang des Jahres 2004 mokierten sich Deutschland und Frankreich über ihn. Insbesondere mit automatischen Sanktionen hatten wir eine Chance, den Pakt zu stärken. Doch was geschieht? Die Sanktionen bleiben Gegenstand politischer Entscheidungen. Das ist unglaublich. Der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger hat genau vorhergesehen, was passieren würde. Er sagte voraus, dass die aktuelle Situation die Bürgerinnen und Bürger dazu bringen wird, der politischen Elite Europas mit Zynismus und Verachtung zu begegnen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident, der Weg, den die führenden Politiker der Europäischen Union einschlagen, ist unannehmbar. Im Klartext heißt dies: verstärkte Ausbeutung der Arbeitnehmer, neue antisoziale Maßnahmen, welche die Ungleichheiten verschärfen, Anstieg der Arbeitslosigkeit und unsichere Arbeitsplätze sowie Anstieg der Armut und sozialen Ausgrenzung - und all dies im Dienste der wirtschaftlichen und finanziellen Interessengruppen der Europäischen Union, deren Profite ins Unermessliche wachsen.

Unter dem Vorwand der Krise möchten sie eine weitere Schlinge um den Hals der wirtschaftlich fragileren Länder legen, indem sie dabei die geschaffenen Bedingungen für die Anwendung des Europäischen Stabilitätsmechanismus nutzen, um aus im Prinzip souveränen Staaten reine Protektorate zu machen.

Daher werden die Arbeitnehmer und Menschen solche Maßnahmen nicht hinnehmen, wie dies auf einer Demonstration am Samstag in Portugal mit über 300 000 Teilnehmern zum Ausdruck kam und wie es heute in der Sitzung des portugiesischen Parlamentes, dessen Mitglieder gewiss mehrheitlich gegen das vierte Sparpaket stimmen werden, deutlich wird.

Dennoch, Herr Präsident, möchten wir auch in diesem Hause „Nein“ sagen zu den Bombardierungen der internationalen Streitkräfte in Libyen, genauso wie wir auch „Nein“ sagen zur Unterdrückung aufbegehrender Völker in jedem Land in der Region, und dazu gehören auch Libyen, Bahrain und Jemen.

 
  
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  Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Herr Präsident, der verantwortliche Umgang mit Finanzressourcen ist eine grundlegende Voraussetzung für das gute und stabile Funktionieren von Haushalten, Fertigungs- oder Handelsunternehmen, von Regionen, Nationalstaaten und auch von Staatenbünden.

Daher es ist es normal, dass, wenn eine Gruppe von Staaten der Europäischen Union die Schaffung einer einheitlichen Währung beschließt, sie einen Mechanismus vorsehen muss, der populistische Politiker daran hindert, die gemeinsame Währung mit unhaltbaren Verbindlichkeiten - Schulden zu belasten, die allein dem Zweck dienen, kurzfristig die Unterstützung von Wählern zu erkaufen. Der Pakt für Wettbewerbsfähigkeit definiert bestimmte Parameter, welche die Länder der Eurozone insbesondere erfüllen sollten. Das Problem besteht jedoch in der Umsetzung dieser wohlgemeinten Regeln.

Aus diesem Grunde bin ich der festen Überzeugung, dass nun die Zeit gekommen ist, um automatische Strafmechanismen bei Verstößen gegen gemeinsame Bestimmungen anzuwenden, mit dem Ziel, den gemeinsamen vereinbarten Verwaltungsregeln Folge zu leisten, damit diese Sanktionen nicht Gegenstand eines politischen Kuhhandels im Europäischen Rat werden, wo Staats- und Regierungschefs ihre zahlreichen und unterschiedlichen Fehler wieder gutmachen, indem sie anderen Strafen erlassen.

 
  
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  Jacek Saryusz-Wolski (PPE). - Herr Präsident, ich möchte zwei Punkte ansprechen. Erstens möchte ich die Schaffung des Euro-Plus-Paktes begrüßen. Er ist ein Instrument, das zu begrüßen ist. Eine neue Architektur ist im Entstehen, fast eine Art wirtschaftliches Schengen. Das Wichtige daran ist, dass er integrativ und für alle offen sein sollte, die ihm beitreten können und möchten, und dass er kein Europa der zwei Geschwindigkeiten schafft. Leider wird der Pakt nur halb-offen sein, da der Änderungsantrag zu Artikel 136, wie er in unserem Ausschuss für konstitutionelle Fragen debattiert und angenommen wurde, abgelehnt wurde. Er lautet: „fordert, dass der Stabilitätsmechanismus von Anfang an den Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, die sich aber beteiligen wollen, offen steht;“ Er wird halb-offen sein, da er offen ist, um Verpflichtungen auf sich zu nehmen. Er wird nicht offen sein, für Länder außerhalb des Euroraums, die an den Rechten teilhaben möchten.

Was uns vereint, ist der Binnenmarkt, sehr viel mehr als der Euro. Es ist keine Krise des Euro. Es ist eine Krise in einigen Euro-Mitgliedstaaten. Jeder Mitgliedstaat, der den Euro nicht eingeführt hat, könnte das gleiche Problem mit den öffentlichen Finanzen haben. Daher fehlt es an Logik, und es fehlt an Kohärenz.

Lassen Sie mich ein paar Worte zu Libyen und den südlichen Mittelmeerländern sagen. Zunächst möchte ich uns gratulieren – eigentlich nicht der Union, aber einigen Mitgliedstaaten, die sich an vorderster Front für den Schutz der Menschenrechte und der Demokratie in Libyen einsetzen. Wir sollten Frankreich und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy für seine Führungsrolle danken.

Ich glaube, wir erleben gerade den Beginn einer Wende unserer Außenpolitik, einen Wechsel von einer interessengeleiteten zu einer wertebasierten Außenpolitik. Wir müssen zwei Schritte unternehmen. Wir müssen unsere Nachbarschaftspolitik neu entwerfen und sie unseren Gesellschaften und Regierungen näher bringen und das erreichen, was wir in Mittel- und Osteuropa als Übergang oder als Wandel bezeichnen. Es ist auch ein Warnruf im Hinblick auf die Reform und Stärkung unserer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Wir müssen die Union mit gemeinsamen Befehlsstrukturen und gemeinsamen militärischen Kapazitäten ausstatten.

 
  
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  Liem Hoang Ngoc (S&D).(FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, der morgige Tag, der 24. März, wird ein symbolischer Tag. Zunächst einmal wird er durch eine Änderung des Vertrages von Lissabon gekennzeichnet sein, über die wir gerade abgestimmt haben und die die Errichtung eines permanenten Europäischen Stabilitätsmechanismus vorsieht. Dieser Mechanismus wird der Europäischen Union die Ausgabe der ersten Euro-Anleihen ermöglichen, die dazu bestimmt sind, Staatsschulden zu niedrigen Zinsen vor dem Hintergrund spekulativer Angriffe auf die Einheitswährung zu finanzieren.

In dieser Hinsicht ist es eine Schande, dass der Prozess auf halbem Wege stoppte. Um mit den irrationalen Überschwang der Märkte fertig zu werden, sollte die Änderung des Vertrages eine Gelegenheit darstellen, damit die Europäische Zentralbank das tun kann, was die Vereinigten Staaten tun, nämlich Staatsschulden angesichts der angespannten Situation auf den Wechselmärkten zurückzukaufen. Der Prozess ist sogar noch weniger komplett, da das erforderliche Ergebnis in der Umsetzung des Paktes für Wettbewerbsfähigkeit, umgetauft in Pakt für den Euro, besteht. Das ist das zweite Symbol für morgen. Dieser Pakt wird vom Rat, von der Kommission und der Europäischen Zentralbank einhellig unterstützt.

Meine Damen und Herren, Sie alle kennen den Washington Consensus: Sie haben ihn geliebt. Nun gut, am 24. März wird der „Brüsseler Konsens“ das Licht der Welt erblicken. Der „Brüsseler Konsens“ ist die blinde, rücksichtslose Anwendung eines neoliberalen Dogmas: Auspressung der öffentlichen Dienste und des Wohlfahrtstaates; niedrige Löhne und minimale Regulierung der Finanzmärkte.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Rat, die Kommission und die EZB haben ein kurzes Gedächtnis. Sie schlagen vor, den Pakt für den Euro in das Governance-Paket zu übertragen, was damit gleichzusetzen wäre, genau diese Strategien, die zu der Wirtschaftskrise geführt haben, in unserem System zu verankern. In Spanien, im Vereinigten Königreich und in anderen Ländern ist der Anstieg der Haushaltsverschuldung, die durch die Finanzindustrie genährt wird, durch nichts Anderes ausgelöst worden als durch die Krise der Kaufkraft, die seit 20 Jahren durch niedrige Löhne bedingt ist. Der Pakt für den Euro schlägt leider vor, aus der Lohnmäßigung eine permanente Einrichtung zu machen.

Bei den öffentlichen Schulden, die auch eine Folge der Wirtschaftskrise sind, geht es im Ergebnis auch um sinnlose Steuerermäßigungen in allen Bereichen, für die sich Liberale und Konservative einsetzen. In Europa sind die Ausgaben der öffentlichen Hand nicht explodiert: ganz im Gegenteil. Haushalts- und Lohnmäßigung, kombiniert mit von der Europäischen Zentralbank bereits geplanten Zinssatzsteigerungen, werden dazu führen, die Binnennachfrage in Europa und den Konjunkturaufschwung zunichte zu machen, ohne die Defizite zu verringern. Morgen werden wir an der Seite der Arbeitnehmer gegen diesen „Brüsseler Konsens“ demonstrieren: Das ist das dritte Symbol des 24. März. Wenn wir nicht die Rückkehr von so etwas Ähnlichem wie den Braunhemden wollen - Europa wurde gegründet, um dies zu verhindern -, müssen die vom Volk gewählten Vertreter mit dem Volk zusammen Strategien anprangern, die so ungerecht wie unwirksam sind.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE). - (FI) Herr Präsident, die Schaffung eines ständigen Mechanismus des Krisenmanagements für Europa ist gerechtfertigt, wenn es in der Zukunft Krisen gibt. Keiner von uns möchte Krisen, aber Krisen können eintreten. Nichtsdestotrotz ist es beklagenswert, dass die Absicht besteht, einen ständigen Mechanismus des Krisenmanagements außerhalb der Gemeinschaftsorgane zu errichten. Der Mechanismus sollte so eng wie möglich mit den Gemeinschaftsorganen verknüpft sein, damit diese seine Anwendung überwachen können. Darüber hinaus sollten jegliche Sanktionen automatisch Anwendung finden, und nicht das Ergebnis von Beratungen und Verhandlungen sein.

Ich möchte ein paar Worte über die so genannte Außenpolitik und Libyen verlieren.

Die Lage in Libyen und innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft ist verwirrend. Die Entscheidung einer Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung war richtig. Daran war auch die EU beteiligt. Nun, da Bodentruppen angegriffen worden sind, haben wir einen guten Grund, um die Frage zu stellen, ob dafür eine Flugverbotszone geschaffen wurde. Diesbezüglich nehmen die Dinge ein Ausmaß an, dass wir von Krieg sprechen.

 
  
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  Derk Jan Eppink (ECR). - Herr Präsident, Herr Schulz erklärte, militärische Operationen seien zu hastig festgelegt worden. Ganz im Gegenteil, sie kamen zu spät. Der Westen hat zu lange gewartet. Er hätte Gaddafi in Tripolis isolieren oder ihn zur Flucht zwingen oder ihn auslöschen können. Doch unter den gegebenen Umständen kamen wir gerade rechtzeitig, um ein Massenmorden in Bengasi zu verhindern.

Und was erlebten wir? Frankreich und Großbritannien – zwei Nationalstaaten – übernahmen die Führung. Ich gratuliere ihnen dazu! Deutschland ist scheinbar ein Land der harten Währung und der weichen Macht. Das Amt des Verteidigungsministers ist der gefährlichste Job in Deutschland. Unterdessen stellt sich die Türkei gegen die NATO, und die USA treten den Rückzug an und übernehmen die Rolle des Zuschauers.

Ich fürchte nun, dass wir – wie auf dem Balkan – den Stillstand nicht ohne eine engagierte Führungsrolle der Amerikaner durchbrechen können: eine Führungsrolle, welche die Europäische Union bedauerlicherweise nicht zu bieten hat. Der einzige Politiker, der wusste, wie man mit Gaddafi umgehen musste, war Ronald Reagan. Reagan hatte in allem Recht.

 
  
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  Nikolaos Chountis (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident, genau vor einem Jahr haben die führenden Politiker der Europäischen Union und der griechische Premierminister beschlossen, dass Griechenland die Rolle eines wirtschaftlichen und sozialen Versuchskaninchens spielen soll. Es wurden extreme, antisoziale Maßnahmen unter dem Vorwand ergriffen, das öffentliche Defizit zu verringern, die Schulden abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Am Ende dieses Experiments liegt die Staatsverschuldung bei knapp 150 %, die Arbeitslosigkeit beträgt 15 %, wobei die Jugendarbeitslosigkeit 30 % ausmacht, die Inflation nähert sich der 4,4 % Marke, und die Wirtschaft ist um 6,6 % eingebrochen.

Herr Kommissar Rehn, das griechische Experiment ist gescheitert, und Sie haben das Versuchskaninchen wirtschaftlich, sozial und politisch getötet. Die führenden Politiker der Europäischen Union haben das gleiche Schicksal für andere Mitgliedstaaten auf Lager, die auf den Pakt für den Euro zurückgreifen, der die europäische Version des griechischen Memorandums ist. Wir sind gegen diesen Pakt, da wir Arbeitnehmern, Rentnern und Arbeitslosen nicht den Todesstoß versetzen wollen.

Herr Kommissar Rehn, als das griechische Memorandum unterzeichnet wurde, wünschten Sie den Griechen „bon courage“, was so viel heißt wie „Nur Mut“. Wenn Sie Ihren Wünschen treu bleiben, dann müssen Sie am Freitag und Samstag auch den europäischen Arbeitnehmern „bon courage“ wünschen.

 
  
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  Hans-Gert Pöttering (PPE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der amerikanische Politikwissenschaftler Samuel Huntington hat einmal den Clash of Civilizations vorausgesagt. Wenn wir darauf vertraut hätten, dann hätten wir im Sinne einer self-fulfilling prophecy diesen Clash of Civilizations selber mit herbeigeführt. Wir, das Europäische Parlament, haben immer auf Zusammenarbeit mit den arabischen Staaten und den Menschen dort gesetzt. Jetzt sehen wir, wie die Menschen in der arabischen Welt nach Werten streben, die auch wir vertreten: Demokratie, Freiheit und eine Rechtsordnung. Wer hätte noch vor wenigen Wochen erwarten können, dass die Arabische Liga uns, die westliche und die internationale Gemeinschaft auffordert, den Tyrannen in Libyen zu stoppen? Das ist doch ein gewaltiger Wandel, der durch die arabische Welt geht. Wir dürfen jetzt keinen Fehler machen. Wir dürfen nicht nur rhetorisch an der Seite der Menschen in den arabischen Ländern stehen, sondern Wort und Tat müssen übereinstimmen.

Ich werde heute Abend für die Konrad-Adenauer-Stiftung, deren Vorsitzender ich bin, nach Tunesien reisen, wie ich vor zweieinhalb Wochen auch in Kairo war. Und ich möchte mich auf das Wort von Konrad Adenauer, dem ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, berufen, der gesagt hat: „Wir stehen auf der Seite der Freiheit.“ Wir müssen jetzt den arabischen Völkern sagen: „Wir wollen – wenn ihr es denn selber wollt – euch mit demokratischer Beratung, mit Solidarität helfen, damit ihr Wahlen vorbereiten könnt.“

Wir hören mit einigem Entsetzen, dass heute in Jerusalem ein Terroranschlag verübt wurde und viele Menschen verletzt sind. Dies verurteilen wir, wer immer der Täter oder die Täter waren, auf das Schärfste. Aber wir sagen auch, es muss jetzt Frieden zwischen Israel und Palästina geben. Wenn jetzt der Wind der Freiheit durch die arabischen Staaten weht, dann muss das als Chance genutzt werden, auch für einen Frieden zwischen Israel und Palästina, damit Israel in sicheren Grenzen leben kann, aber auch das palästinensische Volk, das ebenso wie die Israelis eine Würde hat, auch in sicheren Grenzen leben kann. Das ist unsere Aufgabe bei dem jetzigen großen Wandel in der arabischen Welt: unseren Beitrag als Europäische Union zu leisten und dies geschlossen und gemeinsam zu tun.

(Beifall)

 
  
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  Pier Antonio Panzeri (S&D). - (IT) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, abgesehen von diesen Maßnahmen, die angekündigt worden sind, frage ich mich, ob die europäische Politik genug tut. Natürlich benötigt die Europäische Union Zeit, um eine Führung aufzubauen, insbesondere in der Außenpolitik, aber wie wir wissen, entstehen Situationen einfach so und lassen uns nicht die Zeit, die wir gerne hätten, sondern erfordern schnelle Reaktionen und Weitsichtigkeit.

Nun ist uns klar, dass wir immer noch keine Bestimmungen haben, was die Angelegenheiten in der Mittelmeerregion und insbesondere in Libyen betrifft: Wir müssen etwas mehr nachdenken, um zu begreifen, dass wir vielleicht stärkere Maßnahmen ergreifen müssen, um zu verstehen, was passiert ist und auch um ein konzertiertes Vorgehen im Mittelmeerraum zu zeigen.

Natürlich ist jedem, der auf Libyen schaut, klar, dass es einen wesentlichen Unterschied gibt, ob das gesamte Europa gemeinsames Handeln beweist oder ob, wie im aktuellen Fall, nur Länder handeln, die dies möchten. Nein, meine Botschaft an die Vertreter des Rates und der Kommission ist, dass wir noch nicht an diesem Punkt angelangt sind.

Der Rat hat auf bestimmte Fragen nicht geantwortet und muss nun schnell reagieren. Ich frage mich, ob wir, von den humanitären Anstrengungen abgesehen, wirklich wissen, was wir tun sollen, wenn die Resolution 1973 nicht ausreicht und einige Länder über ihr Mandat hinausgehen.

Zweitens möchte ich wissen, welche Haltung der Rat im Hinblick auf das Kommando der Operationen einnimmt. Die NATO sagte uns, sie spiele eine technische Rolle und übernehme keine politische Führung. Glauben wir, dass wir so damit fertig werden, ohne dass die Europäische Union versucht, nur mit einer und einer stärkeren Stimme zu sprechen, und wir stattdessen den Job den wenigen überlassen, die gewillt sind, ihn zu übernehmen?

Und schließlich ist es im Rahmen der laufenden Operationen und den Beziehungen mit der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union wesentlich, zu verhindern, dass unser Eingreifen letztendlich negativ gesehen wird und Gefahr läuft, Unsicherheit zu schaffen und eine gefährliche Wende zu bewirken. Sind wir uns dessen bewusst? Vielleicht nicht in allen Punkten: Dies sind Fragen, die keine bürokratischen Antworten benötigen, sondern vielmehr geeignete politische Antworten. Den Anfang macht hier die morgige Tagung des Rates.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE).(SV) Herr Präsident, die Kritiker des Euro in meinem Heimatland sagen, die Situation in Griechenland und Irland sei ein Beweis dafür, dass der Euro nicht funktioniert. Sie sagen, es wäre besser nicht im Euroraum zu sein. Sie haben Unrecht.

Während seines zehnjährigen Bestehens hat der Euroraum für Stabilität und niedrige Inflationsraten gesorgt und wirklich Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Der ständige Mechanismus des Krisenmanagements wird als wirklich letzter Rettungsanker dienen, wenn ein Land in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt.

Der Euro ist nicht der Grund für die Krise, wie die Kommission gewöhnlich ganz zu Recht erklärt. Im Gegenteil. Die gemeinsame Währung ist ein wichtiger Teil der Lösung. Und das ist der Punkt, wenn ein Land wie Schweden auch betroffen ist. Daher bedauere ich zutiefst, dass die Mehrheit des schwedischen Parlamentes gegen einen Beitritt zum Europakt gestimmt hat. Dies schmälert den Einfluss meines Landes. Wenn Schweden zum inneren Zirkel der EU gehören möchte, was laut schwedischer Regierung der Fall ist, ist es nicht gut, bei den Treffen außen vor zu bleiben. Dänemark, die dänische Regierung und das dänische Parlament sind für den Euro. Auch für Schweden sollte es möglich sein, diese Haltung einzunehmen.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident, die Kommunistische Partei Griechenlands verurteilt den neuen illegalen imperialistischen Krieg, der von den Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien und der NATO in Libyen geführt wird.

Das Interesse an der Bereitstellung humanitärer Hilfe ist abscheuliche Heuchelei. Das wirkliche Ziel der Imperialisten ist Erdöl, Erdgas und die Wohlstand erzeugenden Ressourcen in Libyen, in Nordafrika und in der Region im Allgemeinen. Die imperialistische Aggression seitens der USA, der NATO und der Europäischen Union verschärft die Gefahren, denen die Menschen in der Region normalerweise ausgesetzt sind. Der neue Pakt und die wirtschaftspolitische Steuerung im Dienste des Euro werden zu Massenarbeitslosigkeit und Armut führen. Der Europäische Stabilitätsmechanismus ist ein Mechanismus für kontrollierten Staatsbankrott und die sichere Insolvenz von Staaten, um die Profite der Plutokratie zu schützen.

Das ist die freie Welt der USA. Das ist die Europäische Union der Demokratie und Freiheit. Das wirkliche Dilemma ist: Werden die Menschen oder wird die Plutokratie zahlungsunfähig? Die Menschen sollten nicht für die Folgen einer imperialistischen Barbarei und der Krise des Kapitalismus bezahlen müssen. Sie sollten nicht zu ständiger Arbeitslosigkeit und Armut verdammt werden. Daher fordern wir sie auf, aufzubegehren und sich gegen die imperialistische Intervention aufzulehnen und für ihre modernen Rechte zu kämpfen und sich für alternative Wachstumslösungen einzusetzen, die den Menschen an der Basis zugute kommen und nicht den Monopolisten.

 
  
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  Paulo Rangel (PPE).(PT)Herr Präsident, zunächst einmal möchte ich darauf aufmerksam machen, welchen Stellenwert die Europäische Volkspartei (Christdemokraten) und insbesondere die portugiesischen Mitglieder der PPE-Fraktion dem bevorstehenden Rat beimessen, der Lösung, die gefunden worden ist – die offen gestanden besser ist als das, was damals erwartet werden konnte – und insbesondere der Arbeit meiner Kollegen Brok und Gualtieri, die den Bericht seitens des Parlamentes unter Berücksichtigung der Positionen der Kommission vorbereiteten und damit den Inhalt dem näher bringen, was eindeutig der Gemeinschaftsmethode folgte und ihn von dem entfernten, was eine zwischenstaatliche Lösung wäre.

Als nächstes möchte ich all meinen Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten zu einem Zeitpunkt, in dem Portugal in einer politischen Krise steckt, sagen, dass die Sozialdemokratische Partei Portugals (PSD), die Teil der PPE-Fraktion ist, gerüstet ist, um die kommenden Wahlen zu gewinnen. Außerdem wird unsere Regierung sich an die Kriterien halten, welches die Kriterien für den Euroraum sind, werden wir alle festgelegten Zielvorgaben erfüllen und darüber hinaus das tun, wozu die Sozialistische Partei Portugals (PS) während 13 Jahren nicht fähig war; ich wiederhole: 13 Jahre.

Die Regierung der PS ist gnadenlos gescheitert. Alles, was in Portugal passierte, wurde von der PSD während der Wahlen 2009 vorhergesehen. Ich habe am Wahlkampf teilgenommen, und wir haben davor gewarnt, dass dies passieren würde. Daher sind wir heute an dem Punkt angelangt, dass wir der Europäischen Union, insbesondere unseren Partnern im Euroraum, umfassend garantieren, dass wir alle Kriterien erfüllen werden, die an uns gestellt werden, und wir dem portugiesischen Volk Opfer abverlangen werden. Doch für einmal werden glaubwürdige Politiker an der Regierung sein, im Gegensatz zur aktuellen portugiesischen Regierung, die die vier Stabilitäts- und Wachstumsprogramme vorlegen musste und die ständig nach neuen Lösungen sucht, ohne den Märkten jedoch eine verlässliche Antwort geben zu können; eine Antwort, die den Interessen Portugals und Europas dient.

(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 der Geschäftsordnung zu antworten)

 
  
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  Edite Estrela (S&D).(PT) Herr Präsident, ich möchte eigentlich nur Herrn Rangel fragen, ob er, in Anbetracht der Tatsache, dass er sagt, die nächste portugiesische Regierung werde die gleichen Sparmaßnahmen vorlegen und die gleichen Zielvorgaben festlegen, die mit Brüssel vereinbart worden sind, es nicht für infantil und unvorsichtig erachtet, eine politische Krise heraufzubeschwören; ob er glaubt, dass Portugal einen zu hohen Preis bezahlen wird und das portugiesische Volk zu viele Opfer bringen muss? Darauf hätte ich gerne eine Antwort. Nehmen Sie diese Haltung nicht aus reinem Machtbewusstsein ein?

 
  
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  Paulo Rangel (PPE).(PT) Herr Präsident, ich freue mich sehr, auf diese Fragen zu antworten, obwohl ich nicht möchte, dass eine Debatte im Europäischen Parlament in eine Debatte über portugiesische Politik ausartet. Wenn Frau Estrela wirklich über portugiesische Politik diskutieren möchte, gibt es eine einfache Lösung für sie: Wir brauchen Wahlen, wir müssen als Kandidaten für das portugiesische Parlament bereitstehen, und sie wird Gelegenheit haben, in der Opposition über die Strategien zu diskutieren, die die Sozialdemokratische Partei Portugals für Portugal vorsieht.

Ich möchte nur Folgendes sagen: Wir können uns nicht noch einmal eine Regierung leisten, die in zwei Jahren vier Mal gescheitert ist. Dies ist unmöglich, unhaltbar, und die Märkte empfinden es nicht als glaubwürdig: Mit der Sozialistische Partei Portugals an der Regierung gibt es keine Lösungen mehr.

(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 der Geschäftsordnung zu antworten)

 
  
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  Liisa Jaakonsaari (S&D). - (FI) Herr Präsident, ich werde nicht die Möglichkeit haben, diese Frage im portugiesischen Parlament zu stellen, deshalb richte ich sie nun direkt an Sie: Warum unterstützt die portugiesische Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) diesen sehr wichtigen Vorschlag nicht? Der gesamte Euroraum und die Europäische Union können auf eine Krise zusteuern, wenn die Entscheidungen zu spät getroffen werden. Warum unterstützen Sie nicht die vorgeschlagenen Lösungen hier und jetzt?

 
  
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  Paulo Rangel (PPE).(PT) Herr Präsident, die Sozialdemokratische Partei Portugals (PSD) hat die Sparpakete in vollem Verantwortungsbewusstsein im Gegensatz zu vielen Parteien in anderen Ländern der Union unterstützt. Da die Regierung kläglich versagte – und es gibt nicht länger eine Entschuldigung dafür, sie kann kein einziges Ergebnis nach zwei ganzen Jahren vorweisen – und die Marktsituation bleibt wie sie ist, hat die PSD keine andere Wahl, sie muss eine Lösung anstreben. Die Lösung heißt Neuwahlen, neue Regierung, neue Glaubwürdigkeit für Portugal und auch für Europa und den Euroraum.

 
  
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  Simon Busuttil (PPE). – (MT) Herr Präsident, vor zwei Wochen nahm dieses Parlament eine mutige politische Resolution an, die u. a. die Schaffung einer Flugverbotszone über Libyen forderte. Und es ist gerade einmal eine Woche her, da hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen diese Resolution noch nicht verabschiedet, hielten wir eine weitere Sitzung ab, in der wir angesichts der bevorstehenden Einnahme von Bengasi und letztendlich angesichts des Zusammenbruchs der Revolution, die die Demokratie in Libyen fördert, ziemlich verzweifelt waren. Am letzten Donnerstag, ein Tag später, wurde die Resolution angenommen. Ihre Umsetzung dauerte vier Tage.

Herr Präsident, ich halte es für wichtig, dass wir damit fortfahren, diese Resolution umzusetzen und das libysche Volk weiter unterstützen, es gleichzeitig vor weiteren Massakern schützen und es auf seinem Weg in die Demokratie unterstützen.

Wir müssen auch noch zwei andere Probleme angehen. Zu allererst müssen wir dem libyschen Volk und auch Flüchtlingen, die aus Libyen insbesondere nach Tunesien und Ägypten fliehen, weiterhin eine umfängliche humanitäre Hilfe bereitstellen. Zweitens müssen wir uns auf eine Massenzuwanderung von Flüchtlingen in die Länder der Europäischen Union vorbereiten. Vor allem ist dies nicht nur die Verantwortung der EU-Mittelmeerländer, sondern unser aller Verantwortung.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE). - Herr Präsident, der heutige Sitzungsraum der PPE-Fraktion war offiziell nach einem der Gründerväter der Europäischen Union benannt: Alcide de Gasperi. Zu seiner Zeit bestand die Lösung der Krise in einem supranationalen Ansatz, der zuerst die gemeinsamen europäischen Interessen in Betracht zog. Er gehörte zu den Staatsmännern, die obwohl im 19. Jahrhundert geboren, die Gabe hatten, eine Vision des Europa des 21. Jahrhunderts zu entwerfen.

Für einen Ausweg aus der Wirtschaftskrise wird heute eine staatsmännische Führung benötigt, die nicht die nächsten Wahlen im Blick hat und die sich nicht zu allererst und in erster Linie auf eine nationale Rettung konzentriert, sondern die an die kommenden Generationen und an Europa als Ganzes denkt. Was den Europäischen Rat betrifft, so begrüße ich den neuen Text über den Stabilitätsmechanismus sowie das Reformpaket für den Euroraum.

Zweitens hoffe ich, dass der Pakt für Wettbewerbsfähigkeit sich als glaubwürdiges Konzept erweist und auch Nicht-Mitglieder des Euroraums anziehen wird. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sich alle Regierungen mit starkem Engagement für die Verbesserung unserer Wettbewerbssituation einsetzen.

Drittens: Was den Binnenmarkt betrifft, bin ich etwas besorgt, dass die ehrgeizigen Zielvorgaben wesentlich verringert worden sind und seine operative Leistungsfähigkeit fast bedeutungslos werden könnte. Aus diesem Grund lassen Sie uns, während wir neue Maßnahmen beschließen, unseren politischen Willen und unsere Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen, indem wir den vier Freiheiten, die die Grundlage der europäischen Zusammenarbeit bilden, wozu auch der Binnenmarkt und die umfassende Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie gehört, gerecht werden.

 
  
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  Wim van de Camp (PPE). - (NL)Herr Präsident, zunächst einmal möchte ich dem japanischen Volk mein Mitgefühl und mein Beileid aussprechen. Ich weiß, dass wir in wenigen Augenblicken eine Debatte über Japan führen werden, doch ich hoffe auch, dass der Rat in den kommenden Tagen jeglicher Bitte seitens Japan um Expertenhilfe nachkommen wird. Wir reden häufig über Entwicklungsländer, aber hier haben wir es mit einer Katastrophe in einem hoch entwickelten Land zu tun, das noch zusätzliche Hilfe benötigt.

Bei meinem zweiten Punkt geht es um Libyen. Ich glaube nicht, dass eines der warmherzigen Worte, die wir hier heute zum Ausdruck gebracht haben, auch nicht die Worte der Kommission, an den Fakten etwas ändern können, nämlich dass die Europäische Union in Libyen nicht präsent ist und dass sie zurzeit noch nicht einmal in der Lage ist, die Krisensituation in den Städten zu beseitigen oder Gaddafis Bodentruppen zu stoppen.

Ich möchte dem französischen Staatspräsidenten gratulieren, der sichergestellt hat, dass die Europäische Union in allerletzter Minute in Zusammenarbeit mit der NATO etwas unternehmen konnte. Doch das Leiden der Menschen in Libyen ist noch nicht vorbei, und es wäre klug von uns, wenn wir eine bescheidene Rolle spielen würden. Europa tut besser daran, Hilfe nach einer Krise als während einer Krise zu leisten, wie ich bereits bei früheren Gelegenheiten erwähnt habe.

Schließlich möchte ich auf den Europakt zurückkommen. Meiner Ansicht nach haben wir tatsächlich wichtige Fortschritte gemacht. Herr Barroso hat es einen Eckpfeiler genannt, aber ich glaube nicht, dass der Eckpfeiler schon fest im Boden verankert ist. In den kommenden Monaten müssen wir weitere Fortschritte erzielen. Dies wird nicht von heute auf morgen gehen.

 
  
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  Seán Kelly (PPE). - Herr Präsident, wie Herr Barroso möchte ich mich auch auf die wirtschaftliche Lage konzentrieren, insbesondere da mein Land Empfänger einer EU- und IWF-Unterstützung in dieser besonderen Zeit ist. Indes haben wir eine neue Regierung und neue Hoffnung in Irland. In seiner allerersten Rede sagte unser Taoiseac, unser Ministerpräsident, er wolle Brücken in Europa bauen, unseren Weg bezahlen und unsere Bedeutung verstärken – und genau dazu sind wir entschlossen.

Dennoch müssen wir besonders zwei Dinge tun. Erstens, der erhobene Zinssatz ist drakonisch und nicht angemessen. Wir möchten eine Senkung um mindestens 1 % bis 2 %. Zweitens, wir brauchen eine ständige Finanzierungsgarantie für unsere Banken, bis sie wieder richtig funktionieren. Wir dürfen nicht unter Druck gesetzt werden im Hinblick auf unsere Unternehmenssteuer, und wir brauchen auf gar keinen Fall Lektionen von Leuten wie Herrn Sarkozy, der mit einem Effektivzins von 8,2 % in Frankreich gut hinkommt, während unser Effektivzins bei 11,9 % liegt. Vielleicht sollte er zunächst vor seiner eigenen Tür kehren, bevor seinen Blick über die Irische See schweifen lässt.

Was soll dieser Vergleich? Erstens, wenn wir das Sparpaket einmal umgesetzt haben, wird dies sehr zum Verdruss und zum Leid unserer Bürgerinnen und Bürger sein. Zweitens werden wir, falls dies erforderlich ist, einen Schuldenpakt prüfen, so wie es ihn Deutschland seit 2009 gibt. Drittens werden wir auch eine unabhängige europäische Steueragentur in Erwägung ziehen. Auch das ist sehr wichtig, da ich nicht glaube, dass so etwas wie eine unabhängige nationale Agentur besteht.

Ich möchte Herrn Barroso heute an seinem Geburtstag und seine Kolleginnen und Kollegen bitten, Irland in dieser einen Situation zu helfen, sich selbst zu helfen, und wir werden nicht noch einmal kommen und um Hilfe durch einen Rettungsfonds, einen Bail-Out, bitten.

 
  
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  Krzysztof Lisek (PPE).(PL) Herr Präsident, es ist zu begrüßen, dass die führenden Politiker der Europäischen Union in den vergangenen Wochen und Tagen sich so intensiv mit der Frage beschäftigt haben, was in Libyen und anderen Ländern in Nordafrika passiert. Ich bin sicher, dass wir mit dieser Aktion ein Massaker an der Zivilbevölkerung verhindern können, und ich bin sicher, dass sich die Libyer selbst von dem Tyrannen befreien.

Dennoch darf nicht verschwiegen werden, dass wir auch über internationale Herausforderungen reden müssen – Herausforderungen, welche die Funktionsweise der Europäischen Union und ihre Institutionen betreffen; Herausforderungen für die interne Arbeitsweise, die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die Meinungsunterschiede, die sich zwischen einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gezeigt haben, machen deutlich, wie weit wir von diesem Ziel einer echten gemeinsamen Politik entfernt sind, einem Ziel, das in Einklang mit dem Geist des Vertrages von Lissabon steht.

Dies stellt auch eine Herausforderung für die gesamte internationale Gemeinschaft dar. Es ist gut, dass wir mit den Vereinigten Staaten und anderen NATO-Mitgliedern zusammenarbeiten, es ist gut, das wir im Dialog mit der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union stehen, und es ist gut, dass wir im Dialog mit Israel sind. Meiner Meinung nach hat Herr Pöttering auf etwas sehr Wichtiges hingewiesen, nämlich dass das, was heute in Nordafrika passiert, was in Libyen und Ägypten passiert, sehr ernsthafte Folgen haben könnte und dass diese Folgen auch den künftigen Friedensprozess beeinflussen könnten. Wir sollten diesen Rat im Gedächtnis behalten und ihn mit großer Bedachtsamkeit beherzigen.

Wir sollten auch über die Zukunft dieser Länder und die Förderung der Demokratie und der Menschenrechte nachdenken, und nicht nur wie ein Feuerlöscher arbeiten und Brände löschen. Wir sollten auch an die anderen Nachbarländer Europas denken, in denen solche Entwicklungen – unheilvolle Entwicklungen – stattfinden können.

 
  
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  Michael Gahler (PPE). - Herr Präsident! In seinem Einladungsschreiben für den Europäischen Rat schreibt Herr Van Rompuy, wir werden unser Arbeitsessen mit einer Bestandsaufnahme der Ereignisse in Libyen und in den südlichen Nachbarländern beginnen. Ich hoffe, dass sich dabei niemand verschluckt, sondern dass wir hinsichtlich unserer Ziele klare Botschaften – und auch gemeinsame Botschaften – an Gaddafi, an die Menschen in Libyen, aber auch an unsere eigene Öffentlichkeit senden, die irritiert ist über Uneinigkeit im Angesicht des Machtanspruchs eines Diktators.

Es ist richtig, unsere schwarzen Listen für bestimmte Personen zu erweitern und auch die Konten der nationalen libyschen Ölgesellschaft einzufrieren. Ich hätte mir aber darüber hinaus durchaus gewünscht, dass sich die EU anstelle der NATO ihrer eigenen Beschlüsse hinsichtlich Kapazitäten und Fähigkeiten erinnert hätte und mit den Marinekräften ihrer Mitgliedstaaten das Waffenembargo hätte durchsetzen können. Es ist schließlich unsere Nachbarschaft. Dann hätten wir uns in den letzten Tagen auch den Stress mit der Türkei in der NATO erspart und unsere amerikanischen Verbündeten entlastet.

Jetzt hoffe ich, dass sich die Planung für humanitäre Missionen der EU nicht nur auf die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen auf der ägyptischen und tunesischen Seite der libyschen Grenze konzentriert, sondern dass wir mit humanitärer Hilfe in Teilen Libyens aktiv werden, die sich schon von Gaddafi befreit haben. Ich denke, das ist erforderlich, um auch den Menschen in Tripolis klarzumachen, was unsere Absichten sind.

Dem Kollegen von den griechischen Kommunisten rufe ich zu: Ich höre gerade aus Moskau, dass Stalin gestorben ist, neue Direktiven des Politbüros schon auf dem Weg sind, aber offenbar bei Ihnen noch nicht angekommen sind.

 
  
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  Cristian Dan Preda (PPE).(RO) Herr Präsident, ich glaube, dass wir uns alle über das höchste Ziel der Intervention in Libyen einig sind: den unannehmbaren Akten der Gewalt und des Missbrauchs durch das Regime Gaddafi gegen seine Zivilbevölkerung ein Ende zu bereiten.

Ich glaube, dass Absatz 8 der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates eine unumstößliche Rechtsgrundlage darstellt, um mit allen Mitteln die Achtung einer Flugverbotszone, die mit dem alleinigen Ziel des Schutzes der Zivilbevölkerung errichtet wurde, sicherzustellen. Ich möchte eigentlich darauf hinweisen, dass vor der Annahme der Resolution 1973 das Europäische Parlament auf seiner letzten Plenartagung in Straßburg eine der ersten internationalen Institutionen war, die die Schaffung einer solchen Zone gefordert hat.

Mit Blick auf die Tagung des Europäischen Rates, die morgen beginnt, halte ich zwei Faktoren für wichtig, um einen Erfolg der Intervention in Libyen sicherzustellen. Meiner Meinung müssen die Schlüsselwörter „Koordination“ und „Klarheit“ heißen. Ich spreche hier zuerst und vor allem von Koordination auf EU-Ebene im Geiste des Vertrages von Lissabon, was humanitäre Aspekte betrifft. Und auch mit der NATO muss es eine Koordination geben: Ich bin der Ansicht, dass unsere Maßnahmen diejenigen der NATO ergänzen müssen. Und schließlich ist die Koordination mit der Arabischen Liga sehr wichtig, da eine laufende regionale Unterstützung ein wesentlicher Aspekt unserer Maßnahmen in Libyen ist.

Und zu guter Letzt müssen wir klar und deutlich machen, wie wir die Gewalt gegenüber Zivilisten beenden wollen. Ob die Resolution erfolgreich sein wird, hängt in erheblichem Maße davon ab, wie klar unsere Botschaft ist.

 
  
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  Ildikó Gáll-Pelcz (PPE).(HU) Herr Präsident, Frau Ministerin, sehr geehrte Kommissare, die aktuellen Wirtschaftszahlen zeigen, dass Europa aus der Krise kommt. Der nächste EU-Gipfel kann diesen Prozess weiter stärken. Die Tagung des Rates am Wochenende kann einen Durchbruch in den europäischen Politiken bewirken und die europäische Solidarität auf ein neues Niveau heben. Ein wichtiges Element des zur Annahme vorgelegten Maßnahmenpakets ist der Zyklus der wirtschaftspolitischen Koordinierung, insbesondere das Europäische Semester, dessen erste Phase mit einem, vom ungarischen Ratsvorsitz ausgearbeiteten Synthesebericht endet. Dieser Bericht ist auch von Belang, da er uns Gelegenheit gibt, ein Wirtschaftsbild einer wettbewerbsfähigen Europäischen Union nach der Krise zu skizzieren. Darüber hinaus spielte der amtierende ungarische Ratsvorsitz letzte Woche eine wichtige Rolle bei der Annahme der allgemeinen Leitlinien des sechs Legislativvorschläge umfassenden Pakets, dadurch kann ein Anfang durch das Parlament gemacht werden und ....

(Der Präsident unterbricht die Rednerin)

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (S&D).(HU) Herr Präsident, ich gratuliere dem ungarischen Ratsvorsitz zu seiner Arbeit in den letzten Wochen. Dies ist eine echte Erfolgsgeschichte. Gleichzeitig ist das jedoch auch ein Erfolg für Europa. Alles zielt auf eine endgültige Vereinbarung über den neuen wirtschaftspolitischen Rahmen der Europäischen Union ab, der auf der nächsten Tagung des Europäischen Rates in der zweiten Hälfte der Woche verabschiedet werden soll. Dadurch könnte die gesamte europäische Integration in eine neue Phase eintreten. In diesem neuen Rahmen für eine wirtschaftspolitische Steuerung sind unsere Verantwortung und die Verantwortung des Europäischen Parlamentes sehr groß, da es gut wäre, diese sechs Legislativvorschläge in erster Lesung anzunehmen. Ganz Europa könnte Schaden nehmen, wenn es zu einer Verzögerung kommt. Ich gratuliere Herrn Brok und Herrn Gualtieri zu dem heutigen Bericht. Ich war dankbar, dass der Rat flexibel war und das Europäische Parlament jetzt nicht nur ...

(Der Präsident unterbricht den Redner)

 
  
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  Pat the Cope Gallagher (ALDE).(GA) Herr Präsident, ich unterstütze das, was die irische Regierung getan hat, um eine Zinssenkung im Rahmen des EU-IWF-Programms für Irland zu erreichen. Die Europäische Kommission hat klargestellt, dass sie bereit ist, eine Zinssenkung zu unterstützen, und ich würde erwarten, dass die 27 Mitgliedstaaten einen Konsens in dieser Frage erzielen.

Die Tragfähigkeit unserer Schuld sicherzustellen, ist im Interesse von sowohl Irland als auch der Europäischen Union. Es ist wesentlich, dass die Gestaltung des europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus bezahlbar und fair ist.

Es wird weitgehend berichtet, dass einige Länder Konzessionen von Irland als Gegenleistung für eine Senkung des Zinssatzes wünschen. Dies würde dazu führen, dass Irland unter Druck gesetzt wird, beispielsweise seine Unternehmenssteuer zu erhöhen – ich habe nicht die Zeit, um Körperschaftssteuer und Unternehmenssteuer gegen einander im Detail abzuwägen –

(Der Präsident unterbricht den Redner)

 
  
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  Andrew Henry William Brons (NI). - Herr Präsident, der Europäische Rat wird also eine Entscheidung annehmen, um den Vertrag hinsichtlich des Europäischen Stabilitätsmechanismus zu ändern, aber angeblich Ländern helfen wird, in der Eurozone zu bleiben. Natürlich ist das zum Scheitern verurteilt: Nicht weil gewünschtes Geld auf ein Problem geschüttet wird, sondern weil das Problem endemisch ist. Es handelt sich um einen Mechanismus, der versucht, dass Wasser den Berg hochfließt!

Der externe Wert einer Landeswährung sollte Nachfrage und Angebot dieser Währung widerspiegeln, die dann selbstredend die Nachfrage nach seinen, sichtbaren und unsichtbaren, Ausfuhren, und die Nachfrage nach seinen, sichtbaren und unsichtbaren, Einfuhren sowie seinen Kapitalbewegungen widerspiegeln.

Die gleiche Währung kann nicht die Wirtschaftsverhältnisse in 17 verschiedenen Ländern widerspiegeln. Wir benötigen beileibe keinen Mechanismus, der gescheiterte Länder in der Eurozone hält, sondern vielmehr einen Mechanismus, der sie aus der Eurozone rettet. Auch die Länder, die in der Eurozone erfolgreich waren, werden außerhalb der Eurozone besser dastehen mit aufgewerteten Währungen.

 
  
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  Petru Constantin Luhan (PPE).(RO) Herr Präsident, ich bin der Auffassung, dass es wichtig ist, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung am 24. und 25. März ein glaubwürdiges Legislativpaket zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung in der Europäischen Union schnürt.

In dieser Hinsicht ist die Kohäsionspolitik zusammen mit der Gemeinsamen Agrarpolitik ein Schwerpunktbereich für die Verhandlungen über den Haushaltsplan der Europäischen Union nach 2013.

Es ist von entscheidender Bedeutung, einen großen Anteil des EU-Haushalts nach 2013 für die Kohäsionspolitik aufrechtzuerhalten, um sicherzustellen, dass die Europäische Union ihre ehrgeizigen Ziele erfüllt und die Umsetzung der Europa-2020-Strategie in geeigneter Weise unterstützt.

Die Kohäsionspolitik muss dafür Sorge tragen, dass Investitionen wirksam sind, insbesondere durch strategische Fondsprogramme, eine thematische Konzentration der Zielvorgaben und eine Vereinfachung der Durchführungsbestimmungen.

 
  
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  Zigmantas Balčytis (S&D). - (LT) Herr Präsident, heute haben wir die Änderung des Vertrages von Lissabon gebilligt, welche die Einrichtung des ständigen Stabilitätsmechanismus für den Euro ermöglicht. Wir haben Solidarität gezeigt, indem wir die Änderung des Vertrages angenommen und unser Verständnis ausgedrückt haben, dass wir uns in einer schwierigen wirtschaftlichen und finanziellen Situation befinden und dass wir spezifische Maßnahmen für eine wirtschaftliche Koordinierung und Überwachung ergreifen müssen. Dieser Mechanismus und der Garantiefonds sind nur für Mitglieder des Euroraums bestimmt, während Länder, die nicht Mitglieder des Euroraums sind, davon ausgenommen sind, wodurch die Gefahr einer Fragmentierung der Europäischen Union und der Ablehnung der Gemeinschaftsmethode entsteht. Die Europäische Union muss daher eine größere Solidarität zeigen, indem sie auch Ländern, die nicht Mitglied des Euroraums sind, Hilfe gewährt, damit diese Mitglieder des Clubs werden und alle Entscheidungsbefugnisse in der Europäischen Union erlangen. Auf diesem Wege würden wir eine vorübergehende Diskrepanz in der EU-Beitrittsvereinbarung beseitigen.

 
  
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  Monika Flašíková Beňová (S&D). – (SK) Herr Präsident, Herr Kommissar, ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf zwei Punkte ziehen, die in Verbindung mit der bevorstehenden Tagung des Rates stehen.

Der erste Punkt ist, dass viele der Maßnahmen von Natur aus undemokratisch sind. Die Rolle der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlamentes als die einzig gewählten Organe werden geschwächt, die Befugnisse der zentralen Exekutiv-Organe gestärkt. Die strengen Sanktionen und ihre automatische Verhängung schränken die Macht der nationalen Parlamente ein, um Einfluss auf die Wirtschaftspolitik zu nehmen. Ähnlich negativ beurteile ich, dass die Kommission Rechtsvorschriften über makroökonomische Indikatoren entwirft, ohne das Europäische Parlament in diesen Prozess einzubeziehen.

Zweitens sind viele der vorgeschlagenen Maßnahmen kontraproduktiv. Wie beabsichtigt die Kommission, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung wiederherzustellen? Sie schlagen Strategien vor, welche die Binnennachfrage unterdrücken und auf Exporten beruhen. Es ist so gut wie sicher, dass eine solche Kombination von Strategien die EU nicht aus der Krise führen wird. Anstatt undemokratischer und restriktiver Politiken, Herr Kommissar, möchte ich ...

(Der Präsident unterbricht die Rednerin)

 
  
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  Liisa Jaakonsaari (S&D). - (FI) Herr Präsident, die schlechte Nachricht heute war, dass die portugiesischen Konservativen dieses Paket ablehnen, in der Hoffnung, dass es bald Neuwahlen geben wird. Auf diese Weise kann die gesamte Eurozone in die Krise gestürzt werden, da eine Verzögerung zurzeit wie Gift wirkt. Auch die Märkte beobachten, ob die Europäische Union Entscheidungen trifft.

Es ist von sehr entscheidender Bedeutung, dass wir Lösungen finden. Dies wird eine historische Entscheidung sein, da wir nun von einem System uralter Koordinierung, in dem nur einige die Koordination möchten, zur wirtschaftlichen Steuerung übergehen, was eine ganz neuer Typ der europäischen Wirtschaftsstruktur ist und auch gut ist. Bedauerlicherweise war der Ruf des gesamten Projekts getrübt von Sarkozys und Merkels neoliberalen ...

(Der Präsident unterbricht die Rednerin)

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, zunächst möchte ich den Damen und Herren Abgeordneten für Ihre äußerst verantwortungsvolle Aussprache über den Europäischen Rat in der kommenden Woche danken. Im Namen der Kommission möchte ich mich zuerst zu verschiedenen Wortmeldungen zu Libyen und Japan äußern, bevor ich auf Wirtschaftsfragen eingehen werde. Wie Sie wissen hat die Kommission keine Befugnis im Bereich der Sicherheit und Verteidigung. Doch wir haben die Aufgabe übernommen, die europäische Antwort auf die eskalierende humanitäre Krise an den Grenzen Libyens zu koordinieren. Die Flugverbotszone, die gemäß der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates eingerichtet wurde, brachte neue Umstände, die es im Rahmen einer sicheren und effizienten Leistung von humanitärer Hilfe für die Notleidenden an den Grenzen Libyens oder in Libyen zu berücksichtigen galt. Sie brachte neue Hoffnung, das Leben unschuldiger Zivilisten retten zu können.

Obwohl die Ereignisse in Japan keine unmittelbaren gesundheitlichen Folgen für die Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union haben, ist es von entscheidender Bedeutung, über die Sicherheit der Atompolitiken in der EU sowie über bestehende Notfallpläne und Sicherheitsmaßnahmen Bilanz zu ziehen. Die Kommission nutzt alle verfügbaren Instrumente, um die Auswirkungen, einschließlich die der zukünftigen Sicherheit, zu überwachen. Meiner Meinung nach lehrt uns Japan, das Risiken Realität werden können; was bisher als unmöglich galt, muss nun in unserer Planung berücksichtigt werden. Ein europäisches Konzept für eine umfassende Sicherheits- und Risikobewertung von Nukleareinrichtungen würde die Wirksamkeit auf europäischer Ebene optimal erhöhen.

Bevor wir endgültige Schlussfolgerungen ziehen, ist eine umfassende Analyse des Atomunfalls in Japan entscheidend; die Bewertung sollte die wichtigsten Fragen abdecken, wie Sicherheitsanforderungen in Erdbebengebieten sowie Notstromversorgung für Reaktorkühlung.

Auch auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik hat Ihre Debatte die Bedeutung dessen widergespiegelt, worum es morgen im Europäischen Rat geht, und ich vertraue darauf, dass die Botschaften von dort in alle Hauptstädte Europas dringen und dort gehört werden. Es ist angemessen zu sagen, dass die Europäische Union sich nach diesem März tiefgreifend weiterentwickelt hat. Die Finanzkrise, die zu einer wirtschaftlichen Rezession und dann zu einer Staatsschulden- und Bankenkrise führte, hat Europa gezwungen, neue Wege nach vorne zu suchen, alle möglichen Optionen zu prüfen und Entscheidungen mit nachhaltigen Konsequenzen zu treffen.

Wie Präsident Barroso in seiner Eröffnungsrede erwähnte, werden wir der Herausforderung mit einer umfassenden Strategie begegnen, die auf den Stärken, Werten und Institutionen der Europäischen Union aufbaut. Es ist genau diese Art von Herausforderungen, die sich uns heute stellen, für welche die Europäische Union geschaffen wurde: in der Lage zu sein, Stürmen gemeinsam Stand zu halten und in der Lage zu sein, durch gemeinsame Anstrengungen aus einer Krise herauszukommen, die stärker ist als alle je davor.

Als Ergebnis der sehr langwierigen, über Monate dauernden Gespräche wurden die Komponenten einer umfassenden Antwort in der Wirtschaftspolitik nun endgültig festgelegt, damit die führenden Politiker der Union sich morgen im Europäischen Rat darauf einigen und sich dazu verpflichten können. Die Mitgliedstaaten, und insbesondere die Mitgliedstaaten des Euroraums, sie alle streben nach einer intensivierten steuerlichen Konsolidierung und nach Wachstum, um Strukturreformen mit großer Entschiedenheit durchzuführen. Dies ist nun der erste und wichtigste Eckpfeiler des Fortschritts in dieser Strategie.

Zweitens werden sowohl der Rat als auch das Parlament ihre Verpflichtung einhalten, das Legislativpaket der Kommission über wirtschaftspolitische Steuerung bis zu diesem Sommer zu beschließen. Eine verstärkte wirtschaftspolitische Steuerung. d. h. eine wirtschaftspolitische Steuerung, ist in der Tat ein Eckpfeiler unserer umfassenden Antwort.

Drittens wird der ständige europäische Stabilitätsmechanismus ab Juni 2013 anwendbar sein und eine effektive Darlehenskapazität von 500 Milliarden Euro umfassen. Mit dieser Entscheidung richten wir einen finanziellen Rücklaufstopp mit einer ausreichenden Sicherheitsvorkehrung ein, um auch den so geringsten Zweifel an unserer Fähigkeit auszuräumen, auch in den stressigsten Szenarien handeln zu können.

Die Kommission wird im Laufe der Operationen des ESM eine zentrale Rolle spielen, und es wird eine sehr klare und feste Verbindung des ESM zu den Gemeinschaftsorganen, einschließlich des Europäischen Parlaments natürlich, errichtet werden. Zu gegebener Zeit werden wir gemäß Artikel 136 des Vertrages eine Verordnung vorschlagen, welche die Maßnahmen erläutert, um die politische Konditionalität festzulegen und eine Übereinstimmung mit dem EU-Rahmen für Länderüberwachung sicherzustellen.

Und last, but not least muss die Wiederherstellung eines gesunden Bankensektors abgeschlossen werden, um die Vergabe von Krediten an die Realwirtschaft, an Unternehmen und Haushalte sicherzustellen. Die nächste Runde der Bankenstresstests wird in den kommenden Monaten durchgeführt; die Ergebnisse werden die notwendige Umstrukturierung und die mögliche Rekapitalisierung des EU-Bankensektors steuern. Vor der Veröffentlichung der Ergebnisse werden alle Mitgliedstaaten, falls dies erforderlich sein sollte, ihre Strategien für die Restrukturierung und Rekapitalisierung ihrer verwundbaren Institutionen beschließen und vorstellen müssen.

In der Tat ist es wesentlich, dass wir begreifen, dass diese beiden Probleme parallel gelöst werden müssen; die Reparaturen im Finanzbereich müssen beschleunigt, Banken restrukturiert und, falls nötig, so schnell wie möglich rekapitalisiert werden. Dies ist eine Voraussetzung für die Wiederherstellung und die Stärkung des Vertrauens in die europäische Wirtschaft, und dies soll die Widerstandsfähigkeit der Banken verbessern und gewährleisten, dass wir Wirtschaftswachstum durch Kreditversorgung sichern.

Zum Abschluss möchte ich noch erwähnen, dass, wenn der Europäische Rat einmal sein umfängliches Engagement für diese Komponenten unserer umfassenden Wirtschaftsstrategie zur Überwindung der Krise bestätigt, die Europäische Union auf gutem Wege ist, die Wirtschaftsflaute dieses Jahres 2011 umzukehren. Dies bedeutet nicht, dass alles gut ist, und noch weniger, dass wir uns gemütlich zurücklehnen können. Aber es bedeutet, dass wir darauf vorbereitet sind, den aktuellen und künftigen Herausforderungen zu begegnen und Krisen in der Zukunft vorzubeugen.

 
  
  

VORSITZ: Roberta ANGELILLI
Vizepräsidentin-

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. (HU) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, ehrenwerte Abgeordnete, als erstes danke ich für diese Diskussion. Ich bin dankbar, dass die Mehrheit von Ihnen im Plenarsaal und die Redner in der Aussprache die Notwendigkeit der sechs Elemente anerkannten, welche die gemeinsame Antwort der Europäischen Union auf die Wirtschaftskrise sein werden und über die, wie ich hoffe, die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag entscheiden können. Damit können wir die Krise zu einem Ende führen; damit können wir die Grundlage dafür legen, das Entstehen vergleichbarer Krisen stark einzuschränken. Ich bin sehr mit den Rednern einverstanden, die sagten, dass es nicht die Europäische Union selbst gewesen ist, die in einer Krise war, sondern dass ein Teil, ein Großteil der Mitgliedstaaten, in eine Schuldenkrise, in eine Schuldenspirale geriet. Dem müssen wir ein Ende setzen. Dies ist für uns alle, für jeden Mitgliedstaat die vorrangige Aufgabe.

Jedoch leben wir in einer einheitlichen Union, und wir haben eine gemeinsame Währungspolitik und gemeinsame Währung. Aus diesem Grund ist die Schuldenkrise eines einzelnen Mitgliedstaates ein gemeinsames Problem für uns alle. Aus diesem Grund brauchen wir gemeinsame Lösungen. Es hat eine interessante Debatte begonnen, mit welcher wir uns meiner Ansicht nach befassen müssen, wenn wir die Verhandlungen jetzt in offizieller Form auch über die sechs Gesetzesvorlagen zur wirtschaftspolitischen Steuerung beginnen. Dies unterscheidet zwischen guten und schlechten Schulden. Gibt es so etwas wie gute Schulden? Dies ist eine sehr spannende Aussprache. Der Herr Kommissar unterstützt meine Äußerungen, weil wir dies im Europäischen Rat geprüft haben und der Rat sehr skeptisch gewesen ist, ob es so etwas wie gute Schulden gibt. Auch hier sagte ein Abgeordneter, dass in sehr vielen Fällen, in denen Schulden als gute Schulden begannen, sehr schlechte Schulden daraus werden könnten.

Wir sollten diese Aussprache fortsetzen, aber ich glaube, wenn wir ein für alle Mal aus der Schuldenkrise herauskommen wollen, müssen wir nach verschiedenen Wegen der Konjunktur- und Wachstumsbelebung außer einer ansteigenden Verschuldung suchen. Wir sollten uns nicht wünschen, gute Investitionen zu Lasten künftiger Generationen zu tätigen. Daher ist es meiner Ansicht nach auch wichtig zu sagen, dass wir, wie gleichfalls durch Präsident Barroso erwähnt, über Möglichkeiten verfügen: die weitere Entwicklung des Binnenmarktes, die Beseitigung noch bestehender Hindernisse und die Strategie Europa 2020.

Ich möchte einige Worte zur Lage in Portugal und Irland sagen. Dies wird bekanntlich bei der Tagung des Europäischen Rates diskutiert werden. In Bezug auf Portugal möchte ich lediglich darauf hinweisen, dass Portugals angekündigtes Maßnahmenpaket auf dem EU-Gipfel am 11. März von den Staats- und Regierungschefs begrüßt wurde, und es wurde auch vom Präsidenten der Europäischen Zentralbank begrüßt. Demnach war dies allein eine positive Botschaft für die Märkte. Gleichzeitig ist es auch sehr wichtig zu sagen, dass jeder Aktionsplan nur so viel wert ist, wie von ihm umgesetzt wurde. Darüber hinaus ist es sehr wichtig, dass hinter jedem Vorhaben politische Verpflichtung und uneingeschränkte Unterstützung stehen sollten.

Im Hinblick auf Irland möchte ich lediglich erwähnen, dass der Vertreter der neuen irischen Regierung im Rat (Allgemeine Angelegenheiten) am Montag sehr kooperativ war, und dass ich sehr zuversichtlich bin, dass auf der Tagung des Europäischen Rates auch für das irische Problem eine Lösung gefunden wird. Viele Menschen haben die Gemeinschaftsmethode im Gegensatz zur zwischenstaatlichen Methode angesprochen und angedeutet, dass die Zwischenstaatlichkeit auch die Ursache für das Scheitern der Strategie von Lissabon gewesen sei. Ich denke, dass wir seit dem 4. Februar beachtliche Fortschritte erzielt haben. Am 4. Februar waren zahlreiche Mitgliedstaaten und viele Abgeordnete des Europäischen Parlaments, mit denen ich zu der Zeit sprach, besorgt darüber, wohin wir steuerten und was aus der Europäischen Union bei der Auslagerung wichtiger Sachverhalte würde. Meiner Ansicht nach hat sich die Lage stark verbessert, und wir sind zu dem Gemeinschaftsansatz zurückgekehrt. Von Anfang an ist es die Aufgabe für uns als dem Ratsvorsitz gewesen, die Bildung einer dauerhaften Lösung zwischen den Auslagerern und jenen zu fördern zu suchen, die einen Verbleib ausschließlich im Gemeinschaftsrahmen wünschten.

Der ungarische Ministerpräsident machte schon am 4. Februar einen Vorschlag und forderte, dass in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates auch ein Verweis hinsichtlich der Umsetzung dessen gemacht wird, was damals gemäß der Verträge der Pakt für Wettbewerbsfähigkeit genannt wurde. Ich freue mich sehr, sagen zu können, dass wir sicherlich zum Gemeinschaftsansatz zurückgekehrt sind. Die Europäische Kommission, eines unserer am stärksten gemeinschaftsorientierten Organe, hat in jedem Bestandteil unserer umfassenden wirtschaftlichen Antwort auf die sechs Gesetze eine wichtige Aufgabe, und demzufolge wurden auch dem Europäische Parlament Garantien dafür gegeben, dass es Zugang zu den Informationen haben wird. Folglich haben wir schon viel erreicht, und zwar im Sinne einer positiven Entwicklung. Der Pakt ist diesbezüglich auch offen, und Mitgliedstaaten wie mein eigenes Land werden ihm beitreten können, falls sie es möchten. Er ist kein exklusiver Club.

Abschließend wiederhole ich als eine letzte Forderung meinen Wunsch, die Aussprache zum Paket der sechs Legislativvorschläge zur wirtschaftspolitischen Steuerung so weit als möglich konstruktiv zu führen. Wir sind darauf vorbereitet, und ich möchte erwähnen, dass wir uns um eine Berücksichtigung der Berichte von den Abgeordneten haben, welche bereits im Januar vollständig waren, als der Rat seine Haltung formulierte.

Nun ein paar Worte zu Libyen und dem Mittelmeerraum − Krieg und Instabilität sind die größtmöglichen Katastrophen für die in der Region und Europäischen Union lebenden Menschen. Ich denke, dass ich Herrn Mauros Worte anführe, welchen ich voll und ganz zustimme. Vor uns liegt die Möglichkeit und Aufgabe, aus dieser Krise die Chance für die Gewährleistung dessen zu machen, dass eine derartige Tragödie im Mittelmeerraum nie wieder auftritt. Ich denke, es ist festzustellen – und ich bin eine Frau der klaren Worte –, dass das Parlament bei der Entscheidung dessen schneller als der Rat gewesen ist. Schlussendlich konnte die Koalition in letzter Minute eine Operation zusammenzusetzen, wodurch das Leben vieler Menschen in Bengasi gerettet werden konnte.

Was die Frage nach unserer Geschlossenheit und der Effektivität der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union betrifft, werde ich hier wieder Klartext reden. Wir sind nicht hundertprozentig geeint. Jedoch konnten wir sehr viele Dingen vereinbaren, welche in der letzten Periode unerlässlich gewesen sind. Auf dem damals abgehaltenen Gipfel am 11. März stellten die Staats- und Regierungschefs eindeutig fest, dass Gaddafi abdanken muss; dass Beziehungen mit dem Übergangs-Nationalrat in Bengasi aufgenommen und die libyschen Behörden dazu aufzufordern sind, humanitäre Hilfe in das Land zu lassen. Bereits zu diesem Zeitpunkt entschieden wir, dass unsere Beziehungen zur südlichen Nachbarschaft zu überprüfen sind. Eine Bedingung hierfür war der Beginn des demokratischen Umbruchs.

Dann hatten wir bereits vereinbart, dass die Finanzhilfe durch die Aufnahme günstiger Bedingungen erhöht, die Handelsbeziehungen vertieft und der soziale Wandel in der Region unsererseits gefördert werden müssten. Wir müssen in drei Bereichen Fortschritte erzielen: Marktzugang, Mobilität und Geld. Anschließend haben am 21. März die Außenminister, die Treuhänder der Bereiche von Gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik und Europäischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik, ihre Verpflichtung bekräftigt. Inzwischen war die Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates verfügbar. Dies begrüßten wir und konnten auch die Entscheidungen des Gipfels von Paris willkommen heißen, mit deren Umsetzung begonnen werden muss. Wir waren sehr schnell damit, über Sanktionen zu entscheiden, und wir betonten unsere Verpflichtung, der Zivilbevölkerung zu helfen.

Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik mag nicht perfekt funktionieren, aber ich glaube, dass einige sehr wichtige Entscheidungen getroffen worden sind, wenn auch in der letzten Minute. Vielen Dank, Frau Präsidentin.

 
  
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  Die Präsidentin. – Die Debatte ist beendet.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Ivo Belet (PPE), schriftlich. (NL) Dieser Frühjahrsgipfel ist für alle Europäerinnen und Europäer von immenser Bedeutung. Hier werden wir die Grundlagen für einen stabilen Euro und eine umfassende Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Europa legen. Der uns nunmehr vorliegende Pakt für den Euro ist glücklicherweise sehr viel ausgewogener als die ursprünglichen Optionen. Die Achtung des Modells der sozialen Konsultation stellt den Kernpunkt dieses Paktes dar. So sollte es sein, denn es ist die Grundlage unseres europäischen Rheinlandmodells.

Es ist jetzt an der Zeit für uns, den nächsten wichtigen Schritt zu machen, denn das Projekt Europa kann nicht auf ein reines, armseliges Finanz- und Währungsprojekt beschränkt werden. Das wäre möglicherweise nachteilig und würde zur Abnahme der breiten Unterstützung für Europa führen. Mehr als je zuvor braucht Europa daher ein ansprechendes, neues, zukunftsorientiertes Projekt, welches die Menschen erneut mit Begeisterung erfüllt.

Man muss nicht lange suchen, denn die Vorschläge sind bereits bekannt. Insbesondere müssen wir uns auf grenzüberschreitende Investitionen in erneuerbare Energien konzentrieren. Das wird nur dann möglich sein, wenn wir auch den Weg für Eurobonds frei machen. Es wird natürlich unserer Wirtschaft, der Beschäftigung und Umwelt neuen Schwung verleihen und ist auf Basis der Berechnungen des Fahrplans der Kommission bis 2050 durchaus machbar. Lassen Sie uns damit einfach weitermachen.

 
  
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  Zita Gurmai (S&D), schriftlich. Das bevorstehende Treffen des Rates ist wirklich sehr wichtig. Präsident Herman Van Rompuy merkt in seiner öffentlichen Einladung an, dass „wir als einem wichtigen Schritt in dem neuen Rahmen des Europäischen Semesters Anleitung für nationale Wirtschaftspolitiken zur Umsetzung unserer Strategie Europa 2020 geben sollten“. Wir sollten diesen Punkt auf der Agenda nicht als hinter dem Wirtschaftspaket zweitrangigen umgehen. Es ist allgemein bekannt, dass der Schlüssel für das Wirtschaftswachstum in Europa die Beschäftigung ist. Die Strategie Europa 2020 zielt auf eine Beschäftigungsquote von 75 % bei den 20- bis 64-jährigen Männern und Frauen ab. Theoretisch ist allgemein bekannt, dass diese 75 %-Schwelle ohne die massive Teilhabe und die Präsenz von Frauen am Arbeitsmarkt nicht erreicht wird.

Daher ersuche ich den Rat vor seinem bevorstehenden Treffen um zwei Sachen. Erstens darum, ehrgeizig und ausdrücklich zu sein, wenn es um Beschäftigungsleitlinien und speziell um die Beschäftigung von Frauen geht. Zweitens bitte ich Sie, Ihre Verpflichtung gegenüber europäischen Zielen und Leitlinien zu bekräftigen, die eine massive Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen ermöglichen – insbesondere gegenüber den Barcelona-Zielen für Kinderganztagsbetreuung, welche in der EU bekanntermaßen noch lange nicht erfüllt sind.

 
  
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  Cătălin Sorin Ivan (S&D), schriftlich. – (RO) Ich halte es für unbedingt erforderlich, die Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation unverzüglich mit der Unterstützung aller Mitgliedstaaten zu tätigen, um die Ziele der Strategie Europa 2020 zu erreichen und dadurch den wirtschaftlichen Aufschwung Realität werden zu lassen. Als ein Vertreter der Bürgerinnen und Bürger Europas erkläre ich meine Unterstützung für den Bericht von Frau Balzani. Ich bin damit einverstanden, dass die Europäische Union ihre Finanzressourcen verbessern muss, damit sie auf der politischen und wirtschaftlichen Weltbühne zu einem Zeitpunkt konkurrieren kann, zu dem durch aktuelle Herausforderungen eine größere Wettbewerbsfähigkeit von globalen Akteuren gefordert wird. Und schließlich sollte die Beschäftigungsförderung als ein grundlegendes Ziel festgelegt werden, damit es eine starke Wirtschaft geben kann. Die Europäische Union benötigt in jedem Bereich qualifizierte Arbeitskräfte mit dem einschlägigen Fachwissen und in all ihren Sektoren eine höhere Produktivität.

 
  
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  Niki Tzavela (EFD), schriftlich.(EL) In den nächsten Tagen wird durch den Europäischen Rat der Pakt für den Euro fertiggestellt. Das grundlegende Ziel des Paktes ist die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, die zu einem Beschäftigungszuwachs in den Ländern des Euroraumes führen wird. Um die genannten Ziele auf europäischer Ebene erreichen zu können, schlage ich vor, in den Pakt die Festlegung und Kontrolle der Land-, See- und Wirtschaftsgrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufzunehmen. Dies wird die europäische Industrie vor gefälschten, aus arbeitsintensiven Ländern im Osten eingeführten Erzeugnissen schützen. Die Einfuhr dieser billig produzierten Waren ist nicht nur illegal; sie verhindert auch das ordnungsgemäße Funktionieren des Marktes und schmälert dadurch die Gewinne von europäischen Unternehmen. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit von europäischen Unternehmen und Europa insgesamt verlangsamt und reduziert. Schließlich brauchen wir neue Anreize für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, um ausschließliche Wirtschaftszonen zu entwickeln. Es ist eine europäische Garantie für die gesamte europäische, ausschließliche Wirtschaftszone vonnöten, welche von Drittländern nicht angefochten werden kann.

 
  
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  Angelika Werthmann (NI), schriftlich. – Es gibt weder gute noch schlechte Schulden – die kontinuierlich steigende Staatsverschuldung muss eingedämmt werden. Der Rat hat es leider verabsäumt, den Stabilitäts- und Wachstumspakt vollständig umzusetzen. Eine weiterführende Strukturkrise kann unseren BürgerInnen jedoch nicht aufgebürdet werden. Dem derzeit bestehenden Staatsschuldenproblem kann nur über die Einforderung strikter Haushaltsdisziplin beigekommen werden. Die Vorgehensweise der Mitgliedstaaten, das „verkürzte Verfahren“ anzuwenden, ist abzulehnen, aber wie Kollege Gualtieri bereits sagte, musste man sich auf das Inhaltliche konzentrieren, um einen Gegenvorschlag unterbreiten zu können. Ich würde eine Initiative begrüßen, bei der die 143 AKWs in Europa umgehend vom Netz genommen würden und man sich nachhaltigen Energiequellen zuwendet. Kurz zu den bevorstehenden sogenannten „Stress-Tests“ der Atomenergieanlagen: Da die Detailausgestaltung der Sicherheit in AKWs, wie immer wieder betont wird, in den Kompetenzbereich der einzelnen Mitgliedstaaten fällt, kann ich diese Stress-Tests in diesem frühen Stadium der Verhandlungsgespräche noch nicht uneingeschränkt unterstützen. Angesichts der Ereignisse, die 1986 durch eine Krisensimulation im Atomreaktor von Tschernobyl ausgelöst wurden, sehe ich derartigen Tests, sofern diese nicht seitens der EU oder einer vergleichbaren Institution und erst nach eingehender Analyse des Zustandes und der Belastbarkeit der einzelnen Reaktoren durchgeführt werden, mit großer Sorge entgegen.

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE) , schriftlich.(FR) Der Berichterstatter bemühte sich, einen Absatz in ein Kapitel mit dem Titel „Nachhaltigkeit und Verantwortung als Kernstück des EU-Haushaltsplanes 2012“ einzufügen, der die dezentralisierten Agenturen der Europäischen Union betrifft.

Ich teile den aufgeworfenen Hauptgedanken, der darin besteht, dass Agenturen die Gemeinschaftsstrategien in so unterschiedlichen Bereichen wie der Berufsausbildung, der Umwelt, der inneren Sicherheit und dem Eisenbahnverkehr bereichern. Jedoch teile ich unter dem Aspekt der haushaltsmäßigen Nachhaltigkeit und Verantwortlichkeit auch die Idee, dass das Agentursystem verbessert werden könnte.

In der Tat überschneiden sich die Aufgaben und Zuständigkeiten der Agenturen bisweilen, und einige von ihnen haben aufgrund der Sachzwänge, die ihnen durch unsere Finanz- und Haushaltsregeln vorgeschrieben werden, hohe Betriebskosten. Deshalb könnten die Ausgaben der dezentralisierten Agenturen durch ein System gemeinsamer Dienste wie beispielsweise Hilfe beim Haushaltsverfahren, Unterstützung bei Ausschreibungen und Rechtsberatung rationalisiert werden.

Um zum Schluss zu kommen, während des letzten Entlastungsverfahrens war das Parlament auch bemüht, auf die Kontrolle von Kommission und Parlament über die dezentralisierten Agenturen hinzuweisen; wie die Erfahrungen gezeigt haben, muss dies gestärkt werden.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE), schriftlich.(RO) Europa muss aus den nuklearen Störfällen in Japan lernen und sich verpflichten, nukleare Sicherheit in ganz Europa zu gewährleisten. Der Energiemix unterliegt immer noch der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Jedoch wird die nukleare Sicherheit von europäischen Rechtsvorschriften festgelegt, welche unter Berücksichtigung der kürzlich von der Kommission vorgeschlagenen Sicherheitstests für Kernkraftwerke überprüft werden müssen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die EU in hohem Maße von Energieimporten abhängig ist und dass die Mitgliedstaaten Lösungen für ihre eigenen Energiequellen vorsehen müssen. Die EU braucht eine gemeinsame Energiepolitik, welche auf der richtigen Balance zwischen erneuerbaren Energien, neuen Technologien für konventionelle Energiequellen sowie der notwendigen Produktion von Kernenergie unter sicheren Bedingungen beruhen muss. Zum Thema Libyen muss der Rat eine neue Europäische Partnerschaft mit den südlichen Nachbarländern der EU ausarbeiten. Diese Partnerschaft beinhaltet eine enge politische Zusammenarbeit, welche den Übergang dieser Länder zur Demokratie gewährleisten wird. Darüber hinaus muss die Europäische Kommission schnellstmöglich einen Plan zur Steuerung der Migrationsströme vorlegen, welcher die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten berücksichtigen und die technischen und operationellen Kapazitäten von Frontex stärken wird. Jedoch darf dieser Plan nicht von der Ausrichtung der EU auf die Östliche Partnerschaft ablenken.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE), schriftlich.(PL) Wir haben gerade Vertragsänderungen befürwortet, welche die Einführung eines ständigen Stabilitätsmechanismus für den Euroraum ermöglichen werden. Wir konnten einen großen Erfolg dabei erzielen, uns klar für die Verwendung des Gemeinschaftsansatzes als der wichtigsten Form der Zusammenarbeit innerhalb des Mechanismus auszusprechen. Die zentrale Rolle der Europäischen Kommission bei der Bewertung der finanziellen Lage der Mitgliedstaaten ist ein gutes Vorzeichen für künftige Zusammenarbeit, denn dadurch wird sie vor der Instabilität geschützt, die bei der Wahl des zwischenstaatlichen Ansatzes drohen würde. Lassen Sie uns hoffen, dass nach der Annahme der Änderung des Vertrages durch den Europäischen Rat dieser erfolgreich in den Mitgliedstaaten ratifiziert werden wird, um die Einrichtung des ständigen Mechanismus nach Plan zu ermöglichen. Die Aufnahme des Stabilitätsmechanismus in den Vertrag ist nur ein Schritt, welcher unlängst zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Euroraumes unternommen wurde. Auf der morgigen Tagung ist davon auszugehen, dass der Rat auch den Pakt für den Euro billigen wird, welcher am 17. März auf der Tagung der Mitgliedstaaten des Euroraums angenommen wurde. Ich bin sicher, dass den Staats- und Regierungschefs eine Verständigung gelingen und diese Regelung in Kraft treten wird, wodurch die wirtschaftliche Zusammenarbeit insbesondere in Bereichen wie Beschäftigung und öffentliche Finanzen verstärkt werden kann. Es ist zu begrüßen, dass man trotz der anfänglichen Befürchtungen der nicht dem Euroraum angehörenden Mitgliedstaaten den Pakt für alle Mitgliedstaaten geöffnet hat, die beitreten möchten. Dadurch wird zumindest bis zu einem gewissen Grad garantiert, dass der Mechanismus zu keinem Europa der zwei Geschwindigkeiten führen wird.

 
  
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  João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Dieser Europäische Rat findet in einem für Portugal spezifischen Kontext statt. Die Wirtschafts- und Sozialkrise des Landes stürzt wegen des Weges, der von den Mitgliedern der Europäischen Union beschrittenen und wegen der national gleichmäßigen Anwendung von Maßnahmen, die durch diese vorgeschrieben wurden, in beispiellose Abgründe: die Intensivierung einer rückläufigen Politik, die verstärkte Ausbeutung von Arbeitnehmern, neue antisoziale, die Ungleichheit verschärfende Maßnahmen, eine Zunahme von Arbeitslosigkeit und prekären Beschäftigungsverhältnissen sowie Armut und sozialer Ausgrenzung. Vor diesem Hintergrund legt die Regierung unter dem Druck und Beifall der EU ein weiteres Paket der obengenannten Sparmaßnahmen vor - das vierte.

Die Absicht der Direktion von EU-Mächten ist klar: zu erzwingen, dass eine weitere neokoloniale Schlinge um den Hals der wirtschaftlich fragileren Staaten gelegt wird und ihre Souveränität mit den vorweggenommenen Bedingungen für die Anwendung eines Europäischen Stabilitätsmechanismus anzugreifen. Dies alles unter dem Vorwand der Wahrung der Privilegien, derer sich große wirtschaftliche und finanzielle Interessengruppen – insbesondere die der Direktoratsländer – erfreuen und zu welchen etliche EU-Instrumente wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt, die Wirtschafts- und Währungsunion und der Euro beitragen. Angesichts dessen gaben darauf am Samstag in Portugal bei einer großen nationalen Demonstration die kämpfenden portugiesischen Arbeitnehmer die notwendige Antwort.-

 

17. Lage in Japan, einschließlich der alarmierenden Situation in den Kernkraftwerken (Aussprache)
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  Der Präsident. – Der nächste Punkt sind die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Lage in Japan, einschließlich der alarmierenden Situation in den Kernkraftwerken.

 
  
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  Győri, Enikő, amtierende Präsidentin des Rates. Frau Präsidentin, im Namen des Rates möchte ich damit beginnen, den Menschen in Japan unser Beileid auszusprechen − jenen, die ihre Angehörigen verloren und den vielen anderen, die von den tragischen Ereignissen vor 10 Tagen in der einen oder anderen Weise berührt wurden. Auch spreche ich dem Mut und der Tapferkeit jener meine Anerkennung aus, die derzeit darum ringen, die Auswirkungen des furchtbaren Erdbebens und Tsunamis anzugehen sowie denjenigen, die darum bemüht sind, die Folgen des nuklearen Störfalls in den Griff zu bekommen.

Die Europäische Union steht in dieser außergewöhnlich schwierigen und herausfordernden Zeit an der Seite der japanischen Bevölkerung. Wir haben für Japan bereits Hilfe in einer sehr konkreten Weise geleistet. Am gleichen Tag, an dem das Erdbeben ausbrach, ersuchte der Europäische Rat die Hohe Vertreterin und die Kommission um die Mobilisierung aller angemessenen Hilfe. Der EU-Katastrophenschutzmechanismus wurde aktiviert, um die Koordinierung der durch die Mitgliedstaaten angebotenen Hilfe zu erleichtern.

Innerhalb kürzester Zeit reagierte die Europäische Union auf das Hilfeersuchen der japanischen Regierung. Die Europäische Union ist weiterhin bereit, auf Ersuchen um humanitäre Hilfe, technische Hilfe jeder Art oder spezialisierte Hilfe zu reagieren, die die japanischen Behörden für zweckmäßig halten.

Im Namen des Rates möchte ich insbesondere Frau Kommissarin Georgieva und der Hohen Vertreterin für eine schnelle, umfassende und sehr koordinierte Antwort auf die Katastrophe danken. Das nach Japan entsandte EU-Katastrophenschutzteam hat unsere volle Unterstützung. Bei einzelnen Mitgliedstaaten besteht auch die Bereitschaft, sehr großzügige Hilfsangebote zu leisten.

Wichtig ist auch zu erwähnen, dass der Rat die makroökonomischen Auswirkungen der japanischen Krise verfolgen muss. Die Minister hatten zu der Sache bereits beim ECOFIN-Frühstück am 15. März eine erste Aussprache.

Offensichtlich ist für uns alle die Lage im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi eine der größten Sorgen. Ich möchte die Tatsache betonen, dass der ungarische Ratsvorsitz unverzüglich handelte, wobei er die Schwere der Vorfälle und die möglichen Folgen in Europa speziell in Bezug auf das Atomrisiko berücksichtigte.

Wir haben die Gruppe „Atomfragen“ und eine außerordentliche Sitzung des Energierates einberufen, um die Situation in Japan sowie ihre möglichen Auswirkungen auf die EU einzuschätzen und über die Antwort der EU nachzudenken.

Ich möchte betonen, dass die erste vom Rat stammende Botschaft die der Solidarität, des Mitgefühls und der Bereitschaft war, sowohl humanitäre als auch technische Hilfe zu leisten. Diese Botschaft ist auch eine des Respekts vor der Beharrlichkeit und dem Durchhaltevermögen der japanischen Bevölkerung, insbesondere jener, die sich immer noch um die Bewältigung der Lage in Fukushima bemühen.

Es ist ihrer Hartnäckigkeit unter extrem schwierigen Bedingungen zu verdanken, dass man jetzt ein wenig Hoffnung bezüglich der Situation im Kernkraftwerk schöpfen kann, obgleich sie ernst bleibt. Das große Problem ist jetzt die hohe Kontaminierung, die in der Umgebung des Kraftwerks gemessen wurde.

Unsere Unterstützung für Japan muss fortgesetzt werden. Mehrere Mitgliedstaaten leisten einen Beitrag, entweder bilateral oder mittels verschiedener Koordinierungsmechanismen, die durch die Kommission oder die Internationale Atomenergie-Organisation betrieben werden. Wie dem ungarischen Minister für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Sándor Fazekas, auf der Tagung der Umweltminister mitgeteilt wurde, haben die Vorfälle im Kernkraftwerk Fukushima derzeit keine Folgen für die Bürger in der EU. Das Strahlungsniveau ist in allen Mitgliedstaaten normal, und es bestehen entsprechende Kontrollen im Hinblick auf Nahrungsmittel, die aus Japan eingeführt wurden. Dennoch werden durch den Unfall im Kernkraftwerk Fukushima wirksame Maßnahmen der EU gefordert.

Aus diesem Unfall gibt es gewisse Lektionen zu lernen. Die Umsetzung und ständige Verbesserung der hohen Standards für nukleare Sicherheit hat für die EU-Aufsichtsbehörden und -Betreiber absoluten Vorrang; aber allein durch den Begriff der ständigen Verbesserung wird impliziert, dass wir trotz der Tatsache, dass der Unfall durch äußere Faktoren und nicht Störungen im Kraftwerk verursacht wurde, die Lektionen zuerst lernen müssen. Mehrere Mitgliedstaaten und industrielle Betreiber haben bereits entscheiden, die Sicherheit der Kernkraftwerke zu überprüfen, was zu begrüßen ist.

Nach der außerordentlichen Tagung des Rates der europäischen Energieminister am 21. März hat der ungarische Minister für nationale Entwicklung, Tamás Fellegi, ein Schreiben aufgesetzt, um Präsident Van Rompuy über den Vorschlag für Kernkraftwerk-Stresstests zu unterrichten und darüber, dass weitere Länder, speziell unsere Nachbarn, in dieses Verfahren eingebunden werden sollten. Der Umfang und die Einzelheiten dieser Tests sollten vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse und der vollständigen Ausschöpfung des verfügbaren Fachwissens entwickelt werden. Was den Umfang anbelangt und unter Beachtung dessen, dass jedes Kernkraftwerk seine eigenen Besonderheiten hat, könnten von der Bewertung möglicherweise die folgenden Kernbereiche erfasst werden: Überschwemmungsrisiko, Erdbebenrisiko, Sicherungssysteme und Notfallverfahren.

Die Europäische Regulierungsbehörde für nukleare Sicherheit wird unter vollständiger Einbeziehung der Mitgliedstaaten die Modalitäten dieser Bewertung in Konsultation mit den entsprechenden Stakeholdern festlegen. Obwohl die Festlegung eines endgültigen Termins dafür schwierig ist, ist klar, dass dies so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden muss.

Die Sicherheit von Kernkraftwerken macht an den EU-Grenzen natürlich nicht Halt. Deshalb ist es wichtig, benachbarte Drittländer einzubeziehen. Eine Bewertung hat sowohl bestehende als auch geplante Kernkraftwerke zu erfassen, und wir müssen internationale Organisationen und Behörden wie die Internationale Atomenergie-Organisation und weitere internationale Assoziierungen wie den G20 zwecks Einbeziehung weiterer Länder umfassend in Anspruch nehmen.

Es ist natürlich wichtig, dass die Botschaft an die Öffentlichkeit im Hinblick auf die Lage in Japan klar ist. Hierzu habe ich zwei Anmerkungen. Zunächst hängt die Glaubwürdigkeit des Verfahrens von unserer Transparenz bezüglich der Modalitäten und des Ergebnisses der Bewertung ab. Ganz gleich, wie schwerwiegend die Lage in Japan auch sein mag, wir sollten zweitens nicht den Eindruck erwecken, dass das Thema der nuklearen Sicherheit stückchenweise und nur jetzt angesprochen wird. Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass in Europa seit über 25 Jahren ein rechtsverbindlicher Rahmen besteht. Soweit es die spezielle Atomfrage anbelangt, wird der Rat natürlich genau die Entwicklungen verfolgen und in jedem Fall im Juni auf die Sache zurückkommen.

Der Europäische Rat wird zu einem späteren Zeitpunkt dieser Woche Bilanz über die Situation in Japan nach dieser Tragödie ziehen. Ich habe keinen Zweifel, dass unsere Staats- und Regierungschefs, so wie ich jetzt, ihre fortgesetzte Solidarität mit der japanischen Bevölkerung zum Ausdruck bringen möchten. Die Europäische Union wird weiterhin bereit stehen, um alle erdenkliche Hilfe zu leisten, damit ihr über diese schwierige Zeit hinweggeholfen wird. Noch einmal zolle ich dem Mut und der Entschlossenheit der japanischen Bevölkerung meinen Respekt.

 
  
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  Günther Oettinger, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Kommission hat die Solidarität der Union mit dem japanischen Volk und der japanischen Regierung zum Ausdruck gebracht. Wir haben unser Mitgefühl ausgesprochen. Wir glauben, der Mut und die gefasste Haltung des japanischen Volkes verdienen unseren vollen Respekt und unsere Bewunderung.

Wir haben Hilfseinsätze in der Koordination, die vom Beobachtungs- und Informationszentrum gebündelt werden, um seitens der EU ein gemeinsames Hilfsangebot zu machen. Decken, Matratzen, Wasserbehälter, Zelte, Hygieneausstattung sind in einem ersten gemeinsamen EU-Paket von 13 Mitgliedstaaten beigebracht worden. Wir erwarten weitere Angebote und werden schon in diesen Tagen, am Donnerstag, also morgen, und am Freitag Hilfsgüter in Japan entgegennehmen und verteilen. Die Kollegin Georgieva von der Kommission wird selbst vor Ort sein.

Wir haben auch angeboten, beim Kernkraftwerkszentrum zu helfen, aber noch liegen uns keine Hilfsersuchen vor. Wir stehen, was die Energie anlangt, im engen Kontakt mit der Internationalen Atomenergieorganisation in Wien und verfolgen, bewerten und analysieren die Sicherheitslage in Japan genau. Um die Folgen des Kernkraftwerksunfalls abschätzen zu können, bedarf es weiterer Erkenntnisse. Wir bauen in diesen Tagen darauf, dass die japanischen Ingenieure und Techniker und die Regierung dieses Kernkraftwerkszentrum wieder unter Kontrolle bekommen und weitere Schäden in dieser Katastrophe vermieden werden können.

Wir prüfen, welche Folgerungen für Europa zu ziehen sind. Dazu haben wir am Dienstag letzter Woche eine High-Level-Konferenz abgehalten – mit allen Mitgliedstaaten, mit allen Energieunternehmen, die Kernkraftwerke betreiben, mit allen Unternehmen, die Kernkraftwerke herstellen, und mit den Atomaufsichtsbehörden der europäischen Mitgliedstaaten. Am Montag fand auf Einladung von Herrn Fellegi seitens des Ratsvorsitzes eine außerordentliche Tagung des Energierates statt.

Wir müssen sehen, dass zum Thema Kernkraftwerke in Europa die Ausgangslage und die Positionen der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind. 14 Länder betreiben Kernkraftwerke, davon 13 aus der Sicht ihrer Energiepolitik dauerhaft, Deutschland mit einer Ausstiegsstrategie. 13 Länder haben keine Kernkraft, davon planen derzeit zwei Länder – Polen und Italien –, möglicherweise in die Kernenergie einzusteigen bzw. wieder einzusteigen. Der Energiemix ist mit Ausnahme der erneuerbaren Energien – Stichwort „20 %“ – in der Kompetenz der nationalen Gesetzgebung und Politik. Dies respektieren wir.

In dieser sehr heterogenen Ausgangslage Europas – der Strommix Europas besteht zu 30 % aus Kernkraft, in Österreich jedoch geht der Anteil der Kernkraft gegen 0 % und in Frankreich liegt er bei 80 % – haben wir zwei gemeinsame Nenner: der eine, auf den wir im Laufe des Jahres zurückkommen, ist die Infrastruktur. Egal welche Entwicklung im Bereich der Energiepolitik vorgesehen ist, die Infrastruktur für Strom, für Gas, für Speicherkapazitäten muss – in neuer Qualität und neuer Kapazität – beschleunigt ausgebaut werden. Und zweitens: die Sicherheit. Die Sicherheit von Industrieanlagen allgemein, von Infrastruktur allgemein, von Kernkraftwerken speziell ist ein gemeinsames Anliegen zugunsten der Arbeitnehmer in den Kraftwerken, zugunsten der europäischen Bürger und der europäischen Natur.

Und deswegen schlagen wir vor zu prüfen, ob nicht in Anbetracht der jetzt erkennbaren Ursachen und der vertiefenden Ursachenerkenntnis aus Japan ein Sicherheitscheck, ein Stresstest, eine außerordentliche Prüfung anhand gemeinsamer Standards und Kriterien mit dem Ziel einer weiteren Risikominderung in den 143 Kernkraftwerken, die in der Europäischen Union betrieben werden, sowie für mögliche Neubaumaßnahmen in der Europäischen Union sinnvoll und angezeigt sind.

Die Sicherheit dient allen Bürgern, egal ob der Mitgliedstaat, in dem sie leben, Kernkraft hat, Kernkraft plant, aussteigen will oder keine Kernkraft besitzt. Dabei geht es um besondere Kriterien wie Hochwasser und Gefahren für den Betrieb und die Sicherheit, Erdbeben und Erkenntnisse aus Japan, Kühlsysteme und deren Funktionalität und das Thema Stromzufuhr und Notstromaggregate in einer Staffelung, damit auch bei Erdbeben- und Hochwassergefahr und anderem mehr Kühlung mittels Strom und Notstromaggregaten erhalten bleiben kann. Dabei geht es um allgemeine Kriterien für alle Kernkraftwerke sowie um spezielle Kriterien betreffend Bauart, Lebensalter, Standort, Erdbebengefahren, Hochwassergefahren und anderes mehr. Auch Themen wie Flugzeugabsturz, Cyberangriff, Terrorangriffe sind Stichworte, die man hier in diese Sonderprüfung einbeziehen sollte.

Wir als Kommission bieten den Mitgliedstaaten an, dies gemeinsam mit den Atomaufsichtsbehörden vorzubereiten und zu koordinieren. Das Ganze ist ein Angebot, die Annahme ist freiwillig. Die Mitgliedstaaten sind selbst dafür verantwortlich zu entscheiden, ob sie einen allgemeinen und besonderen gemeinsamen Stresstest in Europa durchführen wollen.

Die Vorrednerin sprach von Nachbarstaaten, die für unsere Sicherheit genauso wichtig sind, die Schweiz ist zentral zu nennen, genauso die Ukraine, Armenien, die Türkei, die Russische Föderation. Ich hatte ein langes Telefongespräch mit dem ukrainischen Energieminister. Seine Aussage war, dass er gerne mitmachen würde, wenn es einen allgemeinen Stresstest für die Europäische Union gibt – also ein Angebot seinerseits. Klar ist, unsere Autorität zu einem Stresstest jenseits der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten hängt stark davon ab, ob wir diesen in Europa gemeinsam veranstalten. Wenn einige Mitgliedstaaten nicht mitmachen sollten, ist unsere Autorität als Angebot an die Türkei, die Ukraine, Russland, die Schweiz geringer, als wenn alle gemeinsam dieses als eine wichtige Sicherheitsaufgabe sehen.

Deshalb werden wir in den nächsten Wochen diese Sicherheitskriterien vorbereiten und wir sind gerne bereit, mit dem Parlament, aber auch mit allen Beteiligten in der Europäischen Union, NGOs, Energieunternehmen, Arbeitnehmern, Technikern, Ingenieuren in den Kraftwerken zu kooperieren – mit dem Ziel einer möglichst umfassenden weiteren Verminderung von Risiko und Steigerung von Sicherheit. Wir sind dankbar, dass Präsident Sarkozy das Ganze bei G20 ansprechen will und somit zu einer globalen Folgerung für die Kernkraftwerke nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt kommen will.

Soweit für den Augenblick unsererseits. Gerne informieren wir das Parlament jederzeit über seine Fachausschüsse – wie in den letzten Tagen schon geschehen, den Umweltausschuss, den Industrie- und Energieausschuss – über das weitere Vorgehen und erwarten uns eine entsprechende Unterstützung durch den Europäischen Rat morgen und übermorgen hier in Brüssel.

 
  
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  Elmar Brok, im Namen der PPE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Frau Ratspräsidentin, Herr Kommissar, Kolleginnen und Kollegen! Die Kraft der Natur ist uns wieder in Erinnerung gerufen worden und wir sehen die Grenzen menschlichen Könnens und das Ausgeliefertsein, das wir angesichts dieser gewaltigen Mächte der Natur empfinden. In solchen Augenblicken können wir auch nur Solidarität mit den Japanern bekunden, eine Solidarität, die sich in unseren Gedanken und Gebeten ausdrückt, aber auch in praktischer Hilfe. Wenn der Kommissar darauf hingewiesen hat, dass man Hilfsleistungen erbringt, versucht, zu entlasten und Menschen zu unterstützen, ist das eine wichtige Maßnahme, die nicht nur direkte Hilfe bringt, sondern auch Trost spendet. Ich weiß auch, dass es nicht nur die staatlichen Organisationen sind, sondern dass in Europa viele Bürger bereit sind zu spenden, privates Geld zu geben. Allein in meiner Heimatstadt – ich bin dort Schirmherr – hat man innerhalb von drei Tagen 50 000 Euro gesammelt und die Sammelaktion ist noch nicht zu Ende. Das geschieht überall in Europa. Das zeigt, dass ein hohes Maß an Unterstützung gegeben ist.

Gleichzeitig sollten wir darauf achten, dass wir innehalten und dies nicht vom ersten Knopfdruck an für innenpolitische Kämpfe benutzen. Doch zweifellos ist es so, dass wir die Erfahrungen und Lehren aus dem Nuklearunfall betrachten und den Stresstest durchführen müssen, Herr Kommissar, und ich hoffe, europäisch durchführen, weil die Grenzen keine Rolle spielen, wenn Unfälle passieren. Wir müssen auch darauf achten, dass die notwendigen Infrastrukturen für Alternativen geschaffen und Forschungen auf dem Gebiet möglicher neuer Energieprojekte durchgeführt werden, und hier sind Fragen von Klimawandel, Arbeitsplätzen und Wettbewerbsfähigkeit genauso angesprochen.

Wir müssen auch sehen, dass das Wort „Restrisiko“ eine andere Rolle spielen wird. Das Vertrauen der Menschen, dass Unternehmen alle Vorschriften beachten und nichts unkalkulierbar ist, ist nicht mehr zu sehen. Japan wird unser Denken in diesen Fragen verändern und deswegen muss das Thema des Restrisikos neu überdacht werden, es wird neue Konsequenzen haben und neue Rücksichtnahmen und neue Politiken mit sich bringen müssen. Das sollten wir mit der Ruhe erörtern, die dafür notwendig ist.

 
  
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  Marita Ulvskog, im Namen der S&D-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin, eines der aus wirtschaftlicher und technischer Sicht am weitesten entwickelten Länder der Welt ist in den Zustand einer humanitären Krise katapultiert worden. In erster Linie ist es eine Tragödie für all jene Menschen, die betroffen worden sind. Die Bilder aus Japan sind herzergreifend. Wir müssen ihnen jedwede Unterstützung und mögliche Form von Hilfe zukommen lassen, die in unserer Macht steht. Jedoch wird durch die Katastrophe auch die Verwundbarkeit aller modernen Gesellschaften demonstriert. Was in Japan passiert ist, könnte auch in anderen Teilen der Welt – sogar hier – geschehen. Sogar in Ländern mit extrem hohen Sicherheitsanforderungen könnte sich diese Sicherheit als trügerisch erweisen.

Natürlich können wir uns die Kernkraft nicht einfach wegdenken. Es gibt bestimmt einige Länder in Europa, die keine Kernkraft haben, aber die Mehrheit hängt sehr stark oder vollständig von ihr ab. Manche bauen neue Kernkraftwerke, und manche legen sie still. Das ist die Situation, in der wir uns befinden – anders gesagt, ist die Lage in den verschiedenen Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verwundbarkeit unterschiedlich, aber dennoch betrifft uns dies alle und müssen einen langfristigen Ansatz zu unserer Energieversorgung wählen.

Wir müssen unsere Energiesysteme einfach umstellen, damit wir die Risiken und die Einseitigkeit dieser Systeme verringern. Wir müssen auch ernsthafte Anstrengungen unternehmen, um Prioritäten bei der Forschung, Entwicklung und Investitionen in langfristige, nachhaltige und erneuerbare Energiequellen zu setzen und diese auszubauen. Europa hat hier ein beträchtliches, ungenutztes Potential, wobei berücksichtigt werden sollte, dass uns der Bau neuer Kernkraftwerke von diesen für weitaus mehr kommende Jahrzehnte abhängig machen wird. Anders gesagt, sind neue Investitionen in die Kernenergie ein Mittel, den Ausbau erneuerbarer Energien aufzuschieben und zu verhindern sowie eine Art Verpfändung der Zukunft.

Stattdessen sollten wir eine ernsthafte Aussprache hinsichtlich einer Steigerung der EU-Ziele und Ambitionen bezüglich des Anteils erneuerbarer Energien führen. Ferner sollten wir schnellstmöglich über verbindliche Energieeffizienzziele sowie einen langfristigen Plan für unsere Energieversorgung – einen Wechsel zu erneuerbaren Energieträgern – entscheiden. Daher ist der gemeinsame Stresstest für Kernkraftwerke in allen Ländern notwendig, aber dann brauchen wir einen langfristigen Ansatz.

 
  
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  Lena Ek, im Namen der ALDE-Fraktion. Frau Präsidentin, die Bilder von dem schweren Erdbeben und Tsunami im Nordosten Japans sind erschreckend; unsere Gedanken und unser aufrichtiges Beileid gelten jenen, die Heim und Angehörige verloren haben.

Natürlich begrüßen wir das EU-Hilfspaket. In Fukushima arbeiten Mitarbeiter immer noch am Standort des Kernkraftwerks, um eine weitere radioaktive Verseuchung zu verhindern, und dies muss natürlich in der gesamten Europäischen Union – unter Einschluss Brüssels – gründlich geprüft werden.

Ich begrüße den von der Kommission vorgeschlagenen Stresstest, aber meiner Ansicht nach ist hinzuzufügen, dass wir nicht einfach einen Stresstest anhand von Technologie und Geographie einsetzen können. Wir brauchen zwei weitere Schritte. Der eine betrifft die Sicherheitskultur, wo es offensichtlich unmöglich gewesen ist, Mehrfachrisiken vorherzusehen. Der zweite betrifft den institutionellen Rahmen einschließlich einer Überwachung der Beziehungen zwischen den nationalen Regulierungsbehörden und den Nuklearunternehmen. Darüber hinaus sollte den Behörden nicht gestattet sein, sich selbst zu prüfen.

Schließlich sollten wir bei der Auswertung der Auswirkungen der Katastrophe unsere Diskussion auf Informationen und Kenntnisse stützen. Radikale Maßnahmen könnten notwendig sein – ich bin der Ansicht, dass sie es sind. Aber eines sollte klar sein: wir müssen unsere Energieproduktion reformieren und stattdessen auf erneuerbare Energien vertrauen, und wir müssen es jetzt tun.

 
  
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  Giles Chichester, im Namen der ECR-Fraktion. Frau Präsidentin, lassen Sie mich meine Bewunderung für die stoische japanische Beharrlichkeit angesichts dieser mächtigen Naturgewalten zum Ausdruck bringen. Wir müssen uns die außergewöhnliche Stärke des Erdbebens und des Tsunamis vergegenwärtigen.

Ich begrüße die vorsorglichen Stresstests für europäische Kernkraftwerke, möchte aber auch darauf hinweisen, dass die Atomindustrie die bereits am stärksten regulierte und sicherheitsbewusste weltweit ist, und ich führe die Versicherung von WDERA, dem Verband der westeuropäischen Aufsichtsbehörden im Nuklearbereich, zu Beginn des Jahres an, neue Reaktoren sogar noch sicherer als die existierenden zu machen. Es ist begrüßenswert, die Sicherheitsstandards der Kohle-, Öl- und Wasserkraftindustrie mit denen der Atomindustrie im Hinblick auf Unfälle unter Verlust von Menschenleben zu vergleichen.

Frau Präsidentin, ich sehe in dieser furchtbaren Wolke für Japan einen Silberstreifen – nämlich dass die Wiederaufbau- und Instandsetzungsarbeiten in diesem Land dank der tiefen Taschen der Versicherungsindustrie dessen Wirtschaft einen großen Schritt voranbringen sollten, und dass wird gut für die restliche Welt sein.

Ich danke der Ministerin und dem Herrn Kommissar für ihre umsichtigen Anmerkungen und möchte zu den Mitgliedstaaten und allen anderen sagen: werden Sie bezüglich der Kernkraft jetzt nicht schwankend, wir brauchen sie zu sehr.

 
  
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  Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich müssen wir Japan in dieser Situation beistehen, so gut wir das können und mit allen Mitteln, die wir zur Verfügung haben. Ein Land, das von einer solchen Heimsuchung getroffen wird wie Japan, braucht alle Unterstützung. Ich finde es aber schon bemerkenswert, wie leichtfertig wir die Helden in Japan loben. Ich glaube, wir machen uns gar nicht klar, dass diejenigen, die wir „Helden“ nennen, besser als irgendjemand sonst wissen, dass sie gerade Leib und Leben aufs Spiel setzen und viele derjenigen, die jetzt gegen das nukleare Feuer in Fukushima kämpfen, Todgeweihte sind. Kein Volk auf der ganzen Welt weiß so gut, was ein nukleares Desaster anrichtet, wie die Japaner. Sie sind in ihrer Geschichte durch Hiroshima und Nagasaki geprägt. Jedes Kind in Japan weiß, wie die Folgen einer Kernschmelze aussehen. Das sollten wir uns bewusst machen, wenn wir jetzt über Japan reden. Der ganze Schrecken, der nicht nur in dieser Situation liegt, sondern der noch kommt, ist den Japanern bewusster als irgendjemandem sonst. Vielleicht können noch die Ukrainer, die seit 25 Jahren ja auch einen Teil ihres Landes als verwüstetes Land kennen, wirklich mitreden.

Es geht für mich in der europäischen Diskussion heute darum, anders als vor 25 Jahren über Konsequenzen zu reden, die wir politisch treffen müssen, wenn wir feststellen, dass wir es in unseren Ländern mit einer Technologie zu tun haben, die im Zweifelsfall außer Kontrolle gerät und nicht nur in bestimmten Regionen die Vergangenheit vernichtet, die Gegenwart zerstört, sondern nach der Zukunft greift, nach der Zukunft von allen, die in der Nähe und in der weiteren Umgebung dieser Anlagen leben. Ich glaube, dass wir das noch nicht tun, wenn wir über Stresstests reden, Herr Oettinger. Wir müssen viel ehrlicher darüber reden, dass wir auch in der Europäischen Union sehr oft schon in Anlagen, die wir betreiben, mit Situationen kurz vor einer Kernschmelze konfrontiert waren. Ich will sie ganz kurz nennen: Tihange in Belgien, Civaux in Frankreich, Philippsburg in Deutschland, Kosloduj in Bulgarien, Paks in Ungarn, Brunsbüttel mit einer Wasserstoffexplosion in Deutschland, Forsmark in Schweden, Barsebäck in Schweden, Blayais in Frankreich, Krümmel in Deutschland – dort sind die eklatantesten Störfälle aus unterschiedlichen Gründen passiert, bei denen wir seit Tschernobyl in der Nähe einer Kernschmelzsituation waren.

Wie sollen wir damit umgehen, dass sich in jeder Anlage, die wir betreiben, ein Kernschmelzunfall ereignen kann? Stresstests? Ich bin der Meinung, dass sie nur dann relevant sind, wenn sie dazu führen, dass wir einen Plan entwerfen, mit welchen Anlagen und welchen dort definierten Risiken wir aus dieser Hochrisikotechnologie aussteigen. Wenn diese Stresstests dazu dienen, zu beschwichtigen und erneut zu suggerieren, dass wir in Europa niemals in solche Situationen geraten können, wie wir es heute in Japan erleben, dann halte ich diese Stresstests für falsch. Im Übrigen werden wir sehr gerne darüber mitreden, wer die Stresstests definiert – das können nicht die Betreiber von Atomanlagen sein – und auch wer sie durchführt und bewertet. Die bisherigen Stellen haben viel zu oft die Augen vor Schwierigkeiten in europäischen Anlagen verschlossen und viel zu oft – z. B. Euratom im Falle von Belene oder Mochovce – Anlagen genehmigt, notifiziert, die längst nicht genehmigungsfähig waren.

 
  
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  Bairbre de Brún, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(GA) Frau Präsidentin, ich möchte wie andere Redner den in Japan von der Tragödie betroffenen Menschen mein Beileid aussprechen, eine Tragödie, die immer noch anhält. Es muss alles getan werden, um der japanischen Bevölkerung zu helfen.

Bezüglich der Lektionen, die wir in Europa lernen müssen, steht die Frage der nuklearen Sicherheit jetzt ganz oben auf der Tagesordnung. Insbesondere im Zusammenhang mit den „Stresstests“, die in Europa für die Kernkraftwerke durchzuführen sind. Was in Japan geschah, hat schwerwiegende Konsequenzen für die zukünftige EU-Energiepolitik.

Die humanitäre Katastrophe zeigt, wie wichtig es ist, ein atomenergiefreies Europa anzustreben. Wir brauchen ein Moratorium zur Kernenergie, und es sind massive Investitionen in nachhaltige und erneuerbare Energien vonnöten. Auch muss es eine Überprüfung des Regulierungssystems für nukleare Sicherheit geben.

 
  
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  Fiorello Provera, im Namen der EFD-Fraktion, (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch ich möchte mein Mitgefühl und meine Bewunderung für die Würde, Tapferkeit und den Zusammenhalt ausdrücken, die die japanische Bevölkerung angesichts einer Form von Katastrophe zeigte, die die Welt im Hinblick auf Umfang und Schwere selten gesehen hat. Das Verhalten der japanischen Bevölkerung ist wirklich eine Inspiration für uns alle, und sie verdient unsere Hilfe.

Die aus dieser Erfahrung zu lernende Lektion ist die Notwendigkeit, den europäischen Katastrophenschutzmechanismus mittels enger koordinierter Maßnahmen zu stärken sowie die breitere Verfügbarkeit von Human- und Finanzressourcen, sodass wir im Katastrophenfall schnell handeln können.

Im Hinblick auf die nukleare Option wäre es ein Fehler, dieses Thema vor dem emotionalen Hintergrund der aktuellen Ereignisse zu diskutieren: die Frage ist zu wichtig und muss unter Zugrundelegung einer wissenschaftlichen Herangehensweise behandelt werden. Es ist völlig richtig, die Sicherheitsmaßnahmen für die bestehenden und die Kraftwerke der nächsten Generation zu verstärken sowie die älteren und unsichereren abzubauen. Allerdings müssen wir, wie Herr Brok sagte, eine politische Instrumentalisierung vermeiden und vorsichtig sowie pragmatisch sein. Wir sollten uns vergegenwärtigen, dass im gleichen Gebiet von Fukushima während des Erdbebens ein Damm brach – mit vielen Todesfällen. Aber dies verleitet uns nicht zu Überlegungen eines Abbaus oder Neubaus von Dämmen, daher fordere ich zu Vorsicht, Aufmerksamkeit und Aufgeschlossenheit gegenüber der Zukunft auf.-

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI).(FR) Frau Präsidentin, die furchtbare Katastrophe, von der die Region Tōhoku im Nordosten Japans ereilt wurde, hat natürlich Mitgefühl und Anteilnahme aufseiten aller Europäerinnen und Europäer geweckt. Über diese Gefühle hinaus müssen wir natürlich an den Rettungsbemühungen teilnehmen, denn die Lage in Japan hat sich meiner Ansicht nach bei Weitem nicht stabilisiert. Japan ist ein bemerkenswertes, ein außerordentlich würdevolles, starkes und mutiges Land, welches sich seiner Pflichten bewusst ist, aber wo die Bürokratie wie auch andernorts Auswirkungen hat, die Initiativen lahmlegen können.

Eine der aus dieser Katastrophe zu lernenden Lektionen ist, dass die effektivste Nothilfe schließlich die über das Meer eintreffende ist. Dies erfordert natürlich, dass es dort genügend nahegelegene Einrichtungen gibt.

Die Lage hat sich noch nicht stabilisiert und viele obdachlose Menschen leiden immer noch unter der Kälte und dem Hunger. Unseres Erachtens sind die Lektionen aus dieser Tragödie folgende: das erste ist, dass immer das Schlimmste passiert, irgendwann passiert es einfach. Die Titanic wurde als ein unsinkbares Schiff gebaut. „Gott selbst könnte dieses Schiff nicht versenken“, wurde damals über sie gesagt. Doch trotz der wasserdichten Senkkästen sank sie auf ihrer Jungfernfahrt, denn die Ingenieure glaubten nicht, dass es ein Leck von dieser Größe geben könnte.

Nun, es geschieht immer das Schlimmste, wobei das Erdbeben und der Tsunami natürlich das schlimmste Szenario bildeten. Jedoch wird es weitere Erdbeben geben, es wird das große Kanto-Erdbeben geben, das wir in jedem Augenblick erwarten. Es könnte eines in Kalifornien, in Italien oder in der Karibik geben. Wie gesagt wurde, müssen wir daher durch eine Verstärkung unseres Katastrophenschutzes darauf vorbereitet sein.

Die zweite und letzte Lektion ist, dass wir dennoch keiner Panik nachgeben dürfen. Uns kann nicht zeitgleich gesagt werden, dass wir die Kernenergie wegen der Gefährlichkeit des radioaktiven Fallouts aufgeben müssten, während uns auch gesagt wird, dass man die Verwendung fossiler Brennstoffe aufgrund des CO2-Ausstoßes in die Atmosphäre einstellen sollte. Es muss eine Wahl getroffen werden.

 
  
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  Sandra Kalniete (PPE).(LV) Frau Präsidentin, das durch die japanische Bevölkerung erfahrene Unglück ist immens. Ich möchte zu Protokoll geben, dass ich den Familien jener, die gelitten haben, und jener, die gestorben sind sowie deren Angehörigen mein tiefes Mitgefühl ausdrücke. Die Noblesse und Gelassenheit, die durch die japanische Bevölkerung in dieser Zeit der Prüfung an den Tag gelegt wurde, verdient den höchsten Respekt und ist ein Beispiel für die ganze Welt. Japan steht einer intensiven Aufgabe der Wiederherstellung seiner verwüsteten Gebiete gegenüber, welche erhebliche Ressourcen unter Einschluss von Auslandsinvestitionen erfordern wird. Daher fordere ich den für den 25. Mai geplanten EU-Japan-Gipfel dazu auf, die Entscheidung zu fällen, mit den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Japan zu beginnen. Dieses Abkommen würde für beide Parteien von Vorteil sein; es würde gleiche Marktzugangsbedingungen für beide Parteien, sowohl beim Waren- und Dienstleistungsverkehr als auch in Bezug auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, garantieren müssen. Ein Freihandelsabkommen könnte eines der Instrumente für die dritte Öffnung Japans werden, wie es Japans Premierminister Herr Kan bildhaft bezeichnete. Der durch den Tsunami im Kernkraftwerk Fukushima verursachte Unfall ist ein Grund für einen weltweit ernsthaften Alarm. Wir müssen uns mit Respekt und Dankbarkeit vor den Helden verneigen, die unter Einsatz ihres Lebens arbeiten, um die Lage im Kernreaktor zu stabilisieren. Die Erfahrungen, die derzeit von den japanischen Ingenieuren und Kernkraftexperten bei der Unfallverhütung gewonnen werden, sind einzigartig. Es ist wichtig, dass die Welt aus diesen Erfahrungen lernt. Die Erfahrungen von Fukushima müssen im Dienste der Menschheit stehen, indem sie zur Grundlage für die Überprüfung von Kernkraftwerken und die Entwicklung verbesserter Sicherheitskriterien werden. Abschließend möchte ich erneut bekräftigen, dass die Europäische Union alles Erdenkliche für die Unterstützung Japans, einen unserer engsten Partner, tun muss. Vielen Dank.

 
  
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  Nessa Childers (S&D). - Frau Präsidentin, zwei Themen sind nach den tragischen Ereignissen aufgekommen, von welchen Japan vor 12 Tagen ereilt wurde. Das erste war die japanische Reaktion, welche hinsichtlich struktureller Vorbereitungen in den Städten, das schnelle Handeln der Notfalleinheiten und das begeisternde Durchhaltevermögen der japanischen Bevölkerung beispiellos gewesen ist und als ein Modell für weitere erdbebengefährdete Länder dienen sollte. Jedoch ist das zweite Thema, dass des nuklearen Fallouts in Fukushima, schwieriger.

Während Japan zweifellos rasch aus diesen Ereignissen lernen wird, muss auch Europa diese Lektionen annehmen und unsere Reaktion könnte sich auf zwei Bereiche aufteilen. Der erste ist zweifellos die Gewährleistung der Sicherheit der in der EU betriebenen Kernkraftwerke. Ich begrüße Testpläne und möchte betonen, dass diese mit den gemeinsamen Bestimmungen zwischen den Mitgliedstaaten zur Sicherheit von Kernkraftwerken und Lagerung hochgiftigen Atommülls rückschließen müssen. Dies ist in meinem Wahlkreis in Ostirland besonders relevant. Die größte Ansammlung derartiger Materialien befindet sich im Kernkraftwerk Sellafield in England nur 280 Kilometer von der Grafschaft Louth entfernt.

Unsere zweite Antwort sollte die Zukunft der Kernkraft insgesamt betreffen. In dieser Hinsicht ist der vollständigen Einstellung des Baus von neuen Kernkraftwerken zuzustimmen. Um die fortgesetzte Bereitstellung von genügend Energie für die EU sicherzustellen, müssen auch Investitionen in die Energiegewinnung aus erneuerbaren Energiequellen und eine Erhöhung der Energieeffizienz genehmigt werden.

 
  
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  Johannes Cornelis van Baalen (ALDE). - Frau Präsidentin, ich pflichte den Worten meiner Kollegin und meines Kollegen – von Herrn Gollnisch und Frau Kalniete – in der Delegation für die Beziehungen zu Japan, Worten des Respekts und Mitgefühls für die Japanerinnen und Japaner, bei. Jedoch müssen wir auch lernen, und das bedeutet, dass diese potentielle Nuklearkatastrophe eine internationale Dimension haben sollte. Es muss absolute Transparenz geben. Wir müssen herausfinden, warum die Warnung der Internationalen Atomenergie-Organisation nicht befolgt wurde; es hat keine Debatte über diese Warnung gegeben. Wir sollten herausfinden, was geschehen ist.

Ich bin mit allen anderen einverstanden, die sagen, dass wir unsere Bemühungen beim Wiederaufbau bündeln sollten. Daher ist ein Freihandelsabkommen von besonderem Wert, und wir sollten dieses Abkommen schnellstmöglich abschließen.

 
  
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  Mirosław Piotrowski (ECR).(PL) Frau Präsidentin, als ein Mitglied der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu Japan möchte ich zunächst meinem Mitgefühl und meiner Solidarität mit dem japanischen Volk angesichts dieser gewaltigen Katastrophe Ausdruck verleihen. Sie hat fast 10 000 Menschenleben gefordert, über 16 000 Menschen gelten als vermisst, und diese Zahlen unterliegen ständigen Änderungen. Das Erdbeben und der Tsunami haben unvorstellbare Zerstörungen angerichtet. Die Verluste werden bereits auf 300 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Obgleich Japan von der Europäischen Union keinerlei Hilfe angefordert hat, können wir angesichts der Größenordnung dieser Tragödie nicht passiv bleiben. Die größte Sorge wird durch den Schaden am Kernkraftwerk Fukushima erweckt. Nach Ansicht einiger Experten ist die Lage ernst und kann zu einer Wiederholung der Geschehnisse nach Tschernobyl führen. Der Erklärung des ungarischen Ratsvorsitzes und Frau Ashtons im Hinblick auf humanitäre Hilfe und Expertenunterstützung sollte man in enger Zusammenarbeit mit der japanischen Regierung schnellstmöglich nachkommen.

 
  
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  Claude Turmes (Verts/ALE). - Frau Präsidentin! Die japanische Firma Toshiba und andere, die Atomkraftwerke gebaut haben, haben noch vor 14 Tagen in ihren Broschüren geschrieben, sie hätten die sichersten Atomkraftwerke der Welt – so weit zu der Behauptung, wir hätten dann mit Sicherheit die sichersten in Europa.

Ich denke, dass dieser sehr, sehr schwere und traurige Unfall in Japan auch klarmachen müsste, dass es absurd ist, im Kampf gegen Klimawandel ein Atomkraftwerk auf dieselbe Ebene zu setzen wie eine Windkraftanlage oder Energieeffizienz oder ein Solarkraftwerk. Und diese low carbon technology-Idee ist einfach falsch! Man muss das Gesamtrisiko von allen Technologien sehen. Und jetzt die erste konkrete Frage an Sie, Herr Oettinger: Ist es denn jetzt nicht an der Zeit, dass Sie in der „Energy Road Map 2050“ zumindest ein Szenario auf den Tisch legen, das einfach aufzeigt, was wir mit 100 % erneuerbaren Energien, gepaart mit Effizienz, machen können? Das ist doch das Mindeste, was man den Bürgern in Europa jetzt vorlegen muss.

Zu den Stresstests: Wir sind dafür, aber sie müssen obligatorisch sein und europäisch. Der erste Stresstest der Banken, der wurde zu sehr von den nationalen Behörden manipuliert in der Hinsicht, dass ein paar Banken ausgenommen wurden, und dann haben wir erst im zweiten Anlauf einen richtigen Stresstest gehabt. Das Zweite ist „unabhängige Expertise“. Wenn ich jetzt Frau Lauvergeon von Areva und Herrn Teyssen von E.ON, die Euratom-Beamten der Kommission, die Wiener Atomleute und gar die nationalen Atomaufsichtsbehörden hernehme – die sind doch alle befangen! Auch die nationalen Behörden werden doch nicht zugeben, dass die Sicherheitsprüfungen von vor sechs Monaten jetzt nicht mehr richtig sind. Das heißt, wir brauchen unabhängige Expertise, sonst laufen Sie Gefahr, dass Sie es nur mit befangenen Experten zu tun haben.

Vielleicht ein letztes Wort: Ich wäre vorsichtig, Herr Oettinger, Herrn Sarkozy als große Hoffnung im Kampf für die Atomsicherheit weltweit einzuschätzen. Da wäre ich ein bisschen vorsichtiger als Sie.

 
  
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  Sabine Wils (GUE/NGL). - Frau Präsidentin! In Japan droht nach wie vor der Supergau. Die Strahlung am AKW in Fukushima steigt stark an. Die Unbeherrschbarkeit der Atomkraft wird erneut auf entsetzliche Weise deutlich. Deshalb fordern wir den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie. Die Atomenergie dient den Profiten der Stromkonzerne, im Falle eines Unfalls tragen jedoch die Bürgerinnen und Bürger das Risiko. Deshalb muss die EU umgehend eine Haftpflichtversicherung für den Betrieb von Atomkraftwerken vorschreiben. Es muss eine ausreichende Deckung für alle Gesundheits-, Sach- und Vermögensschäden in allen Mitgliedstaaten gegeben sein. Die Europäische Union soll endlich aus der Förderung der Atomkraft aussteigen und den Euratom-Vertrag beenden. Noch immer fließen Milliarden an Steuergeldern in eine gefährliche Hochrisikotechnologie, während sichere Alternativen wie die erneuerbaren Energien unterfinanziert bleiben.

 
  
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  Mario Mauro (PPE). - (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, meiner Ansicht nach wäre es ein schwerwiegender Fehler, diese Aussprache in eine Art Prozess gegen die Risiken der Moderne zu verwandeln. Wir müssen einräumen, dass uns Wissenschaft und Technologie ein längeres Leben erlauben, ein Leben unter besseren Bedingungen und eines mit zuversichtlicheren Perspektiven. Unsererseits sind verbesserte Bedingungen der Ernährungssicherheit anzuerkennen, dass die Verhältnisse unserer Sozialsysteme optimiert und die Gegebenheiten in unserer zukunftsgerichteten Welt vervollkommnet wurden – genau weil man Wissenschaft und Technologie nutzen und ausschöpfen konnte.

Natürlich ist dieser Standpunkt nicht frei von Risiken, aber diesen Risiken können überwunden werden, wenn wir zu einer Bündelung unserer Kräfte imstande sind – um die Probleme anzugehen, mit denen unsere internationale Gemeinschaft Tag für Tag konfrontiert wird. Insbesondere Herr Brok hatte Recht, als er sagte, es gäbe etwas Geheimnisvolles in unseren Beziehungen zu den Dingen, welches uns erkennen lässt, dass wir nicht alles in der Hand hatten. Wie fortgeschritten wir auch sein mögen, wir haben nicht auf alle Probleme eine Antwort, die den Menschen durch die Natur auferlegt werden, und genau daran werden wir durch die Größenordnung dieses Erdbebens erinnert. Es ist sehr wahrscheinlich, dass unlängst oder vor hundert Jahren eine minderwertige Technologie und Wissenschaft zum Beispiel in Messina zu einem Ereignis geführt haben, dass über 100 000 Todesfälle verursachte, trotz eines Erdbebens von viel geringerer Stärke.

Dies sollte uns deutlich die Richtung vorgeben, die wir in der Zukunft einschlagen: Wissenschaft und Technologie sind Werkzeuge, und es braucht gute Politik für ihren optimalen Einsatz. Daher sind gute Strategien dafür erforderlich, was wir zusammen als Institutionen unternehmen, um festzulegen, ob wir derzeit Lösungen haben – Lösungen, um über das heutige Atomzeitalter hinaus in die Zukunft zu gehen, oder ob wir diese Instrumente weiterhin auf lange Sicht berücksichtigen müssen, um die Weiterentwicklung zu ermöglichen, die wir alle brauchen.

Heute sind wir jedoch aufgerufen, etwas ganz anderes zu tun – im Grunde Maßnahmen zu ergreifen, um einem Volk in Schmerz und Not zu helfen. Darüber höre ich nicht sehr viel in diesem Parlament, weil wir alle über eine politische Diskussion besorgt sind. Durch diese wird versucht, künftige Bedenken einzubinden, die nicht wirklich etwas mit dem zu tun haben, was auf der Tagesordnung steht.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (S&D).(RO) Frau Präsidentin, die sich derzeit in Japan abspielende Krise gibt hinsichtlich der weltweiten Sicherheit von Kernkraftwerken Anlass zur Besorgnis. Es ist unsere Pflicht, uns selbst die Frage zu stellen, wie belastbar und sicher die auf unserem Territorium gebauten Kernkraftwerke sind.

Ich stamme aus Rumänien, und die Bürgerinnen und Bürger meines Landes sind über die Sicherheit des Kernkraftwerks Cernavodă zu Recht besorgt, insbesondere nachdem in der Presse unlängst viele Fragen hierzu gestellt worden sind.

Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Allgemeinheit nicht nur in Rumänien, sondern auch in einer Reihe von Mitgliedstaaten fragt, ob sie im Falle von Naturkatastrophen angemessen geschützt wäre – von Naturkatastrophen, die die Kernkraftwerke betreffen könnten.

Vergangene Woche entschied Deutschland, eine gründliche Überprüfung seiner Systeme der Kernenergieproduktion durchzuführen. Angesichts der Ereignisse in Japan ist es dringend notwendig, eine umgehende Überprüfung der Lage in Bezug auf die nukleare Sicherheit in der ganzen Europäischen Union durchzuführen. Es sollte eine strenge und umfassende Kontrolle über diese Kraftwerke durch alle Mitgliedstaaten ausgeübt werden.

Die Europäische Kommission hat nicht nur die ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie über nukleare Sicherheit zu gewährleisten, sondern auch gemeinsam mit den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten den Zustand dieser Kraftwerke genau zu überwachen.

Die tragische Situation in Japan zeigt uns erneut auf, dass wir alles für die Schaffung schneller Krisenreaktionsmechanismen zur Bewältigung von Katastrophen tun müssen.

 
  
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  Charles Goerens (ALDE). - (FR) Frau Präsidentin, einige Worte zu Japan. Zunächst muss alles getan werden, um das Leiden der japanischen Bevölkerung zu lindern, die all unser Mitgefühl und unsere Solidarität verdient.

Zweitens kommt auf die beiden Naturkatastrophen – das Erdbeben und den Tsunami – eine dritte hinzu, und zwar eine nukleare und demnach von Menschen verursachte Katastrophe. Alles, was zu dieser Sache gesagt worden ist, kann in einem Wort zusammengefasst werden: Hiatus. Ja, wir sind mit einem Paradigmenwechsel konfrontiert, welcher auf zwei Fragen hinausläuft: was muss verändert werden, und was können wir zweitens durch einen Wandel Im Hinblick auf die Energieproduktion einleiten?

Wir können sicher sein, dass wir im Falle eines Ausgehens von fossilen Brennstoffen und Kernenergie gleichsam sehr schnell in der Lage wären, ein genaueres Bild hinsichtlich des Entwicklungspotentials erneuerbarer Energiequellen zu bekommen. Wir erwarten, dass die Europäische Union ihre Strategie in dieser Frage neu definiert. Hierzu braucht es eine Vision, Willenskraft und einen genauen Fahrplan.

 
  
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  Bas Eickhout (Verts/ALE). - (NL) Frau Präsidentin, zunächst einmal möchte ich Herrn Oettinger zu einem guten Start gratulieren. Sie haben vergangene Woche wirklich einen erfolgreichen Start hingelegt, aber seitdem ist es scheinbar wieder bergab mit Ihnen gegangen. Allerdings müssen Sie dies jetzt wirklich angehen und Ihre Haltung klarstellen, denn Sie sagten vergangene Woche, dass wir eine Aussprache über Europa und über eine Zukunft ohne Kernenergie für Europa abhalten sollten. Seitdem haben Sie das nicht wiederholt, obwohl das jetzt der Gegenstand unserer Debatte sein sollte. Immer wieder wurde durch viele wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass Sie Ihre Umweltziele ohne den Einsatz von Kernenergie erreichen können. Es ist möglich, Europa vollständig mit nachhaltiger Energie zu betreiben. Das sollte heute das Thema unserer Debatte sein.

Für oder gegen Kernenergie zu sein ist eine Sache der politischen Wahl. Wir sollten uns nicht dafür rechtfertigen müssen, warum wir gegen Kernenergie sind. Diejenigen, die für Kernenergie sind, sollten sich eine Rechtfertigung einfallen lassen. Deshalb die Bedeutung des Stresstests.

Ich habe zwei Fragen an Sie, Herr Oettinger, zwei wichtige Fragen. Erstens: Wie sollen wir die Kriterien festlegen? Wie sollen wir sicherstellen, dass diese unabhängig sind? Zweitens, was wird passieren, wenn ein Kernkraftwerk den Stresstest nicht besteht? Was werden dann die Konsequenzen sein?

 
  
  

VORSITZ: Libor ROUČEK.
Vizepräsident

 
  
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  Lena Kolarska-Bobińska (PPE).(PL) Herr Präsident, Herr Kommissar, die Ereignisse in Japan haben uns alle sehr tief getroffen. Die Menschen, die – unter Einsatz ihres Lebens – die Auswirkungen von drei zeitgleichen Ereignissen – das Erdbeben, der Tsunami und der Zwischenfall im Kernkraftwerk – bewältigen, verdienen unsere Anerkennung. Diese Tragödie hat großes Mitgefühl hervorgerufen und dabei auch die derzeit in Europa stattfindende Diskussion über die Zukunft der Kernenergie und die Energiestrategie Europas eröffnet. Wir haben vor Kurzem eine Energiestrategie für Europa bis 2020 angenommen. Gegenwärtig wird sie in gewisser Weise untergraben, wenngleich wir in der Strategie die Kernenergie akzeptieren. Wir sagen dort, dass sie einfach mit strengen Sicherheitsbedingungen einhergehen muss. Sie ist jedoch ein akzeptabler Teil des Energiemixes einer Reihe von Ländern.

Meines Erachtens sollte diese Diskussion auch die europäische Zusammenarbeit im Bereich der Energie fördern – und genau das haben wir in unserem Bericht gefordert. Heute müssen wir nicht nur die Sicherheitsbedingungen verbessern, wir müssen auch die Europäische Atomgemeinschaft stärken und uns hin zu einer europäischen Energiegemeinschaft bewegen. Die Europäische Kommission muss nachdrücklich eine bessere Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und die Europäisierung der Atompolitik fordern. Stresstests sollten nicht freiwillig sein – denn einige Länder werden sie nach Gutdünken anwenden, während dies in anderen Ländern nicht geschieht. Dies muss bei der Entwicklung einer gemeinsamen Kernenergiepolitik berücksichtigt werden.

Wir sollten auch neue Technologien unterstützen. Die gesamte Energiestrategie Europas basiert auf Dezentralisierung und Diversifizierung. Deshalb sollten wir darüber nachdenken, kleine und mittelgroße Kernreaktoren zu fördern. Sie kosten weniger, sind als Module gebaut und können somit im Hinblick auf die Sicherheit leichter geprüft werden. Vielleicht findet diese Form in der öffentlichen Meinung mehr Akzeptanz, weil wir nicht dazu in der Lage sein werden, diese Art von Energie vollständig zu beseitigen.

 
  
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  Zigmantas Balčytis (S&D). - (LT) Herr Präsident, Japan hat die unvorstellbaren Auswirkungen einer Naturkatastrophe und eines nuklearen Unfalls erlebt. Das litauische Volk ist dabei, aktiv Mittel aufzubringen und auf jede mögliche Weise zu versuchen, den Opfern des Landes zu helfen. Wir erinnern uns und werden uns immer an die schmerzlichen Folgen der nuklearen Katastrophe von Tschernobyl erinnern, unter denen die Menschen dieser Region noch immer leiden, selbst nach drei Jahrzehnten. Die Katastrophe in Japan zwingt uns dazu, die Frage der nuklearen Sicherheit grundlegend zu überdenken. Wir können Naturereignisse nicht steuern, also sollten wir zumindest sicherstellen, dass Naturkatastrophen keine weiteren und besonders schmerzhaften nuklearen Katastrophen verursachen. Ich stimme der Überprüfung der vorhandenen Infrastruktur und der Schaffung neuer Möglichkeiten zu, aber wir müssen die Ereignisse im japanischen Kernkraftwerk gründlich analysieren, insbesondere angesichts des Präzedenzfalls von Tschernobyl. Wir müssen zu Schlussfolgerungen gelangen und Maßnahmen ergreifen, mit denen wir die nukleare Sicherheit in ganz Europa erheblich stärken können.

 
  
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  Chris Davies (ALDE). - Herr Präsident, meine Sorge über die Atomindustrie wurde von meiner Sorge über den Klimawandel überschattet, und nun glaube ich, dass die Kernenergie eine Rolle dabei spielen wird, uns bei der Bekämpfung der globalen Erwärmung zu helfen. Dies traf vor den Ereignissen in Japan zu und trifft auch jetzt noch zu. Natürlich gibt es einige Lektionen zu lernen. Es gibt Probleme im Hinblick auf den Bau, unangemessene Regulierung, zu wenig Unabhängigkeit und natürlich gilt der Grundsatz: keine Kernreaktoren in Erdbebengebieten bauen.

Allerdings leben wir in einer gefährlichen Welt; unsere Städte haben Chemiefabriken, wo man nur hinschaut, und alle stellen enorme potenzielle Risiken dar. Aber wir bewältigen diese Risiken, wir leben mit ihnen. Über die Jahrzehnte haben wir schreckliche Zugunfälle erlebt; aber deshalb schließen wir nicht gleich die Bahnstrecken. Wir lernen daraus; wir wenden das Gelernte an, und wir verbessern die Sicherheit. Und genau das müssen wir mit der Atomindustrie tun.

 
  
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  Romana Jordan Cizelj (PPE). - (SL) Herr Präsident, wenn wir es mit unseren Klimazielen ernst meinen, dann bleibt die Kernenergie Teil unseres Energiemixes. Genau aus diesem Grund dürfen unsere Diskussionen nicht ideologisch sein. An erster Stelle brauchen wir Antworten auf zahlreiche Fragen wie: Was war der Hauptgrund für den Unfall und wie hätte er verhindert werden können? Sind die Systeme der Verantwortung, Umsetzung und Überwachung zusammengebrochen? War die Sicherheitskultur in einem der Kernkraftwerke schwach? Welche Optionen haben wir für die sichere Lagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen? War die Regulierungsbehörde zu schwach, um rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen? Und so fort. Wir brauchen Antworten auf diese Fragen, und danach werden wir dazu in der Lage sein, verantwortungsvolle politische Maßnahmen zu ergreifen.

Was heißt das eigentlich, verantwortliche politische Maßnahmen ergreifen? Wir müssen ein soziales Abkommen über akzeptable Technologien erzielen, insbesondere im Hinblick auf die Rolle von Kernkraftwerken. Wir müssen gewährleisten, dass der Grundsatz „Sicherheit steht an erster Stelle“ umgesetzt wird. Wir müssen einen Rechtsrahmen formulieren, der angemessene finanzielle Mittel und Humanressourcen für den sicheren Betrieb komplexer Technologien bereitstellt. Wir müssen die Entwicklung eines kompetenten und unabhängigen Berufsstandes im Bereich der Kernenergie, kontinuierliche Schulungen in diesem Bereich und den Wissenstransfer von älteren auf jüngere Generationen ermöglichen. Wir müssen die Zuständigkeit und Unabhängigkeit von Regulierungsstellen beurteilen, die eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheitskultur spielen, und wir müssen die sichere Entsorgung von hochradioaktivem Abfall und abgebrannten Kernbrennstoffen gewährleisten.

Abschließend möchte ich die gemeinsamen Sicherheitskriterien erwähnen. Heute sind wir uns alle darüber einig, dass wir sie wirklich brauchen, aber erinnern Sie sich an das Jahr 2009, als wir die Richtlinie über nukleare Sicherheit diskutiert haben. Selbst damals hat das Europäische Parlament die gemeinsamen europäischen Kriterien unterstützt, die der Rat leider nicht unterstützt hat. Damals hat das Europäische Parlament bewiesen, dass es die richtigen Maßnahmen ergriffen hat. Aus diesem Grund ist es meines Erachtens höchste Zeit, dass dem Europäischen Parlament im Bereich der Kernenergie mehr Befugnisse verliehen werden und dass wir zu einem interinstitutionellen Abkommen gelangen sollten, sodass wir Mitentscheidungsbefugnisse besitzen.

 
  
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  Ildikó Gáll-Pelcz (PPE).(HU) Herr Präsident, ich möchte dem japanischen Volk und der japanischen Nation mein tiefes Mitgefühl und meinen Respekt und den japanischen Helden, die derzeit im Kernkraftwerk arbeiten, meine größte Bewunderung und Anerkennung aussprechen. Eine Tragödie hat sich abgespielt, die in der Geschichte Japans und der Welt für immer in Erinnerung bleiben wird. Das von Katastrophen heimgesuchte Land hat die Europäische Union bei der vorläufigen Koordination der von den Mitgliedstaaten angebotenen Hilfe um Unterstützung gebeten.

Die schnelle Reaktion der Kommission war erfreulich, genauso wie die Bestätigung seitens des Herrn Kommissars, dass Japan und der nahezu einer halben Million Menschen, die nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami in Übergangsunterkünften leben, jede Hilfe zur Verfügung gestellt wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass darüber hinaus alles getan werden muss, um die Folgen der Katastrophe abzuwenden und die Lebensbedingungen wiederherzustellen. Gleichzeitig möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass die Gegenüberstellung dieser Art von Tragödie und ähnlicher Tragödien mit der Nutzung von Kernkraftwerken nicht angemessen ist. Dennoch müssen Kernkraftwerke natürlich mit dem größtmöglichen Sicherheitssystem ausgestattet sein und müssen dann in Übereinstimmung mit strengsten Vorschriften kontinuierlich überprüft werden.

Der Vorschlag der Kommission, eine breite europäische Konsultation zu organisieren, ist zu begrüßen. Ich unterstütze auch, da ich dies für notwendig halte, die Erarbeitung von Leitlinien seitens der Kommission, welche die Grundlagen für ein gut funktionierendes, auf europäischer Ebene koordiniertes Sicherheitssystem legen und die kontinuierliche sichere Erzeugung von Kernenergie in Zukunft garantieren. Das Verhalten des japanischen Volkes ist beispielhaft und setzt einen Präzedenzfall für uns. Ich bin der festen Überzeugung, dass sie jede Unterstützung verdienen. Vielen Dank, Herr Präsident!

 
  
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  Edit Herczog (S&D).(HU) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, heute sind wir uns alle ein bisschen Japaner. Selbst inmitten der Naturkatastrophe müssen wir zugeben, dass die nukleare Sicherheit ein menschliches Gesicht hat. Planung, Bau, Betrieb, Abbau und, wie nun im Kernkraftwerk von Fukushima, Bewältigung von Unfällen sind eine Kraftprobe des menschlichen Wissens und Engagements. Der europäische Stresstest ist ein wichtiger Schritt für uns, das bislang Unvorstellbare für die Zukunft zu planen. Herr Kommissar, wir können den Arbeitern von Fukushima am besten unsere Anerkennung zollen, wenn europäische Experten in europäische fachliche und politische Entscheidungen einbezogen werden. Diese Kraftwerksarbeiter, deren Einsatz und Wissen unverzichtbar sind, sollten in die Entscheidung einbezogen werden.

Es ist sehr wichtig, dass das Wissen über die Kernenergie mittelfristig aufrechterhalten und erweitert wird, weil dies die wirkliche Garantie für Sicherheit ist. Darüber hinaus möchte ich nochmals die Aufmerksamkeit auf das lenken, was Frau Ulvskog gesagt hat. Die Kernforschung und -entwicklung muss Antworten liefern, die besser als die jetzigen sind, und zwar in Bezug darauf, wie wir Atommüll und seine allgegenwärtige 60 Jahre alte Geschichte bewältigen können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Paul Rübig (PPE). - Herr Präsident! Ich möchte mich bei Kommissar Oettinger bedanken, weil er sehr seriös und sehr verantwortungsvoll mit dieser Frage umgeht.

Wir sollten darüber nachdenken, ob die WDERA nicht zum europäischen Regulator der 27 Mitgliedstaaten aufgewertet werden sollte. Wir sollten überlegen, ob wir die IAEO-Standards nicht rechtlich verbindlich festlegen und bei Nichteinhaltung der Standards diesem neuen Regulator auch das Recht geben sollten, eine sofortige Abschaltung zu veranlassen. Außerdem sollten wir uns eine Reform der Euratom-Verträge überlegen, bei der wir die Vorschriften für Sicherheit und Sicherung in den Mittelpunkt stellen, vor allem aber auch die Kostendeckung, die schon heute für Dekommissionierung und Endlagerung stattfinden muss.

Ich glaube, das Thema ist sensibel. Wir müssen jetzt die Gunst der Stunde hier in Europa nutzen, um ein Peer Review durchzuführen und die neuesten Standards aufzusetzen, damit die Gesundheit der Bevölkerung nicht weiter gefährdet ist.

 
  
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  David Martin (S&D). - Herr Präsident, natürlich begrüße ich die prompte Hilfe, die wir den Japanern in ihrer Not gegeben haben, und ich begrüße und teile das mit den Japanern zum Ausdruck gebrachte Mitgefühl. Ich kann jedoch nicht umhin zu denken, dass die Ehrlichkeit unserer Solidaritätsbekundungen durch die Handlungsweise einiger unserer Mitgliedstaaten ein klein wenig getrübt wird.

Aus unseren Tageszeitungen geht hervor, dass die spanische Regierung gefordert hat, Waren aus Japan sorgfältig auf Strahlung prüfen zu lassen; dass die niederländische Regierung Hafenarbeiter ermahnt hat, alle Container aus Japan mit Vorsicht zu behandeln; dass die französische Regierung die Überprüfung aller Einfuhren gefordert hat; und dass die deutschen Behörden Stichproben bei allen aus Japan eingeführten Waren, einschließlich Autos, fordern. Diese Waren haben Japan zwei oder drei Wochen – und in einigen Fällen zwei oder drei Monate – vor dem Erdbeben verlassen.

Angesichts dieser Handlungsweisen kann von Solidaritäts- und Mitgefühlsbekundungen keine Rede sein, und ich möchte den Rat und die Kommission dazu auffordern, zu versuchen, mit den Mitgliedstaaten zu sprechen, damit diese, wenn sie wirklich ihre Solidarität zum Ausdruck bringen möchten, nicht solch haarsträubende Geschichten verbreiten.

 
  
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  Fiona Hall (ALDE). - Herr Präsident, ich bin überrascht, dass der Herr Kommissar so optimistisch darüber zu sein scheint, dass die Lage in Fukushima in wenigen Tagen unter Kontrolle gebracht sein wird, wo doch Nuklearexperten von Wochen und Monaten gesprochen haben; in der Zwischenzeit gibt das Werk noch immer Strahlung ab, die weiterhin in die Lebensmittelversorgung und in die Wasserversorgung sickert.

Ich begrüße die Forderung nach Stresstests, aber diese geben keine Antwort auf größere Fragen. Die Frage lautet: Sind wir gewillt, die steigenden Risiken der Kernkraft in einer Welt zu akzeptieren, in der komplexe Naturkatastrophen und extreme Wetterereignisse immer mehr zunehmen? Die Sicherheit von Kernreaktoren kann im Falle jeder Katastrophe in großem Umfang, bei der es eine Vielzahl von Störungsgraden gibt, bei der es zu Stromausfällen, Ausfällen der Wasserversorgung, Kommunikationsmitteln und des physischen Zugangs kommt, einfach nicht voll garantiert werden. Dies ist die Frage: Wollen wir dieses Risiko wirklich eingehen, wenn wir andere Alternativen haben?

 
  
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  João Ferreira (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident, wir möchten an dieser Stelle unsere volle Solidarität mit dem japanischen Volk zum Ausdruck bringen, und wir möchten auch den Opfern der Katastrophe, die das Land erschüttert hat, unser Beileid bekunden.

Wir wissen, dass diese Katastrophe schwere Unfälle in dem Kernkraftwerk von Fukushima ausgelöst hat, deren Konsequenzen immer noch nicht voll abzusehen sind. Zwar stimmt es, dass die Unfälle in den Reaktoren dieses Werks die Folge einer Kombination hochwahrscheinlicher Faktoren waren; aber diese Faktoren sind tatsächlich zusammengekommen, und genau dies könnte möglicherweise in anderen Kernkraftwerken wieder passieren.

Daher müssen wir aus den Ereignissen in Fukushima wichtige Lehren ziehen. Die Redundanzen im Hinblick auf die Sicherheitssysteme der Werke, insbesondere im Hinblick auf die Kühlsysteme, müssen unverzüglich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Wir müssen die Standorte vorhandener Kernkraftwerke neu beurteilen, insbesondere im Hinblick auf das Erdbebenrisiko und das Risiko eines Tsunami. Allerdings müssen wir auch eine umfassende Diskussion als Gesellschaft über die Energiefrage, unsere gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnisse und darüber führen, wie diese erfüllt werden können, und in klarer und informierter Weise die Risiken, Auswirkungen, das Potenzial und die Grenzen der verschiedenen Energiequellen in Angriff nehmen.

 
  
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  Oreste Rossi (EFD). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte meine Solidarität mit dem japanischen Volk zum Ausdruck bringen, das von der Katastrophe so hart getroffen wurde. Überraschenderweise hat die japanische Technologie mit den Ereignissen, die in diesen Gebieten immer wiederkehren, nicht Schritt gehalten. Der fortgesetzte Betrieb eines technologisch veralteten Kernkraftwerks ist sicher keine Frage von untergeordneter Bedeutung, und genau dies sollte uns dazu veranlassen, über das europäische Kernenergieprogramm nachzudenken.

Wir können es uns heute nicht erlauben, der Angst zum Opfer zu fallen und übereilte Entscheidungen zu treffen: Wir brauchen ein allgemeines Abkommen darüber, vorhandene Kernkraftwerke sicher zu machen und diejenigen, die gerade gebaut werden, zu überprüfen. Europa muss dem japanischen Volk helfen, nicht nur wegen der Notlage, sondern auch wegen der wahrscheinlichen Finanzkrise, die mit der schrecklichen Katastrophe verbunden ist.

Auf kurze Sicht müssen Maßnahmen ergriffen werden, um eine Konjunkturflaute in Tokio und die wahrscheinlichen Folgen für die Länder zu bewältigen, mit denen Japan am engsten verbunden ist. Wir sollten nicht vergessen, dass die Regierung bereits vor der Katastrophe schwach und ohne Mehrheit im Oberhaus war, sodass eine Krise der Exekutive im Anzug sein könnte.

 
  
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  Angelika Werthmann (NI). - Herr Präsident! Eingangs möchte ich sagen, dass mein Mitgefühl allen Betroffenen dieser verheerenden Situation gilt. Das tragische Unglück in Japan hat zu der uns allen bekannten Atomkatastrophe geführt. Europa reagierte relativ rasch und einig, dennoch ist uns bewusst – hoffentlich auch allen Atombefürwortern und -befürworterinnen –, dass Radioaktivität keine Grenzen und die Natur keine Sicherheitsstandards kennt, egal wie hoch sie definiert sind. Wir hatten Tschernobyl – ein missglückter so genannter Stresstest –, wir haben Fukushima. Es ist an der Zeit, dass die Atombefürworter und -befürworterinnen das Wohl und die Erhaltung der Gesundheit von Mensch und Natur über alle finanziellen Interessen stellen. Denken wir an einen europaweiten Ausstieg und forcieren wir die erneuerbaren Energien!

 
  
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  Alajos Mészáros (PPE).(HU) Herr Präsident, der Tsunami nach dem Erdbeben in Japan war die direkte Ursache des Unfalls im Kernkraftwerk, der in erster Linie zu einer Sicherheitsfrage sowohl für den Berufsstand als auch die Allgemeinheit wurde. Aus diesem Grund wurde die richtige Entscheidung getroffen, unsere funktionierenden Kernkraftwerke gründlichen Prüfungen zu unterziehen. Es ist klar geworden, dass wir eine umfassende, gründliche Debatte brauchen, um zu einer rationalen Entscheidung im Hinblick auf die Zukunft der Kernenergie zu gelangen. Wir müssen uns auch bewusst machen, dass die Menschen nach einer schrecklichen Tragödie dieser Art ängstlicher werden, und genau deshalb müssen wir sicherstellen, dass objektive und echte Informationen gegeben und die Sicherheitsmaßnahmen verschärft werden.

Ich möchte jedoch betonen, dass Kernkraftwerke in Europa ganz anderen Umweltfaktoren ausgesetzt sind als diejenigen in Japan. Europa ist weder von Tsunamis noch von so einem gewaltigen Erdbeben bedroht, weshalb keine direkten Schlüsse aus dieser bedauerlichen Tragödie gezogen werden sollten. Unsere Anlagen sind für die potenziellen Folgen ausgelegt und die Kernenergie kann in Zukunft ein Bestandteil unserer Energieressourcen bleiben. Abschließend möchte ich unseren japanischen Freunden mein Mitgefühl und meine Wertschätzung aussprechen. Vielen Dank.

 
  
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  Günther Oettinger, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe Ihren Beiträgen mit Aufmerksamkeit zugehört und danke für die große Sachlichkeit, die sowohl der Katastrophe als auch den Folgen gegenüber angezeigt ist. Es ging um Mitgefühl, Betroffenheit und Hilfsangebote. Dem ist nichts hinzuzufügen. Das bestärkt uns in dem, was seitens des Ratsvorsitzes und der Kommission zu tun ist.

Es geht generell um den Katastrophenschutz. Nehmen wir Haiti, nehmen wir Pakistan, nehmen wir die Häufung von Katastrophen, dann glaube ich schon, dass die Mitteilung der Kommission zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr, die der Rat im Dezember letzten Jahres gebilligt hat, die Richtung weist. Wir müssen die Zusammenarbeit im Rahmen der Katastrophenschutzverfahren auf europäischer Ebene verbessern und mit angemessenen finanziellen und personellen Ressourcen versehen und wir müssen die Koordinierung auf europäischer Ebene vornehmen. Die Kollegin Georgieva wird mit Sicherheit im Laufe des Jahres dafür konkrete Vorschläge an Parlament und Rat richten.

Was das Thema Energiepolitik in Europa und Folgerungen aus der Neubewertung aus Japan anbelangt, glaube ich, dass wir zunächst einmal den Tatsachen und Realitäten gegenüber sehr ehrlich sein sollten. Ich nehme einmal die deutsche Bundesregierung mit Parteien, denen ich angehöre. Dort ist eine erhebliche Kurskorrektur vorgeschlagen worden. In Deutschland sind derzeit sieben Kernkraftwerke abgeschaltet. Die Reaktionen gingen von „wenig glaubwürdig“ bis zu „typisch deutsche Angst“. Das heißt, man sollte prüfen, ob nicht der Respekt vor der anderen Position einmal die Ausgangslage sein muss. Mein Respekt vor dem Parlament, das vor wenigen Jahren hier ein klares Bekenntnis zur dauerhaften Nutzung der Kernkraft im europäischen Energiemix abgegeben hat, das aber sicher auch nachdenklich geworden ist. Zweitens mein Respekt vor der Regelungskompetenz. Ich habe mir den Euratom-Vertrag nochmals sehr genau durchgelesen und mir auch die Kernenergie-Sicherheitsrichtlinie, die von Rat und Parlament im Juni vor zwei Jahren verabschiedet wurde, angeschaut. Die zweite bietet viele formale Vorgaben, also Behörden, die zu schaffen sind, Informations- und Berichtspflichten und anderes mehr, aber kaum eine konkrete materielle Vorgabe für Bautechnik oder Betriebstechnik oder eben nur sehr allgemein gehaltene Vorgaben.

Das heißt, wenn das Parlament heute vorschlägt, die europäische Gesetzgebung auszuweiten, bin ich gerne bereit, nicht erst die Berichte der Mitgliedstaaten im Jahr 2014 abzuwarten und erst dann einen Bericht der Kommission abzugeben, sondern jetzt einzufordern, dass diese Richtlinie bis spätestens Juli dieses Jahres in nationales Recht umgesetzt wird – das ist die Pflicht der Mitgliedstaaten –, damit dann gegebenenfalls mit weiterführenden Erkenntnissen aus Japan und vielleicht aus den flächendeckenden Stresstests schon im nächsten Jahr über einen Vorschlag der Kommission für weiterführende, konkretisierte materielle Vorgaben für die Kernenergiesicherheit hier in Brüssel beraten werden kann.

Es wurde gesagt, ich müsse „durchgreifen“. Der Begriff liegt mir eher fern. Ich will mich konsequent an der Frage orientieren: Welche Kompetenzen haben mir die europäischen Gesetzgeber gegeben und welche nicht? Wenn ich selbst in diesen Tagen von einigen nationalen Regierungen kritisiert werde, ob einer zu weitreichenden, eher drastischen Bewertung und zu weitreichenden Folgerungen einerseits und andere sagen, ich müsse endlich durchgreifen, bewege ich mich in der Mitte. Und in der Mitte fühle ich mich eigentlich immer eher wohl. Wer von beiden Seiten kritisiert wird, hat vielleicht den richtigen Mittelweg gefunden.

Von 143 Kernkraftwerken werden im nächsten Jahrzehnt – nicht nur in diesem Jahrzehnt – und nach dem Willen zumindest der heutigen Regierungen im übernächsten Jahrzehnt viele – nicht alle, aber viele – noch am Netz sein. Also muss es in jedem Fall in unserem Interesse sein, für die mittel- und langfristig am Netz befindlichen Kernkraftwerke höchste Sicherheit, neue Standards und eine weitere Minderung von Risiken vorzuschlagen.

Zweitens gehe ich derzeit davon aus, dass es in Europa zum Bau neuer Kernkraftwerke kommen wird, gemäß der Kompetenz der Mitgliedstaaten, ihrer Parlamente und Regierungen. Wir können in Bezug auf das Referendum im Juni in Italien absehen, was kommt, und ich entnehme, dass bisher außer in Deutschland in keinem der dreizehn Mitgliedstaaten, in denen es Kernkraftwerke gibt, eine Kurskorrektur vorgenommen wird. Ich beobachte die Beratungen in den Regierungen und Parlamenten und auch die Medien sehr wohl.

Dann müssen wir sehen: Es geht um Europa, aber es geht auch um die globale Dimension. Wir müssen doch ein Interesse daran haben, dass – da es in der Welt noch lange Jahrzehnte Kernkraft geben wird – höchste Standards nicht nur bei uns, sondern auch global im Mittelpunkt stehen. Deswegen begrüße ich ...

(Zwischenruf)

Herr Kollege Turmes, ich bemühe mich wirklich, sachlich zu bleiben und jede Erregung zu vermeiden. Das empfehle ich auch Ihnen! Wenn Sie sagen, ich solle Herrn Sarkozy nicht trauen – ich vertraue ihm, dass er den Punkt beim G-20-Gipfel auf die Tagesordnung bringt. Allein dies ist schon ein wichtiger Erfolg: das Thema auch dorthin zu bringen, wo Amerikaner, Chinesen, Russen und andere sind, die Kernkraftwerke haben und neue Kernkraftwerke planen oder aber durch große Industriekonzerne in ihren Ländern Kernkraftwerksbaukompetenz haben. Deswegen halte ich die Neubewertung von Risiken und höhere Sicherheitsstandards für unabweisbar notwendig, egal ob man für Kernkraft ist oder ob man gegen Kernkraft plädiert, weil Kernkraft ein Teil unserer globalen Zukunft sein wird.

(Zwischenrufe)

Sie sollten auch nicht Debatten von vor zwei Jahren hier nachholen. Dazu bin ich der falsche Ansprechpartner. Das können Sie tun, wenn ein anderer das Wort ergreift. Da bin ich meines Erachtens hier in meiner Funktion nicht der Richtige.

Zur Frage der Energie-Roadmap 2050 und den Aussagen, diese würde die erneuerbaren Energiequellen nicht genügend fördern und finanzieren. Hier unterschätzen Sie Ihre eigenen Beschlüsse, deren Einhaltung wir kontrollieren und auch garantieren wollen. 20 % erneuerbare Energiequellen in nur neun Jahren heißt in Wahrheit, im entscheidenden Bereich, im Strombereich, um den es in Wirklichkeit zuallererst geht, 35 %. Wir sind auf dem Weg, 35 % des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen – und die Mitgliedstaaten machen mit – die erneuerbaren Energiequellen werden bei der Stromgewinnung in vier bis fünf Jahren die Kernkraft und gleichzeitig die Kohle überholen. Das heißt, wir sind auf dem Weg, dass die erneuerbaren Energiequellen die wichtigsten Quellen für Strom in Europa werden. Dann legen wir Ihnen im späten Frühjahr unsere Konzepte und Szenarien für die Energie-Roadmap 2050 vor. Da geht es aber nicht nur um 2050 – eine ferne Zeit –, es geht auch um 2025, um 2030, also um die Zeit, für die jetzt in Infrastruktur und Produktionskapazitäten investiert werden muss. Ich will mich hier nicht festlegen, aber wir werden 2030 mit Sicherheit nicht bei 35 % erneuerbaren Energiequellen stehengeblieben, sondern bei 40 % plus oder gar 60 % oder einem Wert dazwischen angekommen sein. Wenn dies der Fall ist, dann kann man doch nicht sagen, dass die erneuerbaren Energiequellen zu wenig Förderung genießen, sondern dann werden die erneuerbaren Energiequellen noch zu unseren Lebzeiten entscheidend für den Energiemix verantwortlich sein.

(Zwischenruf von Frau Harms)

Frau Harms, ich rede von der Energie-Roadmap, Sie reden von der Roadmap in Sachen CO2, aber das ist nicht das Gleiche. Wir haben die Ziele für 2020 überhaupt nicht heruntergefahren. Wir haben sie genau dort belassen, bei 20 % stand alone und bei 30 %, wenn andere uns folgen, wie dies von Parlament, Rat und Kommission seit jeher beschlossen und global angeboten ist. Keine Veränderung dazu. Jetzt geht es aber um das Thema „erneuerbare Energiequellen“ und da werden wir über 40 % kommen. Damit haben wir doch eine Grundlage dafür geschaffen, dass zum einen der Energiemix längst nicht mehr nur Sache der Mitgliedstaaten ist, sondern die Mitgliedstaaten zu 50 % oder etwas mehr verantwortlich sind. Zum Zweiten haben wir damit auch eine Vorgabe gemacht, wie die Fördergrundlagen zu schaffen sind, wie die finanzielle und technische Ausstattung in den Mitgliedstaaten jeweils mit uns herzustellen ist.

Sie können davon ausgehen, dass in den Szenarien – Herr Kollege Turmes – auch eines ernsthaft geprüft wird, was ja von verschiedenen Verbänden vorgeschlagen wird, nämlich auf bis zu 100 % erneuerbare Energiequellen zu gehen. Aber dann müssen Sie – da lohnt ein Blick ins Gesetz – Artikel 194 anschauen, in dem unverändert steht: Der Energiemix ist Sache der Mitgliedstaaten. Für mich ist der Vertrag von Lissabon nicht die Bibel, aber er ist für mich die Grundlage, auf der meine Arbeit vonstatten gehen muss, in Kenntnis dessen, was die Mitgliedstaaten an Rechten haben, auf denen sie – egal ob in Berlin, Luxemburg, Paris oder London – beharren.

Ein letzter Punkt: Ich habe mir sehr intensiv die Wortmeldungen der Kollegen Davies und Hall angehört. Beide gehören ein und derselben Partei an. Beide sind aus ein und demselben Mitgliedstaat. Und beide sind zu 180 Grad konträr. Ich habe Respekt davor. Wenn eine kleine Partei in einem großen Land so unterschiedlich denkt wie zwei ehrbare Abgeordnete, wenn dieselbe Partei in ihrem Land vor der Wahl gegen Kernkraft war und sich nach der Wahl damit arrangiert, respektiere ich das trotzdem. Das zeigt aber die Dimension, wie sie ökologisch, ökonomisch und politisch besteht, weswegen wir immer eine Teilung sehen. Ein Teil im Prozess geht nach unten wie nach oben auf globaler Ebene.

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. (HU) Herr Präsident, Herr Kommissar, ehrenwerte Abgeordnete, ich verspreche, mich kurz zu fassen. Mitgefühl und ein kühler Kopf sollten meines Erachtens die zwei Dinge sein, die unsere Handlungsweisen nun lenken sollten. Durch unser Mitgefühl können wir den Japanern bei all dem helfen, was sie brauchen; wir können ihnen zuhören und dort eingreifen, wo auch sie eine Notwendigkeit sehen, und ein kühler Kopf ist erforderlich, um die richtigen Entscheidungen zur rechten Zeit über unsere eigene Zukunft zu treffen. Wir sollten unter dem Einfluss von Ereignissen keine Entscheidungen über eine Frage von solcher Wichtigkeit treffen. Eine Sache ist sicher, und niemand in diesem Plenarsaal hat das heute in Frage gestellt, nämlich dass wir mit all unserer Kraft nach der Verwirklichung maximaler Sicherheit streben müssen.

Darüber hinaus ist es unsere Pflicht, die Bürgerinnen und Bürger voll zu informieren, damit sie verstehen, worüber diskutiert wird und wann, über was und wie wir Entscheidungen treffen. Es ist sehr wichtig, dass wir Schlüsse und Lehren ziehen. Wir sollten die Ereignisse weder zu langsam noch zu überstürzt untersuchen und keine Erklärungen abgeben, die in ein paar Wochen oder Monaten schon nicht mehr gelten könnten. Im Hinblick auf Stresstests möchte ich einfach hervorheben, dass es auf der Grundlage der derzeitigen Regelung eine freiwillige Option dafür gibt. Einige von Ihnen haben eine Änderung der Rechtsgrundlagen, der heute geltenden Rahmenwerke erwähnt, die der Europäische Rat, und davon bin ich fest überzeugt, nicht ausschließt. Dies muss ausgearbeitet und ein entsprechender Vorschlag vorgelegt werden. Es gibt keinen Grund zur Eile, aber natürlich muss die Arbeit beginnen.

Herr Kommissar Oettinger hat auch betont, dass der Energiemix in die nationale Zuständigkeit fällt. Jeder Mitgliedstaat trifft eine unabhängige Entscheidung darüber, welche Energieformen er zur Deckung seiner Energiebedürfnisse nutzt. Die Hälfte der Mitgliedstaaten, also die Hälfte bezüglich des Maßstabs, nutzt Kernenergie. Wenn wir erst die entsprechende Rechtsgrundlage haben, werden wir dazu in der Lage sein, jedem eine Sicherheitspflicht aufzuerlegen, aber die Option und Verantwortung, zu wählen, liegt bei den Mitgliedstaaten. In jedem Fall begrüße ich mit Freude, dass die Kommission, wie Herr Kommissar Oettinger erwähnt hat, dazu in der Lage sein wird, den Bericht bis Juli 2011 zu erstellen. Abschließend möchte ich hervorheben, dass wir viel über den Bereich Forschung und Entwicklung sprechen, der auch ein Eckpfeiler der Strategie Europa 2020 ist. Es ist unsere Aufgabe, die bestmöglichen Bedingungen für Forschung und Entwicklung in der Europäischen Union zu schaffen. In diesem Bereich muss in der Tat noch viel getan werden. Mit Hilfe von Forschung und Entwicklung sollten wir diejenigen Formen der Energieerzeugung finden, die am sichersten und umweltfreundlichsten sind. Lassen Sie uns die Wissenschaft in den Dienst der Menschen und der maximalen Sicherheit der Menschen stellen. Vielen Dank, Herr Präsident.

 
  
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  Der Präsident. − Ich habe einen Entschließungsantrag1 gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung erhalten.

Die Aussprache wird geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt (Donnerstag, 24. März 2011).

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  János Áder (PPE) , schriftlich. – (HU) Zuerst gestatten Sie mir, dem japanischen Volk und den Familien der Opfer in Verbindung mit der außergewöhnlichen Natur- und Industriekatastrophe, die vor knapp 12 Tagen geschah, mein tiefes Beileid auszusprechen. Die japanische Tragödie erinnert uns daran, dass Natur- und Industriekatastrophen überall und zu jeder Zeit, selbst in Europa, stattfinden können. Die Frage ist einfach, wann und wo sie stattfinden werden. Genau aus diesem Grund glaube ich, dass die Europäische Union im Falle einer potenziellen Industriekatastrophe in Europa über eine entsprechende Finanzfazilität verfügen muss, um unverzüglich und effektiv einzuschreiten und Schäden zu begrenzen. Natürlich sind die auf Prävention abzielenden Bemühungen der EU sehr wichtig, aber gegenwärtig hat die Europäische Union keine Finanzfazilität, die den oben erwähnten Bedarf decken kann. Wir müssen uns nur einmal vorstellen, was passieren würde, wenn eine Katastrophe einen Mitgliedstaat in einer schwierigen Finanzlage trifft. Neben den schockierenden sozialen Folgen und Folgen für die Umwelt würde diese den Haushaltsplan eines solchen Landes und auch die europäische Wirtschaft zutiefst treffen. Daher braucht Europa meines Erachtens ein neues Katastrophenversicherungssystem, das basierend auf dem Grundsatz der vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung zusätzliche Mittel im Bereich von 4 bis 5 Mrd. EUR pro Jahr aus Zahlungen von potenziellen Verschmutzern bereitstellen würde, um im Falle von Industriekatastrophen rasche finanzielle Hilfe zu leisten. Darüber hinaus könnten die Zahler auch die Nutznießer des Systems sein, da sie durch Ausschreibungen von Sicherheits- und Umweltschutzinvestitionen aus den ungenutzten Mitteln Unterstützung beanspruchen könnten.

 
  
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  Sergio Berlato (PPE), schriftlich. (IT) Die wachsende Energienachfrage erfordert Diversifizierung bei der Lieferung von alternativen Energiequellen zu Öl, wie erneuerbare, Sonnen-, Wind- und Kernenergiequellen.

Meiner Meinung nach ist die Energieerzeugung aus Kernenergiequellen keine Angelegenheit, die mit so hochschlagenden Emotionen wie den derzeitigen diskutiert werden sollte. In der Tat befürchte ich, dass die üblichen Kernkraftgegner, die oft von Ölgesellschaften finanziert werden, versuchen werden, sich die Ereignisse in Japan zur Förderung der Energieabhängigkeit Italiens von Öl und seinen Nebenprodukten zunutze zu machen. Mehr als 8 000 Menschen in Italien und mehr als 350 000 in Europa sterben jedes Jahr aufgrund der Umweltbelastung, die durch die Verbrennung von Ölnebenprodukten verursacht wird.-

Im Hinblick auf die Identifizierung möglicher Standorte in dem Bereich betone ich ferner, dass diese Wahl durch technische und wissenschaftliche Leitlinien unterstützt wird, die von Experten erstellt werden, die die Verwalter in die Lage versetzen werden, die angemessensten Entscheidungen zu treffen, um die öffentliche Sicherheit und Umweltverträglichkeit zu gewährleisten. Ich hoffe, dass die Diskussionen über alternative Energiequellen zu Öl mit Objektivität geführt werden können und den europäischen Bürgerinnen und Bürgern angemessene und genaue Informationen garantiert werden, um eine einfache Manipulation zu verhindern, die uns noch abhängiger von instabilen ölproduzierenden Ländern macht.-

 
  
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  Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich. – (RO) Ich schließe mich meinen Kolleginnen und Kollegen an, die Japan und dem japanischen Volk als Folge der Tragödie, die sie gerade durchleben, ihr Beileid ausgesprochen haben. Die EU muss Japan mit all der Kraft, die sie aufbringen kann, dabei unterstützen, die Wiederaufbauprogramme auf den Weg zu bringen und umzusetzen. Ich habe die Debatte genau verfolgt, aber ich muss sagen, dass ich nicht damit einverstanden sein kann, eine solche Tragödie in einen Kreuzzug gegen die Kernenergie zu verwandeln. Kernenergie ist eine günstige, grüne Energiequelle und der technologische Fortschritt wird sie immer sicherer machen. Zum Beispiel ist ein Flugzeugabsturz ähnlich tragisch, aber ich glaube nicht, dass dies ein ausreichender Grund für uns wäre, an den Vorteilen und der Sicherheit von Flugzeugen zu zweifeln. Die richtige Lösung lautet: „Ja“ zu Stresstests, „Ja“ zu Überwachung und „Nein“ zur Dämonisierung der Kernenergie.

 
  
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  Kristiina Ojuland (ALDE), schriftlich. Frau Präsidentin, ich möchte dem japanischen Volk, das in den letzten Wochen unter einer schrecklichen Naturkatastrophe gelitten hat, mein aufrichtiges Beileid aussprechen. Japan erhält Hilfe von der Europäischen Union sowie von den Mitgliedstaaten. Die Europäische Union wird weiterhin jede Art von Hilfe leisten, welche die japanische Regierung für angemessen hält, um ihnen dabei zu helfen, diese schreckliche Krise zu überstehen.

Jedoch haben die Alarmsignale des Kernkraftwerks in Fukushima eine emotionale Debatte über die Nutzung der Kernenergie in der Europäischen Union im Allgemeinen ausgelöst. Ich möchte allen Beteiligten raten, ihre Position leidenschaftslos zu überdenken und nicht zu vergessen, dass die Nutzung von Automobilen nicht verboten wurde, als die irische Wissenschaftlerin Mary Ward am 31. August 1869 aus dem dampfbetriebenen Auto ihres Cousins geschleudert und von diesem überfahren wurde.

Stattdessen sollten wir unsere Lehre ziehen und Investitionen sowohl in die nukleare Sicherheit als auch in innovative Forschung erhöhen. Fossile Kraftstoffressourcen sind erschöpfbar und erneuerbare Energie ist noch immer sehr experimentell. Die Kernenergie andererseits könnte der Schlüssel zu unserer Zukunft sein. Hätte der erste Höhlenmensch Angst vor dem Feuer gehabt, würde wir noch immer in der Steinzeit leben.

 
  
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  Vladimír Remek (GUE/NGL), schriftlich. – (CS) In erster Linie möchte ich mich all jenen anschließen, die ihr Mitgefühl mit dem japanischen Volk zum Ausdruck gebracht haben, das von dem zerstörerischen Erdbeben und dem Tsunami getroffen wurde. Diese Naturkatastrophe hat das Leben von Tausenden Menschen genommen, und dies ist ein schrecklicher Verlust. Sie hat weitere Zehntausende obdachlos gemacht und ihnen persönliche Gegenstände und Habseligkeiten geraubt und so ihr Leben in den kommenden Jahren dramatisch verändert. Wir dürfen dies nicht vergessen, selbst wenn die Medien sich stattdessen auf die Fragen der Kernenergie konzentrieren. Die Probleme des beschädigten Werks in Fukushima überschatten alles andere fast gänzlich. In Verbindung mit den panikmachenden Szenarien möchte ich jedoch sagen, dass die Atombomben, die auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden, noch immer die größte Nuklearkatastrophe überhaupt darstellen. Die größte Bedrohung der Menschheit ist das militärische Nuklearwaffenarsenal. Es wird immer größer, trotz der guten Vorsätze, und es entzieht sich der permanenten und gründlichen öffentlichen Kontrolle, die wir bei Kernkraftwerken erleben. Darüber hinaus werden Sicherheitsanforderungen und -standards nach den Ereignissen in Japan sicher weiter verbessert. Aus diesem Grund müssen wir vernünftig bleiben und jede übereilte oder sogar hysterische Reaktion auf die Ereignisse in Japan vermeiden. Derzeit gibt es keine Alternative zur Kernenergie, die uns mit überaus notwendigem, zugänglichem und emissionsfreiem Strom versorgt. Ich bin erfreut, dass die Tschechische Republik, Finnland, Frankreich und andere einen realistischen Ansatz im Hinblick auf die Frage annehmen. Im Gegensatz zu den Ländern, in denen die Kernenergie zu einer Schachfigur in Wahlkämpfen geworden ist, und zwar in einem geradezu unethischen Maße, wenn man die Lage in Japan bedenkt.

 
  
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  Joanna Senyszyn (S&D), schriftlich.(PL) Ich möchte die Lage in Japan kommentieren. Humanitäre Hilfe für Japan ist eine offensichtliche und notwendige Reaktion der Europäischen Union als Reaktion auf die tragische Katastrophe, die das Land getroffen hat. Meines Erachtens sollte den betroffenen Regionen alle notwendige Hilfe (technische, administrative und organisatorische) sowie finanzielle Unterstützung geleistet werden. Neben der Soforthilfe sollten wir in Erwägung ziehen, ein Modell der systematischen Zusammenarbeit mit allen Ländern zu entwickeln, die von verschiedenen Arten von Katastrophen bedroht sind, einschließlich der Länder, die nicht Teil der Europäischen Union sind. Ich möchte die Dienststellen der Kommission und des Rates, die für diesen Bereich verantwortlich sind, dazu auffordern, die einschlägigen Rechtsvorschriften zu prüfen und Vorschläge zur Verbesserung des Austauschs effektiver Praktiken im Bereich des Krisenmanagements zu machen.

Immer mehr Länder, darunter diejenigen der Europäischen Union, leiden immer öfter unter den Folgen von Naturkatastrophen. Daher muss es eine permanente und hochentwickelte internationale Zusammenarbeit geben. Auch müssen die vorhandenen rechtlichen und regulatorischen Rahmen auf die Sicherheit und den Schutz kerntechnischer Anlagen geprüft werden. Diesbezüglich möchte ich die Aufmerksamkeit insbesondere auf zwei Dinge lenken: Die Überwachung der vollen Umsetzung der Richtlinie über die Sicherheit kerntechnischer Anlagen und die Annahme einer Richtlinie über radioaktiven Abfall.

 
  
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  Debora Serracchiani (S&D), schriftlich. (IT) Nach dem Erdbeben am 11. März haben die Folgen der Krise in Japan für die nukleare Sicherheit und die globale Wirtschaft die Europäische Union erschüttert, die sich zudem mit der Instabilität in Nordafrika herumschlägt.

Ich begrüße die Entscheidungen, die auf der Sondersitzung der Energieminister getroffen wurden, die zur Untersuchung der Folgen des Unfalls im Kraftwerk in Fukushima abgehalten wurde, und vertraue auf die Entschlossenheit der Mitgliedstaaten, Stresstests von Kernkraftwerken in der Europäische Union auszuführen und diese auf nichteuropäische Länder, insbesondere Nachbarländer auszudehnen. In diesem Kontext und aufgrund der Bedeutung des von einigen Mitgliedstaaten gefassten Entschlusses eines Nuklearmoratoriums und aufgrund der Tatsache, dass öffentliche Anhörungen über die Energieentwicklung bevorstehen, sollte die Kommission über die Sicherheitslage in europäischen Kernkraftwerken, die Nachbarregionen von Mitgliedstaaten im Störfall betreffen könnten, Bericht erstatten.-

 
  
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  Georgios Stavrakakis (S&D) , schriftlich.(EL) Auch ich möchte dem japanischen Volk, das unter der Katastrophe leidet, die durch das schwere Erdbeben und den Tsunami angerichtet wurde, die Tausende Leben gefordert und enormen Schaden hinterlassen haben, mein Beileid und meine Unterstützung aussprechen. Natürlich haben Wissenschaft und Technologie alles getan, um dazu beizutragen, dass die üblichen wichtigen Strukturen sicher sind, und natürlich haben wir sehr strenge Vorschriften, um ihre Anfälligkeit zu verringern; Jedoch sind das jüngste schwere Erdbeben und der darauf folgende katastrophale Tsunami, der Tausende Menschenleben gefordert und Zerstörung in biblischem Maßstab angerichtet hat, und die schweren Schäden an den Kernreaktoren in Fukushima derart, dass wir die vorherrschende Meinung über die Sicherheit von Kernkraftwerken prüfen und ändern müssen. Ihre Standorte und Bauweise müssen auf der Grundlage von Kriterien festgelegt werden, die ebenso extrem sind wie die Naturphänomene, denen sie ausgesetzt sein könnten. Wissenschaftler schätzen mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass es mittel- und langfristig sehr wohl zu starken Erdbeben kommen könnte. Politiker sollten deshalb unter keinen Umständen Kernkraftwerke in aktiven Erdbebengebieten planen. Es gibt moderne, durchführbare und effiziente Wege für Länder in Erdbebengebieten, ihre Energiebilanz zu decken. Anderenfalls hätte es den Anschein, dass Menschenleben benutzt werden, um das Energieproblem auszugleichen.

 
  
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  Csanád Szegedi (NI), schriftlich.(HU) Zuerst möchte ich dem japanischen Volk im Namen von Jobbik, der Bewegung für ein besseres Ungarn, und im Namen des gesamten ungarischen Volkes mein Beileid aussprechen. Die Ungarn haben die Japaner stets mit Vertrautheit und Zuneigung betrachtet, was die Katastrophe besonders schockierend macht. Es ist die Pflicht der Europäischen Union, dem japanischen Volk zu helfen, und Japan muss alle notwendige Hilfe geleistet werden. Gleichzeitig müssen die Konsequenzen aus dieser Katastrophe gezogen werden, die der Menschheit ganz klar zeigen, dass eine der Natur entfremdete, globalisierte Welt extrem zerbrechlich ist. Es gibt ein ungarisches Sprichwort, das besagt: Ein weiser Mann lernt aus dem Unglück anderer. Die Nationen Europas müssen aus dieser Katastrophe lernen und so weit wie möglich zur Natur zurückkehren, zu natürlichen Nahrungsmitteln und zu natürlichen Energieressourcen, und unsere Umwelt für zukünftige Generationen schützen.

 
  
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  Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich. (LT) Zuerst möchte ich dem japanischen Volk nach dem Erdbeben und Tsunami, die das Land erschüttert und viele Leben gefordert haben, mein Mitgefühl aussprechen. Aufgrund der tragischen Katastrophe im Kernkraftwerk von Fukushima, die sich nach dem Erdbeben und Tsunami abgespielt hat, möchte ich Europa auffordern, die Zukunft der Kernenergie zu überdenken und nach alternativen Wegen der Energieerzeugung zu suchen. Darüber hinaus müssen unsere Beurteilungen der Folgen der Katastrophe auf Informationen und Fachwissen gründen, die von Spezialisten und Experten bereitgestellt werden, und wir müssen neue Wege der Stromerzeugung aus einer wissenschaftlichen Perspektive in Betracht ziehen. Die Ereignisse in Japan sollte allen Mitgliedstaaten Kopfzerbrechen bereiten, ungeachtet dessen, ob ihre Länder Kernkraftwerke haben oder nicht, denn wenn ähnliche Katastrophen eintreten, bedroht die Strahlung ganz Europa. Derzeit geben die russischen und belarussischen Absichten zum Bau von Kernkraftwerken Anlass zu großer Sorge für die Länder Osteuropas, insbesondere die baltischen Staaten. Die Auswirkung der Strahlung aus diesen geplanten Kernkraftwerken ist eine sogar noch größere Sorge, und es gibt Befürchtungen in Nachbarländern, die die internationalen Sicherheitsanforderungen erfüllen. Ich möchte darauf hinweisen, dass Deutschland unmittelbar nach der Katastrophe in Japan seine vor 1980 gebauten Reaktoren abgeschaltet hat. Das für Energie verantwortliche Mitglied der Europäischen Kommission behauptet ferner, dass Europa nach einer Zukunft ohne Kernkraftwerke streben solle. Deshalb sollten wir hier im Europäischen Parlament nach einer Beurteilung der potenziellen Strahlungsbedrohung für Europa das Risiko von Kernkraftwerken nahe der Außengrenzen der Europäischen Union diskutieren.

 
  
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  Jarosław Leszek Wałęsa (PPE), schriftlich.(PL) Das verheerende Erdbeben und der Tsunami, die Japan und die Pazifikregion am 11. März 2011 erschüttert und Tausende unschuldige Menschenleben gefordert haben, war eine Tragödie, die uns alle bewegt hat. Es ist unsere Pflicht, unsere tiefe Solidarität mit dem japanischen Volk und der japanischen Regierung zum Ausdruck zu bringen und ihnen unser Beileid auszusprechen, und es ist auch unsere Pflicht, humanitäre, technische und finanzielle Hilfe zu leisten. Ich bin erfreut, dass die Europäische Union diese wesentliche Unterstützung fast unmittelbar bereitgestellt hat und ihre besten Rettungsteams und ihre Erfahrung im Bereich der Schadensbegrenzung eingesetzt hat. Diese Hilfe muss kontinuierlich geleistet werden, bis sich die Lage in Japan stabilisiert. Angesichts der störenden Tatsache, dass die Katastrophe einen sehr schweren nuklearen Unfall verursacht hat, der das Kernkraftwerk in Fukushima betrifft und eine neue Bedrohung für Leben und Gesundheit darstellt, sollten wir die Sicherheit von Kernkraftwerken innerhalb der EU überprüfen und testen. Trotz der Tatsache, dass der Unfall in dem Kernkraftwerk von Fukushima eine Warnung für uns ist, glaube ich nicht, dass wir deshalb in Panik geraten oder gegenüber der Kernenergie voreingenommen sein sollten. Japan hat den europäischen Nationen sehr oft bei der Schadensbegrenzung von Katastrophen geholfen und dabei seine umfassende und wertvolle Erfahrung in diesem Bereich genutzt. Nun ist die Zeit gekommen, dass wir diese wichtige Rolle übernehmen. Ich bin sicher, dass eine solche Zusammenarbeit nicht nur Vorteile in Form von Soforthilfe für die Opfer bringen wird, sondern auch unsere Beziehungen zu einem so wichtigen Freund wie Japan stärken wird.

 
  
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  Joanna Katarzyna Skrzydlewska (PPE), schriftlich.(PL) Das katastrophale Erdbeben, das Japan erschüttert hat, ist eine überaus mächtige Demonstration dessen, dass kein Land, noch nicht einmal eines mit einer hochentwickelten Wirtschaft, allein mit dem Ausmaß der tragischen Auswirklungen fertig werden kann, die durch eine so enorme Katastrophe verursacht wurden. Neben den Mitgefühlsbekundungen, die wir alle heute dem japanischen Volk aussprechen, ist es unsere Pflicht, den Opfern der Katastrophe Hilfe zu leisten. Ein so unvorhersagbares Ereignis wie ein Erdbeben, das zusammen mit seinen vielen Tausenden tragischen Opfern auch zu einer größeren Bedrohung einer nuklearen Katastrophe geführt hat, zwingt uns dazu, unsere Lehren zu ziehen, trotz der Tatsache, dass wir von dieser Katastrophe nicht direkt betroffen sind. Wir müssen eine ehrliche Antwort auf die Frage geben, wie gut europäische Kernkraftwerke auf Zwischenfälle dieser Art vorbereitet sind. Um daher potenzielle Bedrohungen in Zukunft zu vermeiden – denn auch wenn sie unwahrscheinlich sind, sind sie doch möglich – und um die Sicherheit der Menschen Europas zu gewährleisten, müssen die in den Kernkraftwerken in den Mitgliedstaaten der Union geltenden Sicherheitsmerkmale überprüft werden.

 
  
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  Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė (PPE), schriftlich. Wir sollten den Schwerpunkt nicht nur auf die nukleare Sicherheit innerhalb der EU legen, sondern auch unsere unmittelbare Nachbarschaft betrachten. Zwei neue Projekte für Kernkraftwerke mit experimentellen Reaktoren werden gerade an den Randgebieten der EU entwickelt: eines in Kaliningrad und ein anderes in Belarus, 23 km von der Außengrenze der EU und 50 km von der Hauptstadt Litauens entfernt.

Beide Standorte wurden auf der Grundlage unbekannter Kriterien ausgewählt. Die mangelnde Transparenz in dem Prozess, nicht vorhandene Konsultationen und ein mangelhafter Austausch von Informationen mit den betroffenen Ländern bewirken, dass beide Projekte Anlass zu großer Sorge geben. Die Arbeiten haben bereits begonnen, obwohl die internationalen Umweltverträglichkeitsprüfungen beider Werke noch lange nicht abgeschlossen sind.

Darüber hinaus haben Russland und Belarus unmittelbar nach der Tragödie in Japan ein Abkommen unterzeichnet, das grünes Licht für den Bau des Werks in Belarus gibt. Die Daten der Tragödien von Tschernobyl und Fukushima zeigen, dass das unmittelbare radioaktive Einflussgebiet 5 055 km beträgt. Im Falle eines Unfalls wäre die Hauptstadt eines Mitgliedstaates der EU unmittelbar betroffen. Die EU sollte fordern, dass diese Drittländer ihre Verantwortung ernst nehmen und internationale Verpflichtungen und Standards für Kernenergie genauestens befolgen. Ich hoffe, dass der Europäische Rat auf seiner kommenden Tagung zu einer Übereinkunft kommt, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.-

 

18. Schaffung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU (Aussprache)
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  Der Präsident. − Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über

– die mündliche Anfrage an den Rat zur Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU, von Rui Tavares, im Namen der GUE/NGL-Fraktion (O-000042/2011 – B7-0205/2011),

– die mündliche Anfrage an den Rat zur Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU für Flüchtlinge, von Nadja Hirsch, Sophia in 't Veld, Sonia Alfano, Nathalie Griesbeck, im Namen der ALDE-Fraktion (O000045/2011 – B7-0206/2011),-

– die mündliche Anfrage an den Rat zur Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU, von Manfred Weber, Simon Busuttil, Georgios Papanikolaou, im Namen der PPE-Fraktion (O-000054/2011 – B70208/2011).-

 
  
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  Rui Tavares, Verfasser.(PT) Herr Präsident, Flüchtlinge sind wahrscheinlich die schutzbedürftigste Bevölkerungsgruppe der Welt, und unter diesen Schutzbedürftigen bedürfen diejenigen am meisten Schutz, die weder nach Hause zurückkehren, noch im Transitland bleiben dürfen. Das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen beziffert diese Bevölkerungsgruppe wie folgt: 200 000 Flüchtlinge pro Jahr. Wir wissen, dass die Hälfte davon von den Vereinigten Staaten und anderen Akteuren neu angesiedelt werden, und wir wissen, dass Europa zu wenig tut: 4 500 pro Jahr.

Wir alle sind uns also darüber einig, dass die Tragödie der Flüchtlinge eine dringende und wichtige Frage ist. Wie wichtig ist sie? Der Rat selbst hat diese Frage bereits beantwortet. Der schwedische Ratsvorsitz hat über die Neuansiedlung von 100 000 pro Jahr gesprochen und der belgische Ratsvorsitz hat am Ende seiner eigenen Amtszeit gesagt – wir hatten Premierminister Yves Leterme hier –, dass Flüchtlinge das Symbol für die Daseinsberechtigung der Europäischen Union selbst seien. Bitte entschuldigen Sie, dass ich das so sage, aber Flüchtlinge sind für den ungarischen Ratsvorsitz aus historischen Gründen von Bedeutung, weil im Jahr 1956 Ungarn der Grund für die ersten konzentrierten Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zur Neuansiedlung von Tausenden Flüchtlingen war.

Aber wie dringend ist die Tragödie der Flüchtlinge am Ende wirklich? Leider sind wir gezwungen, dem Rat diese Frage zu stellen. Welche Priorität haben Flüchtlinge für den Rat? Ist die Lage dringend genug, um endlich ein Stück Papier zu unterzeichnen, endlich eine Unterschrift zu setzen? Vor einem Jahr stimmte das Parlament für zwei Berichte, von denen einer eine Mitentscheidung über den Europäischen Flüchtlingsfonds war. Die große Mehrheit stand vereint hinter dem, was wichtig war: Angefangen bei den griechischen Kommunisten bis hin zu den britischen Konservativen. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Ein Jahr später warten wir immer noch auf den Rat. Der Mitentscheidungsprozess hat sich in einen Prozess der gemeinsamen Unschlüssigkeit verwandelt. Dieser Prozess der gemeinsamen Unschlüssigkeit wäre lächerlich, wenn er für die Menschen vor Ort nicht so tragisch wäre.----

Der Bericht, der angenommen wurde, beinhaltete Sofortmaßnahmen, die zusätzlich zu den jährlichen Prioritäten der Kommission ergriffen werden sollten. Wir haben dies getan, weil wir wissen, dass eine humanitäre Krise jederzeit ausbrechen kann. Eine ist gerade in Nordafrika ausgebrochen, vor unserer eigenen Haustür, und diese Sofortmaßnahmen sind immer noch nicht umgesetzt. Wir haben sie nicht, weil der Rat leider diese Mitentscheidung nicht abgeschlossen hat.-

Darüber hinaus hätten wir ab dem ersten Tag nach ihrem Abschluss neben diesen Notfallverfahren zusätzliches Geld für Länder, die mit der Durchführung einer Neuansiedlung beginnen möchten, und wir hätten klare Kategorien für Prioritäten, die von den Mitgliedstaaten angewendet werden. Wir hätten auch all das, was wir in den Initiativbericht aufgenommen haben: Qualität, Schnelligkeit und die Schaffung einer Neuansiedlungsstelle im Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen.-

Verehrte Mitglieder des Rates, Sie – und hier komme ich zum Ende, Herr Präsident – sind Mitgesetzgeber. Es ist nicht unsere Aufgabe, dem Rat zu sagen, wie er als Gesetzgeber zu handeln hat, aber dieses „Schreibtischschubladen-Veto“ hilft niemandem, insbesondere nicht der Glaubwürdigkeit der Institutionen. --

(Der Präsident unterbricht den Redner)

 
  
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  Nadja Hirsch, Verfasserin. − Herr Präsident! Das Neuansiedlungsprogramm war das Thema, an dem wir sehr intensiv mit Hochdruck gearbeitet haben und in das wir sehr viel Energie – über alle Fraktionen hinweg – hineingesteckt haben. Wir waren uns einig, wir haben ein Signal gesendet. Wir haben auch deswegen mit höchster Priorität daran gearbeitet, weil es einfach ein sehr wichtiges Thema ist: Es geht hier um Menschen.

Nichtsdestotrotz sind wir aber – gerade durch die Situation und die Entwicklung, die wir jetzt in Nordafrika haben – noch einmal mehr gefordert, wirklich schnell zu Ergebnissen zu kommen. Wir haben bereits ein Jahr verloren. Wir haben die Zeit wirklich genutzt, um auch eine soziale Diskussion in der Gesellschaft zu entfachen, denn wir brauchen letztendlich ja auch die Unterstützung der Mitgliedstaaten, der Kommunen und der Bevölkerung vor Ort, um genau so ein Programm auch in neuen Mitgliedstaaten zu etablieren. Und diese Diskussion, dieser gesellschaftliche Konsens, der Stück für Stück gewachsen ist, darf jetzt nicht abbrechen, nur deshalb, weil der Rat und weitere Akteure nicht zu Rande kommen und nicht weiterkommen. Dieses Thema ist zu wichtig! Wir haben diese Diskussion angestoßen und wollen gerade als Liberale hier wirklich eine Priorität setzen.

Ich denke, wir sind uns hier über die Fraktionen hinweg einig. Wir haben ein Signal gesendet und wir warten darauf, dass jetzt auch seitens des Rates ein deutlicher Akzent gesetzt wird, dass das Thema auf die Tagesordnung gesetzt wird, dass die anderen Mitgliedstaaten, die bisher nicht aktiv waren, auch mitgenommen und motiviert werden. Wir haben in den Dialogen auch die Rückmeldung bekommen, dass die Mitgliedstaaten Bereitschaft zeigen. Insofern wirklich die große Bitte seitens der Liberalen – aber ich glaube, ich spreche für alle Fraktionen, die daran beteiligt waren, denn es gab wirklich eine gute Zusammenarbeit –, hier eine Priorität zu setzen und den Diskurs, den wir auf breiter gesellschaftlicher Ebene erreicht haben, fortzuführen und ihn nicht zu gefährden, indem das Thema immer und immer wieder verschoben wird.

 
  
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  Georgios Papanikolaou, Verfasser.(EL) Herr Präsident, im Anschluss an das, was meine Kolleginnen und Kolleginnen gesagt haben, möchte auch ich, Frau Ministerin, fast ein Jahr, nachdem die Entschließungen von diesem Parlament angenommen wurden, in die viel Arbeit investiert wurde, in erster Linie hinzufügen, dass genau aus diesem Grund eine Mission nach Syrien entsendet wurde und wir so viele Mitgliedstaaten wie möglich mobilisiert haben, sich an dem Neuansiedlungsprogramm für Flüchtlinge zu beteiligen; und trotzdem haben wir immer noch nichts erreicht. Selbst wenn es formelle Probleme seitens des Rates gibt und auch das Parlament einbezogen werden muss, wir sind hier, um Lösungen zu finden. Das ist unser Zweck.

Wir beziehen uns auf die humanitäre Dimension dieses Programms, aber wir beziehen uns auch auf das Europa an die Hand gegebene Instrument, sodass es seine Außenpolitik noch effektiver ausüben kann. Wäre dieses Instrument nicht ein überaus wichtiges Werkzeug in den Händen von Baroness Ashton, wenn sie in Nordafrika wäre und sich auf das Programm berufen könnte, über das wir abgestimmt hatten?

Natürlich beziehen wir uns auf globale Bedürfnisse. Allerdings müssen wir natürlich verstehen, dass das Problem nun vor unserer Tür liegt. Europa wird aufgefordert, eine Führungsrolle im Mittelmeerraum zu übernehmen. Wir müssen dieses Programm in Gang setzen, Herr Minister, und es vorantreiben, und wir müssen bei der Debatte der Haushaltsressourcen nach 2013 verstehen, dass es noch bis 2013 Ressourcen für dieses Programm geben wird, und dass, wenn wir noch mehr Zeit verschwenden, wir nicht mehr dazu in der Lage sein werden, diese Ressourcen und Fazilitäten zu nutzen.

Abschließend möchte ich Sie, Frau Ministerin, an das Versprechen erinnern, dass wir damals gegeben haben und zu dem wir in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) immer wieder zurückkehren, nämlich das Neuansiedlungsprogramm für Flüchtlinge. Wir können es uns nicht leisten, auf noch ein Lampedusa zu warten, Frau Ministerin, bevor wir verstehen, wie notwendig diese Initiative ist und dass wir sie mit voller Kraft vorantreiben müssen.

(Beifall)

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. (HU) Herr Präsident, verehrte Mitglieder, das Europäische Parlament hat drei Fragen im Hinblick auf die Neuansiedlung von Flüchtlingen an den Europäischen Rat gerichtet. Ich möchte den drei Fragestellern dafür danken, dass sie die Überlegungen, die sie zur Formulierung der Fragen geführt haben, ausführlich dargelegt haben. Alle drei Fragen hatten mit dem Vorschlag der Kommission zu tun, der die Entscheidung über die Errichtung eines Europäischer Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 im Hinblick auf die Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der Europäischen Union ändern soll. Ich glaube, dass diese Debatte auch die große Besorgnis des Europäischen Parlaments über das Schicksal der Menschen zeigt, die am bedürftigsten sind. Deshalb möchte ich zuerst den Damen und Herren Abgeordneten dafür danken, dass sie sich so sehr dafür einsetzen, die Lage der Flüchtlinge zu lösen. Wie auch Herr Tavares bemerkt hat, der aus Ungarn stammt, hat der ungarische Ratsvorsitz, mit seinem Erbe der Revolution von 1956 und als eine Verpflichtung gegenüber diesem, eine moralische Verpflichtung, im Bereich des gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der Europäischen Union Fortschritte zu erzielen.

Die nordafrikanische Krise, auf die mehrere von Ihnen Bezug genommen haben, hat gezeigt, dass ein gut funktionierendes, vereintes europäisches Asylsystem notwendig ist. Ich stimme der Position des Europäischen Parlaments zu, dass die Europäische Union bei der Lösung der Lage von Flüchtlingen Verantwortung übernehmen muss, wenn sie ihre Führungsrolle bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe erhalten möchte. Erlauben Sie mir, Ihnen die aktuellsten Informationen darüber zu geben, wie sich die Flüchtlingslage an den Grenzen Libyens zu diesem Zeitpunkt entwickelt. Ich habe die tunesisch-libysche Grenze Anfang März besucht. Zu diesem Zeitpunkt trafen stündlich Tausende Flüchtlinge ein, die meisten von ihnen Wanderarbeitnehmer, für die es am wichtigsten war, einen Weg nach Hause, ein Mittel zur Rückführung zu finden. Von all diesen Menschen befanden sich diejenigen in der schwierigsten Lage, die ohne Papiere oder Dokumente eintrafen. Die internationalen Hilfsorganisationen vor Ort kümmerten sich um sie. Ihre Zahl wuchs; ihre Rückführung als solche ist unlösbar, und deshalb kommt in diesem Moment sicher das Neuansiedlungssystem in Betracht. Heute, oder besser gesagt gestern und heute, war der ungarische Außenminister János Martonyi auf der anderen Seite, an der libysch-ägyptischen Grenze. Der Hauptzweck seines Besuchs bestand darin, etwas über die Flüchtlingslage zu erfahren. Er ging zur Grenze und traf sich dort mit ägyptischen Beamten. Die Lage dort, in diesem Grenzabschnitt, hat sich nun geändert. Seit drei Tagen gibt es an diesem Grenzabschnitt keine Abwanderung aus Libyen.

Gegenwärtig gibt es etwa 200 Menschen, die an dem Neuansiedlungsprogramm teilnehmen könnten. Die anderen, die bis jetzt eingetroffen sind, werden von den ägyptischen Behörden evakuiert, das heißt, ihnen wird geholfen, nach Hause zurückzukehren, im Übrigen mit der Hilfe der Mitgliedstaaten der EU. Nebenbei bemerkt hat Herr Martonyi auch Gespräche mit dem Außenminister des nationalen Übergangsrates von Bengasi sowie dem ägyptischen Innenminister geführt, und zwar genau aus dem Grund, einen Überblick über die Flüchtlingslage zu gewinnen. Im Hinblick auf eine gemeinsame europäische Asylpolitik möchte ich betonen, dass wir unser Möglichstes tun, eine gemeinsame Politik und ein gemeinsames System zu schaffen, das auf der vollen Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 in Bezug auf den Status von Flüchtlingen und anderer einschlägiger internationaler Konventionen beruht und mit den im Stockholmer Programm vom Europäischen Rat eingegangenen Verpflichtungen in Einklang steht. Der ungarische Ratsvorsitz engagiert sich dafür, die Vorschläge im Flüchtlingspaket voranzubringen. Dies wird auch durch die Tatsache belegt, dass wir basierend auf der von den Mitgliedstaaten gewährten Genehmigung von letzter Woche bereit sind, so bald wie möglich informelle Triloge über die Asylqualifikationsrichtlinie aufzunehmen, um das Zieldatum 2012 einzuhalten.

Ich danke Ihnen nochmals für die Januar-Debatte, bei der ich in dieser Frage den Vorsitz hatte. Auch damals habe ich auf die Fragen der Mitglieder des Europäischen Parlaments geantwortet. Ich möchte auch betonen, dass der Rat die Wichtigkeit der Neuansiedlung als dauerhafte Lösung für Flüchtlinge anerkennt und daher den Vorschlag für eine Entscheidung über die Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU und die diesbezügliche Ankündigung der Kommission, die von der Kommission bereits im September 2009 vorgelegt wurde, begrüßt hat. Diese Initiativen sind auf das Abkommen zurückzuführen, zu dem der Europäische Rat in Verbindung mit dem Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl im September 2008 gelangte, nämlich, dass die Neuansiedlung von Personen, die unter dem Schutz des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen stehen, im Hoheitsgebiet der Europäischen Union vorübergehend auf freiwilliger Basis erfolgen könnte.

Als konkretes Beispiel möchte ich die Schlussfolgerungen des Rates im Juli und November 2008 hervorheben, in denen sich die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet haben, irakische Flüchtlinge in ihrem Hoheitsgebiet neu anzusiedeln, oder besser gesagt, wir haben sie in diesen Schlussfolgerungen dazu ermutigt. Im September 2009 hat der Rat die ausführliche Untersuchung des Vorschlags zur Änderung der Entscheidung über die Errichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds eingeleitet. In der ersten Hälfte des Jahres 2010 wurden mit dem Europäischen Parlament mehrere informelle Sitzungen abgehalten. Die Mitgliedstaaten haben große Flexibilität gezeigt, und fast alle haben die Vorschläge des Europäischen Parlaments angenommen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, nämlich die Einrichtung eines besseren, flexibleren Systems in Übereinstimmung mit dem Vorschlag der Kommission. Wie die ehrenwerten Abgeordneten in ihren Fragen sehr richtig erwähnt haben, sind der Europäische Rat und das Europäische Parlament dank der oben genannten informellen Sitzungen zu einer Übereinkunft über den politischen Inhalt der Entscheidung gelangt. Der Rat hat zum Beispiel einen der wichtigsten Vorschläge des Parlaments unterstützt, nämlich die Schaffung eines Mechanismus, der neuere Mitgliedstaaten dazu ermutigen soll, sich unter anderem durch Finanzinstrumente an dem Neuansiedlungsprogramm zu beteiligen. Der Rat konnte den Vorschlag des Europäischen Parlaments jedoch nicht unterstützen, in dem nahegelegt wurde, dass die Annahme der gemeinsamen jährlichen Neuansiedlungsprioritäten der EU in Übereinstimmung mit Artikel 290 des Vertrags durch die Anwendung des Verfahrens über delegierte Rechtsakte erfolgen sollte.

Die Position des Rates und der Kommission sind diesbezüglich identisch. Der Programmierzyklus für die Durchführung des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme gibt enge Zeitpläne vor, wobei eine effektive Planung durch Durchführungsrechtsakte bereitgestellt werden kann. Darüber hinaus stimmt der Rat mit der Stellungnahme der Kommission überein, dass die Definition von jährlichen Neuansiedlungsprioritäten nur einen durchführenden Charakter hat, weil dies im Wesentlichen bedeutet, dass die Durchführungsbestimmungen in der Entscheidung auf spezifische Situationen angewendet werden. Bedauerlicherweise waren der Rat und das Europäische Parlament nicht dazu in der Lage, in Bezug auf den Vorschlag auf einer Ebene zu einer Übereinkunft zu gelangen, die eine jährliche Definition der gemeinsamen Neuansiedlungsprioritäten der EU ermöglichen würde.

Jedoch sollten wir nicht vergessen, dass die Neuansiedlung eine der Aktivitäten ist, die gemäß dem aktuellen Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 unterstützt werden sollen. Basierend auf den vorgeschlagenen Änderungen ist es richtig, dass die Mitgliedstaaten, die zum ersten Mal an dem Neuansiedlungsprogramm teilnehmen, eine etwas größere finanzielle Unterstützung erhalten, und dass es eine Möglichkeit gibt, die für die Neuansiedlung ausersehenen geografischen Regionen und die Nationalitäten zu definieren, die jedes Jahr neu angesiedelt werden müssen. Nichtsdestotrotz haben die Mitgliedstaaten schon jetzt ein Recht auf einen festen Betrag in Höhe von 4 000 EUR für jede neu angesiedelte Person, die unter eine der in der einschlägigen Entscheidung angegebenen Kategorien fällt. Davon abgesehen gibt es für Mitgliedstaaten, die bislang noch nicht teilgenommen haben, kein Hindernis dafür, mit der Neuansiedlungsaktivität im Rahmen des derzeitigen Programms zu beginnen. Ich freue mich, Ihnen mitzuteilen, dass im nächsten Jahr auch Ungarn Teil dieses Programms sein wird und bereit ist, an dem Neuansiedlungsprogramm teilzunehmen.

Abschließend möchte ich betonen, dass der Rat natürlich weiterhin gewillt ist, alle Vorschläge zu berücksichtigen, die umgesetzt werden können, und für offene Fragen im Hinblick auf diese Angelegenheit eine beiderseits akzeptable Lösung anzubieten. In Übereinstimmung mit dem Vorschlag der Kommission ist es unser Ziel, den vorhandenen Mechanismus noch flexibler und effizienter zu machen. Ich möchte wirklich, dass diese extrem wichtige Angelegenheit nicht zu einer weiteren Frage der rechtlichen Auslegung verkommt. Es gibt so viele Fragen, wo Angelegenheiten von großer Wichtigkeit zu einem Dilemma von „Durchführungsrechtsakt“ gegen „delegierter Rechtsakt“ verkommen, und ich möchte, dass während des ungarischen Ratsvorsitzes diesbezüglich positive Fortschritte erzielt werden. Vielen Dank.

 
  
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  Agustín Díaz de Mera García Consuegra, im Namen der PPE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, ich denke, dass niemand überrascht sein wird, erneut von mir zu hören, dass Solidarität mit Flüchtlingen und Vertriebenen ein Grundelement der EU-Politik in den Bereichen Asyl und Immigration sein sollte.

Jedoch ist dies nicht nur eine Frage der Solidarität mit jenen, die aus schwachen und benachteiligten Gesellschaften kommen, sondern auch mit den Mitgliedstaaten, die aufgrund ihrer geografischen Lage, ihrer Kultur oder ihrer Sprache in dieser Hinsicht größerem Druck ausgesetzt sind.

Während in einigen Ländern die Anzahl der Anträge auf Schutz und die Anzahl der eintreffenden Einwanderer niedrig ist, gibt es viele andere Länder, die dem Druck, dem ihre Grenzen täglich ausgesetzt sind, nicht standhalten können.

Nach der Annahme der Berichte betreffend die Mitteilung der Kommission über das Neuansiedlungsprogramm der Union und den Änderungsvorschlag des Europäischen Flüchtlingsfonds im Mai 2010 warten wir noch immer darauf, dass der Rat das Mitentscheidungsverfahren zum Abschluss bringt.

Die Pilotprojekte, die derzeit in 10 Mitgliedstaaten ausgeführt werden, sind ein winziger Tropfen auf den heißen Stein.

Die südlichen Mitgliedstaaten stehen unter großem Druck, insbesondere seit Beginn der Volksbewegungen in Ägypten und Tunesien und des Kriegs in Libyen.

Lampedusa hat eine Einwohnerzahl von 5 000 und hat seit Beginn der Konflikte fast 6 000 Einwanderer aufgenommen.

Die oben erwähnten Pilotprojekte sind vollkommen unzureichend und werden so gut wie gar nichts ausrichten können, um den Druck abzubauen, der bereits Italien und Malta betrifft, aber in naher Zukunft auch andere Mittelmeerländer betreffen wird.

Die Union insgesamt muss diesen Ländern helfen. Der Rat muss die Hindernisse, die derzeit die volle Umsetzung eines europäischen Neuansiedlungsprogramms verhindern, unbedingt überwinden und die Minderheiten, die es blockieren, besiegen. Massive Vertreibungen und Wanderungen ganzer Bevölkerungsgruppen betreffen die Union insgesamt und nicht nur einen Teil von ihr.

Ich komme zum Ende, Herr Präsident. Letzte Woche habe ich die Präsenz des Europäischen Parlaments an den Grenzen Libyens gefordert, und ich wiederhole diese Forderung jetzt. Es ist nicht ausreichend, dass 10 Kolleginnen und Kollegen die letzte Woche in Ägypten verbracht haben: Wir müssen die humanitäre Lage selbst bewerten.

 
  
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  Claude Moraes, im Namen der S&D-Fraktion. Herr Präsident, heute hören wir in diesem Plenarsaal eindeutig eine sehr starke, parteiübergreifende Aufforderung an den Rat, alles Mögliche für die Verwirklichung der Neuansiedlung von Flüchtlingen zu tun.

Die Neuansiedlung von Flüchtlingen ist nicht das gleiche wie die Lastenteilung. Wenngleich wir Verbesserungen im gemeinsamen Asylsystem sehen wollen, fordern wir hier die Beseitigung der Barrieren, die ein europäisches Neuansiedlungssystem im Vergleich zu den Zahlen in den Vereinigten Staaten und Kanada nur sehr begrenzt glaubwürdig erscheinen lassen, da man sich hier gerade einmal 4 000 Flüchtlingen in der gesamten Europäischen Union annimmt. Lassen Sie uns nicht vergessen, dass die große Mehrheit der Vertriebenen in der Welt in Entwicklungsländer strömt. Die Lehre von Nordafrika ist, dass all diese Menschen in Länder strömen, die nicht dazu in der Lage sind, diese Last zu bewältigen.

Der Rat muss diese Situation lösen, und zwar zugunsten eines glaubwürdigen Neuansiedlungssystems. Diese Forderung, die wir heute Abend an den Rat richten, erfolgt im Namen aller Parteien.

 
  
  

VORSITZ: RAINER WIELAND
Vizepräsident

 
  
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  Nathalie Griesbeck, im Namen der ALDE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, Frau Győri, ich habe eine Zahl, eine Anmerkung und eine Frage. Eine Zahl: Es gibt mehr als 10 Millionen Flüchtlinge auf der Welt. Es sind schutzbedürftige Menschen, Frauen, denen Gewalt oder Ausbeutung droht, Kinder und unbegleitete Minderjährige. Dies ist eine ernsthafte Krise, für die wir Lösungen finden müssen, die zeigen, dass wir um die Menschenrechte bemüht sind.

Eine Anmerkung: Seit einem Jahr gibt das Parlament seine Zustimmung, und ich schließe mich der Bitte meines Kollegen an Sie, Frau Győri, an, von dem sehr breiten Konsens im Parlament zu diesem Thema Kenntnis zu nehmen.

Eine Frage: Ich möchte nicht annehmen, dass der Rat in irgendeiner Weise den Zynismus besitzt und sich den Umstand zunutze macht, dass es für die erste Lesung keine Frist gibt, um das Mitentscheidungsverfahren zu blockieren. Wie verhält es sich mit der Notfallneuansiedlung? Frau Győri, dies kann nicht bis 2012 warten.

Ich fordere die Mitgliedstaaten auf, von der Schizophrenie abzukommen, aus der heraus sie in Äußerungen feste und kohärente Standpunkte vertreten, während, sobald der rechtliche Rahmen Form anzunehmen beginnt, gegenteilige Stimmen laut werden, wie es hier der Fall zu sein scheint. Dieser Rechtsrahmen muss der unbedingten Notwendigkeit gerecht werden, der unserer heutigen Welt.

 
  
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  Timothy Kirkhope, im Namen der ECR-Fraktion. Herr Präsident, ich äußere mich hier als ehemaliger Einwanderungsminister des Vereinigten Königreichs. Ohne Zweifel hat der Schutz der Schutzbedürftigen und derjenigen, die echte Zuflucht suchen, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse weltweit große Bedeutung und Vorrang für dieses Haus und, ich hoffe, noch größerer Bedeutung für den Rat.

Das Vereinigte Königreich hat wie andere Mitgliedstaaten in der Vergangenheit seinen Teil zur Neuansiedlung von Flüchtlingen durch nationale Neuansiedlungsprogramme beigetragen. Doch es ist überaus wichtig, dass wir mit einem abgestimmten, auf Zusammenarbeit beruhenden und kommunikativen Konzept erörtern, wie wir die Unterstützung der Bedürftigsten mit Realität der Mitgliedstaaten vereinbaren können, die bereits mit nationalen Prioritäten überlastet sind. I am cautious, however, that programmes in this area should not undermine a nation’s right to set its own policies.

Wir brauchen auch die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen dem Parlament und dem Rat, stärkere Anstrengungen vonseiten des Rates, mehr Entschlossenheit des Rates. Ich möchte um die Zusicherung bitten, dass der Rat beabsichtigt, dieses Haus regelmäßig darüber zu unterrichten, wie er vorgehen wird und ob bzw. wie sich die jüngsten Ereignisse in Nordafrika auf das Tempo und das Verfahren auswirken werden. Außerdem möchte ich wissen, ob mit den zunehmenden Belastungen Vorschläge für verbindliche Quoten für Flüchtlinge, die in den Mitgliedstaaten neu angesiedelt werden, zu erwarten sind. Ich bitte den Rat, diese Sache voranzubringen.

 
  
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  Franziska Keller, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. Herr Präsident, die Neuansiedlung ist ein wichtiges Instrument im Umgang mit Flüchtlingen. Andere Länder wie die USA siedeln in ihrem Gebiet jedes Jahr Tausende von Flüchtlingen neu an. Die Neuansiedlung richtet sich an Menschen, die nicht in die Europäische Union gelangt sind oder nicht versucht haben, hierher zu gelangen, um Asyl zu beantragen. Demnach sollte sie für die Staats- und Regierungschefs, die immerzu darüber reden, dass wir die Migration dort in Angriff nehmen sollen, wo sie entsteht, bevor sie in der Europäischen Union endet, das ideale Instrument sein.

An Stelle der EU jedoch nehmen andere Länder, die viel ärmer sind als irgendein EU-Mitgliedstaat, eine Vielzahl von Flüchtlingen auf und kommen für sie auf, wie Pakistan und Syrien. Da diese Länder nicht über Aufnahmeeinrichtungen verfügen, leiden viele Flüchtlinge unter nicht hinnehmbaren Bedingungen. Die EU kann und sollte hier helfen. Die Neuansiedlung von irakischen Flüchtlingen in der EU hat gezeigt, dass es funktioniert. Allerdings war die Zahl der irakischen Flüchtlinge verschwindend gering.

Es müssen viel mehr international anerkannte Flüchtlinge die echte Chance für ein neues Leben erhalten, und ich finde es unglaublich, dass der Rat und die Kommission versuchen, das Parlament an der Ausübung seiner parlamentarischen Rechte zu hindern. Ich halte es für nicht akzeptabel, wenn Sie sagen, wir würden den Prozess verzögern: Gerade wir haben ja versucht unsere normalen parlamentarischen Rechte durchzusetzen. Meines Erachtens haben Sie, der Rat, diesen verzögert, indem Sie uns diese Rechte nicht gewährt haben. Dies ist nicht nur unser Recht, sondern auch unsere Pflicht als gewählte Vertreter der europäischen Bürgerinnen und Bürger.

Ich möchte hören, wie Ihr konkreter, genauer Zeitplan aussieht, um die Schwierigkeiten, auf die Sie gestoßen sind, zu bewältigen. Verpflichten Sie sich persönlich dazu, dass dieses Thema möglichst bald auf die Tagesordnung gesetzt wird? Jeden Tag verlieren wir Zeit.

Es gibt weitere Instrumente, die in der gegenwärtigen Lage sehr hilfreich wären. Die Neuansiedlung könnte auch langfristig eine Rolle spielen, wenn wir der Situation in Nordafrika abhelfen wollen, doch es stehen auch anderer Instrumente zur Verfügung, die nicht genutzt werden. Beispielsweise die Richtlinie über vorübergehenden Schutz oder die interne Verteilung von Flüchtlingen. Dies sind Instrumente, die zur Verfügung stehen, aber nicht genutzt werden. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Mitgliedstaaten nicht willens sind, die Menschenrechte zu schützen, dass sie, was internationalen Schutz betrifft, zaghaft sind. Ich würde gern erfahren, wie sie bis 2012 das Gemeinsame Asylsystem umsetzen wollen, denn das scheint mir recht spät zu sein.

 
  
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  Csanád Szegedi (NI).(HU) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute über Migration sprechen, dann müssen wir offenbar bei der Analyse der Lage in Nordafrika ansetzen. Einerseits ist es zu begrüßen, dass die Völker Nordafrikas den Wind der Demokratie spüren, aber andererseits ist es bedauerlich, dass jetzt zahllose Menschen sterben, auch in dieser Stunde. Kinder, Frauen, unschuldige Zivilisten. Dies ist, muss ich dazusagen, nur der Kurzzeiteffekt. Denn die negativen Auswirkungen der Migration werden sich wohl erst auf lange Sicht zeigen. Betrachten wir nur die Tatsache, dass nahezu eine halbe Million Menschen, Flüchtlinge, Libyen in den vergangenen Tagen verlassen haben. Die Neuansiedlung dieser Flüchtlinge gestaltet sich aufgrund der Tatsache, dass Europa voll ist, besonders schwierig. In Osteuropa wiederum ist die Aufnahme von zusätzlichen Einwanderern aufgrund der weiten Verbreitung und des ethnischen Anteils der Roma schwierig. In Westeuropa gilt übrigens dasselbe für Menschen aus Schwarzafrika oder Araber.

Stellen wir uns doch folgende Frage: Wenn wir nun diese Einwanderer in Europa ansiedeln? Was geschieht danach? Wer wird ihnen Arbeitsplätze geben? Wie sieht es mit sozialen Spannungen aus? Wie mit religiösen, ethnischen und kulturellen Spannungen? In der derzeitigen Situation ist es absurd, mehr Einwanderer in solch zwanghafter Weise in Europa anzusiedeln. Der Grund für das Erliegen dieses Prozesses, dieser liberalen Struktur, liegt in dem grundsätzlich falschen Migrationskonzept. Würden sich die liberalen Abgeordneten bitte einmal ansehen, wie wenige von ihnen in diesem Plenum anwesend sind, bei der Aussprache über ein Thema, das ihnen so wichtig ist? Weshalb? Es sind nur ein oder zwei Mitglieder der liberalen Fraktion hier. Sie sollten sich schämen! Sie brauchen kaum zu hoffen, dass Sie Ihre Ziele auch nur ansatzweise erreichen, wenn Sie in den Plenarsitzungen ein solches Maß an Aktivität an den Tag legen. Der Europäische Flüchtlingsfonds (EFF) sollte stattdessen genutzt werden, um Lebensgrundlagen für diese Menschen in Nordafrika und vor Ort in den Herkunftsländern der Flüchtlinge zu schaffen und den europäischen Bürgern ihre Achtung und ihre Arbeit wieder zurückzugeben. Vielen Dank.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE).(PT) Herr Präsident, ich war sehr erfreut, zu hören, wie von der amtierenden Ratsvorsitzenden die Wichtigkeit der Flüchtlinge und des Neuansiedlungsprogramms hervorgehoben wurde. Die Zahlen des Hochkommissariats der Vereinten Nationen für Flüchtlinge sind eindeutig: Wir sprechen von Millionen von Flüchtlingen und von über 200 000 Menschen jährlich, die Neuansiedlungsprogramme benötigen.

Es besteht somit eine humanitäre Notlage in der uns umgebenden Welt: Mittlerweile nicht mehr nur in Afghanistan, Somalia und Kongo, sondern auch in Ägypten, Libyen und in vielen anderen Ländern sehen wir uns damit konfrontiert. Doch kommt zu der humanitären Notlage noch hinzu – worauf Herr Papanikolaou hinwies –, dass wir nicht ausgegebene Haushaltsmittel haben, weil diese Programme nicht gebilligt wurden.

Das ist der derzeitige Stand, Frau Enikő. Ich war ebenfalls erfreut, von Ihnen zu hören, dass dieser Prozess nicht wegen rechtlicher Fragen zum Erliegen kommen würde. In Wahrheit ist der Prozess zum Erliegen gekommen, in hohem Maß aus rechtlichen Gründen. Wir befinden uns in einem Mitentscheidungsverfahren, und wir konnten nicht feststellen, dass der Rat mit den Lösungen des Parlaments nicht übereinstimmt. Herr Rui Tavares hat einen ausgezeichneten Bericht erarbeitet, und wir sehen keine Vorschläge des Rates, die dem für die Neuansiedlungsprogramme entwickelten Modell zuwiderlaufen. Was wir sehen ist, dass der Rat wegen rechtlicher Fragen eingeschränkt ist, und das kann nicht sein. Die Frage, die Herr Rui Tavares zu Beginn dieser Aussprache stellte, was Priorität hat und ob das Thema der Neuansiedlung von Flüchtlingen dem Ratsvorsitz und dem Rat wichtig ist oder nicht, ist von großer Bedeutung.-

Wir haben den Eindruck, dass es nicht wichtig ist. Morgen werden die Mitglieder des Rates eine Tagung abhalten, danach – wir kennen bereits den Vorschlag für die Schussfolgerungen dieses Rates – wird der Entwurf zum Thema Migrationsströme auf die Ratstagung im Juli verschoben. Wir würden uns wünschen, Frau Enikő, dass von hier folgende Empfehlung ausgeht: Das Europäische Parlament fordert den Rat nicht auf zu verschieben, das Europäische Parlament fordert den Rat auf, zu beschließen.

 
  
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  Sylvie Guillaume (S&D).(FR) Frau Győri, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor dem Hintergrund der humanitären Krise in Libyen ist es heute mehr denn je von entscheidender Bedeutung, dass Europa sich mit Mitteln für ein abgestimmtes Vorgehen im Bezug auf die Neuansiedlung ausstattet.

Seit dem 1. März ruft der UNHCR die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich an der Neuansiedlungsmaßnahme zu beteiligen, doch kein Mitgliedstaat hat bisher die Absicht seiner Teilnahme mitgeteilt. Allein Italien hat 58 Eritreer aufgenommen, die aus Tripolis notevakuiert wurden, aber ich habe gehört, es gäbe ein Programm oder einen Vorschlag für die Neuansiedlung von 4 000 Menschen, die in Libyen eingeschlossen sind. Ich möchte darüber gern mehr erfahren.

Es ist tatsächlich so, dass die Verantwortung der Europäischen Union es nicht erlaubt, in diesem Bereich tatenlos zuzusehen. Wir müssen mehr Solidarität gegenüber diesen Staaten und ihrer Bevölkerung beweisen. Tunesien und Ägypten haben sich bereit erklärt, ihre Grenzen für Menschen, die aus Libyen fliehen, zu öffnen. Europa muss sie unterstützen und seine Rolle im Rahmen der internationalen Maßnahmen zum Schutz der Flüchtlinge übernehmen.

Doch neben der Dringlichkeit der humanitären Krise in Libyen gibt es viele Herausforderungen, denen Europa sich in Bezug auf die Neuansiedlung stellen muss. Lassen Sie mich drei anführen:

Erstens: Die Europäische Union muss sich um eine großzügigere Neuansiedlungspolitik für diejenigen bemühen, für die die Neuansiedlung der letzte Ausweg ist. In dieser Hinsicht sollten wir uns alle vor Augen führen, dass im Jahr 2009 etwa 85 000 Flüchtlinge weltweit neu angesiedelt wurden, aber nur 8,4 % davon in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Neben dieser quantitativen Zielvorgabe sollte eine jede glaubwürdige europäische Neuansiedlungspolitik ebenfalls die Qualität der Vorbereitungen im Vorfeld der Neuansiedlung der Kandidaten sichern, unter Berücksichtigung der schutzbedürftigsten Menschen und des Niveaus der Aufnahme- und Integrationsstrukturen des Aufnahmelandes.

Schließlich sollte sich das Europäische Neuansiedlungsprogramm, sofern es die bestehenden nationalen Asylsysteme ergänzt, wie dies im Standpunkt des Parlaments im Jahr 2010 bereits deutlich gemacht wurde, auf die verschiedenen Erfahrungen und Ergebnisse in den Mitgliedstaaten stützen und besser abgestimmt werden.

 
  
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  Anna Rosbach (ECR).(DA) Herr Präsident, überall auf der Welt nehmen die Flüchtlingsströme zu. Dies ist teilweise die Folge von Kriegen und Unruhen, teilweise von Naturkatastrophen. Diese Menschen suchen vorübergehend Schutz. Die große Mehrheit der Flüchtlinge kehrt in ihr Heimatland zurück, doch etwa 200 000 müssen irgendwo anders auf der Welt neu angesiedelt werden. Die Umstände ändern sich jedoch ständig und aufgrund der Unruhen und Kriege in Nordafrika sind die südlichen Grenzen Europas durch Tausende von Flüchtlingen jetzt einem erhöhten Druck ausgesetzt. Die Kapazitäten der Mitgliedstaaten, um diese Menschen aufzunehmen, sind höchst unterschiedlich.

Ich möchte deshalb fragen, ob der Rat uns sagen kann, welche Auswirkungen diese Flüchtlingsströme in Bezug auf den Anteil haben werden, der in das Neuansiedlungsprogramm aufgenommen werden kann. Mit diesem Programm wird die Zuständigkeit der EU im Umgang mit Flüchtlingen und Asylfragen erweitert. Ich halte das für problematisch. Wie andere Kollegen möchte auch ich eine Frage stellen: Kann der Rat einen Zeithorizont für die Antwort auf die Frage nennen, ob er sich für oder gegen ein gemeinsames Neuansiedlungsprogramm der Europäischen Union ausspricht?

 
  
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  Carmen Romero López (S&D).(ES) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Problem, das wir erörtern, ist ein Problem der öffentlichen Meinung.

Wie überzeugen wir die Mitgliedstaaten davon, dass eine gemeinsame Neuansiedlungspolitik besser ist? Die Tatsache, dass ein Mitgliedstaat seine Souveränität in diesem Bereich aufrecht erhalten will, ist kein Hinderungsgrund für die Existenz einer Gemeinschaftspolitik, die Prioritäten setzt, noch dafür dass diese Strategien sich in den Fördermitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF) niederschlagen.

Es ist deshalb dringend notwendig, die Blockade in Bezug auf dieses Thema zu durchbrechen, denn es gibt viele Lösungsmöglichkeiten. Vielleicht sollte der Rat diese Frage in Betracht ziehen.

Wenn die Mitgliedstaaten ohne jegliche Bedingungen Finanzmittel aus dem EFF erhalten, dann wird es niemals eine gemeinsame Neuansiedlungspolitik geben.

Daher ist die gemeinsame Asylpolitik eine offene Frage, die man nicht verhehlen kann. Zudem ist es unklug und kleinlich, eine gemeinsame Strategie nicht anzugehen, was lediglich dazu führen wird, dass die Folgen dieser Zurückhaltung mit jedem Tag gravierender werden.

Es ist nicht nur eine Frage der Werte: Der Mangel an Koordination und gemeinsamer Solidarität bedeutet für die Mitgliedstaaten höhere Kosten.

 
  
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  Monika Flašíková Beňová (S&D). – (SK) Herr Präsident, vor knapp einem Jahr habe ich hier in diesem Plenum dargelegt, dass weniger als die Hälfte der Mitgliedstaaten der EU über ein offizielles Neuansiedlungsprogramm für Flüchtlinge aus Drittstaaten verfügten.

Zudem sind diese Programme nicht gut abgestimmt. Aufgrund des geringen Maßes an Koordinierung und Zusammenarbeit unter den EU-Mitgliedstaaten sind die mit der Neuansiedlung verbundenen Kosten unverhältnismäßig hoch. Auch trifft immer noch zu, dass wir mit dem nötigen politischen Willen in der Lage sein werden, ein wirksames, faires und einheitliches Neuansiedlungsprogramm zu schaffen. Zu diesem Zweck wird es unerlässlich sein, nicht nur ein Programm zu schaffen, sondern auch einen Spezialfonds für die Neuansiedlung von Flüchtlingen in der Union. Mit diesem Paket würde die Schaffung von nationalen Neuansiedlungsprogrammen finanziert werden, wo diese nicht bereits vorhanden sind, wie auch die Koordinierung der Tätigkeiten auf zentraler Ebene.

Auch wenn uns diese Tatsachen seit langem bekannt sind und auch wenn zwischen Parlament, Kommission und Rat seit mindestens einem Jahr politischer Konsens besteht, liegt bisher noch keine endgültige Entscheidung vor. Deshalb möchte ich mich der Forderung der Kolleginnen und Kollegen an den Rat anschließen, den Abschluss des Mitentscheidungsverfahrens in diesem Bereich zu einer seiner Prioritäten zu machen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident, wir sind ernsthaft besorgt über die humanitäre Lage der Flüchtlinge, derjenigen, die vor Kriegen, bewaffneten Konflikten, Hunger, Ausbeutung, Armut fliehen, und der von Frauen und Kindern, die Opfer von Menschenhändlern geworden sind. Die Solidarität mit diesen Menschen ist ein zentrales Thema, das konkrete Maßnahmen erfordert, sei es im Hinblick auf Flüchtlingshilfe oder die Unterstützung der Länder, die aufgrund ihrer geografischen Nähe am stärksten von Flüchtlingen aufgesucht werden.

Mit den jüngsten Konflikten in den Ländern Nordafrikas und den Kriegen im Nahen Osten hat sich die bereits sehr schwierige Lage noch verschlechtert. Daher sind wirksame und dringende Maßnahmen erforderlich, um die Flüchtlinge neu anzusiedeln und sie mit der ihnen gebührenden Würde aufzunehmen. Wir können nicht weiter auf Entscheidungen warten, die sich hinziehen, während Tausende von Menschen täglich an unsere Türen klopfen und keine Antwort erhalten, auf die sie ein Recht haben.

 
  
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  Kinga Gál (PPE).(HU) Herr Präsident, Frau Staatsministerin, die Ereignisse der letzten Wochen haben, wie auch Sie gesagt haben, am besten gezeigt, dass die Flüchtlingsfrage in Europa jederzeit zu einem akuten, ernsthaften Problem werden kann. Auch ist ganz offensichtlich, dass die EU für Ausnahmezustände, größere Flüchtlingswellen oder den Vorschlag einer strategischen Lösung für die Flüchtlingssituation nicht vorbereitet ist. Die Neuansiedlung ist in diesem Zusammenhang eines unserer wichtigen Instrumente. Und natürlich wäre ein höheres Maß an Solidarität und besserer Koordinierung zu erwarten. Doch ist, wie hier in dieser Aussprache zum Ausdruck gebracht wurde, für diesen Bereich gesellschaftlicher Konsens erforderlich. Wir alle, aber auch die Mitgliedstaaten, haben in diesem Bereich noch sehr viel zu tun. Wir wissen es jedoch zu schätzen, dass der ungarische Ratsvorsitz nicht die Absicht hat, rechtliche Schranken zu errichten, und sich im Hinblick auf die Klärung dieser Frage offen und engagiert zeigt.

 
  
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  Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Eine kleine elitäre, politisch korrekte Gruppe ist offensichtlich der Meinung, dass es noch zu wenige Flüchtlinge in Europa gibt und dass im Rahmen des Europäischen Flüchtlingsfonds Flüchtlinge, die bereits in ein angrenzendes Drittland geflüchtet sind, in die EU geholt werden sollen, weil hier der Lebensstandard höher ist. Ein besonders weltfremder Ansatz, wenn man bedenkt, dass gerade Hunderttausende Flüchtlinge aus Nordafrika nach Europa drängen und die Insel Lampedusa ohnedies am Explodieren ist.

Man sollte Flüchtlinge besser in der Nähe ihres Heimatlandes in einem möglichst gewohnten kulturellen Umfeld unterbringen, und das ist bei Ägypten und Tunesien der Fall und würde Integrationsprobleme in Europa vermeiden. Die beiden Länder sollten nach den demokratischen Umbrüchen nun auch als sichere Drittländer für Flüchtlinge eingestuft werden, und genau dorthin sollte eine kontrollierbare, nachhaltige und strukturelle Hilfe auch fließen.

 
  
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  Enikő Győri, Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. (HU) – (HU) Herr Präsident, ehrenwerte Abgeordnete, ich werde ebenfalls versuchen konkrete Antworten zu den wichtigsten Themen zu geben. Nehmen wir zunächst die Bilanz der Europäischen Union, zu der viele hier angemerkt haben, dass wir was die Großzügigkeit betrifft, gegenüber den Vereinigten Staaten und anderen Ländern zurückgefallen sind. Ich denke nicht, dass dem so ist. Die Gesamtzahl der von der EU neu angesiedelten Flüchtlinge ist im Vergleich tatsächlich niedriger als die entsprechenden Zahlen in den USA, Kanada oder Australien. Und auch wenn der Rat in vollem Umfang anerkannt hat, dass die Neuansiedlung weiterhin ein Mittel zu einer dauerhaften Lösung für die Lage von Flüchtlingen ist, sollten wir uns vor Augen halten, dass die jährliche Anzahl der in der EU eingereichten spontanen Asylanträge weit über die in anderen Regionen der Welt hinausgeht. Nach Statistiken des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge haben die 27 Mitgliedstaaten der EU zwischen 2005 und 2009 1 150 980 Asylbewerber aufgenommen, während die entsprechende Zahl in Kanada und den USA bei 391 090 lag.

Diese Zahlen, meine ich, sprechen für sich. Viele haben um Klarstellung in Bezug auf den genauen Zeitplan gebeten, den der ungarische Ratsvorsitz zu verfolgen gedenkt. Es gibt bei uns keine Diskussion darüber, dass wir voranschreiten müssen; dieses Problem ist von äußerster Dringlichkeit. Dies habe ich auch im Januar gesagt, als die Lage der Flüchtlinge im Hinblick auf Nordafrika noch nicht so akut war wie jetzt. Das heißt, wir hatten bereits konkrete Pläne und versuchen diese Arbeiten nun zu beschleunigen. Wie Sie wissen, hat der belgische Ratsvorsitz, in der Absicht die Frist 2012 einzuhalten, als Strategie vorgeschlagen, dass wir uns auf vier vorrangige Rechtsvorschriften konzentrieren. Dies alles ist Ihnen bekannt; es sind: die Anerkennungsrichtlinie, die Dublin-Verordnung, die Eurodac-Verordnung und die Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige.

Außerdem wurden die Gespräche im Zusammenhang mit den beiden Richtlinien fortgeführt, die die größte Arbeit erfordern, und zwar die Richtlinie zu den Asylverfahren und die Richtlinie zu den Aufnahmebedingungen. Zu diesem Zeitpunkt hat diese Strategie im Rat, im Parlament und auch in der Kommission breite Unterstützung gefunden und auch zu greifbaren Ergebnissen geführt. Wie Sie wissen, haben sich das Parlament und der Rat auf die Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige geeinigt, und sie wird innerhalb weniger Wochen offiziell vom Rat verabschiedet werden. Was die Anerkennungsrichtlinie betrifft, wurde dem ungarischen Ratsvorsitz das Mandat übertragen, mit dem informellen Trilog zu beginnen. Es ist also unser Ziel, möglichst bald damit zu beginnen, und wir ersuchen das Europäische Parlament in diesem Zusammenhang unser Partner zu sein.

Was die Dublin- und Eurodac-Richtlinien anbelangt, sind im Rat bedeutende Fortschritte erzielt worden und nur wenige Fragen, die in hohem Maße politischer Natur sind, bedürfen noch der Klärung. Hinsichtlich der Richtlinien zu den Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen kündigte die Kommission die Absicht an, einen neuen Vorschlag vorzulegen. Im vorangegangenen Zyklus schloss das Europäische Parlament die erste Lesung der Richtlinie zu den Aufnahmebedingungen ab, und der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres prüft zurzeit den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Richtlinie zu den Asylverfahren. Dies bedeutet, dass sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat derzeit ihre Standpunkte klären. Damit können die beiden Gesetzgeber die Gespräche zu der Anerkennungsrichtlinie und den Dublin- und Eurodac-Verordnungen einleiten. Sobald die Kommission ihre Vorschläge für die Richtlinien zu den Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen vorlegt, können die Arbeiten zu diesen beiden Rechtsvorschriften ebenfalls fortgesetzt werden.

Was Nordafrika anbelangt, erwähnte ich die Besuche des Ratsvorsitzes im Grenzgebiet aufgrund der gegenwärtigen Lage. Auf der Tagung des Rates Justiz und Inneres am 11. April werden wir die Migrationslage bewerten. Ich möchte jedoch bereits an dieser Stelle darauf hinweisen, da in diesem Zusammenhang hier einige Kritik geäußert wurde, dass im Entwurf der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates auch auf die Bedeutung der Flüchtlingssituation Bezug genommen wird. Wenn wir es als notwendig erachten, werden wir den Fortgang der Arbeiten bewerten. Wir sind im Rahmen des ungarischen Ratsvorsitzes auch bereit, eine weitere Sondertagung des Rates Justiz und Inneres einzuberufen. Deshalb ist es uns daran gelegen, Rechtsetzungsschritte zu beschleunigen. Wir möchten Sie wie auch die Europäische Kommission dazu anregen, dasselbe zu tun. Von vielen, unter anderem von Herrn Coelho, wurde dieses Problem in Bezug auf die Änderung der Entscheidung über das Asylverfahren angesprochen. Nun, wie ich ebenfalls in meinen einführenden Bemerkungen sagte, besteht Einvernehmen in Bezug auf die politischen Inhalte, und wir stecken jetzt in einer rechtlichen Frage fest. Im Übrigen erörtern Rat und Parlament, ob wir einige Themen, von neuartigen Lebensmitteln bis zu außenpolitischen Instrumenten und Finanzierungsinstrumenten für die Außenhilfe, mittels eines Durchführungsrechtsakts oder eines delegierten Rechtsakts lösen sollten.

Ich möchte bemerken, dass es sich dabei um eine sehr wichtige Frage handelt. Die Nachvollziehbarkeit dieses Rechtsverfahrens und die Frage, was Durchführungsrechtsakt oder delegierter Rechtsakt bedeuten, sind für die Bürgerinnen und Bürger der EU mit einigem Aufwand verbunden. Unsere Aufgabe ist es, für die Angelegenheiten von größter Dringlichkeit Lösungen zu finden, auf Grundlage welcher rechtlichen Formel es auch sei. Ich werde bei allen meinen Handlungen aufs Äußerste darum bemüht sein, den Vertrag von Lissabon einzuhalten. Im Vertrag wird zwischen den einzelnen Akten keine klare Linie gezogen. Wir sind der Meinung, es handelt sich um einen Durchführungsakt, und der Sachverhalt sollte demnach auf diese Weise geregelt werden, mittels eines Durchführungsakts. Lassen Sie es uns erörtern und darüber beraten. Es wäre uns allerdings daran gelegen, uns nicht in rechtlichen Angelegenheiten zu verstricken. In der ursprünglichen Planung für den Europäischen Rat im Juni war bereits vorgesehen, die Flüchtlingsproblematik zu behandeln. Dies hat nun noch höhere Priorität erhalten. Ich denke jedoch, wenn wir auf den Ratstagungen die entsprechenden inhaltlichen Fragen erörtern können – und es ist unsere Pflicht, dies zu tun –, dann wird der Europäische Rat auch in der Lage sein, Entscheidungen von größerer Wichtigkeit zu treffen, als wir sonst, sagen wir vor zwei oder drei Monaten, gehofft hatten.

Ich wurde auch gefragt, was geschehen werde, wenn die Flüchtlingsströme sich in diese Richtung bewegen sollten. Doch ich bin der Meinung, wir sollten zum jetzigen Zeitpunkt keine Vermutungen anstellen. Wir haben in den verschiedenen Ratsformationen im Bereich der Flüchtlingsproblematik sehr viel getan. Die Kommission behauptet sich in Bezug auf humanitäre Fragen hervorragend, wie im Übrigen auch die ägyptischen und tunesischen Behörden und die lokale Bevölkerung, ebenso wie die internationalen Flüchtlingsorganisationen. Es scheint mir, dass jeder das Ruder fest in der Hand hat. Bei der Rückführung, dem dringendsten Problem, sind Fortschritte zu verzeichnen. Das heißt aber nicht, dass beispielsweise die Neuansiedlungen nicht relevant sind.

Übrigens: Obwohl wir ein rechtliches Problem haben, das wir bisher nicht klären konnten – jeder kann dies durchaus freiwillig tun –, hat Italien, soviel ich weiß, auf freiwilliger Basis bereits 125 Personen neu angesiedelt, das heißt, das Problem wird immerhin teilweise bereits gelöst, dank der anerkennenswerten Bemühungen der Mitgliedstaaten. Dies heißt nicht, dass kein Bedarf an Rechtsvorschriften besteht. Es besteht sehr wohl Bedarf. Versuchen wir zu einer Einigung zu kommen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, und da der ungarische Ratsvorsitz einmal sagte, dass er ein Vorsitz sein werde, der auch Herz beweisen kann, wie dies auch in unserem Schwerpunkt der Roma-Strategie zum Ausdruck kommt, möchte ich Ihnen versichern, dass dies auch im Hinblick auf die Flüchtlingsproblematik der Fall ist. Vielen Dank.

 
  
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  Rui Tavares, Verfasser. Herr Präsident, mein Kommentar ist methodischer Natur. Der Rat hat uns erklärt, dass er in allen Punkten mit Ausnahme von Artikel 290 zustimmt. Daher möchte ich, nach Abstimmung mit unserem Schattenberichterstatter und als Berichterstatter für die Neuansiedlung zwei Bemerkungen zur Methodik vorbringen.

(Der Präsident unterbricht den Redner)

 
  
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  Der Präsident. − Herr Tavares, ich hoffe, Sie sehen es mir nach, aber wir sind so verspätet, Ihnen wurde bereits das Wort entzogen.

Die Aussprache wird geschlossen.

 

19. Zwangsvorladungen der USA und Datenschutzbestimmungen der EU (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zu Zwangsvorladungen der USA und Datenschutzbestimmungen der EU.

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Vorsitzende des Rates. (HU) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Abgeordnete, das Parlament steht für die Bedenken vieler europäischer Bürgerinnen und Bürger, wenn es den US-Behörden, die von Medienunternehmen Daten anfordern, nach dem Bekanntwerden amerikanischer Staatsgeheimnisse durch WikiLeaks vermehrte Aufmerksamkeit widmet. Der Rat teilt selbstverständlich die Bedenken des Parlaments in Bezug auf die Einhaltung der europäischen Datenschutzbestimmungen. Doch verfügt er nicht über Informationen, anhand derer er entscheiden könnte, ob das US-Gerichtsverfahren einen Verstoß gegen die EU-Datenschutzvorschriften darstellt. Was den Fall WikiLeaks betrifft, worauf mehrere Abgeordnete Bezug genommen haben, hat der Generalbundesanwalt der Vereinigten Staaten öffentlich eingeräumt, dass strafrechtliche Ermittlungen laufen. Meines Wissens plädierten US-amerikanische Anwälte im Zusammenhang mit diesen Ermittlungen dafür, dass ein amerikanisches Gericht Twitter durch Gerichtsentscheid dazu verpflichtet, konkrete Daten weiterzugeben, und das Gericht nahm den einschlägigen Entscheid an.

Es ist nicht Aufgabe des Rates, über die Beschlussfassungen der US-Behörden zu befinden. Im Übrigen verfügt er auch nicht über Informationen, auf deren Grundlage er die Gültigkeit einer begründeten Gerichtsentscheidung infrage stellen könnte. Es gab Gerichtsverfahren in den Vereinigten Staaten, in denen Twitter seine Position verteidigen konnte. Dies wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass das amerikanische Gericht dem Ersuchen Twitters stattgab, seine Kunden über das Gerichtsverfahren zu unterrichten. Im Allgemeinen respektiert die Europäische Union die Gerichtsverfahren von Drittländern. Es versteht sich, dass die Strafverfolgungsbehörden für die Ermittlung mutmaßlicher Straftaten Informationen erhalten müssen. Es ist ebenfalls bekannt, dass das Verfahren zur Beschaffung von Informationen in den USA von dem der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten abweicht. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass es einen breiteren Geltungsbereich hat, so dass weit mehr Informationen von einer weitaus größeren Anzahl von Personen angefordert werden können als dies bei einer europäischen Strafverfolgung oder einem Verfahren der Fall ist.

Dies ist schlicht das Ergebnis der Entwicklung des US-Rechts, das heißt, es handelt sich nicht um eine Angelegenheit, über die der Rat seinen Standpunkt äußern sollte. Die Durchsetzung der EU-Datenschutzvorschriften fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Behörden der Mitgliedstaaten, und insbesondere die der Datenschutzbehörden. Diese Behörden müssen sicherstellen, dass die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden, und sie sind es auch, die in Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit und der Vereinbarkeit mit europäischen oder einzelstaatlichen Datenschutzvorschriften zuständig sind. Es wäre nicht angemessen, politische Einschätzungen zu Angelegenheiten zu geben, die in gerichtlichen Verfahren untersucht werden. Auch bei Betrachtung des Sachverhalts in einem größeren Zusammenhang ist dem Rat nichts vom Erlass zu einem ähnlichen Gerichtsentscheid bekannt. Als die US-Behörden zuvor beabsichtigten, Informationen in Bezug auf EU-Bürger und Bürgerinnen zu erhalten, die auf dem Hoheitsgebiet der EU geführt wurden, trat die Europäische Union im Hinblick auf den Abschluss eines Abkommens über die Weitergabe und Verarbeitung von Daten mit den Vereinigten Staaten in Verhandlungen ein.

Dies war beispielsweise der Fall im Zusammenhang mit den Fluggastdatensätzen oder PNR, für die ein PNR-Abkommen besteht, das 2007 mit den Vereinigten Staaten abgeschlossen wurde und zu dem derzeit Neuverhandlungen laufen – auf Initiative des Parlaments. Ähnlich ist es bei der Übermittlung von Zahlungsverkehrsdaten, die in der Europäischen Union unter dem Programm zum Aufspüren der Finanzierung von Terrorismus, auch TFTP, des US-Finanzministeriums gespeichert werden. Das entsprechende TFTP-Abkommen wurde im Juli 2010 vom Parlament gebilligt.

Abschließend möchte ich unterstreichen, dass es sich bei Twitter um einen ganz anderen Fall handelt als bei PNR oder TFTP. In die beiden Letztgenannten sind die US-Behörden einbezogen, die zu Zwecken der Verbrechensbekämpfung und insbesondere der Terrorismusbekämpfung systematisch und kontinuierlich personenbezogene Daten erheben. Im Fall von Twitter handelt es sich dagegen um einen spezifischen Gerichtsentscheid, der von einem Gericht im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung erlassen wurde. Es ist wichtig, dass wir die Entscheidungen der Gerichte anderer Länder soweit wie möglich anerkennen, selbstverständlich mit Ausnahme von Fällen, in denen das Gegenteil nachweislich gerechtfertigt ist. Vielen Dank, Herr Präsident.

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. Herr Präsident, in einer globalisierten Welt ist der Schutz an Drittstaaten übermittelter personenbezogener Daten ein zunehmend bedeutendes und rechtlich komplexes Thema. Das Grundrecht auf den Schutz personenbezogener Daten findet selbstverständlich auch in der elektronischen Welt und bei grenzüberschreitender Datenverarbeitung Anwendung. Doch kann es wie auch bei anderen Grundrechten Beschränkungen dieses Rechts geben; solche Beschränkungen müssen mit der Rechtsetzung in Einklang stehen, und sie müssen verhältnismäßig sein. Auch müssen sie durch berechtigte Interessen gerechtfertigt sein: die nationale oder öffentliche Sicherheit, die Aufrechterhaltung der Ordnung, die Verhütung von Straftaten, den Schutz der Gesundheit oder der Moral usw.

Nach US-amerikanischem Recht ist eine Zwangsvorladung eine administrative Anordnung, durch die eine Person dazu verpflichtet wird, einer staatlichen oder lokalen Verwaltungsbehörde konkrete Informationen zu übermitteln. Die Rechtmäßigkeit einer Handlung muss auf der Grundlage des Rechts des Landes bestimmt werden, in dem die Handlung erfolgt. Daher muss sich die Bewertung der Rechtmäßigkeit, der Verhältnismäßigkeit und der Notwendigkeit der Anforderungen der US-Regierung auf die Verfassung der Vereinigten Staaten und ihre Rechtsordnung stützen. Die Kommission hat im Hinblick auf der Art und Weise, in der ein Drittland sein Gerichtsverfahren bei Ermittlungen zu mutmaßlichen strafrechtlichen Handlungen anwendet, keine Befugnisse.

Wenn europäische Bürgerinnen und Bürger Twitter verwenden, bringen sie ihre Einwilligung in die Datenschutzerklärung von Twitter zum Ausdruck. In dieser Erklärung sind dessen Verfahren zur Erfassung, Verwendung und Offenlegung personenbezogener Informationen an Drittstaaten festgelegt, einschließlich der Fälle, wenn es für die Einhaltung der Gesetze, Vorschriften oder rechtlichen Anforderungen der US-Regierung erforderlich ist. Ferner können die EU-Datenschutzvorschriften nicht angewendet werden, da diese personenbezogenen Daten von Twitter im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen durch die US-Behörden eingeholt werden. Die EU-Datenschutzrichtlinie findet keine Anwendung auf Tätigkeiten des Staates im Bereich des Strafrechts, noch gilt in diesem Fall ein Rahmenbeschluss über den Datenschutz in der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit, da keine Behörde eines EU-Mitgliedstaats an der Ausführung des amerikanischen Gerichtsentscheids beteiligt ist und da keine personenbezogenen Daten von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats übermittelt oder zur Verfügung gestellt wird. So ist der ist der geltende Rechtszustand heute.

Die globale Dimension der Datenverarbeitung sollte jedoch nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus für die Bürgerinnen und Bürger der EU führen. Mit den globalen Verarbeitungstätigkeiten zeigt sich wirklich, wie wichtig und notwendig es ist, die Rechte der betroffenen Person zu schützen und klarzustellen, welche Rechtsvorschriften Anwendung finden. Dies ist besonders heutzutage von Bedeutung, da sich immer mehr Daten „in the cloud“ befinden.

Was werden wir also angesichts dessen unternehmen? Erstens werden im Mittelpunkt des angekündigten Vorschlags der Kommission für die Reform des EU-Rahmenbeschlusses über den Datenschutz in erster Linie die Herausforderungen durch Globalisierung und moderne Technologien stehen, insbesondere wenn Drittlandbetreiber auf die EU-Verbraucher abzielen.

Zweitens: Wie Sie wissen, hat der Rat am 3. Dezember 2010 der Kommission ein robustes Mandat übertragen mit klar definierten EU-Zielvorgaben für die Aushandlung des künftigen EU-US-Datenschutzabkommens im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit. Eine der wichtigsten Zielvorgaben der EU in den anstehenden Verhandlungen ist die Sicherstellung durchsetzbarer Datenschutzrechte der betroffenen Personen auf beiden Seiten des Atlantiks, ungeachtet der Nationalität, und die Gewährleistung wirksamer administrativer und gerichtlicher Rechtsbehelfe. Ich zähle auf die Unterstützung des Parlaments, dass dies erfolgen wird.

Was tun wir also in der Zwischenzeit, bis das neue Instrument wirksam wird? Ich empfehle nachdrücklich, dass die Betreiber mit ihren Verbrauchern im Vorfeld Transparenz anwenden und dass sie eindeutig darauf hinweisen, dass ihre Dienstleistungen, soweit es strafrechtliche Ermittlungen betrifft, in erster Linie US-amerikanischem Recht unterliegen. Damit ist klar, dass die Verbraucher den Rechtsraum der EU verlassen, selbst wenn sie das Gebiet der EU nicht verlassen.

 
  
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  Axel Voss, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Vielen Dank an den Rat und an die Kommission für die Erläuterungen. Es ist ein typischer Sachverhalt, den wir in dieser globalisierten Welt im Moment vorfinden. Grundsätzlich ist es so, dass wir natürlich amerikanisches Recht respektieren. Es ist auch so, dass wir um die Schwierigkeiten wissen, die sich mit dem globalen Medium Internet und der Strafrechtsverfolgung ergeben.

Aber es ist eben mittlerweile ein typisches Verhalten, auf das wir reagieren müssen, dass Strafverfolgungsbehörden auf die Datenbanken Privater zugreifen. Deshalb haben Sie mir, Frau Kommissarin, sehr aus dem Herzen gesprochen, weil das auch meine Vorstellungen sind, wie wir weiter agieren sollten, nämlich dass wir dieses Thema in einer künftigen eigenen Datenschutznovellierung regeln, gleichzeitig aber auch einen solchen Fall zum Anlass nehmen, um zu sagen, wir wollen auch das EU-US-Datenschutzrahmenabkommen regeln und das auch forcieren, weil wir eben sehen, dass es in dieser globalen Welt eine Notwendigkeit gibt, solche Transfers von Daten zu regeln.

Deshalb ist es, wie gesagt, wichtig, darauf fokussiert zu bleiben. Wir wollen natürlich nicht, dass ein solcher Vorgang generell ein schlechtes Licht auf die Verarbeitung von Daten wirft, aber es ist gut, hier Vorbild zu sein, gute Gesetze zu entwickeln, das Rahmenabkommen weiterzuführen und insbesondere auch diesen Punkt der Strafverfolgung in Bezug auf den Zugriff auf Daten bei Privaten nochmals besser zu beleuchten, und zu regeln, unter welchen Voraussetzungen man das zulassen sollte und unter welchen Voraussetzungen es enden sollte.

 
  
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  Claude Moraes, im Namen der S&D-Fraktion. Herr Präsident, ich glaube, dass die Frau Kommissarin, geschickt wie immer, unsere Fragen vorausgesehen hat. Zu allererst: Was sollen wir in der Zwischenzeit tun, da nun öffentlich bekannt ist, dass die USA eine Reihe von sozialen Netzwerken und Internetdienstanbietern wie Yahoo, Twitter und Google zwangsvorgeladen hat? Dies verschafft den USA eindeutig Zugang zu Informationen über den Datenaustausch zwischen WikiLeaks und Drittparteien. Die Drittparteien sind natürlich europäische Bürgerinnen und Bürger, Menschen, die in gänzlich unschuldiger Weise ins Internet gehen, junge Leute, neugierige Menschen, die zur Zielscheibe werden und durch dieses Datenregime Schaden nehmen.

Dies hat gewaltige Auswirkungen auf das Recht aller EU-Bürgerinnen und -Bürger auf Schutz der Privatsphäre. Wer sich bei WikiLeaks für Tweets angemeldet hat, weil ihn der Fall Assange interessierte, riskiert nun ironischerweise eine Zwangsvorladung der USA sowie die Erfassung seiner persönlichen Daten. Websites wie Twitter unterliegen dem US-Recht, da sich ihre Server in den USA befinden. Ich verstehe zwar, dass wir, wie Sie sagen, keinen Einfluss auf die Gesetze von Drittländern haben, doch wir können zwischenzeitlich etwas tun.

Ich halte es für ein berechtigtes Anliegen von uns Abgeordneten, dass wir unseren Wählerinnen und Wählern erklären wollen, welcher Schutz ihnen seitens der Europäischen Union zusteht. Was wäre der Sinn von Datenschutzstandards für EU-Bürgerinnen und -Bürger, wenn sie aufgrund einer US-Zwangsvorladung einfach aufgehoben werden könnten?

Es muss eindeutig mehr für die Absicherung der personenbezogenen Daten der EU-Bürgerinnen und -Bürger getan werden, die durch starke, hoch stehende EU-Rechtsvorschriften geschützt sein sollten. Ich weiß, dass Sie daran arbeiten. Bisher bot die Rahmenrichtlinie 94/46 einen sehr guten Schutz im Binnenmarkt, doch es ist an der Zeit, diese Richtlinie zu überprüfen, das Schutzniveau zu erhöhen und dieselben Schutzmaßnahmen auf die justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit auszuweiten.

Wir werden diese Ziele durch unsere zukünftige Rechtsetzungsarbeit erreichen, das haben Sie erwähnt. In dieser Hinsicht ist eines der Hauptelemente, welche die Kommission bei der Überarbeitung einführen will, die Widerstandsfähigkeit des EU-Schutzes gegenüber Zwangsvorladungen der USA. Wir müssen daran denken, dass dieses Thema nicht bei Websites wie Twitter aufhört, sondern auch in Fällen der nationalen Rechtsprechung relevant sein kann. Gegenwärtig trifft dies in einem unserer Mitgliedstaaten zu: Die Volkszählung in Großbritannien, die ein riesiges Unterfangen darstellt, wird von einer US-amerikanischen Firma überwacht. Dies stellt für EU-Bürgerinnen und -Bürger eine echte und anhaltende Sorge dar. Sie haben uns heute Teilantworten gegeben, doch meines Erachtens ist es richtig, dass wir nochmals auf diese Fragen zurückkommen, um detailliertere Antworten zu erhalten.

 
  
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  Sophia in ‘t Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. Herr Präsident, ich möchte dem Rat und der Kommission danken. Es freut mich, dass sie unsere Besorgnis teilen. Lassen Sie mich dies deutlich sagen: Ich denke, dass niemand hier behauptet, die USA hätten sich außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs bewegt. Das ist nicht das Problem. Es geht vielmehr darum, dass dieser Zuständigkeitsbereich durch das Internet extrem weitläufig wird. Er scheint sich bis in die Europäische Union hinein auszudehnen, denn das Problem ist, dass – obschon sich der Großteil der betroffenen, auf dem Internet basierenden Unternehmen in den USA befindet – viele der Nutzer in der Europäischen Union ansässig sind.

Ich muss darauf hinweisen, dass diese mündliche Anfrage bereits ein wenig überholt ist, da unterdessen ein weiterer Gerichtsentscheid vorliegt, doch das Argument der US-Gerichte ist: Wer, wie in diesem Fall, Twitter verwendet, kann sich nicht mehr auf Datenschutz berufen. Das bedeutet, dass in der Europäischen Union niemand mehr Rechtsschutz genießt, denn Twitter hat seinen Sitz in den USA. Wie Frau Kommissarin Reding erwähnt hat, stellt dies ein enormes Problem dar, das im Kontext der Überarbeitung der Datenschutzrichtlinie behandelt werden muss.

Frau Kommissarin, Sie sagen, dass jeder, der Twitter benutzt, damit seine Einwilligung ausdrückt. Doch was bedeutet „Einwilligung“ eigentlich? Es bedeutet, dass wir zu Geächteten werden, dass wir unseren Anspruch auf Rechtsschutz preisgeben. Es ist mir klar, dass wir diesbezüglich nicht viel tun können, doch ich möchte fragen, was die Kommission und der Rat tun werden, den Rechtsschutz der EU-Bürgerinnen und -Bürger zu gewährleisten. Werden sie mit unseren US-amerikanischen Ansprechpartnern reden und versuchen, mehr Informationen zu erhalten? Es gibt wahrscheinlich noch andere Unternehmen, die zwangsvorgeladen wurden.

Sie sagen, Frau Kommissarin, dass dieser Fall nicht mit demjenigen von SWIFT verglichen werden kann, weil es um eine ganz spezifische Untersuchung geht, was auch stimmt. Gleichzeitig wurde gefordert, dass große Mengen …

(Der Präsident unterbricht die Rednerin)

 
  
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  Jan Philipp Albrecht, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich sagen, dass das hier ein weiterer Fall von mehreren ist, bei denen wir darüber debattieren, dass beiderseits des Atlantiks unterschiedliche Rechtskulturen herrschen, insbesondere, wenn es um personenbezogene Daten geht, und insbesondere, wenn es um die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit geht.

Ich finde es eigentlich schon erschütternd, dass aus dem Rat die Antwort kommt, das Unternehmen Twitter befinde sich ja auf dem Territorium der Vereinigten Staaten und deshalb gehe uns das, was dort an Maßnahmen und sozusagen an Rechtsrahmen abläuft, nichts an. Das finde ich falsch! Und ich finde auch, dass die Bürgerinnen und Bürger hier in der Europäischen Union das sicher anders sehen werden, denn wir kooperieren international, insbesondere mit den Vereinigten Staaten, immer stärker im Rahmen der polizeilichen und der justiziellen Zusammenarbeit, die Menschen werden immer mehr mit dem Recht anderer Staaten konfrontiert, nicht nur innerhalb der Europäischen Union mit dem Recht unterschiedlicher Mitgliedstaaten, sondern eben auch insbesondere mit dem US-Recht. Und das passiert insbesondere im Bereich der personenbezogenen Daten.

Ich erwarte eigentlich, dass die Regierung in der Europäischen Union, dass der Rat sich dieses Problems annimmt und den Bürgerinnen und Bürgern in der Europäischen Union die Möglichkeit gibt, Vertrauen in das Recht zu haben, das ihnen im Internet entgegenkommt, insbesondere wenn es darum geht, dass ihre Bürgerrechte und ihre Freiheiten dabei tangiert werden.

 
  
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  Daniël van der Stoep (NI). - (NL) Herr Präsident, der Delegation der Niederländischen Freiheitspartei sind der Vertraulichkeitsschutz eines jeden und der Datenschutz besonders wichtig. Wir sind nicht kurzsichtig, sondern bloß pragmatisch. Vertraulichkeit hat jedoch ihre Grenzen. Vertraulichkeit sollte wo immer möglich gewährleistet sein, doch die Sicherheit von Zivilisten muss der Prävention und Aufdeckung von Terrorismus nachgestellt werden.

Herr Präsident, im gegenwärtigen Terrorismus dominiert der islamische Terrorismus. Aus diesem Grund müssen wir leider alle ein wenig von unserer Privatsphäre opfern, um die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu wahren. Natürlich sollten die persönlichen Daten von Internetbenutzern, wie etwa IP-Adressen, geschützt sein. Dieser Schutzanspruch unterliegt jedoch, wenn ein starker Verdacht besteht, dass die Person, die sich hinter diesen Daten versteckt, terroristische Motive hat.

Wenn die US-Behörden Daten von Personen im Gebiet der EU verlangen, die mit Terrorismus in Verbindung gebracht werden, sollte man sie ihnen einfach geben, aber natürlich nur nach entsprechender Rücksprache und wenn gute Gründe dafür vorliegen, damit Missbrauch verhindert wird. Vergessen wir aber vor allem nicht, dass sie die Informationen nicht einfach zum Spaß verlangen. Sie haben gute Gründe dafür.

 
  
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  Juan Fernando López Aguilar (S&D).(ES) Herr Präsident, Frau Reding, ich danke Ihnen für Ihre Anwesenheit zu fortgeschrittener Abendstunde und dafür, dass Sie an dieser Plenardebatte in Brüssel die Abgeordneten des Europäischen Parlaments anhören, und ich möchte Sie in Ihrer Arbeit an der Neudefinierung der europäischen Datenschutzstandards ermutigen. Besonders erwähnt sei die Mitteilung der Kommission über den Datenschutz, die Sie präsentieren sollten als echte Gelegenheit zur Synchronisierung der Revolution in den Bereichen Technologie und Wissenstools einerseits und, andererseits, der Fortschritte im europäischen Verfassungsrecht – vom Vertrag von Lissabon bis zur EU-Grundrechtecharta –, der Grundrechte der Privatsphäre sowie aller Rechte in Verbindung mit dem Zugriff auf jegliche personenbezogene Daten sowie deren Berichtigung und Löschung, in Übereinstimmung mit der freiwilligen Zustimmung der europäischen Öffentlichkeit aber auch mit dem Völkerrecht. Denn es geht hier um einen bilateralen Verhandlungsrahmen für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten mit Drittstaaten, insbesondere den USA.

Die diesbezüglichen Botschaften müssen eindeutig sein: Rahmenbeschluss 2008/977 des Rates und Richtlinie 95/46/EG müssen nachgeführt und aktualisiert werden, nicht nur, um eine polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit mit den USA zu ermöglichen, übereinstimmend mit der Methode der Vorladungshilfe oder anderen Gerichtsbefehlen, die die Grundrechte beeinträchtigen könnten, sondern auch, damit das Prinzip der freiwilligen Zustimmung untermauert wird; und damit bekannt ist, welche personenbezogenen Daten sich im Besitz von Drittländern befinden und an Drittländer übermittelt werden; und damit wir dieses Recht auf Berichtigung und Löschung von Daten aktualisieren können, wo die Privatsphäre betroffen ist und wo personenbezogene Daten einer automatischen Verarbeitung unterzogen werden. Das heißt, Sie werden online verarbeitet.

Ich bin insbesondere um die Interessen der Kinder besorgt. Denn die Fähigkeit von Minderjährigen zur Ausübung ihrer Grundrechte ist begrenzt, und wir benötigen Informationen darüber. Nicht nur die Minderjährigen, sondern auch ihr Umfeld sind von den Methoden und Tools zum Schutz von Online-Daten betroffen.

Ich teile Ihnen daher mit, dass wir diese Diskussion sehr genau mitverfolgen werden. Wir werden den Prozess der Nachführung und Aktualisierung der Datenschutzrechte genau beobachten, besonders auch die Verhandlungen über die bilateralen Tools mit Drittländern, insbesondere mit den USA.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Das alte Sprichwort „Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter“ bewahrheitet sich immer wieder. Wer Missstände aufdeckt, wird von der Öffentlichkeit und den Medien als Aufdecker gefeiert, von den betroffenen Institutionen hingegen als Verräter behandelt. So sitzt etwa, wie wir wissen, der US-Gefreite Bradley Manning wegen seiner Informationen an WikiLeaks in Haft. Wie dabei aber im Land der unbegrenzten Möglichkeiten und der Freiheit mit diesen brisanten Informationen umgegangen wird und dass Twitter zur Herausgabe personenbezogener Daten verurteilt wurde, ist mehr als ominös. Ob sich die kolportierten Forderungen nach Nutzerdaten von weiteren Internetfirmen wie Google, Facebook und Amazon bewahrheiten, bleibt ja abzuwarten.

Das Vorgehen der US-Behörden und die Tatsache, dass die Herausgabe von Namen, E-Mail-Adressen und Bankverbindungen vom Gericht nicht als Eingriff in die Privatsphäre angesehen werden, ist jedenfalls symptomatisch für die Datenschutzbestimmungen in Übersee – Datenschutzbestimmungen, die ganz offensichtlich noch in den Kinderschuhen stecken!

 
  
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  Malcolm Harbour (ECR). - Herr Präsident, ich werde einige dieser Themen aus der Sicht des Vorsitzes des Ausschusses für Binnenmarkt beleuchten, da ich meine, dass es hier um sehr grundlegende wirtschaftliche und Binnenmarktthemen geht, und auch um die wirklich wichtigen Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz der Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger, über die wir heute gesprochen haben.

Ich habe für meinen Ausschuss einen Bericht zu diesem Thema verfasst. Ich danke Frau Reding für das Grünbuch, auf dem dieser beruht, da ich der Auffassung bin, dass einer der ehrgeizigen Kernpunkte, die sie darin anführt, einer der zentralen Punkte ist, über die wir heute Abend diskutieren. Sie sagte, dass ich als europäischer Bürger, wenn meine Daten in einem Server oder einer Datenbank in einem Land außerhalb des Geltungsbereichs der europäischen Rechtsetzung geführt werden, die gleichen Rechte über diese Daten haben sollte, die ich hätte, wenn der Server innerhalb der Europäischen Union wäre. Das ist wirklich ein ehrgeiziges Programm. Ich hoffe, wir können das erreichen. Dafür werden viele Verhandlungen nötig sein. Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen und insbesondere Frau in ‘t Veld sagen, dass, wenn wir dies anbieten, auch andere Länder gegenseitige Rechte fordern werden.

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. Herr Präsident, ich teile die berechtigten Bedenken dieses Hauses im Hinblick auf den Schutz der personenbezogenen Daten der europäischen Bürgerinnen und Bürger. Da ich diese Sorge teile, habe ich eine erste Analyse darüber vorgelegt, wie die Reform der Richtlinie 1995 aussehen könnte, um die Fragen zu beantworten, die heute gestellt werden und die nach der geltenden europäischen Rechtsetzung einer rechtlichen Lösung entbehren.

Gute Nachrichten gibt es im Zusammenhang mit den Beziehungen zu unseren amerikanischen Partnern. Am 16. März hat das Weiße Haus einen entscheidenden Schritt vollzogen, indem es die Absicht mitteilte, gemeinsam mit dem Kongress eine „privacy bill of rights“, einen Grundrechtekatalog für den Datenschutz, zu erstellen. Das ist eine gewaltige Veränderung in den USA, und es könnte uns auch beim Abschluss eines EU-US-Datenschutzrahmenabkommens für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit nützlich sein.

Ich hoffe, wir werden die Verhandlungen in diese Richtung bald aufnehmen können. Ich zähle auf die Unterstützung des Parlaments bei diesem Vorhaben wie auch bei der Reform der Richtlinie 1995.

 
  
  

VORSITZ: Alejo VIDALQUADRAS-
Vizepräsident

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. (HU) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihr Verständnis, mit anderen Worten dafür, dass Sie nicht bestreiten, dass wir von hier aus nicht in ein laufendes strafrechtliches Verfahren eingreifen können und dass in jedem Fall das zum Zeitpunkt einer strafbaren Handlung geltende Recht angewandt werden muss.

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass das Engagement des ungarischen Ratsvorsitzes für einen besseren Datenschutz vor allem durch die Tatsache zum Ausdruck gebracht wird, dass wir im Zuge der Sitzung des Rates für Justiz und Inneres einen Beschluss des Rates zum Thema Datenschutz angenommen haben, der rund 50 Elemente umfasst. Darin sprachen wir auch zwei wichtige Fragen an die Kommission an, die für die aktuelle Debatte von Bedeutung sind. Wir wiesen darauf hin, dass die Information der Bürgerinnen und Bürger sowie der internetbezogene Datenschutz wichtig sind, und ich bin sicher, dass die Kommission dies, wie es nebenbei auch schon die Frau Kommissarin erwähnte, bei der Ausarbeitung ihres Vorschlags berücksichtigen wird.

Der Rat stimmt uneingeschränkt zu, dass die Rechtsvorschriften modernisiert und an die technischen Entwicklungen angepasst werden müssen. Wir freuen uns darauf, den Vorschlag der Kommission für eine neue Datenschutzrichtlinie zu erhalten. Wir hatten diese für Juni versprochen, wenn dem ungarischen Ratsvorsitz nur noch wenig Zeit bleiben wird, allerdings werden wir alles in unserer Macht stehende unternehmen, und ich bin davon überzeugt, dass der polnische Ratsvorsitz das Thema Datenschutz mit ähnlichem Engagement angehen wird.

Wir glauben, Herr Präsident, und hiermit möchte ich meine Rede abschließen, dass wir in diesem Fall der Datensicherheit nicht zwischen Freiheit und Sicherheit entscheiden müssen, sondern dass diese gleichzeitig gewährleistet werden können, und unser Ziel ist es, derartige Rechtsvorschriften für den Datenschutz in der EU zu schaffen.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

 

20. Rechte der Verbraucher (Aussprache)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist der Bericht (A7-0038/2011) von Herrn Schwab im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher (KOM(2008)0614 – C70349/2008 – 2008/0196(COD)).

 
  
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  Andreas Schwab, Berichterstatter. − Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich – und das ist in diesem Fall keine bloße Höflichkeit, sondern ganz ernsthaft – allen Kolleginnen und Kollegen, die an dieser Richtlinie und an dem Kompromiss, den wir heute beraten, mitgewirkt haben, ganz herzlich danken: Frau Kollegin Wallis vom Rechtsausschuss als Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses, Frau Kollegin Gebhardt, Frau Kollegin Turunen und Herrn Kollegen Rochefort, aber auch den Kollegen Kyriacos Triantaphyllides und Bielan. Es war ein nicht immer einfacher Prozess der Entscheidungsfindung über zwei Jahre hinweg, mit mehr als 2 000 Änderungsanträgen, aber es war immer ein von konstruktiven Gedanken geprägter Prozess, und dafür Ihnen allen ein herzliches Dankeschön.

Trotz aller fachlichen Unterschiede in Einzelfragen, die sich nun auch in den Kompromissen niedergeschlagen haben, zeigt das Europäische Parlament über Fraktionsgrenzen hinweg heute: Wir wollen den Binnenmarkt im Interesse der Verbraucher und der Unternehmen voranbringen. Denn auch zwanzig Jahre, nachdem der Binnenmarkt mit der Einheitlichen Europäischen Akte auf den Weg gebracht wurde, stellen wir fest, dass trotz einer Vielzahl von Richtlinien und Verordnungen keine wesentliche Vereinheitlichung erreicht werden konnte. Die Mitgliedstaaten haben ihren Spielraum oft zu Recht – aber manchmal auch zu Unrecht – ausgenutzt.

Mit der hier vorliegenden Richtlinie schaffen wir einen guten Mittelweg, der die binnenmarktrelevanten Themen einheitlich regelt, bei allen anderen Themen aber den Mitgliedstaaten auch künftig die gesetzgeberischen Entscheidungen überlässt. Mit diesem gemischten Ansatz können wir weit kommen, und zwar fraktionsübergreifend. Wir haben damit den Vorschlag der Kommission zurechtgestutzt und an vielen Stellen erheblich verbessert. Wir haben dafür gesorgt, dass der Verbraucherschutz den richtigen Stellenwert in dieser Richtlinie bekommt, indem wir ein einheitliches, EU-weites vierzehntägiges Widerrufsrecht für alle online geschlossenen Verträge geschaffen haben, indem wir dem Verbraucher bei Haustürgeschäften die Wahl lassen, ob er das Vertragsdokument nun schriftlich oder per E-Mail erhält, indem wir mit einer „Button-Lösung“ für mehr Transparenz im Internetgeschäft gesorgt haben und gleichzeitig der Internet-Abzocke wirklich den Kampf ansagen und indem wir schließlich einheitliche Informationspflichten, insbesondere hinsichtlich der Preisangaben, und zwar der Komplettpreisangaben für alle Geschäfte im Internet und an der Haustür, einrichten.

Wir haben die Richtlinie aber auch praktikabel für kleine und mittlere Unternehmen und auch für Handwerksbetriebe gemacht, indem wir insbesondere Dienstleistungen an vielen Stellen zu Recht flexibel gestaltet und ausgenommen haben, indem wir Widerrufsmöglichkeiten per Telefon zugelassen haben, indem wir Missbrauchsmöglichkeiten für Unternehmen ausschließen, für Verbraucher gleichzeitig aber auch klare Bedingungen für die Rücksendung von bestellten Waren, deren Kauf widerrufen wird, stellen und indem wir schließlich ein einheitliches Widerrufsformular schaffen, das europaweit den Zugang zum Widerrufsrecht und zu seiner Ausübung für viele erleichtern wird.

Wir werden am Ende aber auch durch das Verfahren der Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten die weitere Rechtsentwicklung in diesem für den Verbraucherschutz so wichtigen Bereich im Rat sehr viel unkomplizierter gestalten können als in der Vergangenheit. Die Kommission wird klarere Ansprechmöglichkeiten auf Ratsebene erhalten, denn klar ist: Ein gemeinsamer Markt braucht gemeinsame Regeln. Wir haben das in der Euro-Krise klarer denn je gesehen. Es reicht nicht, gemeinsame Prinzipien zu vertreten, um am Ende den Mitgliedstaaten die volle Freiheit zu lassen, sondern gemeinsame Prinzipien müssen durch gemeinsame Regeln durchgesetzt werden. Daher sorgen wir in dieser Richtlinie für Verbraucher, weil diese ihre Rechte kennen, wenn sie einheitlich sind, und diese entsprechend besser durchsetzen können gegen Unternehmen, die sich nicht an die Regeln halten, und vor allem für kleine und mittlere Unternehmen, weil einheitliche Regeln Rechtssicherheit schaffen und damit die kulturelle und wirtschaftliche Vielfalt, von der so häufig gesprochen wird, erst zur Geltung kommen kann. Vielen Dank für Ihre gute Zusammenarbeit. Ich freue mich auf die weitere Diskussion.

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. (HU) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Schwab, meine Damen und Herren Abgeordneten, es freut mich sehr, dass wir endlich in der Lage waren, die Aussprache über diesen Vorschlag auf die Tagesordnung zu setzen.

Wie Sie wissen, kam der Rat im Dezember letzten Jahres zu einer Einigung im Hinblick auf dieses Thema, und am 24. Januar 2011, während Ungarn bereits den Ratsvorsitz innehielt, nahm der Rat offiziell seinen vorläufigen Standpunkt ein, mit anderen Worten, die allgemeine Ausrichtung.

Um zu einer Einigung zu kommen, mussten wir im Rat zwei Jahre lang darüber verhandeln, wie das ideale Gleichgewicht zwischen den Rechtsvorschriften der EU und denen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Gewährleistung der Rechte der Verbraucher aussehen könnte und darüber, welche Aspekte der Verbraucherrechte entsprechend harmonisiert werden könnten. Die Schwierigkeiten in Bezug auf diesen Vorschlag lassen sich am besten anhand der Tatsache verdeutlichen, dass die Arbeitsgruppe des Rates mehr als 60 Sitzungen abhalten musste, um einen Text zu verfassen, der von der qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützt werden konnte. Darüber hinaus erwies es sich als unmöglich, eine Übereinkunft über die Kapitel vier und fünf des Vorschlags der Kommission zu erzielen, die zum einen den Verkauf von Waren und zum anderen missbräuchliche Vertragsklauseln betreffen. Infolge dieser vorherrschenden Schwierigkeiten musste der Rat beschließen, diese beiden Kapitel aus dem Text zu streichen und sich stattdessen auf im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge zu konzentrieren. Dieser Ansatz fand auch die Unterstützung der Kommission, da der Text des Rates in Bezug auf derartige Verträge auf Ebene der EU einen Mehrwert darstellt.

Der Ratsvorsitz ist der Meinung, dass das Europäische Parlament dieser Debatte weiteren Antrieb verleihen könnte. Deswegen ist die morgige Stimmabgabe über die eingebrachten Abänderungsentwürfe so wichtig. Falls das Europäische Parlament in der morgigen Plenarsitzung beschließt, den Vorgang an den Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zurückzuschicken, wird der ungarische Ratsvorsitz sich engagiert dafür einsetzen, dass im Zuge der ersten Lesung eine Einigung erzielt werden kann. Wir sind bereit, uns uneingeschränkt für dieses Ziel einzusetzen. Natürlich hängt sehr viel davon ab, welche Art der Änderungsanträge das Parlament vorschlägt.

Wie ich bereits erwähnte, gibt es große Abweichungen zwischen den Standpunkten der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Kapitel vier und fünf, also darüber, ob gewisse Aspekte von Geschäftsbedingungen und Garantien sowie missbräuchliche Vertragsklauseln vollständig harmonisiert werden sollten. Der Ratsvorsitz glaubt, dass der Grund, sich auf die weiteren Bestimmungen der Richtlinie, also Kapitel eins und drei, zu konzentrieren, darin besteht, dass wir auf diese Weise einen echten europäischen Mehrwert leisten können. Im Hinblick auf diese Punkte unterscheidet sich die allgemeine Ausrichtung des Rates nicht sehr stark von den Abänderungsentwürfen des Parlaments, die vom Rechtsausschuss am 20. Januar und dem IMCO am 1. Februar vorgebracht wurden.

Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wir sind bereit dazu, uneingeschränkt mit dem Parlament und der Kommission zusammenzuarbeiten, um einen Erfolg zu erzielen. Ich möchte diese Gelegenheit ebenfalls nutzen, um dem Berichterstatter und dem Vorsitzenden des IMCO-Ausschusses, Herrn Harbour, und allen Mitgliedern des IMCO-Ausschusses für ihre umfassende Zusammenarbeit zu danken, die sie gegenüber dem ungarischen Ratsvorsitz bislang an den Tag legten. Ich weiß nicht, wie das Endergebnis ausfallen wird und ob wir vollkommen zufrieden mit den Ergebnissen unserer Verhandlungen sein werden, aber ich bin davon überzeugt, dass wir diese Gelegenheit, den Bürgerinnen und Bürgern der EU Verbraucherrechte zu gewähren, die viel weitreichender sind als bisher, nicht verschwenden dürfen.

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. Herr Präsident, nächstes Jahr feiern wir den 20. Jahrestags des Binnenmarkts. Wir müssen gewährleisten, dass der Binnenmarkt Verbrauchern und Unternehmen Vorteile bringt. Mehr als zwei Jahre der Verhandlungen haben gezeigt, dass es politisch sehr schwierig ist, eine Einigung über die gesamte Richtlinie auf Grundlage dessen zu erzielen, was die Kommission vorgeschlagen hat. Viele von Ihnen möchten nicht, dass der nationale Verbraucherschutz eingeschränkt wird – und das zu Recht.

Nun diskutieren wir schon seit weit mehr als zwei Jahren über dieses Rechtsdokument. Ich denke, es ist höchste Zeit, dass der Mitgesetzgeber eine Lösung findet. In dieser Hinsicht danke ich vor allem Ihren Ausschüssen, den Berichterstattern Herrn Schwab und Frau Wallis und den Schattenberichterstattern für ihre harte Arbeit, die sie bei der Suche nach einem Kompromiss geleistet haben. Der Rat einigte sich Anfang des Jahres auf eine allgemeine Ausrichtung. Er entschied sich, den Wirkungsbereich des Vorschlags deutlich einzugrenzen und sich vor allem auf im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge zu konzentrieren.

Die Kommission ist der Auffassung, dass die allgemeine Ausrichtung des Rates eine gute Ausgangsposition für unsere Suche nach einem vernünftigen Kompromiss darstellt. Im Großen und Ganzen stimmt sie mit dem Ziel überein, die Funktionsweise des Binnenmarkts zu verbessern und gleichzeitig einen Mehrwert für die Verbraucher zu schaffen. Ich weiß, dass Sie durch Ihre Änderungsanträge versuchen, weitere Verbesserungen zu erreichen. Ich sehe viele vernünftige Vorschläge für die weitere Stärkung des Verbraucherschutzes, und wie ich bereits sagte, sollte die Richtlinie über die Verbraucherrechte eine Richtlinie der Rechte sein. Sie sollte ihren Namen auch verdienen.

Ich möchte Ihnen einige Beispiele geben: Ich könnte zweifellos Änderungsantrag 122 unterstützen, der gewährleistet, dass Verbraucher im Falle des Widerrufs für eine Rücksendung von Waren nicht aufkommen müssen, sofern der Wert der Waren mehr als 40 EUR beträgt. Auch gegen die Verlängerung der Widerrufsfrist auf ein Jahr für den Fall, dass ein Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht informiert wurde, stelle ich mich nicht (Änderungsantrag 116). Ich könnte ebenfalls eine harmonisierte Lösung für den Kampf gegen sogenannte Internet-Kostenfallen unterstützen (Absatz 1 Buchstaben a und b in Änderungsantrag 107).

Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich sage, dass ich nicht alle vorliegenden Änderungsanträge akzeptieren kann. Beispielsweise Änderungsantrag 141. Obwohl auch ich das Ziel verfolge, dem Binnenmarkt zu dienen, geht es wohl einen Schritt zu weit, Fernabsatzhändler dazu zu verpflichten, Waren oder Dienstleistungen in einen beliebigen Mitgliedstaat zu liefern.

Nach dieser langen Zeit und trotz der verbleibenden Differenzen sehe ich ein Licht am Ende des Tunnels. Ich bin zuversichtlich, dass ein annehmbarer und ausgewogener Kompromiss nun in greifbarer Nähe liegt. Ich werde alles mir mögliche tun, um Ihnen dabei zu helfen, einen solchen Kompromiss zu erzielen.

 
  
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  Diana Wallis, Berichterstatterin für die Stellungnahme des Rechtsausschusses. Herr Präsident, wir alle befinden uns schon seit langer Zeit auf einer Reise, die noch nicht am Ende ist und hoffen, dass wir unser Ziel bald erreichen werden. Ich möchte Herrn Schwab für seine Arbeit im Namen des Rechtsausschusses danken. Im Laufe der Jahre haben wir die Schwierigkeiten aufgrund unterschiedlicher Rechtskonzepte klar erkannt, die ein Hindernis für echte Möglichkeiten für Verbraucher und KMU auf dem Binnenmarkt darstellen.

Wir haben bei dieser Übereinkunft, die uns nun im Parlament vorliegt, einige Fortschritte erzielt. Leider bin ich der Meinung, dass der Rechtsausschuss gerne mehr geleistet hätte, beispielsweise in Kapitel 5 über missbräuchliche Vertragsklauseln und vor allem im Bereich der Transparenz. Unser Ausschuss würde in diesem Bereich wirklich gerne Fortschritte erreichen. Ich weiß, der Rat hat das Gefühl, dass dies vielleicht einen Schritt zu weit geht. Für uns ist es allerdings ein Schritt, der in Bezug auf den Binnenmarkt und tatsächlich auch im Bereich der Verbraucherrechte von großer Bedeutung sein könnte, wie Sie es so passend ausgedrückt haben, Frau Kommissarin.

Wir haben schon viel erreicht. Es gab eine Überprüfung des Besitzstands auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes. Wir haben nicht alle Richtlinien überprüft, die der Vorgänger der Frau Kommissarin von uns prüfen lassen wollte. Wir machen einige kleine Schritte nach vorne. Ich hoffe, dass wir weiterhin reden werden, dass wir weiterhin diskutieren werden. Vielleicht werden wir etwas Brauchbares hervorbringen.

 
  
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  Sirpa Pietikäinen, Berichterstatterin für die Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft und Währung. Herr Präsident, zunächst möchte ich meinen Kolleginnen und Kollegen für ihre ausgezeichnete Zusammenarbeit danken, vor allem Herrn Schwab vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, der sich unaufhörlich und sehr kooperativ dafür einsetzte, dass dieser Bericht vorangebracht wird. Der Vorschlag der Kommission ließ ziemlich viel Raum für Verbesserungen.

Vom Standpunkt des ECON-Ausschusses aus gibt es drei Bereiche, die ich hervorheben möchte. Es ist gut, dass digitale Güter in diesem Vorschlag berücksichtigt werden. Es ist gut, dass es ein klares Signal für die künftige Entwicklung von Methoden der alternativen Streitbeilegung gibt. Mit kleinen und/oder innovativen Finanzprodukten sollte sich entweder eine spezielle Richtlinie für den Finanzsektor oder eine künftige Verbraucherschutzrichtlinie befassen.

Zu guter Letzt würde ich mir wünschen, dass die nächsten von der Kommission ergriffenen Schritte ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten, das letztendlich zu einer vollständigen Harmonisierung der Verbraucherschutzvorschriften innerhalb der Europäischen Union führen könnte.

 
  
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  Raffaele Baldassarre, im Namen der PPE-Fraktion. (IT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, ich gratuliere Herrn Schwab für die bislang geleistete Arbeit und für die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen dem Rechtsausschuss und dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz.

Dadurch, dass verschiedene Grade der Harmonisierung der Anforderungen ermöglicht werden, haben wir die Möglichkeit, bedeutsame Ergebnisse zu erzielen, die den Bürgerinnen und Bürgern Europas einen echten Mehrwert bieten. Von besonderer Bedeutung sind hierbei das vierzehntägige Widerrufsrecht und die neuen Artikel über die Informationspflichten, die nicht nur den Preis sondern auch Identität und Anschrift des Verkäufers umfassen. Diese Verbesserungen werden das Vertrauen der Verbraucher bestärken, vor allem im Bereich des grenzüberschreitenden Einkaufs, indem die Rechtsicherheit gewährleistet wird, die für den elektronischen Geschäftsverkehr von grundlegender Bedeutung ist.

Diese Richtlinie wird auch die Grundlagen für weitere ergänzende Maßnahmen schaffen, von der Reform des europäischen Vertragsrechts bis zur Überprüfung von Methoden der alternativen Streitbeilegung. Diese fundamentale Harmonisierungstätigkeit ist eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung eines Binnenmarkts, der darauf ausgelegt ist, die Rechte der Verbraucher zu achten und den Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union zu dienen.

Vor ungefähr einem Jahr sagte Professor Monti in seinem Bericht zu Präsident Barroso: „Die Verbraucher und ihr Wohl sollten bei der nächsten Stufe des Binnenmarktes im Mittelpunkt stehen.“ Zuerst sollten die Gesetzgeber sich über den Entwurf einer Richtlinie über die Rechte von Verbrauchern einigen, damit auf einem integrierten Einzelhandelsmarkt ein hohes Schutzniveau gewährleistet wird. Diese Bestimmung erfüllt vollkommen die Anforderungen, und ich bin davon überzeugt, dass Herr Schwab weiterhin mit der gebotenen Entschlossenheit die komplizierten Verhandlungen führen wird, die vor der endgültigen Annahme des Textes noch folgen werden.-

 
  
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  Evelyne Gebhardt, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Es waren in der Tat harte und zähe Verhandlungen, die wir zu führen hatten, denn die Meinungen waren zu Beginn dieser Diskussionen sehr unterschiedlich, Herr Schwab. Und es war nicht gerade einfach, uns auf einem vernünftigen Weg wiederzufinden.

Allerdings haben wir in diesen Verhandlungen ganz erhebliche Verbesserungen machen können, auch nach der Abstimmung im Ausschuss, die es am Ende ermöglichten, dass meine Fraktion diesem Kompromisspaket morgen auch wirklich wird zustimmen können. Sie wissen, wie viel das nach den Diskussionen, die wir hatten, bedeutet.

Wir haben in der Tat einige Verbesserungen vorgenommen. So ist jetzt die Mindestharmonisierung wieder Grundlage der Richtlinie – mit Ausnahme der Tatbestände, die vollständig harmonisiert sind, was für uns ein ganz wichtiges Anliegen war. Wir haben die sozialen Dienstleistungen, Gesundheitsdienstleistungen und Glücksspiele aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie herausgenommen, denn das sind Bereiche, die ganz besondere Regelungen brauchen. Die kann man nicht in normale kommerzielle Dienstleistungen, Waren oder Handel einordnen. Das war also eine wichtige Frage. Wir haben die Informationspflichten gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, den Verbrauchern ganz erheblich gestärkt. Deswegen sage ich auch der Ratsvorsitzenden, Kapitel 2 zu streichen, das würde bedeuten, genau das herauszustreichen, was diese Informationspflicht umfasst, und das wird mit uns Sozialdemokraten nicht zu machen sein, das sage ich Ihnen sofort ganz klar!

Wir haben elektronische Produkte in den Anwendungsbereich mit aufgenommen, das war ursprünglich im Vorschlag der Kommission nicht vorgesehen. Aber gerade der Fernabsatz per Internet ist einer der ganz wichtigen Bereiche, die aufgenommen wurden. Auf der Zielgeraden ist es uns gelungen, auch die Haustürgeschäfte zu verbessern. Das sind die positiven Dinge, die uns erlauben, unsere Zustimmung zu geben.

Ich verhehle aber nicht, dass es auch noch ein paar Probleme gibt, insbesondere mit Kapitel 5 betreffend missbräuchliche Klauseln, mit dem wir absolut nicht zufrieden sind und an dem wir weiterarbeiten müssen oder auf das wir – wenn es sein muss – eben ganz verzichten müssen. Aber was noch viel schwieriger ist, ist, dass die Finanzdienstleistungen insgesamt aus den Informationspflichten herausgenommen worden sind. Da, denke ich, gibt es ganz erhebliche Probleme. Darüber werden wir, Frau Kommissarin, auch noch einmal diskutieren müssen, denn in Ihren Vorschlägen waren sie enthalten und das sollte auch so bleiben.

Zum Fazit: Wir werden dem Kompromisspaket zustimmen, wir werden auch zustimmen, dass die Rücküberweisung an den Ausschuss erfolgt, das bedeutet allerdings noch nicht, dass wir zustimmen, dass ein Abschluss in erster Lesung erfolgt.

 
  
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  Robert Rochefort, im Namen der ALDE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, dieser Text ist wichtig. Es ist keine Revolution: Wir können nicht sagen, dass vorher alles schlecht war und nun alles perfekt ist. Trotzdem bietet er in dieser vorläufigen Phase unserer Arbeit eine Reihe von deutlichen Verbesserungen.

Meiner Meinung nach betreffen diese Verbesserungen die bessere Regulierung des Fernabsatzes, vor allem über das Internet (Kapitel III), da die Verbraucherrechte in diesem Bereich gestärkt werden müssen. Der elektronische Geschäftsverkehr ist sehr nützlich: Es vergrößert die Auswahl des Verbrauchers, ermöglicht ihnen, den günstigsten Preis zu finden und bietet Klein- und Mittelbetrieben sowie Handwerkern die Möglichkeit, neue Absatzmärkte zu erschließen.

Um in diesem Bereich weitere Fortschritte zu erzielen, müssen wir dies auf eine wirklich europäische Art und Weise tun, also indem wir in einigen bestimmten Bereichen eine vollständige Harmonisierung der allgemein geltenden Rechte und Pflichten umsetzen. Ganz direkt ausgedrückt wird ein Kunde aus Italien, der etwas auf einer belgischen oder deutschen Website kauft, von nun an wissen, dass er oder sie über dieselben Rechte und denselben Schutz verfügt. Dafür wird diese Richtlinie sorgen.

Sie bedeutet, dass die Überlegungsfrist eines Verbrauchers in der gesamten Union auf 14 Tage verlängert wird. Sie bedeutet, dass er oder sie von Anfang an den gesamten zu bezahlenden Preis kennt, ohne eine unangenehme Überraschung fürchten zu müssen. Sie bedeutet, dass er oder sie die Bestellung durch den Doppelklick korrekt überprüfen kann.

Offensichtlich wird all dies einige Gewohnheiten durcheinanderbringen. In vielen Mitgliedstaaten enthält das nationale Recht subtile Elemente, die von allen als grundlegend betrachtet werden, auch wenn sie in Nachbarländern oftmals nicht existieren. Das Zusammenleben in Europa bedeutet, dass wir lernen müssen, unsere Gewohnheiten zum Wohle der Gemeinschaft und im allgemeinen Interesse ein wenig zu ändern.

Um es deutlich zu sagen: Dieser Text muss noch weiter verbessert werden, und wir werden dies in den kommenden Wochen gemeinsam mit dem Rat und der Kommission machen müssen. Ich habe die Offenheit begrüßt, die soeben in dieser Hinsicht an den Tag gelegt wurde. Dank unseres Berichterstatters Herrn Schwab, dem ich aus ganzem Herzen danken möchte, haben wir bereits einen großen Teil der Arbeit erledigt. Jedoch beruht die wirkliche Errungenschaft dieser Arbeit vor allem auf der Tatsache, dass diese Änderungsanträge morgen von allen Fraktionen angenommen werden. Das Vertrauen der Verbraucher gegenüber dem Binnenmarkt der Union ist sehr zerbrechlich. Wir brauchten diese einstimmige politische Unterstützung, um dieses Vertrauen aufrecht zu erhalten und es zu bestärken.

 
  
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  Adam Bielan, im Namen der ECR-Fraktion.(PL) Herr Präsident, ich möchte zunächst Herrn Schwab, dem Berichterstatter für den hier behandelten Bericht, meinen Dank dafür aussprechen, dass er so viel Engagement für die Arbeit am Entwurf dieser Richtlinie an den Tag gelegt hat.

Zweieinhalb Jahre intensiver Arbeit an diesem Dokument haben dazu geführt, dass ein Kompromiss erreicht wurde, der in seiner endgültigen Fassung – so hoffe ich – den Verbrauchern der 27 Mitgliedstaaten im Bereich des Fernabsatzes und im Speziellen im Hinblick auf Internettransaktionen mehr Rechtssicherheit garantieren wird. Ich hoffe außerdem, dass Verbraucher dank dieser Richtlinie und infolge der Verbesserung und Harmonisierung einiger neuer Rechte und der klareren Darstellung der bestehenden Rechte mehr Vertrauen in grenzüberschreitenden Handel und Online-Einkäufe haben werden. Darüber hinaus zielt die Richtlinie durch die Vereinheitlichung der Informationspflicht für im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge beispielsweise auch darauf ab, eine größere Anzahl Händler zum Eintritt in die Märkte der Europäischen Union zu ermutigen, was wiederum zu einer gesteigerten Leistung des Binnenmarkts führen sollte. Ich hoffe, dass dies ein förderlicher Impuls sein wird, vor allem für die Popularisierung des Online-Handels. Ich hoffe auch, dass die Verbraucher vom wachsenden Wettbewerb, der ihnen auf dem Binnenmarkt zur Verfügung steht, profitieren werden.

Ich möchte einige der wichtigsten Aspekte hervorheben: Erstens haben wir uns zum Ziel gesetzt, einen Text zu erarbeiten, der ausgeglichen sein sollte und zum Wohle der Verbraucher innerhalb der Union beitragen sollte, sich aber gleichzeitig nicht negativ auf Händler auswirkt, vor allem nicht auf die Betreiber von Klein- und Mittelbetrieben in der Union.

Zweitens freue ich mich darüber, dass wir in der Lage waren, einen pragmatischen Text auszuhandeln, in dem ein gemischter Ansatz aus minimaler und maximaler Harmonisierung angenommen wurde, was bedeutet, dass die Mitgliedstaaten, die in einigen Bereichen bereits ein sehr hohes Verbraucherschutzniveau aufweisen, nicht gelitten haben. Wir haben es auch geschafft, einheitliche und klare Maßnahmen für bestimmte Fälle einzuführen, was dazu führt, dass beispielsweise Transaktionen über das Internet einfacher werden.

Ich freue mich auch darüber, dass wir es im Rechtsausschuss geschafft haben, konstruktiv über Kapitel 5 über missbräuchliche Vertragsklauseln zu verhandeln. Dieses Kapitel regelt Verträge, die im Normalfall nicht einzeln von den Verbrauchern verhandelt werden und oftmals als Grundlage für missbräuchliche Handlungen seitens unehrlicher Händler genutzt werden.

Ich bedauere jedoch, dass der Text dieser Richtlinie, obwohl wir eine Einigung erzielen konnten, noch bestimmte Unzulänglichkeiten aufweist. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass wir mit Engagement in der Lage sein werden, diese im nächsten Schritt der Verhandlungen zu korrigieren und bestimmte Vorteile für Verbraucher und Händler in Europa zu erreichen, da diese schließlich auch nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

 
  
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  Emilie Turunen, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(DA) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Schwab, der Binnenmarkt der EU ist einer der Grundpfeiler der europäischen Zusammenarbeit und wie die Kommission in ihrem Entwurf der Binnenmarktakte im letzten Jahr zurecht anmerkte, müssen die Bürgerinnen und Bürger – wir Europäerinnen und Europäer – im Mittelpunkt der Arbeit für die Entwicklung des Binnenmarktes stehen. Das dürfen wir bei der morgigen Stimmabgabe über die Richtlinie über Rechte der Verbraucher im Parlament nicht vergessen – eine Richtlinie, an der wir schon seit vielen Jahren arbeiten. Wie wir alle wissen, wurde dieser Text, über den wir morgen abstimmen sollen, im Vergleich zum Entwurf, den wir von der Kommission im Herbst 2008 erhalten haben, grundlegend überarbeitet, da wir im Parlament uns auf die Bereiche konzentrierten, in denen die EU-Regelungen sowohl den Verbrauchern als auch den Unternehmen einen echten Nutzen bringen werden. Im Gegenzug wollten wir den Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben, weitere Rechtsvorschriften dort einzuführen, wo sie sinnvoll sind.

Im Speziellen bedeutet dies, dass die europäischen Verbraucher die Veränderungen nicht in erster Linie bemerken werden, wenn sie im Internet in einem ausländischen Online-Shop einkaufen. Die neue Richtlinie wird dazu führen, dass es einheitliche Regeln für den Internethandel in Europa gibt, und das führt zu einer Reihe von Vorteilen für die Verbraucher. Lassen Sie mich kurz drei Beispiele anbringen: Erstens werden die Verbraucher in Europa eine Widerrufsfrist von 14 Tagen in Anspruch nehmen können, wenn Sie etwas in einem Online-Shop in einem der Mitgliedstaaten der EU einkaufen. Zweitens muss der Gesamtpreis des Produktes angegeben werden, bevor ein Verbraucher sich dazu bereiterklärt, ein Produkt zu kaufen. Drittens muss es möglich sein, den Verkäufer zu kontaktieren, falls Probleme auftreten sollten. Ein vierter Aspekt, der uns in der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz sehr wichtig war, bestand darin, diese Richtlinie für die Zukunft zu rüsten. Ein Produkt ist nicht nur etwas, was wir physisch anfassen können – heutzutage gehört dazu auch das geistige Eigentum. Es kann sich dabei um ein Software-Produkt oder ein Musikstück handeln, das wir herunterladen. Ich freue mich daher sehr darüber, dass digitale Produkte jetzt im Text enthalten sind.

Der Vorschlag, über den morgen abgestimmt wird und den die Grünen-Fraktion unterstützen kann, stellt kein perfektes Rechtsdokument dar. Wir wollten eine weiter gefasste, ambitioniertere Richtlinie, und wir wollten Fortschritte in allen Bereichen sehen. Jedoch ist Politik auch die Kunst des Machbaren, und dies ist momentan das Machbare. Im Allgemeinen denke ich, dass das Parlament einen vernünftigen Vorschlag erarbeitet hat, von dem die Verbraucher in Europa profitieren werden.

 
  
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  Kyriacos Triantaphyllides, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(EL) Herr Präsident, als Fraktion haben wir uns dem Grundsatz verschrieben, jeglichen Einschnitt der Verbraucherrechte in der Europäischen Union von vornherein zu verhindern. Obwohl der ursprüngliche Vorschlag der Kommission sehr ambitioniert war, so konnte er nicht die Anforderungen aller Verbraucher in der Europäischen Union erfüllen. Deswegen wurde eine rote Linie für eine vollständig harmonisierte Richtlinie durch den Vorschlag gezogen, sobald klar wurde, dass er zu einem geringeren Verbraucherschutzniveau in der EU führen würde.

Im Vorschlag des Parlaments für diese Richtlinie gibt es zwei besonders wichtige Elemente. Uns liegt ein vollkommen neuer Vorschlag des Parlaments vor, der sich sehr stark vom Vorschlag der Kommission unterscheidet und vom Rat anders betrachtet wird. Im Kern dieses Vorschlags steht ein gemischter Ansatz im Hinblick auf die Harmonisierung, der es den Mitgliedstaaten überlässt, ein höheres Verbraucherschutzniveau zu gewähren, wenn sie es wünschen.

Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Ausnahmen des Anwendungsbereichs der Richtlinie. Wir bestanden von Anfang an darauf, dass Sozialdienstleistungen, Gesundheitsdienstleistungen und Glücksspiel vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen werden sollten, da diese Bereiche keinen Bezug zum Verhältnis zwischen Händlern und Verbrauchern aufweisen und einen anderen Ansatz verfolgen. Wir sind zufrieden damit, dass dies berücksichtigt wurde.

Die Unterstützung für den Vorschlag des Parlaments bedeutet unter keinen Umständen, dass der Vorschlag der Kommission uneingeschränkt unterstützt wird. Ganz im Gegenteil dazu streben wir einen stark auf Kohäsion basierenden Standpunkt an und fordern die Kommission und den Rat auf, den Kerngedanken des Vorschlags des Parlaments mit großer Ernsthaftigkeit zu berücksichtigen, vor allem in Bezug auf den Grad der Harmonisierung und auf andere Bestimmungen von Verkaufsverträgen.

 
  
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  Oreste Rossi, im Namen der EFD-Fraktion. (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Verbraucherrechte stellen nur eines von vielen Beispielen dafür dar, dass die europäischen Institutionen sich äußerst schwer damit tun, Rechtsakte von großer rechtlicher und politischer Bedeutung in diesem historischen Moment in die Tat umzusetzen.

Wir wollen die ganze geleistete Arbeit und die positiven Errungenschaften nicht verwerfen, wie beispielsweise unseren Beitrag eines Änderungsantrags über den Anspruch auf Regress, durch den eine deutliche Verbesserung der Tätigkeiten von kleinen Händlern erreicht werden soll, ohne die Verbraucherrechte einzuschränken. Falls das Ergebnis der Verhandlungen mit den Rat darin besteht, dass die guten Aspekte, die vom Berichterstatter und den Fraktionen in einen von Anfang an schlechten Vorschlag eingebracht wurden, gestrichen werden, oder falls im Ergebnis das allgemeine Niveau an Harmonisierung in der Richtlinie erhöht wird, werden wir keine andere Wahl haben, als dagegen zu stimmen.

In jedem Fall liegt die Verantwortung für diese Situation nun nicht mehr beim Parlament, sondern bei der Europäischen Kommission. Im Hinblick auf bestimmte Themen sind wir Euroskeptiker der Liga Nord bereit, uns für ein hohes Maß an Harmonisierung auszusprechen, aber nur, wenn es dem gesunden Menschenverstand entspricht sowie dem öffentlichen Interesse, dem Interesse der Klein- und Mittelbetriebe und, warum auch nicht, den Prärogativen der Mitgliedstaaten.-

Eine Herangehensweise, die all dies berücksichtigt, wäre bei einem Thema, das so komplex ist wie der Verbraucherschutz, von Anfang an nötig gewesen. Ich begrüße das Zurückziehen vieler Änderungsanträge, die Themen in Frage stellten, die bereits gelöst worden waren. Es ist von essenzieller Bedeutung, dass der Rat den Text, der die Kammer verlässt, uneingeschränkt unterstützt, wenn er den vereinbarten Änderungsanträgen entspricht.

 
  
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  Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Manchmal wird dem Verbraucher das Bewusstsein für das Ausmaß seiner Handlungen erschwert, so etwa beim Herunterladen digitaler Inhalte. Man ist ja gewohnt, im Netz Inhalte kostenlos herunterzuladen. Noch bleibt dem Konsumenten die Entgeltlichkeit verborgen und so lädt er ohne es zu merken ein Abonnement herunter, obwohl er nur eine einmalige Leistung wollte. Hier braucht es wirklich ein rechtlich verankertes Rücktrittsrecht.

Eine weitere Kritik gilt natürlich auch der Verschmelzung von Fernabsatz- und Haustürgeschäft, denn an der Haustür besteht tatsächlich eine überhöhte Überrumpelungsgefahr. Auf der anderen Seite dürfen kleine und mittlere Unternehmen bei Verträgen außerhalb der Geschäftsräume nicht unnötig belastet werden. Ein Beispiel: Ein Konsument bestellt aus eigener Initiative einen Handwerker oder einen Friseur in sein Haus. Hier besteht kein erhöhtes Schutzbedürfnis, weil von einer Überrumpelungsgefahr nicht gesprochen werden kann. Wir brauchen also einen sinnvollen, weitgehenden Verbraucherschutz, aber auch die Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen gehören ausreichend berücksichtigt.

 
  
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  Anna Maria Corazza Bildt (PPE). - Herr Präsident, der uns vorliegende Kompromiss ist ein sehr guter Schritt in die richtige Richtung. Ich begrüße die von uns erzielte Einigung über das Recht auf Widerruf und über die Informationspflichten für im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. Jedoch müssen wir den Mut beweisen, einen Schritt weiter zu gehen, vor allem in Bezug auf die Beseitigung einer Vertragswidrigkeit, auf Garantien und missbräuchliche Vertragsklauseln.

Ich habe mir die Argumente jahrelang aufmerksam angehört, aber meine Vision war und ist die vollständige Harmonisierung. Ich bin davon überzeugt, dass gemeinsame Bestimmungen eine Win-Win-Situation für Verbraucher und Unternehmen darstellen. Transparenz, Rechtssicherheit und Wettbewerb erhöhen die freie Auswahl für den Verbraucher und verringern den Verwaltungsaufwand der Unternehmen. Die Herausforderung besteht darin, das richtige Gleichgewicht zu finden.

Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher sollte, um zu einem hohen Verbraucherschutzniveau und geringen Kosten für die Unternehmen zu führen, nicht zu einem Tauziehen zwischen Markt und Volk führen. Ebenso wenig sollten wir uns der falschen Annahme hingeben, dass die nationalen Bestimmungen die Verbraucher schützen, während die Europäischen Regelungen die Unternehmen stärken. Dieses Bild entspricht nicht der Wahrheit. Es führt kein Weg daran vorbei, dass zusätzliche Kosten für die KMU zu zusätzlichen Kosten für die Verbraucher führen.

Im Verlauf dieses Verfahrens zeigte sich die PPE-Fraktion flexibel und konstruktiv. Die Linke war unnachgiebig und widerspenstig, und sie reduzierte die Debatte auf einen pingeligen Rechtsvergleich, bei dem zwischen nationalen Regelungen gefeilscht wurde. Ich bin stattdessen der Meinung, dass das gemeinsame Interesse der Menschen Europas den Vorrang genießen sollte. Eine minimale Harmonisierung und einzelstaatliche Ausnahmen, wie sie von den Sozialdemokraten gefordert werden, hindern die Bürgerinnen und Bürger nur daran, vollständig von einem gemeinsamen Binnenmarkt zu profitieren. In einer Zeit der Krise, in der wir uns mit stärker werdendem Protektionismus auseinandersetzen müssen, ist es genau so einfach wie unverantwortlich, ein Populist zu sein. Ich unterstütze Andreas Schwab uneingeschränkt bei seiner großartigen Arbeit und wünsche ihm alles Gute für die kommenden Verhandlungen.

Ich möchte abschließend anmerken, dass die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher einen Meilenstein für den Neubeginn des Binnenmarkts darstellt, um Vertrauen zu schaffen, das Wachstum anzukurbeln und um Wettbewerb zu schaffen sowie die Arbeitsplätze, die die Menschen Europas voller Vorfreude erwarten.

 
  
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  Antonio Masip Hidalgo (S&D).(ES) Herr Präsident, es gibt grundlegende Aspekte, die weiterer Verbesserungen bedürfen, also müssen wir diesen Bericht zurück an den Ausschuss schicken.

Somit ist der parlamentarische Durchgang dieses Berichts noch nicht vorbei.

Der ursprüngliche Entwurf war schlecht. Das sagten uns Verbraucherverbände auf nationaler und europäischer Ebene. Vor allem halte ich viel von der Verbrauchervereinigung Asturiens (Unión de Consumidores de Asturias) und ihrem Präsidenten, dem unermüdlichen Dacio Alonso.

Wir haben erreicht, dass der allgemeine Grundsatz des alten Artikels 4, der in der maximalen Harmonisierung lag, überarbeitet wurde. Wir müssen sehr deutlich anmerken, dass eine maximale Harmonisierung in den Mitgliedstaaten dazu führen würde, dass der Schutz vieler Verbraucher sich verringern würde, da in vielen Ländern eine umfassendere Tradition des Schutzes der Verbraucherrechte besteht.

In jedem Fall möchte ich betonen, dass wir dringend dafür sorgen müssen, dass die Liste missbräuchlicher Vertragsklauseln keine erschöpfende Liste ist, was bedeutet, dass jeder Mitgliedstaat die Anzahl der in dieser Liste aufgeführten Klauseln, die als inakzeptabel erachtet werden und in Verträgen mit Verbrauchern unwirksam sind, erweitern könnte; dass eine Umkehr der Beweispflicht eingeführt wird, damit der Händler dazu angehalten ist, zu beweisen, dass Klauseln außerhalb der Norm einzeln ausgehandelt wurden; und dass die Vertragsklauseln klar und verständlich verfasst sein müssen.

Wir sprechen uns auch weiterhin gegen die Einführung der maximal möglichen Harmonisierung im Hinblick auf missbräuchliche Vertragsklauseln aus.

Das Eurobarometer sagt aus, dass 79 % der Händler der Meinung sind, dass eine vollständige Harmonisierung in diesem Bereich wenige oder keine Auswirkungen auf ihre Tätigkeiten im Ausland haben wird.

 
  
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  Malcolm Harbour (ECR). - Herr Präsident, ich denke, sie werden feststellen, dass mir zweieinhalb Minuten zur Verfügung stehen, da nicht alle meine Kolleginnen und Kollegen anwesend sind. Als Vorsitzender des Ausschusses möchte ich zunächst allen Abgeordneten, die an dieser Sache gearbeitet haben, meinen Tribut zollen. Ich freue mich, dass sie alle heute Abend anwesend sind, unter der Leitung von Andreas Schwab, der mit seinem sehr starken Team von Schattenberichterstattern hier ist, die ausgiebiges Interesse und Fachwissen in diesem gesamten komplizierten Themenbereich an den Tag gelegt haben.

Ich denke, dass es stimmt, so wie Viviane Reding es sagte, dass die Mitgesetzgeber sich nun vorwärts bewegen und einige Entscheidungen treffen müssen. Die bislang benötigte Zeit ist ein Zeichen für die politischen Schwierigkeiten, sowohl auf Seiten des Rates als auch auf der des Parlaments. Ich denke, das Parlament hat wie bei so vielen Akten der Vergangenheit gezeigt, dass es in der Lage ist, einen Kompromiss auszuhandeln. Ich bin der Meinung, das Parlament sollte morgen über die Änderungsanträge abstimmen und ein klares Signal dazu abgeben, was wir wollen, und diesen Text anschließend an den Ausschuss zurückschicken.

Ich möchte dem Ratsvorsitz und Frau Győri, die sich am aktivsten für den Ratsvorsitz einsetzte, dafür danken, dass sie sich infolge dieser Veränderung offen für unseren Standpunkt zeigte. Dies bedeutet nicht, dass wir uns in irgendeiner Weise dafür einsetzen, den Schritt nach vorne zu gehen und diese Verhandlungen abzuschließen. Jedoch sind wir es unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie den Verbrauchern schuldig, zumindest eine offene Sitzung abzuhalten, um festzustellen, ob es eine gewisse Grundlage für eine Einigung gibt. Ich glaube, meine Kolleginnen und Kollegen sind damit einverstanden.

Wenn ich mir ansehe, was wir hier haben, würde ich zunächst sagen, dass ich Frau Corazza Bildts Enthusiasmus bewundere. Aber ich betrachte die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher nicht wirklich als Meilenstein. Ehrlich gesagt ist es meiner Meinung nach eher ein Trittstein, da sich im Bereich des Standpunkts, an der wir uns momentan befinden, noch viele Stolpersteine lauern. Ich denke, dass dies ein erster vorsichtiger Schritt in die Richtung ist, bei Themenbereichen, die große Emotionen und große politische Aufregung hervorrufen, mit der Harmonisierung umzugehen. Verständlicherweise möchten Verbraucher und Verbraucherorganisationen in verschiedenen Ländern nicht, dass man ihnen Rechte wegnimmt. Ich bin der Meinung, dass dies eines der größten Probleme für uns war.

Ich denke, wir haben hier einen Kompromiss, der den Verbrauchern und den Unternehmen einen echten Mehrwert bietet, vor allem im Bereich des Internethandles und des grenzüberschreitenden Handels. Diese Bereiche sowie bestimmte andere müssen wir unterstützen, aber meine abschließenden Worte an die Frau Kommissarin lauten wie folgt: Wir brauchen dringend einen Rahmen, in dem wir Fortschritte in Richtung einer stärkeren Harmonisierung machen können. Wir haben eine ganze Reihe zersplitterter Initiativen, einschließlich Ihrer Arbeit über die Verbraucherverträge und andere Änderungen. Wir brauchen dringend eine langfristige strategische Vorgehensweise, damit die Trittsteine zum Meilenstein werden.

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE).(PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, ich möchte zunächst Herrn Schwab für die Arbeit danken, die er in diesen Entwurf investiert hat. Er weiß wohl besser als jeder andere, dass dies keine leichte Aufgabe war. Im Zuge unserer Arbeit an dieser Richtlinie haben wir oft betont, wie wichtig sie für Verbraucher ist, aber auch für den Handel und insbesondere für den elektronischen Geschäftsverkehr und grenzüberschreitende Kaufhandlungen.

Was die Verbraucher, die online einkaufen, an erster Stelle wollen, ist eine Garantie dafür, dass die bestellten Waren oder Dienstleistungen an sie geliefert werden und dass sie der angegebenen Qualität entsprechen. Wir sollten daher gewährleisten, dass die Regelungen für den Schutz von Verbrauchern klar und transparent sind. Bei dieser Debatte sollten wir jedoch nicht die Händler außer Acht lassen, die Regelungen erwarten, die für sie keine übermäßigen Belastungen darstellen. Haben wir es im Zuge unserer Arbeit an dieser Richtlinie geschafft, die Interessen der Verbraucher mit denen der Händler in Einklang zu bringen?

Die seit fast zwei Jahren andauernden Diskussionen haben uns meiner Meinung nach diesem Ziel näher gebracht, auch wenn wir es noch nicht erreicht haben. Ich denke, dass die europäischen Verbraucher viel mehr von einem Höchstmaß an Harmonisierung der Regelungen profitieren würden. Es würde das Leben der Unternehmen, die im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs tätig sind, deutlich einfacher machen. Ich freue mich jedoch darüber, dass wir in einigen grundlegenden Themenbereichen Lösungen finden konnten, die den Bedürfnissen der Verbraucher ideal entsprechen und gleichzeitig Zugeständnisse an die realen Gegebenheiten der Geschäftswelt machen. Lassen Sie mich als Beispiel die Bestimmung anbringen, die eine vierzehntägige Frist für Verbraucher einräumt, von einem Vertrag zurückzutreten, und ich begrüße ebenso den Änderungsantrag, der Händlern die Möglichkeit einräumt, Rückerstattungen davon abhängig zu machen, dass ein Verbraucher einen postalischen Einlieferungsbeleg liefert. Dies ist ein essenzielles Merkmal dieser Richtlinie, das darauf hinweist, dass in Bestimmten Fällen auch Verbrauchern Pflichten auferlegt werden, genauso wie den Händlern.

Schließlich möchte ich den Rat und die Europäische Kommission dazu ermutigen, sich dafür einzusetzen, eine ambitionierte Einigung zu erzielen.

 
  
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  Bernadette Vergnaud (S&D).(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, zunächst möchte ich dem Berichterstatter Herrn Schwab sowie allen Schattenberichterstattern, insbesondere Frau Gebhardt, für ihre Arbeit danken.

Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission war in der Tat absurd, da es das Verbraucherschutzniveau in Gefahr brachte, indem dieses vollständig harmonisiert werden sollte. Dies kann nur gerechtfertigt werden, solange die Harmonisierung nach oben stattfindet, nicht nach unten, so wie es vorgeschlagen wurde.

Daher begrüße ich einen Großteil des erreichten Kompromisses, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit offen lässt, auf Wunsch strengere Regeln einzuführen, wobei gleichzeitig allen Verbrauchern in der Union ein hohes Mindestmaß an Schutz gewährt wird. Daher wurde die maximale Laufzeit eines Vertrags auf 12 Monate begrenzt, die Informationen über Fernabsatz- oder telefonische Verträge verbessert und eine Zahlung ist erst dann fällig, wenn die Überlegungsfrist von 14 Tagen abgelaufen ist.

Andererseits ist es inakzeptabel, dass die vollständige Harmonisierung im Hinblick auf Kapitel V beibehalten wird, das sich auf missbräuchliche Vertragsklauseln bezieht. Nicht nur das gewählte Verbraucherschutzniveau ist unzureichend, es läuft auch darauf hinaus, dass die Realität betrügerischer Handlungen ignoriert wird, da dieser Bereich ein Maß an Reaktionsfähigkeit benötigt, das die europäischen Rechtsvorschriften nicht bieten können.

Angesichts dieser Tatsache halte ich es für einen nicht verantwortbaren Schritt, den Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht jeglichen Bewegungsspielraum zu entziehen. Infolgedessen hoffe ich, dass die Mitgesetzgeber einen ausgewogenen Text hervorbringen werden, der einen wahrhaftigen und gemeinschaftlichen Kern an hohem Schutz gewährleistet.

 
  
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  Edvard Kožušník (ECR). – (CS) Herr Präsident, ich möchte zunächst Andreas Schwab für seine Arbeit danken und ihn beglückwünschen, da er sich der 1600 Änderungsanträge so geschickt angenommen und vernünftige Kompromissformen für den Bericht gefunden hat. Ich freue mich darüber, dass er es geschafft hat, die beiden wesentlichen Grundsätze des ursprünglichen Vorschlags der Kommission beizubehalten: Den Grundsatz der „besseren Rechtsetzung“ durch die Vereinfachung und Aktualisierung der Regelungen, um die Barrieren innerhalb des Binnenmarkts auszuräumen, mit denen sich die in der EU arbeitenden Unternehmer jeden Tag auseinandersetzen müssen, und der zweite Grundsatz des Erreichens der größtmöglichen Harmonisierung in Bezug auf das Verbraucherrecht durch die Abschaffung der zahlreichen in den einzelnen Staaten geltenden Ausnahmen.

Trotz der Tatsache, dass wir uns im Endeffekt nicht auf eine vollständige Harmonisierung in allen Kapiteln dieser Richtlinie einigen konnten, stellt diese Vereinbarung einen wichtigen Schritt nach vorne dar, da sie zur Aufhebung von Barrieren im grenzüberschreitenden Handel und in der abschließenden Analyse zu mehr Wettbewerb auf dem Binnenmarkt führt.

 
  
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  Kurt Lechner (PPE). - Herr Präsident! Ich muss leider etwas Wasser in den Wein gießen. Trotz der vielen Verbesserungen, die in den Ausschussberatungen an dem Kommissionsvorschlag erreicht wurden und für die in erster Linie auch dem Berichterstatter, Andreas Schwab, zu danken ist, enthält meines Erachtens das jetzt vorliegende Paket eine Fülle von Überregulierungen und Verkomplizierungen des Rechts, die insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen kaum zu bewältigen sind, dem Verbraucher nicht wirklich nützen, übrigens auch nur einen geringen Harmonisierungseffekt haben und den Binnenmarkt und den Wirtschaftsstandort Europa nicht voranbringen.

In der Kürze der Zeit kann ich leider nur auf eine Position eingehen. Der Vorschlag der Kommission hat die Reichweite von zwei Definitionen massiv ausgeweitet, wie er auch sonst viel zu weit ausgeholt hat, wie man an diesen 1 600 Änderungsanträgen gesehen hat. Das war ja kaum vernünftig im Parlament zu beraten. Die Kommission hat auch keinerlei Begründung für diese Ausweitungen geliefert – nirgendwo in den Anlagen, in den an das Parlament übermittelten Dokumenten wird diese Ausweitung begründet. Es geht zum einen um den Fernabsatzvertrag. Diese Ausweitung ist dankenswerterweise in den Beratungen jetzt zurückgeführt und korrigiert worden und das ist sehr zu begrüßen. Aber das Zweite ist, und darauf wollte ich jetzt eingehen, der Begriff des „Geschäfts außerhalb von Geschäftsräumen“.

Künftig ist grundsätzlich jeder Vertrag, der außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wird, mit vielen Vorschriften und Widerrufsrechten belastet, auch dann, wenn der Verbraucher – Herr Obermayr ist gerade darauf eingegangen – den Elektriker, den Maler, den Tüncher, den Schreiner usw. bestellt hat. Ich weiß wohl, dass es eine ganze Reihe von Ausnahmen gibt – die sind übrigens auch von Dir, lieber Andreas Schwab, und vom Ausschuss sowohl inhaltlich wie auch in den Formulierungen verbessert worden. Trotzdem bleiben enorm viele rechtliche Fallstricke bestehen, die insbesondere für handwerkliche Kleinst- und Kleinbetriebe zum Verhängnis werden können und existenzbedrohend sein können.

Dieser Teil des Vorschlags ist meines Erachtens überflüssig, er könnte problemlos gestrichen werden, wie übrigens Kapitel 4 und 5 auch, dann wäre der Rest des Vorschlags und der Beratungen gar nicht so schlecht.

 
  
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  Sylvana Rapti (S&D).(EL) Herr Präsident, ich möchte dem Berichterstatter Herrn Schwab und der sozialistischen Schattenberichterstatterin Frau Gebhardt danken. Ich möchte ihnen danken und sie zur selben Zeit loben, da sie große Beharrlichkeit und viel Geduld an den Tag legten, um uns an den Punkt zu bringen, den wir in der heutigen Debatte erreicht haben, der wiederum meiner Meinung nach eine gute Arbeitsgrundlage für Frau Kommissarin Reding darstellt, deren Worte für uns, so glaube ich, einen Grund bedeuten, optimistisch zu sein.

Ich persönlich halte eine minimale Harmonisierung für sehr gut und gleichzeitig auch für eine sehr pragmatische Arbeitsgrundlage. Ich komme aus einem Land, Griechenland, das ein sehr hohes Verbraucherschutzniveau erreicht hat. Wie Sie bestimmt nachvollziehen können, möchte ich nicht, dass dieses hohe Verbraucherschutzniveau eingeschränkt wird.

Ich gebe zu, dass ich mir Sorgen gemacht habe, als Herr Schwab über die maximale Harmonisierung sprach – und dies war das erste Mal, das ich davon gehört habe. Ich erinnerte mich an etwas, das ich in einer Zeitschrift gelesen hatte: Jemand hatte versucht, die schönste Frau zu erschaffen, indem die Augen einer Schauspielerin, die Nase einer Sängerin und der Mund einer anderen Schauspielerin zusammengeführt wurden. Das Ergebnis war abscheulich.

Ich führe diesen Vergleich an, um zu zeigen, dass wir mit den besten Absichten beginnen können und trotzdem das erhoffte Ziel möglicherweise nicht erreichen. Deswegen halte ich die minimale Harmonisierung für die angemessene Arbeitsgrundlage.

 
  
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  Damien Abad (PPE).(FR) Herr Präsident, ich möchte zunächst der Arbeit unseres Berichterstatters Herrn Schwab meinen Tribut zollen, die uns heute in die Lage versetzt, eine breite Übereinstimmung aller politischen Fraktionen im Hinblick auf diesen Text zu erreichen, auch wenn er einen schlechten Start hatte.

Ja, Europa sollte gleichbedeutend mit Fortschritt und praktischen Errungenschaften sein, und dies spiegelt sich in den Vorschlägen in Bezug auf die Verbraucher wider. Von jetzt an wird Europäerinnen und Europäern das Recht eingeräumt, einen Widerruf gegen einen Vertrag einzulegen, wenn Sie Artikel auf Auktionsplattformen wie eBay kaufen.

Wir habe erfolgreich einen Text präsentiert, der einerseits die Rahmenbedingungen für eine Ausweitung des grenzüberschreitenden Handels innerhalb der Europäische Union stärken wird und uns andererseits davon verschont, das Verbraucherschutzniveau in den Mitgliedstaaten senken zu müssen; ganz im Gegenteil, wird dieser Schutz verstärkt.

An erster Stelle bin ich der Meinung, dass wir, um unseren Ausstieg aus der Rezession zu festigen, neue Wachstumsquellen erschließen müssen und dass unsere Unternehmen infolge der Vereinfachung und Rationalisierung des europäischen Rechts in der Lage sein werden, umfassender vom Potenzial des Binnenmarkts zu profitieren. Wussten Sie, dass nur 22 % der Käufe in Europa grenzüberschreitender Natur sind? Die Bereitstellung eines besseren Rechtsrahmens für Unternehmen stellt also auch einen Beitrag für die wirtschaftliche Erholung dar.

Bei den Verhandlungen über diesen Text wollten wir einen ambitionierten, aber gleichzeitig pragmatischen Ansatz einnehmen. Der Grundsatz war einfach: keine Harmonisierung ohne ein entsprechendes Schutzniveau. Aus diesem Grund freue ich mich außerordentlich, dass wir es geschafft haben, einige Aspekte der nationalen Gesetze beizubehalten, die den Verbrauchern in dem einen oder anderen Mitgliedstaat sehr wichtig sind. Was uns in Frankreich betrifft, so können unsere Verbraucher weiterhin von dem Schutz profitieren, der durch die „versteckte Mängel“-Garantie gewährt wird sowie von der Beibehaltung unserer eigenen Rechtsvorschriften für den Schutz bei Haustürgeschäften.

Darüber hinaus zeigen wir heute, dass wir im Europäischen Parlament, also die rechten und linken Parteien gemeinsam, in der Lage sind, auf die tagtäglichen Bedürfnisse der Menschen zu reagieren, und das begrüße ich. Die Lösung ist natürlich mehr Europa, aber nicht irgendeiner Art. Wir brauchen ein Europa des Schutzes, ein Europa der Zuversicht und ein Europa, das Europäern, Bürgerinnen und Bürgern, Verbrauchern und Unternehmen Möglichkeiten bietet.

 
  
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  Olga Sehnalová (S&D). – (CS) Herr Präsident, in der Vergangenheit erwies sich der Werbespruch „Der Kunde ist König“ als wahr, lebenslange Garantien waren nicht die Ausnahme, und Qualität war eine Ehrensache. Die Welt von heute ist offensichtlich anders. Heute müssen wir uns über die Rechte der Verbraucher, den Schutz der Verbraucher und die Rechtsvorschriften, die dies gewährleisten können, Gedanken machen. Kundenzufriedenheit, so scheint es, ist nicht mehr die beste Geschäftsstrategie, und es gibt beinahe zu viele Ausnahmen im täglichen Leben, die eher das Gegenteil unterstellen.

Deswegen ist es so wichtig, eine ausführliche Aussprache über diese Rechtsvorschriften abzuhalten, die nicht zu einem Abbau der Verbraucherrechte führen darf, sondern neuen Herausforderungen gewachsen sein muss. Wir müssen erkennen, wie unterschiedlich die verschiedenen Ausgangspositionen der EU-Staaten im Hinblick auf die Verbraucherrechte sind. Unser Ziel sollte darin bestehen, den Verbraucherschutz an den Orten zu stärken, an denen bislang rechtliches Chaos und Unsicherheit vorherrschten, was zahlreiche Betrüger auf den Plan rief und das Vertrauen in den Binnenmarkt untergrub. Andererseits müssen wir ein hohes Verbraucherschutzniveau an den Orten aufrechterhalten, an denen es bereits in effektiver Art und Weise existiert. Dies ist die grundsätzliche Herangehensweise der Richtlinie über Rechte der Verbraucher, und daher unterstütze ich den Standpunkt meiner Fraktion uneingeschränkt. Ich möchte selbstverständlich auch allen Berichterstattern für die umfangreiche, von ihnen geleistete Arbeit danken. Der Verbraucherschutz stellt sich wirklich nicht gegen die Interessen der ehrlichen Geschäftsleute. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

 
  
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  Regina Bastos (PPE).(PT) Herr Präsident, ich möchte zunächst Herrn Schwab für die Beharrlichkeit danken, die er in den Verhandlungen an den Tag gelegt hat, die uns zu diesem wichtigen Kompromiss geführt haben, und ich möchte auch all jenen meinen Tribut zollen, die an seiner Seite an diesem Bericht gearbeitet haben.

Wir wollen nicht nur ein höheres Schutzniveau für die europäischen Verbraucher erreichen, sondern auch gewährleisten, dass die Unternehmen Europas unabhängig von ihrer Größe in der Lage sind, Verbraucher in allen 27 Mitgliedstaaten mit Waren und Dienstleistungen zu beliefern, ohne sich mit unnötigen rechtlichen Hindernissen auseinandersetzen zu müssen.

Diese neue Richtlinie wird der rechtspolitischen Zersplitterung, die die Teilnahme am grenzüberschreitenden Markt eingeschränkt hat, ein Ende bereiten und dem Binnenmarkt spürbar Antrieb verleihen. Ich möchte die neuen Bestimmungen im Hinblick auf die Bereitstellung von Informationen für den Verbraucher hervorheben. Diese Informationen müssen eindeutig, verständlich und rechtzeitig bereitgestellt werden.-

Es ist außerdem wichtig, dass die Pflicht zur Einhaltung dieser Informationspflichten beim Händler liegt. Die Regelungen für Fernabsatzverträge, vor allem für die über das Telefon und das Internet geschlossenen Verträge, müssen ausgearbeitet und die Verbraucher durch einfache, effektive Mechanismen geschützt werden. Wir sind sicher, dass die neue Richtlinie nach Abschluss der institutionellen Verhandlungen dazu beitragen wird, dass die Europäische Union wettbewerbsfähiger und dynamischer wird, wie man es in einer globalen Wirtschaft erwarten kann.

 
  
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  Antolín Sánchez Presedo (S&D).(ES) Herr Präsident, das Schaffen einer Richtlinie über Rechte der Verbraucher und die damit verbundene Errichtung eines horizontalen Instruments, das die vier bereits bestehenden Richtlinien vereinfachen, zusammenfassen und ergänzen wird, ist etwas Positives.

Ein Binnenmarkt, der von einem hohen Verbraucherschutzniveau geprägt ist, ist ein entscheidendes Element für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung.

Um dies in Einklang mit dem Vertrag zu erreichen, dürfen die Mitgliedstaaten nicht davon abgehalten werden, Maßnahmen umzusetzen, die den Verbraucherschutz stärken. Daher sollte eine vollständige Harmonisierung nur im Hinblick auf die Aspekte umgesetzt werden, die für einen konsistenten Rahmen für grenzüberschreitende Transaktionen notwendig sind, um einen Mehrwert zu schaffen.-

Es besteht eine weitreichende Übereinstimmung im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, dass Finanzdienstleistungen einen integralen Bestandteil dieser Richtlinie darstellen müssen, um sie wirklich horizontal auszurichten, dass sie mit branchenspezifischen Rechtsvorschriften auf nationaler und EU-Ebene koordiniert werden, damit keine Lücken entstehen, und dass Empfehlungen von Experten eingeholt werden sollten.

Diese Leitlinie spiegelt sich nicht ausreichend im Text wider und somit muss er vor der endgültigen Abstimmung noch im Detail angepasst werden.-

Wir müssen auch noch Fortschritte in Richtung einer Charta der Verbraucherrechte in Bezug auf Finanzdienstleistungen machen.

 
  
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  Alajos Mészáros (PPE).(HU) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, lassen Sie uns Herrn Schwab für die wertvolle Arbeit danken, die er vorgelegt hat. Einheitliche Regelungen für den Verbraucherschutz und Konzepte, die überall dasselbe bedeuten, werden Bürgerinnen und Bürgern Zuversicht geben und gleichzeitig eine größere Rechtssicherheit gewährleisten. All dies ist besonders für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen von Bedeutung, die ihre Handelsrechte auf dem Binnenmarkt uneingeschränkt ausüben möchten. Der Vorschlag des Berichterstatters, dass die minimale Harmonisierung beim Verbraucherschutz von der vollständigen Harmonisierung der technischen Regelungen begleitet werden sollte, stellt die einzig akzeptable rechtliche Lösung angesichts der aktuellen Situation dar. Die Verbindung aus minimaler und vollständiger Harmonisierung kann zu einer für alle akzeptablen Option werden.

Die aktuell bestehenden Hindernisse im grenzüberschreitenden Handel behindern die Tätigkeiten von Händlern und Verbrauchern über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinaus. Statistiken zeigen, dass viele Menschen gegenüber EU-Einkäufen über das Internet nach wie vor eine ablehnende Haltung einnehmen, und es wäre wünschenswert, wenn wir auch dies ändern könnten. Außerdem möchte ich anmerken, dabei denke ich vor allem an die Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa, dass ein umfassender und konstruktiver Rechtsrahmen dringend benötigt wird. Ein System, das auf transparenteren gemeinsamen Bestimmungen basiert, erhöht das Bewusstsein der Verbraucher, das in dieser Region noch nicht so ausgereift ist, aber in Westeuropa schon seit langem existiert. Eine entwickelte Verbraucherschutzstrategie ist auch ein Mittel der Unterstützung für die KMU. Wir müssen daher Acht geben, dass wir ihre Situation nicht komplizierter machen, indem wir zu strenge Rechtsvorschriften einführen.

Eine genauere Definition der Informationspflichten der Händler ist einer der Schlüsselaspekte, der zu einer steigenden Anzahl von Markttransaktionen beitragen würde, die rechtmäßig und vom kommerziellen Standpunkt aus gerecht sind. Es ist kein Zufall, dass auch der ungarische Ratsvorsitz diesen Vorschlag für eine Richtlinie als eine der Prioritäten für ihre sechsmonatige Amtszeit erachtet. Es ist symbolisch und ein Signal, dass das Parlament diesen Bericht einige Tage nach dem Weltverbrauchertag auf die Tagesordnung setzt. Durch das Treffen der richtigen Entscheidung können wir das Leben von beinahe 500 Millionen Verbrauchern und 22 Millionen Unternehmen auf den Binnenmarkt der Europäischen Union erleichtern.

 
  
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  Seán Kelly (PPE).(GA) Herr Präsident, zunächst möchte ich Herrn Schwab und seinen Kolleginnen und Kollegen für die im Laufe von über zwei Jahren geleistete gute Arbeit danken. Zweifellos ist dies ein großer Erfolg ihrerseits. Ich möchte auch Frau Győri des ungarischen Ratsvorsitzes lobend erwähnen: sie ist sehr engagiert, den ganzen Tag hier anwesend, und befindet sich auch stets in Straßburg. Ich denke nicht, dass ich hier bislang jemanden gesehen habe, der so engagiert ist wie sie.

Es geht hier um den Binnenmarkt, Harmonisierung und einen Mehrwert: alles sehr wichtig. Es ist nicht das Endprodukt, sondern eine laufende Arbeit: Besonders erwähnenswert sind Aspekte wie das Widerrufsrecht, missbräuchliche Vertragsbedingungen und vor allem die Flexibilitätsklauseln, die den nationalen Regierungen Flexibilität einräumen. Wenn wir so etwas auch in anderen Richtlinien wie dem EGF hätten, würden diese besser funktionieren. Schließlich möchte ich sagen, dass diese Richtlinie Arbeiten wie die Dienstleistungsrichtlinie und die Datenschutzrichtlinie ergänzt, an denen ich momentan arbeite. Daher ist dies ein guter Fortschritt.

(GA) Ich möchte Herrn Schwab dafür loben, dass er diese Arbeit abgeschlossen hat.

 
  
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  María Irigoyen Pérez (S&D).(ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin, erlauben Sie, dass ich zunächst den Berichterstatter, Herrn Schwab, und Frau Gebhardt für die geleistete Arbeit beglückwünsche.

Ich hege einen allgemeinen Gedanken: Es ist nicht der Protektionismus, der zunimmt, sondern es geht vielmehr darum, einige Rechte, die in bestimmten Mitgliedstaaten bereits bestehen, nicht zu entziehen.

Denn wenn wir einen wirklichen Binnenmarkt für die Beziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern einrichten möchten und dieses Ziel verfolgen, müssen wir gleichzeitig auch ein Gleichgewicht zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Verteidigung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen schaffen.

Dieses Gleichgewicht setzt die Einigung auf ein Mindestmaß an Harmonisierung voraus sowie die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, zusätzliche Regelungen zu behalten oder einzuführen, die den Verbraucherschutz verbessern.

Wir dürfen nicht zulassen, dass die Annahme von EU-Rechtsvorschriften dazu führt, dass Verbraucher und Anwender im Endeffekt weniger Schutz genießen.

Ich begrüße die Tatsache, dass die Verhandlungen im Europäischen Parlament besser geworden sind, aber ich möchte darauf bestehen, dass bereits eingeräumte Rechte nicht wieder entzogen werden.-

 
  
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  Cristian Silviu Buşoi (ALDE). - Herr Präsident, ich möchte dem Berichterstatter Herrn Schwab und seinem Team von Berichterstattern für Stellungnahmen und den Schattenberichterstattern für die sehr gute Arbeit in Bezug auf diesen Bericht danken. Es dauerte lange, bis eine Linie gefunden werden konnte, die sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen ausgeglichen genug ist. Ich begrüße den generellen Kompromiss, auf den sich alle Fraktionen einigen konnten, und ich denke, dass dies einen wichtigen Schritt für alle Verbraucher in der Europäischen Union darstellt.

Es gibt entscheidende Verbesserungen wie die Bestimmung klarer Informationspflichten in Verträgen und die Harmonisierung der Bestimmungen über das Widerrufsrecht. Natürlich ist es ein Kompromiss und daher nicht perfekt. Ein Beispiel ist Artikel 22 Buchstabe a, in dem Händler verpflichtet werden, in andere Mitgliedstaaten zu liefern. Es gibt Produkte und Dienstleistungen, die aufgrund ihrer Natur nicht hiervon betroffen sein sollten, nämlich verderbliche Güter. Auch bei digitalen Produkten könnten Probleme auftreten. Die ursprüngliche Absicht, den grenzüberschreitenden Handel zu fördern, ist wichtig und sehr gut, und ich hoffe inständig, dass wir im Zuge der kommenden Verhandlungen mit dem Rat erreichen werden, dass diese Anpassungen ein optimales Ergebnis nach sich ziehen.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (S&D).(RO) Herr Präsident, ich denke, dass jeder Verbraucher das Recht haben sollte, vor einem Vertragsabschluss Informationen zu erhalten. Einzelhändler sollten Verbraucher informieren und ihre Zustimmung einholen, auch in Fällen, in denen ein Betrag auf ihrer Kredit- oder EC-Karte blockiert wird.

Es ist ebenfalls wichtig, dass Verbraucher vor missbräuchlichen Vertragsklauseln geschützt werden. Unglücklicherweise werden die Vertragsklauseln im Fall von Bankdienstleistungen, Versicherungen, Diensten der elektronischen Kommunikation und Tourismus-Dienstleistungen in winzigen Buchstaben im Kleingedruckten festgehalten. Jedoch unterschreiben Kunden sehr häufig ein Anmeldeformular oder eine Rechnung, ohne die Vertragsklauseln im Kleingedruckten überhaupt gelesen zu haben.

Sogar in Fällen, in denen Kunden die Vertragsklauseln lesen und angeben, dass Sie mit einer der Klauseln nicht einverstanden sind, verfügen Sie nicht über irgendeine Verhandlungsposition. In diesem Fall ist die erste Antwort, die der Verbraucher erhält, dass dies ein standardisierter Vertrag des Unternehmens ist, der nicht abgeändert werden kann.

Die nationalen Verbraucherschutzbehörden sollten diese Standardverträge überprüfen, um Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln zu schützen.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE). – (CS) Herr Präsident, ich möchte Andreas Schwab für eine herausragende Arbeit danken und dafür, dass er meine Vorschläge unterstützt hat. Die Tatsache, dass Verbrauchern das Recht eingeräumt wird, unter bestimmten Umständen Waren und Dienstleistungen, die im Internet bestellt wurden, in jeden Mitgliedstaat liefern zu lassen, stellt eine bedeutende Veränderung im Bereich des Online-Shopping dar. Ein Drittel der Verkäufer ist nicht bereit, Waren über Grenzen hinaus zu liefern, vor allem in die neuen Mitgliedstaaten.

Ich denke außerdem, dass der Rat unsere Kompromiss-Version annehmen wird, einschließlich meiner Vorschläge bezüglich einer Verpflichtung, eine Erklärung zur Interoperabilität von Computer-Zubehör und Elektronikartikeln abzugeben, bezüglich der Lesbarkeit von Vertragsklauseln und bezüglich der Verbraucherrechte bei organisierten Verkaufsfahrten sowie der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Verbraucherrechte einschließlich Garantien, auf freiwillige Organisationen und Kleinbetriebe auszuweiten. Die Bedeutung dieser Richtlinie ist klar. Die europäischen Verbraucher mit unmissverständlichen Rechten auszustatten, ist der beste Weg, einen gerechten Internethandel innerhalb der EU zu erreichen.

 
  
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  Vasilica Viorica Dăncilă (S&D).(RO) Herr Präsident, laut der Strategie Europa 2020 gewährleistet ein hohes Verbraucherschutzniveau hochwertige Produkte, aber auch das Vertrauen der Verbraucher, was die Effektivität der Binnenmärkte steigert.

Im Hinblick auf die Verbraucherrechte bietet die aktuelle Mindest-Regelung allen Mitgliedstaaten die Freiheit, EU-Regelungen an nationale Grundsätze anzupassen, und ich denke, dass dieser Ansatz weiterhin beibehalten werden muss.

Die Europäische Union kann zu einer besseren Harmonisierung des Binnenmarktes mit einem hohen Verbraucherschutzniveau beitragen, indem das aktuelle Mindestmaß an Harmonisierung an das Niveau der besten aktuell bestehenden nationalen Verfahren angepasst wird.

Ich denke, es ist notwendig, das europäische Garantiesystem so weiter zu entwickeln, dass dadurch der Verbraucherschutz und das Vertrauen der Verbraucher in die Märkte verbessert werden und somit zur Verlängerung der Lebenszeit von Produkten beiträgt.

 
  
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  Ildikó Gáll-Pelcz (PPE).(HU) Herr Präsident, die aktuell geltenden europäischen Regelungen für Verbraucher verfolgen einen Ansatz der minimalen Harmonisierung. Sie geben Mitgliedstaaten die Möglichkeit von Abweichungen, wobei all dies auch einen Wettbewerbsnachteil für die EU darstellt. Mit großer Zufriedenheit erkenne ich an, dass Herr Schwab so einen ausgezeichneten Bericht vorbereitet hat. Nach vielen Jahren der Verhandlungen ist nun der Moment gekommen, eine Einigung in dieser Sache zu erzielen, und auch der ungarische Ratsvorsitz wird sich dafür einsetzen, wie Ministerin Győri sagte. Um die Zersplitterung des EU-Binnenmarktes zu verringern, benötigen wir eine strengere Anwendung der Verbraucherrechte, und wir müssen Verbrauchern die Möglichkeit geben, bessere Entscheidungen zu treffen, ohne den Unternehmen dabei durch die neuen Rechtsvorschriften einen Nachteil zu bereiten. Der einzelne Binnenmarkt erfordert einheitliche europäische Regelungen für Verbraucher. Daher ist es wichtig, dass wir in erster Lesung eine Einigung erzielen.

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. Herr Präsident, ich muss sagen, das war eine sehr konstruktive Aussprache in dieser Kammer, in der alle Bänke sich einig waren, dass wir eine bessere, konstruktivere und effizientere Richtlinie über Rechte der Verbraucher benötigen, als wir sie heute haben – außerdem besteht Einigkeit darüber, dass diese, auch wenn wir noch nicht die perfekte Lösung gefunden haben, wenigstens besser ist als die bisher bestehende, die, wie wir uns alle einig sind, weit entfernt davon ist, perfekt zu sein.

Auch war ich selten Zeuge einer derartigen Einstimmigkeit, wie ich sie heute im Hinblick auf das Lob für den Berichterstatter Andreas Schwab und seine Mitberichterstatter in diesem Haus erlebt habe. Ich hoffe, dass diese Einstimmigkeit sich fortsetzen wird, denn wir treten nun in einen sehr einzigartigen Prozess ein, und es steht nur eine sehr kurze Zeitspanne zur Verfügung, in der wir versuchen können, diese bessere Rechtsetzung zu erreichen, die sich all die Abgeordneten aller Fraktionen, die das Wort ergriffen haben, wünschen. Dementsprechend rufe ich Sie dazu auf, Ihren Berichterstattern diesen Bericht als Ausgangsposition für Verhandlungen zukommen zu lassen. Ich weiß, dass der ungarische Ratsvorsitz alles in seiner Macht stehende unternehmen wird, um dieses anfängliche Verfahren zu einem positiven Schluss zu bringen.

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. (HU) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, ich möchte mich denjenigen Anschließen, die sagten, dass dies eine ausgezeichnete Aussprache war. Es war eine sehr konstruktive Aussprache, und im Namen des ungarischen Ratsvorsitzes und unserer Experten möchte ich Ihnen für Ihre Unterstützung danken und hoffe, dass wir unsere weiteren Konsultationen in derselben Atmosphäre fortsetzen können. Lassen Sie mich auf einige spezifische Fragen eingehen, die im Laufe der Aussprache gestellt wurden. Viele drängten auf die Bestimmung der Listen der missbräuchlichen Vertragsklauseln. Wir stimmen mit dem Europäischen Parlament darin überein, dass durch die Verfügbarkeit einer Liste auf europäischer Ebene ein Mehrwert geschaffen würde. Auch wenn das geltende Gemeinschaftsrecht eine indikative Liste von Beispielen enthält, würde die Schaffung einer einzelnen europäischen Liste einen Mehrwert mit sich bringen. Allerdings besteht noch nicht ausreichend Unterstützung für diese Idee im Rat, und das ist einer der Gründe dafür, dass der Rat beschlossen hat, dieses Thema wegzulassen.

Einige hatten gefragt, obwohl Frau Gáll-Pelcz dieses schon für mich beantwortet hatte; sie fragten, warum es für uns notwendig wäre, eine Einigung in erster Lesung zu erzielen. Wie gesagt wurde, begannen die Verhandlungen im Oktober 2008 während des französischen Ratsvorsitzes. Im Laufe der zweieinhalb Jahre haben wir mehr als 60 Arbeitsgruppensitzungen abgehalten, und wir sind daher der Meinung, dass keine Anpassungsmöglichkeiten mehr bestehen, um die blockierenden Minderheiten zu überwinden und deswegen mussten wir uns für eine deutliche Einschränkung des Wirkungsbereichs der Richtlinie auf im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge entscheiden. Der eingeschränkte Wirkungsbereich und daher auch die angestrebte Harmonisierung wird, davon bin ich überzeugt, zu einer schnelleren Einigung führen, und ich sehe nicht, welcher Mehrwert durch die Weiterführung und das Abhalten einer zweiten Lesung erreicht werden könnte.

Der vorläufige Standpunkt des Europäischen Parlaments ist in vielerlei Hinsicht der allgemeinen Ausrichtung des Rates nicht unähnlich, und daher bin ich der Meinung, dass wir diese Möglichkeit einer Einigung in erster Lesung nicht verpassen sollten, und dazu möchte ich dringend aufrufen.

Mir gefiel Herr Harbours Kommentar darüber, ob die aktuelle Situation ein Trittstein oder ein Meilenstein ist. Wenn wir realistisch sein wollen – und ich persönlich übertreibe nicht gerne – denke ich, dass es ein Trittstein ist und kein Meilenstein. Es hätte ein Meilenstein werden können, aber die Bedingungen waren einfach nicht ideal. Wir können es als Trittstein betrachten, wenn wir die Interessen der Bürgerinnen und Bürger und unserer Verbraucher berücksichtigen.

Wir alle wissen, dass in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche rechtliche Bedingungen vorherrschen. Eine vollständigere Harmonisierung auf dieser Ebene wäre nicht möglich gewesen. Es ist viel besser, einen kleinen Wirkungsbereich zu haben und darüber eine Einigung erzielen zu können. Dies wird wirklich zu einer Stärkung der Verbraucherrechte führen und uns dadurch auch in Richtung der Vollendung des Binnenmarkts voranbringen.

 
  
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  Andreas Schwab, Berichterstatter. − Herr Präsident! Zu der Frage, ob es ein Meilenstein ist oder nicht: Das ist eine sehr ausgiebig zu diskutierende Frage. Klar ist, dass sich beispielsweise die Gründer der Europäischen Gemeinschaft wie Altiero Spinelli, dessen Namen wir heute unserem Fraktionssitzungssaal gegeben haben, mit grundlegenderen Fragen in Europa beschäftigen konnten, aber ich bin überzeugt davon, dass heute kleine Schritte, die konstruktiv wirken, den Fortschritt in Europa ausmachen. Deswegen möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen, die an der Diskussion teilgenommen haben und die durch Beiträge in Änderungsanträgen diesen Kompromiss ermöglicht haben, danken. Ein Kompromiss ist immer eine Möglichkeit, Interessen auszugleichen. Niemand wird zu 100 % zufrieden sein, aber alle sind bereit, diesen gegangenen Weg noch weiter zu verbessern. Deswegen glaube ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Ich möchte die Möglichkeit nutzen, um Frau Vizepräsidentin Reding für ihren beständigen Einsatz und ihren positiven und ermutigenden Beistand heute in der Debatte und auch in vielen anderen Gesprächen zu danken. Ich hoffe, dass wir darauf auch während der Beratungen mit dem Rat zählen können. Ich danke dem Ausschussvorsitzenden Malcolm Harbour für seine Geduld mit dem Berichterstatter und seinen Kollegen, genauso dem Kollegen Lehne als Vorsitzendem des Rechtsausschusses. An den Rat, an die ehemalige Kollegin Enikő Győri habe ich den Wunsch, dass sie auch als Ratsvorsitzende versteht, dass das Europäische Parlament den Vorschlag, den der Rat am 24. Januar Gott sei Dank angenommen hat, möglicherweise nicht unverändert wird übernehmen können, sondern dass wir an der einen oder anderen Stelle gerne weitergehen möchten und wir deswegen in den kommenden Wochen konstruktive Gespräche führen wollen, um hier zu einer guten Lösung zu kommen. In diesem Sinne herzlichen Dank.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache wird geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 11.30 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Liam Aylward (ALDE), schriftlich.(GA) Ich begrüße, was zur Stärkung der Verbraucherrechte in der EU getan wird. Ich unterstütze auch die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Handels und die Maßnahmen für klarere EU-Vorschriften im Bereich des Verbraucherschutzes, um die bestehende Unsicherheit zu beseitigen.

Transparenz und bessere Informationen für Gewerbetreibende und Verbraucher würden wesentlich zum Vertrauen der Verbraucher in den Markt beitragen, was wiederum zur Förderung des Wirtschaftswachstums führt. Während ich dies sage, blicke ich dennoch mit Sorge auf einige der Maßnahmen und deren Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen. Diese Gewerbetreibenden sprechen sich sicherlich für Maßnahmen aus, die einen klareren Rechtsrahmen schaffen und bestehende Verbraucherschutzmechanismen ergänzen. Aber einige von ihnen befürchten, dass manche der neuen Bestimmungen das Tagesgeschäft der Unternehmen beinträchtigen könnten. Diese Maßnahmen können Bürokratie und den unnötigen Verwaltungsaufwand beträchtlich vergrößern.

Beim Verbraucherschutz müssen wir sichergehen, dass wir Unternehmen und Dienstleistungen, die diese Verbraucher bedienen, nicht kaputt machen.

 
  
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  Zuzana Brzobohatá (S&D), schriftlich. – (CS) Die vorgeschlagene Richtlinie über Verbraucherrechte vereint in einem einzigen Rechtsdokument insgesamt vier Richtlinien, die folgende Anwendungsbereiche haben: außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, unangemessene Klauseln in Verbraucherverträgen, Verbraucherschutz bei Verträgen im Fernabsatz und gewisse Aspekte des Verkaufs von Verbrauchsgütern und der Gewährung von Garantien. Mit der Verschmelzung dieser vier Richtlinien wird darauf abgezielt, den Binnenmarkt zu stärken und den grenzüberschreitenden Handel zu fördern. Ein hohes Verbraucherschutzniveau führt zu einer Verbesserung der Produktqualität und zu einer Steigerung des Verbrauchervertrauens, gleichzeitig wird die Effizienz des Binnenmarktes verbessert. Wir müssen den Versuch ablehnen, eine strikte Gewährleistungsfrist von zwei Jahren durchzusetzen, da eine solche Bestimmung den Verbraucherschutz in vielen Mitgliedstaaten dahingehend beeinträchtigen würde, dass diese Staaten die Gewährleistungsfrist in ihren nationalen Rechtssystemen verkürzen müssten und dadurch die Position des Verbrauchers geschwächt wird. Das Ziel, das Verbrauchervertrauen in grenzüberschreitende Einkäufe zu steigern, ist richtig, da die Verbraucher hier die größten Hindernisse sehen, und zwar in Form von Sprachschwierigkeiten, Misstrauen in die Zahlungssysteme und die Weigerung von Gewerbetreibenden, grenzüberschreitenden Handel zu betreiben. Die Kritik des Berichterstatters des Ausschusses für Wirtschaft und Währung trifft zu. Darin bedauert er die Tatsache, dass der Entwurf neuen Produkten, die infolge von Änderungen in der Produktentwicklung und durch Innovationen entstehen, wie etwa digitale Produkte, keine Berücksichtigung schenkt. Im Unterhaltungs- und Verbrauchselektronikbereich sind Produkte, die Software und andere immaterielle Dienste enthalten, immer häufiger anzutreffen.

 
  
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  Monika Flašíková Beňová (S&D), schriftlich. – (SK) Die Ungleichheit zwischen den bestehenden Gesetzen und Standards schreckt Verbraucher und Unternehmen von einer Beteiligung am grenzüberschreitenden Handel ab. Verbraucher und Gewerbetreibende treffen aufgrund der unterschiedlichen Marktbedingungen auf Hindernisse.

Eine weitreichende Harmonisierung des zur Debatte stehenden Vertragswerks ist notwendig, mit besonderem Augenmerk auf der Beibehaltung eines hohen Schutzstandards von Verbraucherrechten. Der Anwendungsbereich der Richtlinie, ist, neben der Angleichung der Variationen zwischen den Branchen, hauptsächlich auf außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge begrenzt. Diese Verträge haben den größten Anteil an grenzüberschreitenden Transaktionen.

Außerdem hängt die Frage, ob ein bestimmter Vertrag in den Anwendungsbereich der harmonisierten Vorschriften fällt, hauptsächlich von den Formulierungen ab. Einige davon sind aus rechtlicher Sicht oft unzulänglich und nicht zufriedenstellend.

Es ist wirklich notwendig, sicherzustellen, dass Verbrauchern in allen EU-Mitgliedstaaten ein hohes Verbraucherschutzniveau garantiert wird, und dass sie Waren ohne unnötige gesetzliche Hindernisse geliefert bekommen und erhalten. Dies würde helfen, das Verbrauchervertrauen zu stärken und auch das Interesse der Gewerbetreibenden an grenzüberschreitenden Transaktionen zu erhöhen.

 
  
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  Liem Hoang Ngoc (S&D), schriftlich. – (FR) Ich möchte Herrn Schwab und den Schattenberichterstattern für ihre Arbeit danken. Der anfängliche Vorschlag der Kommission war inakzeptabel, da er eine vollständige Harmonisierung der Vorschriften zum Verbrauchschutz vorsah, ohne diese systematisch mit den jeweils vorteilhaftesten nationalen Rechtsvorschriften in Einklang zu bringen.

Anders ausgedrückt: viele Mitgliedstaaten hätten aus ihren nationalen Rechtsvorschriften Bestimmungen streichen müssen, die in der Tat besseren Verbraucherschutz gewähren. In der Folge hätte man in Frankreich deshalb zwei bedeutende Besitzstände aufgeben müssen: die Vorschrift zum „versteckten Mangel“ und das Verbot, bei Haustürgeschäften vor Ende der Widerrufsfrist zu kassieren.

Meinen sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen und mir ist es jedoch gelungen, dass ein anderer Ansatz gewählt wurde und nun die Mindestharmonisierung Grundlage der Richtlinie ist. Wir haben es ebenfalls erreicht, die Verbraucherrechte in vielen Punkten zu stärken, vor allem im Hinblick auf die Informationen, die vom Verkäufer bereitgestellt werden müssen, und auf die Bestimmungen zur Widerrufsfrist.

Ein Problem bleibt aber bestehen: Kapitel V. Es ist inakzeptabel, dass die Vorschriften hinsichtlich missbräuchlicher Klauseln vollständig harmonisiert werden, denn das würde Mitgliedstaaten ihrer Fähigkeit berauben, auf die sich täglich ändernden Geschäftspraktiken zu reagieren, die manchmal ernsthafte Gefahren für die Verbraucher bergen.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE), schriftlich. Studien seitens der Kommission belegen, dass einer von drei EU-Bürgerinnen und -Bürgern Waren online erwirbt, aber nur 7 % grenzüberschreitende Onlinegeschäfte tätigen. Dreiunddreißig Prozent würden gerne grenzüberschreitende Einkäufe tätigen. Dieser Bereich ist immer noch ungeregelt, und es ist schwierig, Waren online zu erwerben, vor allem im Hinblick auf Lieferung und Transaktionskosten. Der Vorschlag für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher zielt darauf ab, die Erschwernisse bei Online-Handlungen abzubauen. Ich begrüße sehr, dass die Rechte der Verbraucher beim Online-Kauf verbessert werden. Wir brauchen lückenlose Informationen über die Händler, mit deren Namen, Adressen und genauen Kontaktdaten. Die EU-weiten Vorschriften müssen harmonisiert werden, um nicht mit unangenehmen Überraschungen und Zusatzkosten konfrontiert zu werden. Ich begrüße das einheitliche vierzehntägige Widerrufsrecht. Wir müssen die Verbraucher schützen, aber auch die Wirtschaft ankurbeln. Ich unterstütze den Berichterstatter voll und ganz bei seinen Anstrengungen, diese zwei Dinge ins Gleichgewicht zu bringen. Die Durchführung der Richtlinie über Rechte der Verbraucher ist ein Aspekt des Problems. Eine andere Sache ist die vollständige Integration und Durchführung des digitalen Binnenmarktes, des EU-Binnenmarktes und der Dienstleistungsrichtlinie. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen beides in den Mittelpunkt stellen.

 
  
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  Siiri Oviir (ALDE), schriftlich.(ET) Die Verabschiedung der neuen harmonisierten europäischen Richtlinie über die Verbraucherrechte stellt sicherlich eine der wichtigeren Säulen für ein besseres Funktionieren des Binnenmarktes dar. Die harmonisierte Richtlinie, die eine Reihe von Richtlinien zu Verbraucherrechten zusammenführt, vereinfacht den rechtlichen Rahmen deutlich, hilft das Verbrauchervertrauen zu stärken und bietet Anreize für den grenzüberschreitenden Handel. Um Handel zu treiben, oder die Versorgungskette transparenter zu machen, müssen wir vor allem beim elektronischen Handel sicherstellen, dass die Kontaktdaten der Händler zur Verfügung stehen, damit der Verbraucher die Händler, falls erforderlich, direkt kontaktieren kann. Daher unterstütze ich die Vorschläge des Berichterstatters diesbezüglich. Aus Sicht der Verbraucher und Unternehmer ist diese Richtlinie ziemlich ausgewogen und flexibel genug, um Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten anzugleichen. Noch gehören umfassende Rechtsvorschriften zum Verbraucherschutz in der Europäischen Union nicht zur Realität. Trotzdem ist dies ein bedeutender Schritt hin zu besserem Verbraucherschutz und besserem Handel.

 
  
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  Marianne Thyssen (PPE), schriftlich. (NL) Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) betont seit Jahren unablässig, dass Verbraucherschutz und die Vollendung des Binnenmarktes Zielsetzungen sind, die nicht im Widerspruch stehen und in der Tat Hand in Hand gehen. Dieses horizontale Instrument kodifiziert und verdeutlicht die Rechte und Pflichten der Verbraucher und Händler in der gesamten EU. Es ist auch ein Hinweis darauf, dass die EU es ernst damit meint, auf die Bedürfnisse besonders schutzbedürftiger Verbraucher einzugehen. Bestehende Mängel im Bereich der Online- oder grenzüberschreitenden Einkäufe werden in weiten Teilen beseitigt. Dies schafft Gelegenheiten nicht nur für Verbraucher, sondern auch für unsere KMU, für die es von nun an einfacher wird, von den Größenvorteilen des Binnenmarktes zu profitieren. Wenn wir aber das Beste für unsere KMU wollen, dürfen wir ihnen keine unnötigen Lasten aufbürden. Aus diesem Grund müssen wir einige KMU-freundliche Änderungen am Vorschlag der Kommission vornehmen. Europa sollte sich im KMU-Examen mit nicht weniger als einem „cum laude“ zufrieden geben.

 
  
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  Giovanni Collino (PPE), schriftlich. (IT) Unsere Supermärkte liegen immer weiter draußen, und es passiert immer seltener, dass wir die Regale entlang wandern, mit einer Ware in der Hand, umgeben von dem Geruch frischer Lebensmittel und den Gesprächen anderer Leute. Unsere Einkäufe werden zunehmend aus der Ferne getätigt, und das Internet hat unsere Gewohnheiten mittlerweile vollständig verändert, auch deshalb, weil unsere Lebensweise immer hektischer wird. Dies ist eine konkrete, greifbare Darstellung dessen, was in Büchern als „globalisierte Wirtschaft“ bezeichnet wird. Was ist der Unterschied zwischen dem Internet und dem Supermarkt? Im Internet kann man den Händler nicht um Rat fragen, inwieweit sich zwei Produkte unterscheiden, oder wie im Falle des Supermarkts nochmal zurückfahren, wenn etwas mit dem Produkt nicht in Ordnung ist, und sich ein neues aus dem Regal holen, nachdem man dem Kassierer seinen Kassenbon gezeigt hat. Aus diesem Grund ist die Europäische Richtlinie über Verbraucherrechte von wesentlicher Bedeutung im Hinblick auf die Verpflichtungen bei den Produktinformationen und den Vorschriften im Falle von fehlerhaften Produkten, die ersetzt, repariert oder im Preis gemindert werden müssen. Die Richtlinie verfolgt den Zweck, den Schutz bei Online-Einkäufen europaweit auf die gleiche Stufe zu stellen wie den Schutz für Einkäufe vor Ort.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (S&D), schriftlich.(PL) Meiner Meinung nach ist die Richtlinie über die Verbraucherrechte einer der wichtigsten Gesetztestexte, über den wir in der ersten Hälfte dieses Jahres debattieren. Leichterer Zugang zu Informationen und besserer Verbraucherschutz sind besonders wichtige Fragen, zum Beispiel für die Entwicklung des Online-Markts und das Wirtschaftswachstum in der gesamten EU. Der Online-Markt entwickelt sich in Europa immer noch relativ langsam im Vergleich, zum Beispiel, zu den USA; und mein Heimatland – Polen – nimmt diesbezüglich nur den 17. Platz unter den EU-Mitgliedstaaten ein. Lediglich 23 % der polnischen Verbraucher tätigen Einkäufe über das Internet, und der Hauptgrund hierfür scheint ein Mangel an Vertrauen zu sein. Einer der kontroversesten Punkte in der vorgeschlagenen Richtlinie ist das Ausmaß der zu harmonisierenden Verordnungen. Ich freue mich, dass der Berichterstatter des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz die seitens meiner Fraktion, der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament, vorgebrachte Argumentation teilt, mit der das von der Europäischen Kommission verfolgte Ziel einer vollständigen Harmonisierung kritisiert wird. Eine solch vollständige Harmonisierung würde es den Mitgliedstaaten unmöglich machen, höhere Standards als in der Richtlinie vorgesehen zu verabschieden. Ich bin der Ansicht, dass Länder mit dem Wunsch höhere Standards beizubehalten, auch die Möglichkeit erhalten müssen, dies zu tun.

 
  
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  Alexander Mirsky (S&D), schriftlich. Leider sind die Rechte von Verbrauchern, die industrielle oder Lebensmittelprodukte erwerben, besser geschützt, als Nutzer von Transport-, medizinischen oder Bildungsdienstleistungen. Dies liegt daran, dass es schwierig ist, die schlechte Qualität einer erbrachten Dienstleistung nachzuweisen.

So genießt zum Beispiel die lettische Fluggesellschaft Air Baltic, die zu 51 % im Staatsbesitz ist, derzeit eine Monopolstellung. Dies führt zu Missbrauch bei den Fluggastdienstleistungen und der Versorgung mit anderen Dienstleistungen. Der Präsident des Unternehmens, Herr Flick, sieht sich bisher nicht in der Lage, auf Fragen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments zu antworten, und ignoriert einfach die Beschwerden der allgemeinen Öffentlichkeit. Air Baltic versucht mit ihren Machenschaften das Europäische Parlament zum Narren zu halten. Sie verkauft Flugtickets der Business Class für Flugzeuge, in denen keine Business Class-Dienstleistungen erbracht werden. Gleichzeitig vertuscht Air Baltic viele Störfälle an Flugzeugen und riskiert so weiterhin das Leben Tausender von Fluggästen. Es bedarf der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, um die Praktiken von Air Baltic zu durchleuchten, andernfalls könnte es tragische Folgen haben.

 
  
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  Ville Itälä (PPE), schriftlich. (FI) Der ursprünglich von der Kommission vorgelegte Ausgangsvorschlag war aus Sicht sowohl der Verbraucher als auch der Unternehmen recht problematisch. Der Berichterstatter hat jedoch ausgezeichnete Arbeit geleistet, und als Ergebnis können nun wichtige Schritte hin zu einem beständigeren Verbraucherschutz in der Entwicklung des Binnenmarktes unternommen werden, ohne auf ein hohes Verbraucherschutzniveau zu verzichten. Das wird hoffentlich den grenzüberschreitenden Fernabsatz fördern. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es viele andere Faktoren gibt, die immer noch das Wachstum des elektronischen Handels in Europa behindern. In Zukunft müssen wir zum Beispiel daran arbeiten, den Zahlungsverkehr zu beschleunigen und die Einziehung von grenzüberschreitenden Zahlungen effektiver zu gestalten, um es kleinen und mittleren Unternehmen zu ermöglichen, sich entschlossener auf den europäischen elektronischen Markt zu wagen.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (S&D), schriftlich.(RO) Ich möchte meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, dass wir nach der morgigen Abstimmung einen gesetzlichen Rahmen haben werden, der eine verbesserte Harmonisierung von Verbraucherrechten in der EU gewährleistet. Andererseits möchte ich der Europäischen Kommission zur Einbringung dieses Richtlinienentwurfs gratulieren, die vier bestehende Richtlinien in einem einzigen Gesetzesinstrument vereint. Ich möchte auch betonen, dass wir – ist diese Richtlinie erst einmal umgesetzt – den Bürgerinnen und Bürgern in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union endlich ein hohes Verbraucherschutzniveau garantieren können, auf das sie vertrauen können. Gleichzeitig möchte ich dem Berichterstatter für seine hervorragende Arbeit danken und auch dafür, dass er in diesem Bericht entscheidende Artikel eingefügt hat, die darauf abzielen, die Rechte derjenigen zu regeln, die online Güter und Dienstleistungen erwerben möchten.

 
  
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  Zbigniew Ziobro (ECR), schriftlich.(PL) Ich möchte mich bei Herrn Schwab und den anderen Mitgliedern für die Arbeit, die sie in diesen Entwurf gesteckt haben, bedanken. Ich begrüße die Anstrengungen, die zur EU-weiten Harmonisierung der Verordnungen zum Fernabsatz unternommen wurden und die darauf abzielen, Verbraucher zu schützen und Händlern ihre Geschäfte zu erleichtern. Ganz zweifellos ist ein Kompromiss notwendig, der einerseits ein hohes Verbraucherschutzniveau garantiert und der es andererseits den Händlern erleichtert, ihre Dienstleistungen in der gesamten EU anzubieten. Ich bin überzeugt, dass es richtig ist, in der gesamten Europäischen Union ein hohes Mindestmaß an Verbraucherschutz zu gewährleisten, vorausgesetzt, dass die Mitgliedstaaten auch strengere Verordnungen auf nationaler Ebene erlassen können, wenn sie der Meinung sind, dass der von der EU gewährleistete Grad an Verbraucherschutz nicht ausreicht. Wir dürfen aber auch nicht die Bedürfnisse der Händler ignorieren, deren Geschäftsleben durch die EU-weite Harmonisierung von Verordnungen erleichtert werden sollte, sowohl was ihre Geschäftstätigkeiten als auch die Kostenreduzierung anbelangt. Es ist daher ratsam, einen Standpunkt zu formulieren, der die Interessen der Verbraucher und Händler gleichermaßen wahrt. Es steht außer Frage, dass sichere Transaktionen und harmonisierte Verordnungen das Vertrauen in den Fernabsatz stärken werden und als Anreiz für Verbraucher dienen, häufiger Einkäufe über den Versandhandel zu tätigen.

 

21. Durchführung der Richtlinie über die Kraftstoffqualität unter Einbeziehung eines EU-Standardwerts für ölhaltige Sande und Ölschiefer (Aussprache)
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission von Frau McAvan im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit zur Durchführung der Richtlinie über die Kraftstoffqualität unter Einbeziehung eines EU-Standardwerts für ölhaltige Sande und Ölschiefer (O000058/2011 – B70209/2011).

 
  
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  Linda McAvan, Verfasserin. Herr Präsident, zunächst möchte ich der Konferenz der Präsidenten danken, dass sie dieser Aussprache einen Platz in dieser Woche eingeräumt hat, und das sehr kurzfristig. Ich möchte auch der Frau Kommissarin danken, dass sie zu so später Stunde hierher gekommen ist, um diese für unser Parlament sehr wichtige Frage zu diskutieren.

Auf den ersten Blick sieht dies wie eine sehr technische Angelegenheit aus. Es geht um Durchführungsmaßnahmen für die Richtlinie über Kraftstoffqualität und die Festlegung von Bezugs- oder Standardwerten für Treibhausgasemissionen durch Kraftstoffe für den Verkehrssektor. Die wirklich schwerwiegende Frage lautet: Wie ernst ist es uns in der Europäischen Union damit, die Emissionen aus dem Verkehrssektor in Angriff zu nehmen? Wir wissen, dass der Verkehrssektor für etwa 20 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Wir wissen, dass diese Zahl ansteigt, anders als im Wohnungs- und Energiesektor, wo die entsprechende Zahl sinkt. Saubere Kraftstoffe für den Verkehrssektor gehören zu den wesentlichen Elementen beim Kampf gegen den Klimawandel, und deshalb ist die Richtlinie über die Kraftstoffqualität so wichtig.

Das führt mich zu diesem Thema über ölhaltige Sande und Ölschiefer. Das Parlament erwartete Ende letzten Jahres die Vorschläge der Kommission zur Durchführung der Richtlinie. Es gab eine Verzögerung, und wir kennen den Grund dafür, denn es fand eine interne Aussprache in der Kommission statt, ob ölhaltige Sande einen separaten Wert erhalten sollten. Man sagte uns, dass wir die Maßnahmen nicht bekommen könnten, weil es keine wissenschaftliche Studie zur Stützung des Kommissionsvorschlags gäbe. In den ersten Kommissionsentwürfen konnten wir jedoch sehen, dass die Konsultationspapiere einen separaten Wert für ölhaltige Sande enthielten, in einem späteren Entwurf war der Wert verschwunden.

Wir verdanken es Ihnen, Frau Kommissarin, dass wir nun eine Studie zu ölhaltigen Sanden haben. Diese vor zwei Monaten erschienene Studie zeigt etwas, das auch andere Studien verdeutlicht haben, nämlich, dass Treibhausgasemissionen aus kanadischen ölhaltigen Sanden durchschnittlich bei 107,3 g CO2 pro Megajoule liegen, verglichen mit dem Wert von 87,1 g für konventionelle Kraftstoffe. Für Ölschiefer liegt der Wert zwischen 122 und 139 g CO2 pro Megajoule. Mit anderen Worten: sie zeigt, dass diese Kraftstoffe größere Emissionswerte aufweisen als konventionelles Öl. Nun, da die Studien vorliegen, hoffe ich heute Abend von der Kommissarin zu hören, dass wir einen Vorschlag zur Durchführung der Richtlinie über Kraftstoffqualität erhalten werden.

Zu Beginn erwähnte ich, dass dies nicht nur eine technische Angelegenheit sei. Letzte Woche erhielten viele der heute Abend anwesenden Parlamentsabgeordnete eine von Tausenden europäischen Bürgerinnen und Bürger unterzeichnete Petition, mit der diese ihre Besorgnis hinsichtlich dieser Frage zum Ausdruck bringen. Sie wollen das Gleiche wie ich, nämlich eine ordnungsgemäße und gerechte Kennzeichnung von ölhaltigen Sanden und Ölschiefer. Wir hören oft, dass die EU beim Klimawandel eine führende Rolle einnimmt, aber Kalifornien hat bereits eine Norm für geringe CO2-Emissionen von Kraftstoffen eingeführt, die ölhaltige Sande als kohlenstoffintensiv einstuft.

Ich weiß, dass es hier eine sehr starke Lobbyarbeit gegeben hat, wir haben alle davon gehört; wir haben die unterschiedlichen Lobbyisten getroffen, und obwohl wir mittlerweile wissen, dass ölhaltige Sande und Ölschiefer größere Emissionsverschmutzungen verursachen als konventionelles Öl, sagt man uns: „Nein, lasst uns noch mehr Studien vornehmen und gebt uns mehr Zeit“. Aber die Fakten zu den ölhaltigen Sanden liegen uns nun vor, und deshalb sehe ich keinen Grund für eine Verzögerung. Die Produktionsmethode für die aus ölhaltigen Sanden gewonnenen Kraftstoffe für den Verkehrssektor gehört zu den umweltschädlichsten Methoden, die es überhaupt gibt. Daraus folgt, dass ölhaltige Sande in der Richtlinie über Kraftstoffqualität anders eingestuft werden sollten. Andernfalls würden die Kraftstoffe unter dieser Richtlinie nicht sauberer werden, sondern sogar zu einer höheren Emissionsverschmutzung führen.

Sehr geehrte Frau Kommissarin Hedegaard, Sie werden gleich hören, wie viele Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen in diesem Haus unsere Sorge teilen. Sie sind in diesem Haus für Ihr Engagement beim Kampf gegen den Klimawandel bekannt und werden dafür geschätzt. Wir möchten mit Ihnen zusammenarbeiten, um Ihren Fahrplan für eine kohlenstoffarme Wirtschaft zu verwirklichen, um die Emissionen aus dem Verkehrssektor tatsächlich um 60 % zu senken, wie Sie letzte Woche ankündigten. Ich hoffe daher, dass Sie heute Abend mit guten Nachrichten gekommen sind und uns mitteilen, dass wir in den nächsten Wochen den Durchführungsstandard bekommen und einen höheren Wert für ölhaltige Sande und Ölschiefer.

 
  
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  Connie Hedegaard, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, wir haben gerade von Linda McAvan gehört, dass sie und die Kommission bei der Frage, wie wichtig es tatsächlich ist, die Emissionen im Verkehrssektor in Angriff zu nehmen, der gleichen Ansicht sind; dies wird auch im Weißbuch Verkehr deutlich, das heute erscheint. Leider hat die Ausarbeitung der Durchführungsmaßnahme des in der Richtlinie über Kraftstoffqualität enthaltenen Reduktionsziels für die Treibhausgasintensität länger gedauert als vorhergesehen. Die Verzögerung wird jedoch die Fähigkeit der Anbieter, die Anforderung der Richtlinie zu erfüllen, nicht beeinträchtigen, da kein Mitgliedstaat ein Zwischenziel für 2014 gesetzt hat.

In ihrem Vorschlag hat die Kommission berücksichtigt, dass angemessene gesetzgeberische Maßnahmen so gestaltet werden müssen, dass sie ein Gleichgewicht schaffen zwischen der Präzision und Komplexität der Verfahrensweise der Berichterstattung und dem Grad der Variabilität der Treibhausgasintensität verschiedener Kraftstoffe. Während des letzten Herbstes und den ersten Wochen dieses Jahres fanden lange interne Diskussionen innerhalb der Kommission statt, die nun zum Abschluss kommen. Somit kann in den nächsten Monaten ein Vorschlag mit den Mitgliedstaaten diskutiert werden.

Was die Standardwerte für ölhaltige Sande und Ölschiefer betrifft, freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Kommission kürzlich Berichte veröffentlicht hat, die einen durchschnittlichen Standardwert für ölhaltige Sande angeben und einen Bereich von Standardrichtwerten für Ölschiefer. Diese Berichte sind auf der Website der Kommission abrufbar. Aufgrund des breiten Interesses in dieser Angelegenheit, glaubt die Kommission, dass es vorteilhaft wäre, diese Berichte einem eingeschränkten Peer-Review-Verfahren zu unterziehen. Beim Voranbringen dieser Frage habe ich eng mit meinem für Handelsangelegenheiten zuständigen Kollegen zusammengearbeitet, um zu gewährleisten, dass unser Ansatz Bestand hat im Hinblick auf unsere Verpflichtungen nach dem internationalen Recht, und ich werde diesen Weg weitergehen.

Ohne den Ergebnissen des Peer-Review-Verfahrens und der nachfolgenden internen Beratung der Kommission vorgreifen zu wollen, ist es in diesem Stadium die Absicht der Kommission, dem zuständigen Regelungsausschuss einen Entwurf für eine Durchführungsmaßnahme vorzulegen, der Standardwerte sowohl für ölhaltige Sande als auch für Ölschiefer beinhaltet, sowie für andere unkonventionellen Kraftstoffe, wie die aus Kohle und Gas hergestellten flüssigen Kraftstoffe.

Es ist auch geplant, dass der Entwurf für die Durchführungsmaßnahme festlegt, dass die Kommission die Treibhausgasintensität anderer Rohstoffkategorien mit hohen Treibhausgasemissionen untersuchen wird und im Falle einer wissenschaftlichen Verbürgung, die Durchführungsmaßname um die neuen Rohstoffkategorien erweitert.

Dadurch würde diese Maßnahme andere Rohstoffe nicht ausschließen und zeigen, dass die Liste der Rohstoffkategorien offen ist und dass die Kommission andere Kategorien aktiv untersucht und bereit ist, die Liste zu erweitern, wenn genügend Nachweise und Daten zu diesen anderen Kategorien vorliegen.

Angesichts der Tatsache, dass einige Wochen notwendig sind zur Durchführung des Peer-Review-Verfahrens und der nachfolgenden abschließenden internen Diskussionen innerhalb der Kommission, wird es sich noch etwas verzögern, bis der Entwurf zur Durchführungsmaßnahme des gesamten Paketes mit den Mitgliedstaaten diskutiert werden kann. Sobald sie jedoch vom Regelungsausschuss gebilligt ist, wird die Maßnahme dem Europäischen Parlament zur Kontrolle weitergeleitet.

 
  
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  Horst Schnellhardt, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich danke Frau Linda McAvan, dass sie die Anfrage gestellt hat, denn mit der Überarbeitung der Richtlinie für Kraftstoffqualität wurden die Kraftstoffanbieter nicht nur verpflichtet, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, die während des Lebenszyklus der Kraftstoffe – z. B. beim Transport, bei der Herstellung in den Raffinerien – entstehen, zu messen, sondern sie sind auch verpflichtet, ab 2011 die Emission pro Energieeinheit um jährlich 1 % und bis 2020 um 10 % zu senken. Es ist – und das ist meine Überzeugung – aber nur möglich, die Senkung der Emissionen während des Lebenszyklus zu messen, wenn entsprechende Standardwerte vorhanden sind, und diese Standardwerte müssen nun endlich herausgegeben oder bestimmt werden.

Ich habe aber gespürt, als Linda McAvan ihre Anfrage einbrachte, dass es ihr am liebsten wäre, diesen Energiesektor aus der Produktion zu streichen. Davor möchte ich doch warnen, denn es gibt sehr unterschiedliche Festlegungen und Ermittlungen über Emissionen bei der Gewinnung von Rohöl oder Öl aus Sanden oder aus Schiefer. Ich habe gerade vor einer Stunde mit einem Vertreter der chemischen Industrie geredet, der sagte, dass es noch viele Möglichkeiten der technischen Entwicklung gebe, sodass hier eine wesentlich bessere Bilanz erzielt werden könne. Ich darf auch daran erinnern, dass wir immer von der Unabhängigkeit von Energiequellen außerhalb der Europäischen Union reden. Wir haben hier in der Europäischen Union diesen Rohstoff, sodass wir diesen Aspekt in unsere Diskussion mit einbringen sollten. Aber das geht alles nur, wenn Standardwerte da sind, die zu überprüfen sind. Und deswegen bitte ich die Kommission, schnell zu handeln.

 
  
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  Kriton Arsenis, im Namen der S&D-Fraktion.(EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, wir diskutieren in der Tat eine ganz wesentliche Frage: Emissionen aufgrund der Ölherstellung aus ölhaltigen Sanden sind drei bis fünf Mal höher, als bei anderen Produktionsmethoden, und dieser Bezugswert, den wir so gerne in der Richtlinie aufgenommen sehen möchten, stellt sicher, dass wir diese katastrophale Produktionsmethode nicht unterstützen.

Sie sagten, die Studie sei abgeschlossen. Wir waren der Meinung, dass wir hierzu zum Weiterkommen eine Studie benötigen. Obwohl wir jetzt eine Studie haben, soll diese Studie nun einem Peer-Review-Verfahren unterzogen werden. Frau Kommissarin, die Frage lautet: Wann ist dieses Verfahren abgeschlossen? Wie ist der Zeitplan? Wie lange müssen wir noch warten, bis dieser Bezugswert unter Verwendung dieses Verfahrens überprüft ist und wir ihn dann schließlich und endlich in unsere Rechtsvorschriften einfließen lassen können?

In der Tat hat das Problem mit den ölhaltigen Sanden nicht nur mit den Emissionen zu tun. Es geht hier um die Zerstörung einzigartiger Wälder, der arktischen Wälder Kanadas, unsere lebenswichtigen Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel. Gleichzeitig verwüsten wir durch diese massiven Zerstörungen unberührtes Land, und nehmen wir den Bezugswert nicht in unsere Rechtsvorschriften auf, wird sich diese Zerstörung auf weitere Länder ausdehnen.

 
  
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  Fiona Hall, im Namen der ALDE-Fraktion. Herr Präsident, ich möchte Frau Kommissarin Hedegaard für ihre lang anhaltenden Bemühungen in dieser Frage danken und auch für ihre vielversprechende Ankündigung an diesem Abend. Frau Kommissarin, Sie haben bei vielen Gelegenheiten Abgeordnete unseres Parlaments getroffen, und wir schätzen es sehr, dass nicht Sie für den Stolperstein verantwortlich waren. Dennoch war der Mangel an Fortschritt zutiefst enttäuschend.

Zuerst wurde uns gesagt, dass ein Dutzend Studien nicht ausreichen würde, die allesamt zeigten, dass ölhaltige Sande höhere Treibhausgasemissionen produzieren als konventionelles Öl. Uns wurde mitgeteilt, es müsse eine Studie geben, die exakt die gleiche Methodik verwendet. Jetzt liegt uns die Studie der Gemeinsamen Forschungsstelle vor, und sie zeigt, dass der Wert bei 107 g pro Megajoule liegt, deutlich höher als die durchschnittlichen 87,1 g für Rohöl. Nun sagen die Gegner, wir bräuchten ein Peer-Review-Verfahren. Es fühlt sich wirklich wie Zeitverschwendung in großem Stil an.

Es ist bedauerlich, dass die Lobbyarbeit gegen einen separaten Wert für ölhaltige Sande so gezielt aus einer Ecke kommt, denn hier geht es in keinster Weise um eine Diskriminierung Kanadas. Es gibt viele andere potentielle Abbaugebiete für ölhaltige Sande, einige davon, wie wir eben gehört haben, sogar in der EU selbst. Die Tatsache, dass diese alternativen Ölquellen Investitionen aus der gesamten Welt anziehen, führt uns deutlich vor Augen, warum wir auf einen separaten Treibhausgaswert für sie bestehen müssen. Da ölhaltige Sande ganz still und leise einen immer größeren Teil des Energiemix ausmachen, finden wir uns andernfalls in einer Lage wieder, in der wir auf dem Papier das Minderungsziel von 6 % der Richtlinie über Kraftstoffqualität erfüllen, aber in Wirklichkeit Kraftstoff mit höheren Emissionen produzieren als heute.

Frau Kommissarin, es wäre sehr hilfreich, wenn Sie der GD Handel erklären könnten, was Sie sicherlich bereits getan haben, dass dies keinen Angriff auf Kanada darstellt, und dass das Parlament, abgesehen von allem anderen, die Frage des Standardwerts für ölhaltige Sande geklärt haben möchte, um einen reibungslosen Abschluss des CETA-Abkommens sicherzustellen.

 
  
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  Satu Hassi, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (FI) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, als Teil des Klimapaketes, haben wir entschieden, dass die CO2-Bilanz der Kraftstoffe für den Verkehrssektor bis zum Jahr 2020 um 6 % sinken soll. Es wäre vollkommen widersprüchlich und sinnlos, wenn wir nun beim Kraftstoff mit den höchsten Emissionsverschmutzungen, nämlich Öl aus ölhaltigen Sanden ein Auge zudrücken würden, aber gleichzeitig die Produktion in der ganzen Welt, z. B. in Kanada und Afrika fördern. Es ist ganz offensichtlich, dass wir über unsere eigenen Standardwerte für die CO2-Bilanz von Öl aus ölhaltigen Sanden und Ölschiefer verfügen sollten. Auch müssen wir die anderen Quellen für Rohöl so schnell als möglich differenzieren.

Meiner Ansicht nach, hat die kanadische Regierung einen sehr unangemessenen Druck auf die EU ausgeübt, und wir sollten dem nicht nachgeben. Ist Kanadas Bilanz für Öl aus ölhaltigen Sanden niedriger als der Referenzwert, dann kann Kanada dies nachweisen. Sollten wir nicht bei fossilem Öl das gleiche Prinzip anwenden, wie bei Biokraftstoffen, welches besagt, dass die Standardwerte gemäß der Herkunft der Rohstoffe differenziert werden?

 
  
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  Bogusław Sonik (PPE).(PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, die globalen Vorkommen an teerhaltigen Sanden sind sehr groß. Es wird geschätzt, dass die Bitumenreserven mehr als doppelt so hoch sind als die mit konventionellen Methoden geförderten Rohlölreserven. Moderne Technologien ermöglichen eine Förderung von Rohstoffvorkommen an Orten, an denen niemand dies früher für möglich gehalten hätte. Gleichzeitig sind die Anforderungen an den Umweltschutz aber strenger geworden, was zu einem Konflikt führt zwischen Umweltstandards und der Suche nach Rohstoffen und dem Wunsch diese um jeden Preis abzubauen. Dies führt zu einer Degradierung der Böden, zu Entwaldung und zur Ausbeutung der Wasserressourcen.

Die Förderunternehmen müssen gezwungen werden, das von ihnen benutzte Land wieder zu rekultivieren, um zu ermöglichen, dass dort eines Tages wieder Wälder wachsen. Unternehmen, die mit der Verarbeitung von teerhaltigen Sanden Gewinne erzielen, müssen einen Teil dieser Gewinne für den Umweltschutz einsetzen, zum Beispiel in Form einer Einlage. Die Europäische Kommission sollte solche Anforderungen und Technologien zur Reduzierung von CO2-Emissionen unterstützen. Schließlich haben Europa und Kanada so starke wirtschaftliche Beziehungen, dass die kanadische Industrie – ob sie will oder will – sich den europäischen Erfordernissen des Umweltschutzes anpassen muss, um am europäischen Markt, wie zum Beispiel in diesem Bereich, teilzunehmen.

 
  
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  Peter Liese (PPE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dank an Linda McAvan, dass sie diese Initiative ergriffen hat, und Dank an Kommissarin Connie Hedegaard, dass sie das Problem angegangen ist. Wir sind mit der Geschwindigkeit noch nicht zufrieden, aber wir wissen, dass das Thema bei Connie Hedegaard in guten Händen ist und wir möchten ihr in den Auseinandersetzungen innerhalb der Kommission und auch mit den sonstigen Beteiligten den Rücken stärken.

Die Umweltauswirkungen von Teersanden sind vorhanden. Es gibt eine Ausstellung hier außerhalb des Parlaments, und vielleicht wird der eine oder andere Satz, die eine oder andere Zahl hinterfragt, aber dass wir hier ein dramatisches Umweltproblem haben, das kann man wohl nicht bestreiten. Wenn wir sehr intensiv über die Auswirkung von Biokraftstoffen diskutieren bis hin zu der Tatsache, dass wir sogar indirekt Verlagerungen des Nahrungsmittelanbaus untersuchen wollen, dann müssen wir uns dieses Problem, das so offensichtlich ist, auch genauer ansehen. Und deswegen ist dies eine wichtige Initiative.

Mir ist während der Debatte und auch während der Vorbereitung ein Satz durch den Kopf gegangen, den unser Umweltminister in Deutschland, Norbert Röttgen, immer wieder sagt: Die tief hängenden Früchte bei den fossilen Brennstoffen sind abgeerntet. Das wird deutlich bei diesem Thema, auch bei der Ausstellung draußen vor dem Parlament. Der Abbau von allem, was wir an zusätzlichen Vorkommen bei den fossilen Brennstoffen haben, ist mit riesigem Aufwand und mit neuen Problemen verbunden. Und deswegen muss ich auch heute Abend nochmals darauf hinweisen, dass wir allen Anlass haben – auch durch die Ereignisse der jüngsten Tage –, noch stärker über das Thema Energieeffizienz nachzudenken. Ich möchte, dass wir die Kommission weiter antreiben, auch Kommissar Oettinger, das 20 %-Ziel bei der Energieeffizienz zu verfolgen. Ich hoffe, dass auch von der Generaldirektion Verkehr und vom Verkehrskommissar hier in den nächsten Jahren und nicht erst in der nächsten Wahlperiode mehr als leere Worte, nämlich konkrete Maßnahmen, kommen.

 
  
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  Gerben-Jan Gerbrandy (ALDE). - (NL) Herr Präsident, auf dem Platz draußen vor unserm Parlament findet eine Fotoausstellung zu ölhaltigen Sanden in Kanada statt. Eines der Fotos lässt einen bis ins Mark gefrieren. Man sieht darauf wunderschöne unberührte Wälder und dann eine scharfe Trennlinie, die den Beginn eines mit Öl verschmutzten Sees mit einer Größe von 170 km2 markiert. Das lässt einen wirklich bis ins Mark gefrieren, und ich empfehle, dass sich jeder heute Abend diese Ausstellung ansieht.

Öl aus ölhaltigen Sanden führt nicht nur zu einem riesigen Verlust biologischer Vielfalt, sondern ist auch mit extrem hohen CO2-Emissionen verbunden. Für mich persönlich sind Verlust der biologischen Vielfalt und die CO2-Emissionen für sich allein schon ausreichende Gründe, um sich dem Abbau der ölhaltigen Sande in Kanada, und auch in anderen Ländern, vehement entgegenzustellen. Das Mindeste, was wir tun können, ist den Verschmutzungswert für Öl aus ölhaltigen Sanden in die Richtlinie über die Kraftstoffqualität aufzunehmen.

Nachdem ich Frau Hedegaard zugehört habe, gehe ich davon aus, dass das eintreten wird, aber ich hoffe, dass sie auch vehementer gegen den Abbau von ölhaltigen Sanden in Kanada und in anderen Teilen der Welt Position ergreift.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (S&D).(RO) Herr Präsident, durch die Reduzierung von Treibhausgasemissionen um 20 % bis zum Jahr 2020 können bedeutende Ergebnisse erzielt werden, wenn Investitionen in Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden und im Verkehrssektor getätigt werden.

Die Annahme der Richtlinie über die Kraftstoffqualität wurde von ausführlichen Aussprachen begleitet. Die Automobilindustrie dachte damals, dass sie für eine Steigerung des Kraftstoffanteils aus Biokraftstoffen mehr Zeit benötigen würde, um neue Motoren zu entwickeln und herzustellen, die mit dem erhöhten Dampfdruck zurecht kämen.

Und doch verpflichtet der endgültige Text der Richtlinie sowohl Fahrzeug- als auch Kraftstoffhersteller, in die Reduzierung von Schadstoffemissionen und die Verbesserung der Kraftstoffqualität zu investieren.

Ich denke, dass die Europäische Union zur Minderung der durch den Verkehrssektor hervorgerufenen Schadstoffemissionen vorrangig in ein europaweites intelligentes Stromnetz investieren sollte, das in der Lage ist, lokal und regional aus erneuerbaren Energiequellen produzierte Energie zu erhalten, und das in die für Elektrofahrzeuge benötigte Infrastruktur integriert wird.

 
  
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  Alajos Mészáros (PPE).(HU) Herr Präsident, Frau Kommissarin, ich muss sagen, diese Richtlinie gibt Anlass zu ernster Sorge bei den ölverarbeitenden Unternehmen in Mittel- und Osteuropa. Das liegt nicht gar nicht daran, dass sie erst noch in Kraft treten muss, sondern weil wir wissen wollen, anhand welcher Methoden die Emissionen berechnet werden. Wird es das „fixe Verfahren“ sein, das auf einem EU-Durchschnitt basiert, oder das „hybride“ Verfahren, das als Grundlage zur Berechnung der Emissionen Zeit und Ort des Abbaus heranzieht? Sollte es das letztere Verfahren sein, müssten Hersteller, die russisches Öl verarbeiten, ihre Treibhausgasemissionen tatsächlich um 12 % reduzieren, da die Verschmutzung schon am Ort des Abbaus hoch ist.

Frau Kommissarin, ich und vier meiner Kolleginnen und Kollegen haben Ihnen diesbezüglich im Januar zusammen einen Brief geschickt, und wir erhielten Ihre Antwort dazu. Aber diese Antwort hat unsere Zweifel nicht vollständig ausgeräumt. Daher möchte ich Sie bitten, mir zu versichern, falls dies möglich ist, dass dieses Gesetz die Unternehmen, die russisches Öl verarbeiten, nicht benachteiligt und in der Folge mittel- und osteuropäische Mitgliedstaaten nicht diskriminiert werden.

 
  
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  Seán Kelly (PPE).(GA) Herr Präsident, ich bin kein Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE). Ich sollte es sein, ich möchte es sein und ich hoffe, dort Mitglied zu werden. Wenn jemand den Ausschuss verlässt, oder man darüber nachdenkt, jemanden auszuschließen, lassen Sie es mich wissen, und ich komme zum Zug.

Die Kommission hat vor wenigen Wochen ein sehr gutes Dokument zur Energieeffizienz herausgegeben. Es zeigt auf, dass im Bereich Wohnen und Verkehr noch viel zu tun ist, und ich stimme dem zu 100 % zu.

Was den Verkehrssektor anbelangt, muss noch viel mehr getan werden, um die Fahrzeughersteller in die Pflicht zu nehmen, damit kraftstoffeffizientere Fahrzeuge entwickelt werden. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, und hier wurde noch nicht genug getan. Ich bin ein Mitglied der Delegation für die Beziehungen mit Kanada, und die Kanadier luden uns gestern diesbezüglich zu einer Präsentation ein. Sie wollen uns gerne vor Ort zeigen, wie es funktioniert, und bis diese Technologien entwickelt sind, sollten wir offen sein, was ölhaltige Sande und Ölschiefer anbelangt.

 
  
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  Connie Hedegaard, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, zunächst möchte ich dem Parlament für seine sehr eindeutige Botschaft danken, die hier heute Abend übermittelt wurde. Ich denke, sie ist wirklich eindeutig – auch was die Ungeduld und das Gefühls der Dringlichkeit anbelangt. Herr Schnellhardt sagte, dass wir zügig handeln sollten, und Herr Arsenis fragte ganz explizit nach dem Zeitplan: wann findet all das seinen Abschluss? Ich freue mich, sagen zu können, dass wir nun über einen eher kurzen Zeitrahmen sprechen. Da ist das Peer-Review-Verfahren, wo es um Wochen geht, dann muss alles zurück zur Kommission, und schließlich kommt das interne Verfahren. Es ist dort noch nicht zu Ende, aber zumindest fangen wir damit an, alle durch die nächste Phase zu bringen, das heißt mit Beteiligung der Mitgliedstaaten.

Also sind wir schon nah dran, aber, wie Herr Hall bereits erwähnte, handelt es sich hier ganz und gar nicht um eine diskriminierende Initiative, und ich denke, Sie alle verstehen, warum es Sinn macht, dass die entsprechenden Unterlagen Bestand haben müssen. Genau dies haben wir geplant, und die Gründe dafür sind uns allen bekannt. Einer der Gründe ist, dass der Wert nicht enthalten war, als diese Sache vor mehreren Jahren begann. Jetzt erledigen wir diese Arbeit, so dass wir dann alles zu einem Ende bringen können.

Lassen Sie mich abschließend sagen, dass, wenn es um diesen Standardwert für ölhaltige Sande geht, die Gesamtverzögerung bei der Durchführung der Richtlinie bedeutet, dass wir den Standardwert nun in der selben Runde einbringen können, in der wir die Richtlinie selbst durchführen. In diesem Sinne, und was den Standardwert für ölhaltige Sande angeht, können wir alles ein bisschen schneller erledigen, als einige von uns es noch vor neun Monaten für möglich gehalten hätten, als wir damit anfingen. Ich danke Ihnen für Ihre sehr klare Botschaft. Ich hoffe, Sie erkennen, dass wir wirklich hart daran arbeiten, diese Sache zu einem Abschluss zu bringen.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache wird geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Ioan Enciu (S&D), schriftlich. Da ich die ölhaltigen Sande in Kanada vergangenes Jahr besichtigt habe, konnte ich dieses Phänomen mit eigenen Augen beobachten. Ich hatte die Gelegenheit, an ausführlichen Beratungen mit der Regierung der Provinz Alberta und der kanadischen Bundesregierung zu diesem Thema teilzunehmen. Vor meiner Reise nach Kanada haben mir die Friends of the Earth, der WWF und Transport and Environment Fragen an die Regierung der Provinz Alberta in Bezug auf ölhaltige Sande überreicht. Ich habe vom Minister für internationale Beziehungen der Provinz Alberta Antworten auf all diese Fragen erhalten.

Mir wurde erklärt, dass Kanada sich uneingeschränkt für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen und für die Dekarbonisierung fossiler Brennstoffe einsetze, und es wurde unterstrichen, dass Studien zeigen, dass die Treibhausgasintensität von Öl, das aus ölhaltigen Sanden gewonnen wird, gleich hoch oder niedriger als die anderer Brennstoffe sein kann. Andererseits bestehen immer noch Bedenken in Bezug auf die öffentliche Gesundheit, die biologische Vielfalt und wildlebende Tierarten.

Ich möchte die Kommission anregen, eine Expertengruppe zu entsenden, um die ölhaltigen Sande in Kanada zu besichtigen und eine unabhängige Analyse der ölhaltigen Sande durchzuführen, da sie bis Dezember 2012 Änderungen der Richtlinie über Kraftstoffqualität vorschlagen wird, mit der Möglichkeit, zusätzliche Maßnahmen für Kraftstoffanbieter einzuführen, um Lebenszyklus-Treibhausgase pro Energieeinheit um 2 % zu reduzieren.

 
  
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  Pavel Poc (S&D), schriftlich. – (CS) In Kanada hat über viele Jahre ein Kampf zwischen Naturschützern und Investoren stattgefunden, die leider mit den weltweit steigenden Preisen und der wachsenden Nachfrage nach Öl dem Naturschutz weniger Aufmerksamkeit schenken denn je. Die multinationalen Ölkonzerne sehen den Umweltschutz lediglich als einen Ausgabenposten an, der gesenkt werden muss. Ihre Geringschätzung macht auch nicht Halt vor einem faktischen Völkermord an lokalen Bevölkerungen, die von der Umwelt abhängig sind, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Der Besorgnis erregende Anstieg der Zahl der Krebspatienten in den lokalen Bevölkerungen ist eine direkte Folge eines rücksichtslosen Abbaus. Wir haben uns daran gewöhnt, alles in Geld zu bemessen. In der globalen Variante des Brettspiels Monopoly, die wir Wirtschaft nennen, sehen wir nur den kurzfristigen Profit. Wir berücksichtigen nicht, was wir letztendlich für die weitere Entwaldung der gemäßigten Zone und die Begrünung ganzer Ökosysteme in einem viel längeren und ernsteren Überlebensspiel zahlen werden. Unter den aktuellen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen werden die Ressourcen ganz einfach erschöpft sein, und der erwartete Schaden für die Umwelt wird tatsächlich stattfinden. Der Profit ist zu verlockend, und der Durst nach Energie ist zu groß. Wer wird die Entscheidung fällen? Die Menschen und ihre demokratisch gewählten Vertreter oder das Kapital und die Manager der Ölkonzerne? Wenn Europa nicht entschieden Position bezieht gegen den nicht nachhaltigen Abbau von ölhaltigen Sanden und Ölschiefer, dann spielen wir nur politisches Theater, das zeigt, dass wir an dem Thema interessiert sind, während wir in Wirklichkeit weder den Willen noch die Macht haben, um die Situation zu ändern.

 

22. Allgemeine Zollpräferenzen (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht (A70051/2011) von Helmut Scholz im Namen des Ausschusses für internationalen Handel über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 des Rates über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 (KOM(2010)0142 – C70135/2010 – 2010/140(COD)).

 
  
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  Helmut Scholz, Berichterstatter. − Herr Präsident, Frau Ratspräsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein wichtiges Thema der internationalen Handelspolitik zu später Stunde und ich wünschte mir angesichts seiner Bedeutung ein volles Haus und volle Ränge hier! Das allgemeine Präferenzsystem der Europäischen Union ist eine Errungenschaft der europäischen Handelspolitik. Es öffnet unseren Markt für die ärmsten Länder der Welt für alle Güter außer Waffen. Es ermöglicht im Übrigen Entwicklungsländern Handelsvergünstigungen für eine Reihe von Gütern. Mit dem APS+ enthält es ein interessantes Anreizsystem für Entwicklungsländer, durch Unterzeichnung und Umsetzung der wichtigen internationalen Abkommen im Bereich Menschenrechte, Arbeitnehmerrecht und Umweltschutz noch weitere Vergünstigungen zu erhalten. Dennoch ist das System nicht ohne Schwachstellen und muss kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Über die Jahre hinweg haben das Europäische Parlament, aber auch Partnerländer, Unternehmen und nichtstaatliche Organisationen bereits wichtige Vorschläge zu seiner Verbesserung gemacht. Worauf die ganze Welt nun wartet, ist die Vorlage der Kommission für die notwendige Novellierung. Die Frist hierfür lief eigentlich am 1. Juni 2010 ab. Die Kommission hat nicht rechtzeitig geliefert und mit diesem Versagen eine gefährliche Situation der Unsicherheit für die beteiligten Länder und für Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU geschaffen. Die bestehende Verordnung muss jetzt überarbeitet werden.

Sie versuchen, die Situation mit einer Übergangsverordnung zu retten, und nur über diese werden wir morgen, also am Donnerstag, abstimmen. Diese Übergangsverordnung ist lediglich eine Verlängerung. Sie ändert nichts, sie verbessert nichts und sie setzt die neuen Vorgaben, die sich aus dem Vertrag von Lissabon ergeben, nicht um. Das hat im Europäischen Parlament und bei mir als Berichterstatter nicht nur für Verwunderung, sondern auch für Unmut gesorgt. Es ist die Pflicht der Mitglieder des Parlaments, dafür zu sorgen, dass die Rechte und Pflichten und auch die Befugnisse, die der Vertrag von Lissabon den gewählten Vertretern der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union übertragen hat, geachtet werden. Ebenso ist es unsere Pflicht, darauf zu achten, dass der Verzicht auf Zolleinnahmen auch tatsächlich zu einer Verbesserung der Lage in den Entwicklungsländern führt. Um die Partner der EU vor den Konsequenzen eines langen Verfahrens zu schützen, habe ich dem Handelsausschuss zunächst vorgeschlagen, lediglich diejenigen Elemente der Verordnung zu ändern, die notwendig sind, damit das Parlament seine neue Rolle erfüllen kann.

Ich möchte zugleich betonen, dass ich auch glaube, dass eine allgemeine neue Formulierung der APS- und APS+-Schemata erforderlich ist. In den intensiven Arbeitssitzungen mit dem Rat und mit der Kommission zu den rechtlichen Fragen, die sich für die Übergangsverordnung aus dem Vertrag von Lissabon ergeben, haben wir uns als Parlament am Ende entschlossen, einen großen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich meinem Ausschussvorsitzenden, Professor Moreira, für seine unermüdlichen Vermittlungsbemühungen danken, und auch Ihnen, Herr Kommissar, für die gegebene Zusicherung der Kommission, zentralen Änderungsnotwendigkeiten, insbesondere bezüglich der Information und Einbeziehung des Parlaments, in der Praxis zu begegnen. Deshalb haben wir beschlossen, sämtliche Änderungsanträge fallen zu lassen und so die Übergangsverordnung in kürzester Zeit in Kraft treten zu lassen. Dies vor allem im Interesse und im Sinne unserer Partner und der betroffenen Unternehmen.

Zu dieser Zusicherung der Kommission gehört, das Europäische Parlament künftig unmittelbar und zeitgleich mit dem Rat über Arbeiten in Verbindung mit dem essenziellen Aspekt des APS und über alle Entwicklungen vollständig zu informieren, alle für das APS relevanten Dokumente zu teilen sowie die Information des Europäischen Parlaments über die Aussetzung von Präferenzen nach Artikel 16 Absatz 3, über eine Aufhebung inklusive der entsprechenden Untersuchungsberichte der Kommission nach Artikel 17 und über Safeguard-Entscheidungen nach Artikel 20 bzw. 21 zu gewährleisten, und zwar vor ihrem Inkrafttreten.

Wir begrüßen die Vorlage von Omnibus1 und die Bereitschaft der Kommission zu einer intensiven Diskussion ihrer darin gemachten Vorschläge und mahnen gleichzeitig die Vorlage von Omnibus2 dringend an.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass wir als Parlament dieses Entgegenkommen für eine Übergangsverordnung zeigen. Darüber vergessen wir nicht, für eine grundlegende weitere Verwirklichung der parlamentarischen Rechte des Parlaments zu kämpfen.

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. (HU) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Scholz, meine Damen und Herren.

Herr Präsident, ich würde gerne auf Englisch fortfahren. Wegen der Terminologie denke ich, dass es besser ist, auf Englisch fortzufahren. Seitdem die Kommission ihren Vorschlag vorgelegt hat, die Geltungsdauer der aktuellen APS-Verordnung für einen begrenzten Zeitraum zu verlängern – den so genannten Verlängerungsvorschlag –, hat der Rat vor diesem Parlament beständig wiederholt, wie wichtig es ist, diesen Vorschlag rechtzeitig zu verabschieden. Das ist wichtig, um sicherzustellen, dass Entwicklungsländer und weniger entwickelte Länder weiterhin vom Allgemeinen Präferenzsystem der EU profitieren, das ein grundlegendes Element der Handelspolitik der EU gegenüber Entwicklungsländern ist.

Der Rat stellt mit Freude fest, dass der erste Schritt hin zur Verabschiedung dieses Vorschlags in erster Lesung heute hier im Europäischen Parlament stattfindet. Wir werden die notwendigen Schritte so schnell wie möglich unternehmen, um die zwischen unseren Institutionen getroffene Vereinbarung auf der Grundlage Ihres heute verabschiedeten Standpunktes zu bestätigen. Gleichzeitig freut sich der Rat auf die bevorstehende Vorstellung des Vorschlags für eine umfassende Überprüfung der APS der EU durch die Kommission.

Wir sollten das Schema so anlegen, dass wir denjenigen Entwicklungsländern, die diese Präferenzen am meisten brauchen, besser helfen können, und sicherstellen, dass es ein noch effizienteres Instrument für die Entwicklungs- und Außenpolitik wird, indem wir Anreize für gute Regierungsführung schaffen. Vor diesem Hintergrund bringt der Rat seine Bereitschaft zum Ausdruck, mit dem Parlament im Geiste einer guten Zusammenarbeit mit Blick auf die Schaffung von modernen, umfassenden und voll funktionsfähigen rechtlichen Rahmenbedingungen, die den Bedürfnissen der Entwicklungsländer zuträglich sein werden, zu kooperieren.

Ich möchte abschließend diese Gelegenheit wahrnehmen, um im Namen des Ratsvorsitzes den positiven und konstruktiven Beitrag sowohl des Vorsitzenden des INTA-Ausschusses, Herrn Vital Moreira, als auch des Berichterstatters für dieses Dossier, Helmut Scholz, für das Erreichen einer Einigung über diesen Vorschlag meine Anerkennung zu zollen.

 
  
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  Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, ich möchte mich für die Unterstützung im Ausschuss für internationalen Handel für den Vorschlag zur Verlängerung der Verordnung über das Schema allgemeiner Zollpräferenzen herzlich bedanken. Unser besonderer Dank gilt dem Berichterstatter Helmut Scholz und dem Vorsitzenden des INTA-Ausschusses Herrn Vital Moreira für ihre Bereitschaft, eine pragmatische Lösung zu finden, um die Bedenken des Parlaments in Bezug auf die Anwendung der neuen Bestimmungen über delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte auf die gegenwärtig gültige APS-Verordnung zu berücksichtigen.

Sie werden sich daran erinnern, dass die Verlängerung vorgeschlagen wurde, um den Zeitraum zu überbrücken, der benötigt wird, um eine Anpassung an das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon vorzunehmen und eine neue Verordnung über ein zukünftiges APS-Schema der EU zu unterbreiten. Die Unterstützung des Europäischen Parlaments, wie sie bei der Abstimmung im INTA-Ausschuss am 3. März zum Ausdruck gebracht worden ist, ebnet den Weg für ein erfolgreiches Weiterbestehen des derzeit gültigen Schemas, zum Vorteil der Entwicklungsländer und der EU. Außerdem stärkt sie die Rolle der EU und das Bekenntnis zu den Zielen der Entwicklungspolitik der EU.

Die Kommission hat die Bedenken des Parlaments in Bezug auf die Aspekte der Entscheidungsfindung bei der APS-Verordnung klar und deutlich vernommen. In diesem Zusammenhang können wir erneut unsere volle und aktive Unterstützung dafür bestätigen, dass das Europäische Parlament seine Rolle im Hinblick auf die Handelspolitik wahrnimmt, wie es im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist. Aus diesem Grund befürwortet es die Kommission, die Bedenken des Parlaments, wie sie in den vergangenen Wochen zum Ausdruck gebracht worden sind, in einem konstruktiven Geiste zu erörtern. Diese Diskussion wird im Kontext der beiden Vorschläge der Kommission für eine Verordnung zur Anpassung der Entscheidungsfindung auf dem Gebiet der Handelspolitik vor dem Hintergrund des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon – Omnibus I und Omnibus II – fortgesetzt.

Parallel dazu wird die Kommission alles dafür tun, um der Forderung des Parlaments nachzukommen, über Vorgänge, die mit grundlegenden Aspekten des APS in Verbindung stehen, vollständig informiert zu werden. Das ist in der Tat entscheidend, damit das Parlament in der Lage ist, seine Rolle in der Handelspolitik effektiv wahrzunehmen. Aus diesem Grund wird die Kommission auf der Grundlage bestehender Anforderungen das Parlament und den Rat unverzüglich über alle wichtigen Entwicklungen informieren und ihnen alle APS-relevanten Dokumente zur Verfügung stellen.

Wir freuen uns im Anschluss an den Vorschlag für eine neue Verordnung, mit der Sie im Mai rechnen können, auf weitere Diskussionen mit Ihnen über das zukünftige Schema allgemeiner Präferenzen. Ich bin bereit, die wichtigsten Elemente des Vorschlags bei der frühesten Gelegenheit nach seiner Annahme durch die Kommission zu erörtern.

 
  
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  Béla Glattfelder, im Namen der PPE-Fraktion. – (HU) Herr Präsident, ich bin sehr froh, dass die Kompromissbereitschaft des Berichterstatters die Verlängerung der Geltungsdauer des Schemas der Zollpräferenzen möglich gemacht hat. Der ungarische Ratsvorsitz hat in diesem Prozess eine sehr wichtige Rolle gespielt. Wenn das Schema der Zollpräferenzen jetzt nicht verlängert worden wäre, hätte dies äußerst negative Auswirkungen auf die ärmsten Länder der Welt. Es ist jedoch bedauerlich, dass die Europäische Kommission diesen Vorschlag dem Parlament spät vorgelegt hat und wir hier keine aussagekräftige Debatte führen konnten, obwohl die APS-Verordnung eine Änderung verdienen würde. Der Grund dafür ist, dass die Zollpräferenzen, die wir den reichsten ölexportierenden Ländern der Welt wie den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Saudi-Arabien gewähren, nicht zu rechtfertigen sind. Es würde sich lohnen, zu prüfen, ob Russland, das kein Mitglied der WTO ist, weil es ihr nicht beitreten wollte, und sehr oft die Handelspolitik nutzt, um außenpolitischen Druck auszuüben, es verdient, Handelspräferenzen zu erhalten.

Es ist außerdem überlegenswert, wie wir Nachhaltigkeitskriterien in das Schema der Zollpräferenzen integrieren könnten. Schließlich werden Handelspräferenzen auch Ländern gewährt, die andererseits die Verabschiedung von Klimaschutzabkommen auf internationaler Ebene behindern oder auf nicht nachhaltige Art und Weise Waren in die Europäische Union exportieren, oft durch die Zerstörung von Regenwäldern oder enorme CO2-Emissionen. Ich bin der Ansicht, dass das nächste Schema der Zollpräferenzen diese Fragen auch berücksichtigen muss.

 
  
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  Vital Moreira, im Namen der S&D-Fraktion.(PT) Herr Präsident, wenn wir hier darüber debattieren, wie lange das derzeit gültige Schema allgemeiner Zollpräferenzen (APS) in Kraft bleiben wird, geschieht dies deshalb, weil die Kommission nicht ihrer Pflicht nachgekommen ist, innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine substanzielle Änderung dieses Schemas vorzulegen.

Daher ist für die gegenwärtig gültige Verordnung ein Übergangszeitraum vorgesehen, um die Vorteile des internationalen Handels, die die Entwicklungsländer in Bezug auf den Zugang auf den europäischen Markt genießen, aufrechtzuerhalten. Es ist entscheidend, dass dieser Vorschlag ohne weitere Verzögerung angenommen wird, damit die Länder, die Vorteile aus dem APS ziehen, dies auch weiterhin tun, und damit die wirtschaftlichen Akteure auf diese Weise in der Lage sein werden, ihre Handelsbeziehungen mit der notwendigen Berechenbarkeit und Rechtssicherheit zu entwickeln.

Aus diesem Grund habe ich als Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel und als Schattenberichterstatter dafür plädiert, dass der Übergangszeitraum nur ein Übergangszeitraum ist und nichts mehr, wobei das Europäische Parlament sogar von einer Ad-Hoc-Verabschiedung dieser Verordnung über die Durchführungsrechtsakte der Kommission Abstand genommen hat und unser Vertrauen gestärkt wurde, dass sie in naher Zukunft mit Hilfe der so genannten „Omnibus-Verordnungen“ angeglichen wird.

Ich möchte unterstreichen, dass die auf der Grundlage dieser Übereinkunft vom Berichterstatter, den Schattenberichterstattern und den restlichen Mitgliedern des Ausschusses getroffene Entscheidung die Verpflichtung der Europäischen Kommission beeinflusst hat – die heute von Herrn Kommissar de Gucht wiederholt worden ist, und ich danke ihm von Herzen für seine Sorge – dem Europäischen Parlament von nun an zu garantieren, dass es im Einklang mit den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon in Bezug auf die gemeinsame Handelspolitik zeitnahe und vollständige Informationen über jeden relevanten Rechtsakt erhalten wird, der mit Anwendung der gegenwärtig gültigen Verordnung in Zusammenhang steht.

Abschließend möchte ich noch dem Berichterstatter, der Kommission und auch dem Rat für diesen Kompromiss danken, durch den es dem Parlament ermöglicht wird, auf angemessene Weise die Interessen Europas und derjenigen, die sich auf uns verlassen, zu vertreten.

 
  
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  Niccolò Rinaldi, im Namen der ALDE-Fraktion. (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, das Allgemeine Präferenzsystem ist eine der wenigen Differenzierungsmethoden, die sich im internationalen Handel zum Vorteil der Entwicklungsländer auswirkt. Es ist ein empfindliches Instrument, das optimal genutzt werden muss.

Heute sprechen wir über eine Verlängerung, was bedeutet, dass das Treffen mit der Kommission verschoben wird, sobald der neue endgültige Vorschlag vorgelegt worden ist. In der Zwischenzeit sagen wir jedoch, dass dies ein Werkzeug ist, das mit Vorsicht genutzt werden sollte, und das gilt auch für die interinstitutionellen Beziehungen. Bis jetzt wurde das Europäische Parlament, sogar auf der Grundlage des Lissabonner Vorvertrags, nicht immer vollständig an den Entscheidungen beteiligt, wie dies auch bei den Diskussionen über Kolumbien oder Sri Lanka der Fall war, die in diesem Parlament große Begeisterung geweckt hat.--

Wir müssen auch die Vorzüge einer nachträglichen Bewertung der Entscheidung, diese Verordnung umzusetzen, berücksichtigen. Welche Auswirkungen hat eine Zollermäßigung, wie sieht es mit ihrer Aufhebung aus, welche Mechanismen beinhaltet sie, wie läuft das Verfahren ab? Manchmal kann eine Überprüfung dieser Fragen vor Ort zu überraschenden Ergebnissen führen und auf die relevantesten Kriterien hindeuten, um eine möglichst effektive Wirkung der Verordnung zu erzielen.

Was die Bedingungen angeht, so verändert sich die Welt, und das Instrument muss eine größere Übereinstimmung im Hinblick auf diejenigen Länder aufweisen, die von den Zollpräferenzen profitieren. Das Hauptkonzept der Achtung der Menschenrechte muss durch eine weiter gefasste Vision ergänzt werden, in der, wie der Berichterstatter Helmut Scholz – dem ich für die ausgezeichnete Arbeit danke, die er an diesem Bericht geleistet hat – angemerkt hat, verschiedene Indikatoren berücksichtigt werden: der Wiederaufbau nach Konflikten, die spezifische Situation von Frauen, die Situation der Erholung nach Naturkatastrophen, die ökologische Nachhaltigkeit und die Erfüllung internationaler Sozialabkommen.-

Wenn wir eine Kombination dieser Kriterien übernehmen würden, wäre ich nicht überrascht, wenn die Liste der begünstigten Länder, die wir vorlegen würden, sich von der aktuellen Liste unterscheiden würde und vielleicht Länder umfassen würde, die es eher verdienen, von Zollpräferenzen zu profitieren, aber wir können darüber wieder sprechen, sobald uns der endgültige Verordnungsvorschlag vorliegt.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident, angesichts der Tatsache, dass das gegenwärtig gültige Schema der allgemeinen Zollpräferenzen Ende des Jahres ausläuft, ist es, wie bereits gesagt worden ist, wichtig, dass die Kommission einen neuen Entwurf einer umfassenden Überprüfung des Systems rechtzeitig vorlegt.

Momentan diskutieren wir nur die Verlängerung, die notwendig ist, um Rechtssicherheit und die Wahrung der beiderseitigen Interessen zu gewährleisten. Die Wichtigkeit dieses Themas sowohl für Entwicklungsländer als auch für die Mitgliedstaaten der EU, vor allem für diejenigen mit einer schwächeren Volkswirtschaft, deren industriellen, landwirtschaftlichen oder sozialen Interessen in den von der Kommission geförderten Handelsabkommen nicht immer berücksichtigt werden, macht jedoch eine ausführliche Diskussion notwendig, um alle potenziellen Aspekte, Konsequenzen und Auswirkungen dieses Systems auf eine zukünftige Verordnung zu berücksichtigen, deren Entwurf dem Parlament so schnell wie möglich vorgelegt werden muss.

 
  
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  Oreste Rossi (EFD). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, diese Maßnahme betrifft das Allgemeine Präferenzsystem, oder anders gesagt die Senkung von Einfuhrzöllen für Drittländer, die gewisse Verpflichtungen in Bezug auf internationale Verträge oder Abkommen über sensible Fragen wie Arbeitnehmerrechte und die Umwelt eingehen. Diese Anforderungen sollten auf Vorschlag der Europäischen Kommission regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, aber leider sind wir nicht hier, um über eine Überprüfung der alten Vorschriften abzustimmen, sondern über ihre Verlängerung.

Zu diesem heiklen Zeitpunkt nicht nur einer Wirtschafts-, sondern auch einer internationalen politischen Krise, die Bedingungen für die Aufnahme oder die Streichung von der Liste nicht zu überprüfen und zu aktualisieren, ist eine Entscheidung, die den Interessen der Europäischen Union zuwiderläuft. Trotz des nichtlinearen Verhaltens der Europäischen Kommission werden wir dafür stimmen, weil wir glauben, dass dieses Instrument Drittländer begünstigt, die sich anderen gegenüber in Bezug auf Fragen, die als strategisch angesehen werden, hervorheben.-

 
  
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  Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, ich habe mir die Beiträge aufmerksam angehört. Nach meinem Verständnis sind sich die Fraktionen darüber einig, dass wir die Geltungsdauer des derzeit gültigen Systems verlängern sollten, aber sie erwarten, das neue System so schnell wie möglich vorgelegt zu bekommen. Das werden wir tun. Wir arbeiten daran. Wie Sie wissen, ist eine öffentliche Anhörung nötig, bevor ein Legislativvorschlag vorgelegt werden kann, was eine Weile dauert. Es ist eine Folgenabschätzung notwendig, was eine Weile dauert. Dann gibt es natürlich auch noch den internen Entscheidungsfindungsprozess in der Europäischen Kommission über ein Thema, das weitreichend ist.

Es geht hier um ein Finanzsystem, das lange Zeit in Kraft sein wird. Wir wollen, dass das System sehr viel selektiver ist, als dies in der Vergangenheit der Fall war, damit wir denjenigen helfen können, die unsere Hilfe wirklich brauchen. Zum jetzigen Zeitpunkt werden mehr als 150 Länder durch dieses System begünstigt. Es ist überhaupt nicht selektiv. Sie sollten sich sogar die Frage stellen, was der Nutzen eines solchen Systems ist. Wir führen eine gründliche Überprüfung des Systems durch.

Wir werden unsere Vorschläge in einigen Monaten vorlegen. Das Parlament wird dann die Möglichkeit haben, sie mit uns genau zu diskutieren. Ich möchte außerdem unsere Zusicherung wiederholen, dass wir das Parlament umfassend informieren werden.

 
  
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  Enikő Győri, amtierende Präsidentin des Rates. Herr Präsident, die Reform des APS wird für den Rat und für den Ratsvorsitz ein Schwerpunkt sein. Die Überprüfung des gegenwärtig gültigen Schemas, die während unseres Ratsvorsitzes beginnen soll, wird für das Parlament und den Rat eine einmalige Gelegenheit darstellen, die grundlegenden Veränderung in der globalen Wirtschaft, insbesondere die erheblich gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit der Schwellenländer, zu berücksichtigen.

Der Ratsvorsitz hat die berechtigten Bedenken, die Herr Rinaldi in Bezug auf die wirksame Umsetzung des APS hervorgehoben hat, genau zur Kenntnis genommen. Der Rat wird diese und viele andere Fragen auf der Grundlage des künftigen Vorschlags der Kommission zum neuen APS berücksichtigen.

Ich möchte noch einmal hervorheben, wie dankbar ich dem Berichterstatter und dem Ausschussvorsitzenden Herrn Moreira für ihre Zusammenarbeit bin. Ich denke, dass dies ein Sieg für den gesunden Menschenverstand ist, weil sie verstanden haben, dass es hier um eine dringende und wichtige Frage ging. Wir wollten wirklich keine rechtlichen Probleme schaffen. Für mich ist dies ein vorbildlicher Vorgang, und ich hoffe sehr, dass dies bei anderen Fragen, über die es Rechtsstreitigkeiten gibt, als ein sehr gutes Beispiel für reibungslose Beziehungen zwischen dem Rat und dem Parlament dienen wird.

 
  
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  Helmut Scholz, Berichterstatter. − Herr Präsident, Frau Győri, Herr Kommissar! Ich möchte mich zuerst herzlich bei den Schattenberichterstattern für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Nachdem wir uns zu den formalen Aspekten der Übergangsverordnung abschließend verständigt haben, nutze ich die Aussprache, um kurz einige Ansprüche an die zukünftige Verordnung zu definieren.

Mit der Neufassung der Verordnung sollten vor allem folgende grundlegende Ziele verfolgt werden: 1. Steigerung der Effektivität des Systems, 2. Aufstellung von Vorschriften, die einen geregelteren Reformprozess ermöglichen, der die Einbeziehung der Begünstigten gewährleistet, 3. Sicherstellung, dass die Verordnung der Aufgabe der demokratischen Kontrolle, die dem Parlament obliegt, hinreichend Gewicht verleiht. Damit greife ich Vorschläge aus dem Entwicklungsausschuss auf.

Das neue APS sollte ein klares, transparenteres System beinhalten. Dazu vielleicht noch drei Gedanken: Einmal zu den Ursprungsregeln: Die Ursprungsregeln und die damit zusammenhängenden Verwaltungsverfahren sind einer der Hauptgründe dafür, dass insbesondere die am wenigsten entwickelten Länder, die im APS gewährten Handelspräferenzen zu wenig nutzen können. In der jetzigen Fassung verhindern Ursprungsregeln häufig, dass auf dem Papier existierende Präferenzen positive Auswirkungen haben. Ich komme gerade von einer Konferenz der Weltparlamentarier zur WTO aus Genf zurück und auch dort stand diese Problematik ganz oben auf der Problemliste. Aus meiner Sicht sollte die EU bei den Arbeiten zur Harmonisierung der Ursprungsregeln im Rahmen der WTO dafür werben, dem Präferenzsystem Vorrang einzuräumen.

Zweitens: die Frage der Partnerländer. Dort geht es mir insbesondere darum, dass wir überschaubare Kriterien entwickeln, unter anderem den GINI-Koeffizienten als ein gutes Beispiel für ein solches Kriterium. Wir brauchen, wie bereits ausgesprochen, mehr Flexibilität, um reagieren zu können.

Drittens: technische Hilfe. Präferenzen alleine reichen nicht, es ist notwendig, die Wirkung des Systems zu steigern und die Quote der Inanspruchnahme des APS durch die Gewährung technischer Hilfe zu verbessern.

In diesem Sinne geht es generell um eine Verbesserung des Präferenzsystems insgesamt. Ich bedanke mich noch einmal für die konstruktive Zusammenarbeit und bin gerne bereit, auch mit den heutigen Zusicherungen in diesem Sinne weiter mit der Kommission zusammenzuarbeiten.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Abstimmung wird morgen um 11.30 Uhr stattfinden.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  George Sabin Cutaş (S&D), schriftlich.(RO) Ich möchte betonen, dass der von der Europäischen Kommission vorgelegte Vorschlag keine Reform des „Allgemeinen Präferenzsystems“ darstellt, wie es das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 5. Juni 2008 gefordert hat, sondern lediglich eine Verlängerung der Geltungsdauer der gegenwärtig gültigen Rechtsvorschriften darstellt. Aus diesem Grund teile ich die Sicht des Berichterstatters in Bezug auf die Notwendigkeit, diese 2008 ausgearbeitete Verordnung unverzüglich zu überprüfen und sie an die Bestimmungen des Vertrags von Lissabon anzupassen, die danach in Kraft getreten sind. Dank dieses Vertrages hat das Europäische Parlament neue Befugnisse auf dem Gebiet des Handels und muss bei den Kriterien, nach denen ein Land für das APS in Frage kommt, bei der Liste der begünstigten Länder und bei der vorläufigen Rücknahme von Präferenzregelungen ein Mitspracherecht haben. In Zukunft muss eine allgemeine Überarbeitung der Verordnung durchgeführt werden, mit dem Ziel einer stärkeren Beteiligung der begünstigten Länder an den Reformprozessen, die sie betreffen, der Gewährung technischer Hilfe, um ihre institutionelle Kapazität aufzubauen sowie der Überprüfung und Harmonisierung der Ursprungsregeln.

 
  
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  Elisabeth Köstinger (PPE), schriftlich. – Mit dem allgemeinen Präferenzsystem wird 176 Entwicklungsländern ein bevorzugter Zugang zum EU-Markt gewährt. Mit einer Zollermäßigung oder einem zollfreien Zugang zum EU-Binnenmarkt trägt der Handel zur Reduzierung der Armut in diesen Ländern bei. Ich unterstütze daher die Rollover-Verordnung zur Sicherung der rechtlichen Kontinuität des APS, damit Entwicklungsländern diese Chance weiterhin geboten wird. Der Handel ist auch ein wichtiges und effizientes Instrument, das den betroffenen Ländern die Möglichkeit gibt, sich in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie weiterzuentwickeln und eine gut fluktuierende Wirtschaft aufzubauen. In Anbetracht der Bedeutsamkeit und der Dringlichkeit bin ich für eine Verlängerung und ein schnelles Voranbringen der Verordnung.

 

23. Ausführungen von einer Minute (Artikel 150 GO)
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