Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache zur Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Frau Ashton, zur Lage in Syrien, Bahrain und Jemen.
Der amtierende Präsident des Rates, Herr Németh, wird im Namen von Frau Ashton sprechen.--
Zsolt Németh, im Namen der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik. – Herr Präsident! Ich bin heute hier, um im Namen der Hohen Vertreterin, Catherine Ashton, einige Anmerkungen zur Lage in Bahrain, Syrien und Jemen zu machen.
Die Ereignisse in Syrien haben kürzlich eine dramatische Wendung genommen. Im Jemen könnte sich die ohnehin schwierige Lage noch verschlechtern und die angespannte Atmosphäre, die momentan in Bahrain vorherrscht, ist sehr Besorgnis erregend, auch wenn dort weniger Blutvergießen stattgefunden hat. Die EU hat die sich schnell entwickelnden Ereignisse in der gesamten Region sehr aufmerksam verfolgt, wie zahlreiche hochrangige Treffen, formelle Erklärungen und Schlussfolgerungen des Rates untermauern.
Darüber hinaus war Frau Ashton in ständigem Kontakt mit wichtigen Partnern sowie mit wichtigen Akteuren in den betreffenden Ländern. Das geschieht täglich über das Telefon oder durch ihre Vertreter in den betreffenden Ländern, um den Einfluss der EU zu nutzen wo immer es möglich ist und wann immer er hilfreich sein kann. Die Situation jedes Landes ist einzigartig und erfordert eine strategische, gut durchdachte, maßgerechte Reaktion. Aber wenn die Ereignisse sich so schnell entwickeln, ist es umso entscheidender, eine gut fundierte Politik auf fundamentalen Grundsätzen aufzubauen.
Lassen Sie mich die drei Grundsätze anführen: Erstens die Ablehnung von Gewalt – die Auseinandersetzung mit Massenprotesten muss immer friedlich und unter vollständiger Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten erfolgen; zweitens die Förderung des Dialogs – die richtigen Personen, die bereit sind, miteinander zu sprechen und Vorurteile und Vorbedingungen außer Acht zu lassen, müssen sich auf konstruktive Weise mit Differenzen und Missständen befassen; drittens müssen grundlegende politische und wirtschaftliche Reformen von den Ländern selbst initiiert werden, und die EU hat klar gesagt, dass sie bereit ist, in dem erforderlichen Umfang umgehend Unterstützung zu leisten, wenn diese angefordert wird.
Ich möchte jetzt besonders auf die erwähnten drei Länder eingehen.
In Bahrain bleibt die Lage weiterhin angespannt, trotz der Rückkehr einer gewissen Normalität auf den Straßen. Es finden weiterhin Festnahmen statt, wobei einige Personen anscheinend nur deshalb festgenommen werden, weil sie nichts anderes getan haben, als ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrzunehmen. Ebenso wie in anderen Teilen der Region haben die EU und die Hohe Vertreterin selbst die Gewalt in Bahrain ausdrücklich verurteilt und die Behörden und alle Streitkräfte vor Ort aufgerufen, die Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie die internationalen humanitären Standards in vollem Umfang einzuhalten.
Wir haben die Behörden Bahrains und die Opposition außerdem wiederholt aufgefordert, einen echten nationalen Dialog zu beginnen. Die Hohe Vertreterin hat sich deswegen direkt an den Außenminister gewendet. Ohne konkrete Schritte, um die richtigen Personen dazu zu bringen, ohne Ausschließungen und ohne Vorbedingungen miteinander zu sprechen, besteht das wachsende Risiko, dass sich radikale Elemente durchsetzen. Das hätte klare und besorgniserregende Auswirkungen auf die regionale Stabilität. Die beste Möglichkeit zur Erhaltung und Förderung der Stabilität ist weiterhin der Dialog. Das ist die Botschaft, die die Hohe Vertreterin übermitteln wird, wenn sie in Kürze, noch diesen Monat, die Minister des Golf-Kooperationsrates trifft.
In Syrien haben sich die Proteste der Bevölkerung seit Mitte März auf mehrere Städte ausgeweitet. Die brutale Unterdrückung, mit der man auf diese Proteste reagiert, ist inakzeptabel. Die Hohe Vertreterin und die Europäische Union haben die syrischen Behörden mehrmals aufgerufen, die Gewalt einzustellen, das Recht der Menschen auf friedliche Demonstrationen zu respektieren und auf ihre legitimen Wünsche zu hören. Das syrische Volk verdient die lang erwarteten Reformen, insbesondere in Bezug auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die politische Teilhabe und die Regierungsführung.
In der Ansprache an die Nation von Präsident Assad vom 30. März wurde weder ein klares Reformprogramm noch ein Zeitplan für seine Umsetzung berücksichtigt. Die EU wird weiterhin Druck auf Syrien ausüben, unverzüglich Reformen einzuleiten. Sie müssen echt, politisch sowie sozio-ökonomisch, und ernsthaft sein – nicht nur kosmetisch – und ohne weitere Verzögerungen umgesetzt werden. Wir werden genau beobachten, wie die neue Regierung, die noch gebildet werden muss, die Reformen vorantreibt. Wir hoffen, dass die Bildung eines Rechtsausschusses zur Ausarbeitung neuer Rechtsvorschriften führen wird, durch die die Aufhebung des Ausnahmezustandes und die Sicherstellung der Menschenrechte und Grundfreiheiten möglich wäre.
Gleichzeitig wird die EU die syrische Führung sowohl öffentlich als auch in vertraulichen Gesprächen weiterhin dazu anhalten, von dem Einsatz von Gewalt gegen Demonstranten Abstand zu halten. Ebenso wichtig ist es, zu vermitteln, dass diejenigen, die für die Gewalt und die Todesfälle verantwortlich sind, zur Verantwortung gezogen und alle politischen Flüchtlinge und Menschenrechtsaktivisten freigelassen werden müssen.
Im Jemen ist die Situation weiterhin äußerst besorgniserregend. Die Botschaften der Hohen Vertreterin infolge der bedauerlichen Gewalttätigkeiten vom 18. März waren glasklar und in den Schlussfolgerungen des Rates für Auswärtige Angelegenheiten vom 21. März wurde die Verurteilung des Einsatzes von Gewalt gegen die Protestierenden durch die EU noch einmal wiederholt. Die EU hat außerdem klar und deutlich erklärt, dass diejenigen, die für den Verlust von Menschenleben und für Verletzungen verantwortlich sind, für ihre Taten vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden sollten.
Seitdem waren die von der jemenitischen Führung kommenden Botschaften weniger klar. Aus diesem Grund hat die Hohe Vertreterin Präsident Saleh am 30. März angerufen und ihn nachdrücklich aufgefordert, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Sie hat ihre Ansicht dargelegt, dass die beste Möglichkeit, dies sicherzustellen, die unverzügliche Einleitung eines glaubwürdigen und schnellen politischen Übergangs ist. Dieser rechtsstaatliche Übergang sollte auf substanziellen und konsequenten Zusagen basieren, die korrekt umgesetzt werden.
Die Zeit läuft uns davon und das jemenitische Volk wird das Opfer sein. Aus diesem Grund hat sich die EU in Übereinstimmung mit ihren internationalen Partnern sehr aktiv an dem Versuch, die Krise im Jemen zu entschärfen, beteiligt und wird dies auch weiterhin tun.
VORSITZ: Miguel Angel MARTÍNEZ MARTÍNEZ Vizepräsident
Der Präsident. – Da Herr Brok gerade neben Herrn Salafranca sitzt, möchte ich die Gelegenheit nutzen, ihn zu dem gestrigen Erfolg seines Teams zu beglückwünschen. Er trägt den Schal von Schalke 04, einer Mannschaft, die einen großartigen Sieg errungen hat, allerdings mit Hilfe eines der besten Spieler der Welt, des Spaniers Raúl. Im Anschluss an diese Herrn Brok übermittelten Glückwünsche hat jetzt Herr Salafranca im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) für anderthalb Minuten das Wort.
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, im Namen der PPE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ich kann mich Ihren Worten von eben nur anschließen.
Herr Németh, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, wir haben die von der Hohen Vertreterin, Frau Ashton, fortlaufend übermittelten Informationen zu den Entwicklungen in diesen Ländern stets verfolgt und meiner Ansicht nach sollten wir die Bemühungen würdigen, die sie im Namen der Europäischen Union zur Unterstützung der demokratischen Bestrebungen in Bahrain, im Jemen und in Syrien unternimmt. Morgen wird das Parlament eine diesbezügliche, von allen Fraktionen unterstützte Entschließung annehmen.
Allerdings möchte ich noch einige Fragen vorbringen, Herr Präsident, und Herrn Németh bitten, diese an Frau Ashton weiterzuleiten.
Zunächst einmal ist innerhalb einiger Organe der Union und natürlich in diesem Parlament der Eindruck entstanden, in der Entwicklung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sei es zu einem Rückschritt beziehungsweise Rückfall in die Zeiten politischer Zusammenarbeit gekommen. Dies wäre sicherlich nicht im Sinne des Vertrags von Lissabon.
Zweitens ist im Zusammenhang mit dem wachsenden Bedarf nach einer europäischen Präsenz in diesen Ländern, ohne dabei eine klare Vorstellung von dem Ausgang der Übergangsprozesse zu haben, ein Widerspruch entstanden. Wir müssen fraglos Präsenz zeigen, und auch die Devise in Frau Asthons Mitteilung ist sicherlich sehr klug: „Je mehr, desto besser‟.
Eine Frage möchte ich jedoch stellen — und damit komme ich jetzt auch zum Schluss, Herr Präsident —, und zwar, ob die Mitgliedstaaten der EU zu einer Mittelaufstockung bereit sind, um den in diesen Ländern aufkommenden, wachsenden Bedürfnissen zu entsprechen.
Véronique De Keyser, im Namen der S&D-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Wir sind uns der intensiven diplomatischen Bemühungen von Frau Ashton, die sie bisher unternommen hat und auch weiterhin unternimmt, durchaus bewusst und wissen auch über die schwierigen Situationen, mit denen sie es zu tun hat, Bescheid. Syrien, Jemen und Bahrain sind freilich Länder, mit denen wir außer Handelsabkommen, in denen beispielsweise keine Bestimmungen über Menschenrechte stehen, keine Abkommen unterhalten und so stehen uns wenige Hebel zur Verfügung.
Trotzdem möchte ich hier drei Dinge anmerken. Zuerst möchte ich auf das, was die Menschen bewegt, eingehen, die Menschen, die jetzt auf den Straßen sind und von Heckenschützen bedroht werden. Wir müssen uns nicht nur hinter sie stellen, sondern auch dafür sorgen, dass die Gewalt um jeden Preis beendet wird. Heute habe ich einen syrischen Regimekritiker getroffen. Die Regimekritiker fordern letztendlich ein Ende der Gewalt, damit sie ihren Ansichten Ausdruck verleihen können. In dieser Hinsicht möchte ich anmerken, dass wir trotz eines fehlenden Abkommens mit Syrien jetzt gegebenenfalls von dem gesamten, uns zur Verfügung stehenden Instrumentarium an Sanktionen Gebrauch machen sollten, um die Gewalt zu beenden.
Als Zweites möchte ich anmerken, dass wir es grundsätzlich mit Ländern zu tun haben — und das gilt ebenfalls für die Golfstaaten und für Libyen —, die wir sogar mehr als genug mit Waffen ausgestattet haben. Meiner Ansicht nach sollten die Mindestanforderungen wirkungsvollere Rüstungskontrollen beinhalten, damit diese Länder und diese Regierungen nicht zu Pulverfässern zum Schaden ihrer jeweiligen Bevölkerungen werden.
Schließlich stellt sich noch die Frage der Doppelmoral. Ich stelle fest, dass wir in Bezug auf Bahrain sehr vorsichtig vorgegangen sind und bei anderen Ländern eine ausgesprochen unnachgiebige Haltung an den Tag gelegt haben. Mir ist bewusst, dass die Lage in Bahrain besonders heikel ist, dass Saudi-Arabien Truppen dorthin entsendet hat und Saudi-Arabien und der Golf-Kooperationsrat uns gegen Libyen helfen, aber es kann nicht in unserem Interesse liegen, um den Preis eines Barrels Öl und Hilfe gegen die libysche Regierung willens zu den derzeit von der Regierung Bahrains unterdrückten Schiiten zu schweigen.
Anneli Jäätteenmäki, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich bin aufgebracht. Bei unserer gestrigen Fraktionssitzung ging es auch um drei Zeugen von Human Rights Watch und Amnesty International, die in Bahrain, im Jemen und in Syrien vor Ort waren. Sie hatten Entsetzliches zu berichten.
Das hat mich wütend gemacht. Der uns von Baroness Ashton übermittelte Brief beinhaltet keine Strategie. Es wird nur wieder eine weitere Agenda aufgestellt. Schluss mit den leeren Worten, die wir viel zu lange für Tunesien, Ägypten und Libyen übrig hatten! Es ist an der Zeit, Maßnahmen zu ergreifen.
Die EU sollte erstens eine Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf fordern. Die Vereinten Nationen sollten eine Mission in die drei Länder entsenden, um das jeweilige Regime für die Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen.
Zweitens sollte die EU ein Verbot von Rüstungsexporten aller Mitgliedstaaten der EU in diese drei Länder verlangen. Die Tatsache, dass Länder der EU weiterhin Waffen an solche Regimes verkaufen, ist unerträglich.
Drittens sollte die EU klar zum Ausdruck bringen, dass jedes politische Regime in diesen Ländern, das ein Hindernis für die Demokratisierung darstellt, seine Daseinsberechtigung nunmehr verwirkt hat. In der Zwischenzeit sollten wir auf Sanktionen wie das Einfrieren von Vermögen und ein Reiseverbot setzen.
Ich wiederhole, dass es an der Zeit ist, Maßnahmen zu ergreifen.
Hélène Flautre, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Es ist sehr erfreulich, dass die Bevölkerungen sich aus ihrer Starre befreien, um ihre Freiheiten und Rechte zurückzufordern und einen politischen Wandel und mehr Demokratie zu erlangen. Dies ist ein Hauptanliegen in der Außenpolitik der Europäischen Union und für das europäische Projekt und kann unsererseits nur Begeisterung und Unterstützung hervorrufen.
Die Kehrseite ist allerdings, dass diese Bevölkerungen unter ausgesprochen brutaler Unterdrückung leiden und ihr Leben aufs Spiel setzen, wenn sie diese Werte und Bestrebungen zum Ausdruck bringen, und das können wir nicht hinnehmen. Also muss das Gebot des Schutzes der Bevölkerungen, das zu Militäreinsätzen in Libyen geführt hat, jetzt andere Formen annehmen, um die Demonstranten in diesen drei Ländern zu schützen.
Meiner Ansicht nach sind die Erklärungen äußerst wichtig — die legitimen Erklärungen, die von den Bevölkerungen postulierten Bestrebungen —, wir benötigen jedoch ebenfalls Maßnahmen. Zu diesen Maßnahmen gehört zwingend die Zusicherung, dass all die für den Einsatz unverhältnismäßiger Gewalt gegen ihre jeweilige Bevölkerung verantwortlichen Führer nicht ungestraft davonkommen werden. Hierfür muss die diplomatische Einberufung und Aktivierung der Mitgliedstaaten des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen erfolgen und in großem Maßstab in Gang gesetzt werden. Durch die so erwirkten Missionen, Berichte und Entschließungen kann man den verantwortlichen Politikern zusichern, dass diese Gewalttaten nicht ungestraft bleiben werden.
Schließlich haben wir meiner Ansicht nach sicherlich Möglichkeiten, die Pressesperre zu umgehen. Sowohl einheimische als auch ausländische Journalisten sehen sich bei der Dokumentation der Lage vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt. Wir wissen, was zu tun ist; wir haben die Mittel, diese Hindernisse zu umgehen. Wir müssen sie unbedingt einsetzen. Wenn wir also die Mittel haben, zu handeln, müssen wir meiner Ansicht nach einen Weg finden, sie zu nutzen.
Jetzt ist bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt, den syrischen Präsidenten dazu zu drängen, seine Unterschrift unter ein Rückübernahmeabkommen zu setzen, das ohnehin nur unter bestimmten Bedingungen ins Auge gefasst werden könnte, nämlich im Rahmen eines ernst gemeinten, wirksamen und einschlägigen Programms und zusammen mit der Umsetzung von Reformen in Syrien und der Freilassung aller Gewissensgefangenen und aller friedlichen Demonstranten nicht nur in diesem, sondern auch in den anderen beiden Ländern.
Sajjad Karim, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte dem Minister Folgendes sagen: Als ich hier saß und Ihre Erklärung verfolgte, habe ich zwar gehört, was Sie zu sagen hatten, aber es waren nichts als leere Worte — mitunter sehr gefällige, aber leider nur leere Worte. Alles war rein reaktiv; nichts von dem, was Sie uns vorgelegt haben, hatte einen aktiven Anstrich. Während ich Ihnen zuhörte, habe ich sogar das Wort „Plan‟ als Überschrift auf ein Blatt Papier geschrieben, auf dem ich mir Notizen über Ihre Angaben zu dem geplanten Vorgehen der EU machen wollte. Vor mir liegt immer noch ein makellos weißes Blatt. Ihr Beitrag heute war bedeutungslos.
In der von Ihnen skizzierten Agenda gab es keine aktiven Elemente. Die Menschen im gesamten Nahen Osten schauen nach Europa und erwarten, dass es vortritt und sie bei der Erlangung ihrer Rechte unterstützt, und Sie haben nichts als leere Worte für sie.
Dem zuletzt vorgelegten Aktionsplan fehlte die gesamte Substanz, und in der Presse wurde viel darüber diskutiert, dass die Führer im Nahen Osten ihren Bevölkerungen das Geld weiterhin aus der Tasche ziehen und nach Europa bringen können, ohne dass von unserer Seite etwas getan wird, um ein solches Vorgehen zukünftig zu verhindern.
Sie selbst haben gesagt, dass uns die Zeit davonläuft. Wenn dies stimmt, und soweit ich es beurteilen kann, ist das der Fall, warum haben Sie uns heute nicht mehr als ein weißes Blatt Papier zu bieten? Bitte zeugen Sie diesem Parlament mehr Achtung.
Marisa Matias, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Wir stehen auf Seiten der Völker im Jemen, in Syrien und in Bahrain in ihrem Streben nach Freiheit und Demokratie und angesichts der blutigen Unterdrückung der Demonstrationen und Volksproteste. Aus diesem Grund müssen wir unmissverständlich Position beziehen. Erstens fordere ich, dass wir den Rüstungsexport in diese Länder sofort stoppen. Europa verkauft nach wie vor Waffen, mit denen Zivilisten getötet werden. Zweitens sollten wir uns auf die Seite der Völker und nicht auf die autoritärer oder diktatorischer Regime stellen.
Allerdings dürfen wir bei all unserer Solidarität unsere immer noch vorhandene Doppelmoral nicht vergessen, die ihren Ausdruck in Regeln für einen Umgang mit den demokratischen Bestrebungen der Völker einerseits und Regeln für geschäftliches Gebaren andererseits findet. In Libyen ist mit den Bombenangriffen das eigentliche Mandat der Vereinten Nationen eindeutig überschritten worden, dahingegen haben wir im Fall von Bahrain lediglich protestiert, als die saudi-arabische Armee zur Rettung einer Kleptokratie in das Land einmarschiert ist. Während junge Menschen alles nur Erdenkliche gegen die Armeen und Polizei unternehmen und mit Leib und Seele gegen diese Kräfte angehen, beschränken wir uns darauf, diplomatische Noten zu verfassen.
Ich möchte mit der Feststellung beschließen, Herr Präsident, dass der Gedanke, politische Probleme könnten mit militärischen Antworten gelöst werden, ebenso falsch ist wie die unsere Auffassung, den arabischen Völkern sei unser doppeltes Spiel noch nicht aufgefallen.
Bastiaan Belder, im Namen der EFD-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Radikale Regimewechsel im Sinne einer Machtergreifung durch radikale islamische Kräfte in Syrien, Bahrain und im Jemen kämen einer völligen Katastrophe gleich, sowohl innenpolitisch als auch auf internationaler Ebene.
Der eigentliche Gewinner dieser unvorhergesehenen Lage, zumindest auf der Arabischen Halbinsel, wäre sicherlich das iranische Führungsduo Khamenei-Ahmadinejad, und das wäre dann erst einmal das Ende einer ohnehin geringen Aussicht auf einen persischen Frühling. Wo wir gerade dabei sind — die Krisensituation in Damaskus, Manama und Sanaa hat der EU eine ausgezeichnete Gelegenheit geboten, in enger Abstimmung mit den Vereinigten Staaten eindeutige Bedingungen für unsere weitere Unterstützung dieser Regime aufzustellen, dieser schwere Zeiten durchleben: politische und sozialökonomische Reformen.
Herr Präsident, vor einigen Jahren haben wir mit einer Delegation des Europäischen Parlaments Syrien besucht. Seit 2003 bietet dieser Staat, der einzig säkulare in der Region, Hunderttausenden von irakischen Christen Schutz und das sollte uns zu denken geben. Der Westen sollte alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen, um ein Übergreifen des außerordentlich blutigen, konfessionell motivierten Bürgerkriegs im Irak auf Syrien unter alle Umständen zu verhindern.
Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Im Jemen, in Syrien und in Bahrein verläuft die von Tunesien ausgehende Jasmin-Revolution leider nicht so friedlich. Ein Dialog von Regierung und Opposition ist sicher der beste Weg, um die von der Bevölkerung gewünschte aktive Lösung sozialer und ökonomischer Probleme und eine Wende hin zu mehr demokratischer Partizipation zu vereinbaren. Ob derartige Vereinbarungen aber dann auch halten, steht auf einem völlig anderen Blatt. Schließlich haben gerade die gebrochenen Versprechen von politischen Reformen die Protestwelle ausgelöst. Zu lange wurde vertröstet, jetzt werden Taten folgen müssen. Die Doppelstrategie, oppositionelle Demonstrationen gewaltsam zu unterdrücken und zugleich ein paar kleinere Reformen zu versprechen, ohne sie durch wirkliche politische Änderungen einzuleiten, könnte in allen drei Ländern zu einer Eskalation der Lage führen. Das wissen wir.
Gerade mit den anhaltenden Unruhen in Syrien kommt auch die Sorge auf, dass Waffen, die das Regime erwirbt, an terroristische Organisationen, beispielsweise an die Hisbollah, weiterverkauft werden könnten. Die EU jedenfalls muss meines Erachtens die Rolle des unparteiischen Vermittlers in diesen Konflikten spielen.
Salvatore Iacolino (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Partie ist erst nach dem zweiten Spiel gewonnen, warten wir also das Rückspiel zwischen Inter Mailand und Schalke 04 ab und sehen dann, wer letztendlich eine Runde weiterkommt. Bis dahin schließe ich mich der Ansicht an, dass Raul ein hervorragender Fußballer ist.
Was in Syrien, im Jemen und in Bahrain geschieht, unterscheidet sich nicht großartig von den Vorkommnissen in anderen Teilen der Erde. Obwohl für solche Aufstände gewöhnlich wirtschaftliche Gründe ursächlich sind, besteht überall der sehnliche Wunsch nach Freiheit. Facebook und das Internet haben die Isolation vieler, ja viel zu vieler falscher Demokratien, die sich über einen langen Zeitraum in vielen Teilen der Welt gehalten haben, durchbrochen.
Es gibt eine neue Führung, eine neue Vorstellung vom politischen Leben, das die Träume vieler junger Leute widerspiegelt. Es gibt das Verlangen nach Bürgerrechten, insbesondere dort, wo die Jugend der Welt unterrichteter und gebildeter ist. Vor einigen Tagen ist die Regimekritikerin Suhair al-Atassi freigelassen worden und das ist ein, wenn auch zaghaftes, Zeichen, das auf einen Wandel zu Gedanken- und politischer Freiheit hindeutet. Die gleiche Aufbruchsstimmung ist im Jemen zu spüren, wo die Proteste gegen Präsident Saleh zunehmen, für Bahrain gilt dies größtenteils auch. Wir müssen mit Nachdruck handeln, um die Gewalt zu stoppen und auf dem Weg zur Demokratisierung Hilfestellung leisten. Wir können nicht zulassen, hierbei abermals hinterherzuhinken.
Fraglos stellen die Ereignisse im Mittelmeerraum ein schwer zu deutendes Signal dar und darum muss sich Europa Gehör verschaffen und solidarisch handeln. Das würde den im Mittelmeerraum einem erhöhten Migrationsdruck ausgesetzten Regionen zu diesem Zeitpunkt vermutlich helfen.
Richard Howitt (S&D). – Herr Präsident! Ob es um die koordinierten Angriffe von Heckenschützen geht oder das Protest-Camp in Sanaa, Jemen, am 15. März, das harte Vorgehen gegen die Proteste von 100 000 Menschen in Dara, Syrien, am 17. März, oder die sechste Etage des Salmaniya-Krankenhauses in Bahrain, wo verletzte Demonstranten in die Gewalt bewaffneter Männer mit Sturmhauben geraten und sodann spurlos verschwinden — da dort die einzige Blutbank des Landes ist, sind die Verletzten jedoch gezwungen, dort hinzugehen —, müssen wir im Gegensatz zu den Medien, die sich auf jeweils ein Land konzentrieren können, zeigen, dass dieses Parlament sich für die Menschenrechte überall dort, wo sie in Gefahr sind, einsetzen wird.
Wir müssen den Rat für Auswärtige Angelegenheiten heute auffordern, sich um eine eindeutige Rechenschaftspflicht all derer, die für die Gewalt verantwortlich sind, unabhängige Untersuchungen und das Verhindern von Straffreiheit zu bemühen. Diese grundlegende Warnung soll dazu dienen, weitere Gewalt gegen Demonstranten jetzt zu verhindern.
Zweitens müssen wir, sobald uns zu Ohren kommt, dass die Sicherheitskräfte in Bahrain angeblich nicht tödliche Kugeln in einer Entfernung von weniger als einem Meter abgeschossen und dabei Demonstranten getötet haben, deren Kopf praktisch in zwei Teile gespalten wurde, die Genehmigung, Lieferung und Weitergabe sämtlicher Rüstungsgüter in der Region aussetzen.-
Schließlich muss unsere Haltung in dem Prozess zur Aushandlung eines Assoziierungsabkommens mit Syrien von den Prinzipien in Kommissar Füles Mitteilung zur südlichen Nachbarschaft geprägt sein. Der Ausgangspunkt muss hier unser Bestehen auf einen sofortigen ungehinderten Zugang für internationale Menschenrechtsbeobachter sein. Die arabische Welt hat sich mit der Jasmin-Revolution verändert und wir müssen zeigen, dass auch wir uns gewandelt haben.
Alexander Graf Lambsdorff (ALDE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben Frühling am Mittelmeer, aber wir haben Winter am Golf und in Syrien. Die Bilder von der Gewalt, die wir sehen, sind schrecklich. Wir haben mehrere Hundert Tote zu beklagen. Amnesty International und die Vereinten Nationen haben erschreckende Bilanzen vorgelegt.
Die Forderungen der Liberalen Fraktion sind sehr klar. Wir wollen so schnell wie möglich – und das ist eine Forderung, die sich der Rat zu eigen machen sollte und die die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die dort vertreten sind, auch vorbringen sollten – eine Sondersitzung des Menschenrechtsrates in Genf. Dieser Rat ist immer sehr schnell zur Hand, wenn es darum geht, sich im Nahostkonflikt auf eine Seite zu stellen. Es ist jetzt die Zeit, in der er bei diesen massiven Menschenrechtsverletzungen wirklich gefordert ist. Wir brauchen Reformen, wir brauchen einen Übergang zu Demokratie, wir brauchen ein Waffenembargo – all das ist hier gesagt worden.
Ich habe mir die Rede von Präsident Assad in Syrien live angesehen. Das ist eine mittelalterlich anmutende Diktatur, die aber gleichzeitig westliche PR-Agenturen bezahlt, um ihre Vertreter in Hochglanzmagazinen als pseudomoderne Modernisierer dastehen zu lassen. Es sollten sich sowohl die Agenturen als auch diese Magazine fragen, ob das wirklich gut ist.
Dann der Jemen. Hier ist die Gefahr in meinen Augen am größten: die Spaltungsgefahr zwischen Nord und Süd, eine aktive Al-Qaida-Zelle, die Gefahr eines gescheiterten Staates. Wir haben in Somalia bereits einen solchen gescheiterten Staat, am Golf von Aden operiert unsere Mission Atalanta. Europa hat ein unmittelbares Interesse, und wir müssen mehr hören als das, was heute hier vom Vertreter des Rates vorgetragen worden ist.
Frieda Brepoels (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident! Ich muss ehrlich sagen, dass ich auf die drei von dem Minister genannten Prinzipien mit Erstaunen reagiert habe: eine Verurteilung der Gewalt, die Förderung eines Dialogs, um einige Meinungsverschiedenheiten leidlich auszuräumen und bestimmte Missstände anzusprechen, und selbstverständlich die notwendigen politischen Reformen.
Allerdings wird man mit der bloßen Forderung nach einem Dialog gegenwärtig nichts erreichen, sie ist auch nicht wirklich glaubwürdig. Meiner Ansicht nach sollte die Europäische Union in konkreter Weise viel härtere Maßnahmen ergreifen, um diese demokratischen Reformen herbeizuführen. Uns wird gesagt, die Hohe Vertreterin unterhalte eine Vielzahl von offiziellen Kontakten, aber was tut sie, um den Kontakt mit der Zivilgesellschaft aufrecht zu erhalten; was tut sie, um diesen Menschen Gehör zu schenken?
Die Redner vor mir haben es bereits gesagt: Die Europäische Union muss die Lieferung von Waffen in die Region mit sofortiger Wirkung einstellen. Wenn ich feststelle, dass beispielsweise im letzen Jahr sage und schreibe acht europäische Länder Rüstungsgüter im Wert von über 100 Mio. EUR allein an den Jemen geliefert haben, frage ich mich, ob der gemeinsame europäische Standpunkt zu Rüstungsexporten überhaupt irgendeinen Sinn hat. Müssten wir diesbezüglich nicht dringend handeln?
Fiorello Provera (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte etwas zu Bahrain sagen. Dieses kleine Land liegt in Bezug auf das Gleichgewicht am Golf und die Energieverteilung in einer strategischen Position. Die Existenz einer bedeutenden Raffinerie für saudisches Rohöl ist kein Geheimnis.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einen Aspekt dieser Situation lenken, der mir besonders beunruhigend erscheint. Zuverlässige Quellen berichten über einen iranischen Einfluss auf die schiitische Bevölkerung von Bahrain; und zwar zusätzlich zu den legitimen Bestrebungen nach tiefgreifenderen Reformen in der Regierung dieses Landes. Es ist schwierig zu bewerten, welches Gewicht dieser Einfluss von außen auf die jüngsten Ereignisse in Bahrain gehabt hat, es besteht jedoch die Gefahr eine Destabilisierung der Region, die sich auf die östlichen Gebiete Saudi-Arabiens ausweiten könnte, wo eine weitere große Gruppe Schiiten lebt. Der Iran finanziert die Hamas, unterstützt die Hisbollah im Libanon und beeinflusst die irakische Innenpolitik, wo der schiitische Islam in der Regierung vorherrschend ist. Wenn das gestörte Gleichgewicht auf den Golf übergreift, lägen die Auswirkungen auf der Hand und es könnte globale Rückwirkungen geben.
Wir müssen bei der Beurteilung der Geschehnisse im Nahen Osten sehr vorsichtig vorgehen und das legitime Streben der Völker nach mehr Demokratie von den externen, durch strategische Absichten in der Region geleiteten Einflüssen unterscheiden.
Ria Oomen-Ruijten (PPE). – (NL) Herr Präsident! Wir sprechen heute über drei sehr unterschiedliche Länder mit ihren eigenen lokalen Gegebenheiten. Im Jemen hat der Aufstand ein erhebliches Ausmaß angenommen, trotz brutaler Gewalt seitens der Polizei und Armee. In Bahrain besteht das ernsthafte Risiko einer Destabilisierung der gesamten Region aufgrund der Verstrickung Saudi-Arabiens und des Irans. Und zu guter Letzt hat die Opposition in Syrien praktisch keinen Handlungsspielraum und das Regime scheint bereit, alles Erdenkliche zu unternehmen, um die Proteste zu unterdrücken.
Vor dem Hintergrund dieser besonderen Umstände sollte die EU meiner Ansicht nach bilaterale Beziehungen zu diesen Ländern unterhalten. Es gilt, bestimmte Grundsätze hochzuhalten. Selbstverständlich haben alle Bürger und Bürgerinnen das Recht, zu demonstrieren und ihre Meinung frei zu äußern. Was sollen wir jedoch angesichts der friedlichen Proteste, bei denen genau diese Bürgerinnen und Bürger durch das Eingreifen von Polizei und Armee gleichzeitig Opfer von Unterdrückung werden, unternehmen? Werden wir dies auf internationaler Ebene untersuchen? Was unternimmt die EU, um so eine Untersuchung voranzutreiben?
Zweitens besteht für Regierungen die Verpflichtung, mit der Opposition und zivilgesellschaftlichen Organisationen in einen Dialog zu treten, denn Gewalt und Unterdrückung sind nie eine Lösung. Was leistet die EU genau, um diesen Dialog zu fördern? Und wenn die Regime in Syrien und Bahrain, und auch im Jemen danach immer noch nicht in der Lage oder willens sind, ihren jeweiligen Völkern Gehör zu schenken, welche Folgen wird das für unsere Beziehungen zu diesen Ländern haben?
Herr Präsident, wir müssen konkrete Hilfe anbieten, wie schon wiederholt gesagt wurde, aber diese konkrete Hilfe muss sich auch auf handfeste Inhalte stützen. Wie werden wir das erreichen? Ich hätte mich heute über ein Konzept gefreut, wie wir in dieser Angelegenheit vorgehen werden.
Ich möchte nur noch eine Bemerkung an den Kommissar richten. Meiner Ansicht nach sollten wir im besonderen Fall von Syrien, wie auch der Türkei, im Rahmen der wohl im Laufe der nächsten Tage aufgestellten Strategien unter anderem die Anwendung von Druckmitteln fordern.
Noch eine letzte Bemerkung. Ich finde, dass unsere Delegation für die Beziehungen zu den Maschrik-Ländern hier ausgezeichnete Arbeit leisten könnte und wir sie nach besten Kräften dahingehend unterstützen sollten.
Ana Gomes (S&D). – (PT) Herr Präsident! Die EU muss bei ihren Erklärungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit den Volksaufständen im Jemen, in Syrien, Bahrain und den anderen Ländern der arabischen Welt konsequent sein. Es steht mehr als nur ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel: Es geht auch um die Wirkung ihrer Botschaft an die Diktaturen, die Ziel der Proteste sind, und um die Männer und Frauen, die ihr Leben riskieren, um auf die Straße zu gehen und Menschenrechte, Gerechtigkeit und Demokratie zu fordern.
Die EU hat insbesondere auf Bahrain erschreckend ambivalent reagiert. Das zeugt von den Widersprüchen einer Außenpolitik mit Doppelmoral, deren Anliegen Öl- und Waffenlieferungen der Mitgliedstaaten sind, nicht nur an Bahrain, sondern auch an Saudi-Arabien, und die so den gemeinsamen Standpunkt zur Ausfuhr von militärischer Ausrüstung verletzt.
Das Parlament fordert einen sofortigen Stopp der Rüstungsverkäufe und die Hohe Vertreterin fordert – laut und deutlich – die Behörden in Bahrain auf, für diejenigen geradezustehen, die getötet wurden oder bei der Unterdrückung der friedlichen Proteste verschwunden sind sowie die den Medien auferlegten Sperren sofort aufzuheben.
Edward McMillan-Scott (ALDE). – Herr Präsident! Ich habe gestern Abend dabei geholfen, eine Anhörung von Sachverständigen aus der Region zu organisieren und diese haben uns erzählt, dass sich die Zahl der von den Sicherheitskräften Getöteten in Bahrain bisher auf mindestens 23 Personen beläuft; in Syrien sind es 132; und im Jemen mindestens 63. Es stellt sich die Frage: Was kann die EU hier tun? Nun, unsere morgen zur Abstimmung gebrachte Entschließung hält einige Vorschläge bereit.
Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass das Europäische Parlament in den letzten Monaten Entschließungen zu Tunesien, Ägypten und Libyen verabschiedet hat. Meine Geschäftsstelle hat diese Entschließungen mit den Maßnahmen der Kommission, ihrem Konzept des Wandels, verglichen und ich finde das Ergebnis nicht sehr ermutigend. Solange die Kommission und der Rat uns nicht zuhören, verschwenden wir hier unseren Atem.
Ich werde die Analyse also, wie gesagt, auf meiner Webseite veröffentlichen. Ich gehe davon aus, dass der Vertrag von Lissabon dem Europäischen Parlament zusätzliche Kompetenzen verliehen hat. Wir müssen von den übrigen Akteuren in der Außenpolitik der Europäischen Union ernst genommen werden und insbesondere in Zeiten eines umfassenden Wandels in der arabischen Welt alle zusammen arbeiten.
Pino Arlacchi (S&D). – Herr Präsident! In Syrien, Bahrain und im Jemen sind drei Gewaltherrschaften am Werk, die von ihren eigenen Völkern in Frage gestellt werden und diese Völker verdienen unsere vorbehaltlose Unterstützung. Bisher sind die Maßnahmen der EU als Reaktion auf die Demokratisierungswelle in der Region verhalten gewesen und haben es an Stärke und Glaubwürdigkeit fehlen lassen. Wenn wir uns in diesen beiden Punkten verbessern wollen, sollten wir zunächst damit anfangen, die in der Vergangenheit von uns an den Tag gelegte Doppelmoral abzulegen.
Wir haben diese Autokratien auf verschiedene Arten unterstützt und wir Europäer haben ihnen zusammen mit Russland und den Vereinigten Staaten alle Arten von Rüstungsprodukten verkauft. Nun klagen wir angesichts der menschlichen Verluste, angesichts der unschuldigen Opfer durch die von uns stammenden Waffen, über die Folgen unseres Waffenhandels mit den Autokratien am Golf.
Wenn wir glaubwürdig erscheinen möchten, sollten wir alle Rüstungsverträge mit diesen Ländern und dem Golf-Kooperationsrat kündigen und die Einrichtung eines Waffenembargos für ganz Nordafrika und den Nahen Osten fordern. Die Einsparungen in den Militärbudgets werden als Dividende für Investitionen in einen Fonds für den demokratischen Übergang nutzbar sein.
María Muñiz De Urquiza (S&D). – (ES) Herr Präsident! Der historische und unumkehrbare demokratische Aufbruch in den arabischen Ländern ist weder mit dem immer noch instabilen Wandel in Ägypten und Tunesien, noch mit der ebenfalls historischen Unterstützung der internationalen Gemeinschaft für die Aktivierung des Verantwortungsprinzips zum Schutz der libyschen Bevölkerung abgeschlossen.
Der Wandel setzt sich nun in Syrien, im Jemen und in Bahrain fort, und die Europäische Union muss hier präsent sein; sie muss Schlüsse aus der Vergangenheit ziehen und die Führungsrolle bei der internationalen Reaktion übernehmen, und zwar durch weitreichende Maßnahmen, Kommissar Füle, wie die präzise Europäische Nachbarschaftspolitik, und durch konkrete bzw. Sofortmaßnahmen, damit die jeweiligen Völker dieser Länder ebenso wie die Bürgerinnen und Bürger Europas wissen, dass das Bekenntnis der Europäischen Union zu Freiheit, Würde, Demokratie und Menschenrechten weiterhin besteht.--
Die Behörden in Syrien, im Jemen und in Bahrain sollten sich vergegenwärtigen, dass der Einsatz staatlicher Gewalt gegen das Volk sofortige Auswirkungen hat; ferner müssen sie erkennen, dass oberflächliche Veränderungen ihrer autokratischen Regierungen nicht ausreichen. Sie müssen vielmehr einen sofortigen Dialog mit den Oppositionsbewegungen und der Zivilgesellschaft einleiten, politische Gefangene, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten umgehend auf freien Fuß setzen und den Ausnahmezustand sofort beenden.
Laima Liucija Andrikienė (PPE). – Herr Präsident! Wir sollten unsere Augen vor den in diesen drei Ländern begangenen eklatanten Menschenrechtsverletzungen nicht verschließen.
Die Situation in Syrien ist sehr ernst und dort steht am meisten auf dem Spiel. Die Zielscheiben in Syrien sind Lehrer, Aktivisten der Opposition, Journalisten und Blogger. Es gibt eine hohe Anzahl von Todesfällen, viele Verhaftete, ausländische Journalisten wurden aus dem Land gejagt, es wurde eine Informationssperre verhängt und es gibt überhaupt keine unabhängige Presse. Somit sollten wir Sanktionen gegen Syrien in Betracht ziehen.
Außerdem sollten wir politische Maßnahmen im Jemen und in Bahrain in Betracht ziehen. Was den Jemen angeht, gibt es ein bestehendes Abkommen über Rüstungsexporte; wir sollten eine Aufhebung dieses Abkommens in Betracht ziehen.
Wo wir schon dabei sind, über die Lage in diesen drei Ländern zu diskutieren: Wir sollten erstens eine Rechenschaftspflicht fordern; zweitens sollten Sondersitzungen im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf anberaumt werden ...
(Der Präsident unterbricht die Rednerin)
Rosario Crocetta (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe drei Jahre in Bahrain gelebt, und zwar von 1987 bis 1990. Damals galt es als eines der demokratischsten Ländern am Golf und diese Ansicht wurde sogar in den letzen Jahren weiterhin vertreten. So gesehen muss man bedenken, was in anderen Ländern geschieht, da Saudi-Arabien pro Jahr einige hundert Hinrichtungen durchführt, im Iran furchtbare Massaker stattfinden, in der gesamten Golfregion Morde an der Tagesordnung sind und der Presse sämtliche Rechte vorenthalten werden.
Heute haben wir der Entschließung zu Syrien, Jemen und Bahrain zugestimmt, aber wann werden wir eine Entschließung zu Saudi-Arabien, Algerien, China und den anderen Ländern der Erde, wo Menschenrechtsverletzungen begangen werden, ausarbeiten? Das Problem ist, dass ich hier im Westen etwas Merkwürdiges feststelle, einerseits ...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Marielle De Sarnez (ALDE). – (FR) Herr Präsident! Welche Rolle muss Europa in Ländern übernehmen, deren Regimes von ihren jeweiligen Völkern in Frage gestellt werden, aber deren Führer ihre Ohren gegenüber den wiederholten Forderungen nach Demokratie, echten Strukturreformen und einer gerechteren Entwicklung verschließen? Das ist die Frage, die sich uns stellt.
Was mich betrifft, habe ich eine erste Antwort. Eine dringliche Antwort. Die Union muss ihre Muskeln spielen lassen, indem sie sich des gesamten, ihr zur Verfügung stehenden Instrumentariums an Sanktionen bedient, um der Unterdrückung ein Ende zu bereiten und die sofortige Freilassung politischer Gefangener und Journalisten zu erwirken. Sie muss die Einrichtung einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung der begangenen Taten unterstützen und eine Sondersitzung des Menschenrechtsrats fordern.
Mittelfristig müssen wir meiner Ansicht nach unsere Beziehungen mit diesen Ländern noch einmal gründlich auf den Prüfstand stellen. Die Europäische Union muss ab sofort zeigen, dass sie unumstößlich auf Seiten der öffentlichen Meinung, auf Seiten des Volkes und nicht auf Seiten der Regierenden steht.
Dazu muss die Union in einen dauerhaften Dialog mit sämtlichen Kräften der Zivilgesellschaft, mit allen Befürwortern von Demokratie, sowie den Führern der Oppositionsbewegungen treten und an diesem festhalten. Dies ist somit ein tiefgreifender Wechsel ...
(Der Präsident unterbricht die Rednerin)
Heidi Hautala (Verts/ALE). – Herr Präsident! Nach allem, was wir gehört haben, ist es dem Parlament jetzt sehr ernst damit, die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in diesen drei Ländern in Angriff zu nehmen: Bahrain, Jemen und Syrien. Der Europäische Auswärtige Dienst und die Kommission müssen eine Lösung anbieten, wie wir zeigen können, dass wir nicht länger auf Basis einer Doppelmoral arbeiten.
Uns wurden sehr viele konkrete Maßnahmen vorgestellt. Wir benötigen Informationen, wie die Arbeit im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vorangeht. Zeigt die Europäische Union Einigkeit in der Forderung nach Sondersitzungen zu Syrien, Bahrain und Jemen?
Es wurde gesagt, dass es nunmehr an der Zeit ist, den Waffenexport in diese Länder einzustellen.
Uns bleibt keine Zeit mehr, zu warten, also bitte, was werden der Europäische Auswärtige Dienst und die Kommission jetzt in diesen Angelegenheiten unternehmen?
Charles Tannock (ECR). – Herr Präsident! In Syrien haben Sicherheitskräfte brutal und mit tödlicher Gewalt auf die Demonstrationen aufgrund berechtigter Beschwerden reagiert. Präsident Assads Kriegslust und seine Rhetorik gegenüber unserem Verbündeten Israel, seine Unterstützung für Terroristen wie die Hisbollah, und seine Freundschaft mit dem Iran weisen ihn meiner Ansicht nach vollständig als einen gefährlichen Autokraten aus.
Im Gegensatz dazu ist Bahrain eine relativ moderne und fortschrittliche konstitutionelle Monarchie. Leider schüren vom Iran ideologisch beeinflusste und unterstützte schiitische Extremisten weiterhin sektiererische Spannungen und verbreiten Propaganda gegen die Regierung und den König. Der König hat sich zwar geduldig bemüht, den Sorgen der Demonstranten Gehör zu schenken und in einen Dialog zu treten, aber natürlich sind hier alle Todesfälle unbewaffneter Demonstranten zu verurteilen.
Schließlich hat es den Anschein, dass Präsident Saleh im Jemen durch seinen Einsatz unangemessener Gewalt seine wichtigsten Befürworter, einschließlich der Vereinigten Staaten, gegen sich aufgebracht hat, auch trotz seines langjährigen entschlossenen Handelns zur Ausmerzung von Al-Qaida-Terroristen. Ihm jetzt die Unterstützung der EU zu entziehen, ohne zu wissen, was danach kommt, ist ein risikoreiches strategisches Unterfangen.
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Andrew Henry William Brons (NI). – Herr Präsident! Wir könnten uns fragen, was geboten ist, um hinsichtlich der politischen Sackgasse und dem Leiden der Menschen in diesen Ländern Abhilfe zu schaffen, aber dies setzt drei Prämissen voraus. Erstens, dass es in unserer Macht liegt, etwas zu tun; zweitens, das es uns obliegt, etwas zu tun; und drittens, dass die aktuelle Situation keineswegs auf unser Eingreifen zurückzuführen ist.
Jetzt gerade händigt die jämmerliche britische Regierung Entlassungsschreiben an — oft im aktiven Dienst befindliche — britische Militärangehörige aus. Es wäre absurd, davon auszugehen, dass man die restlichen Soldaten entsprechend einsetzt, um an zukünftigen Abenteuern teilzunehmen.
Staaten treffen mit ihren Truppen eine feierliche, aber gewöhnlich nicht schriftliche Vereinbarung, sie nur in den Kampf zu schicken und ihr Leben aufs Spiel zu setzen, wenn die wesentlichen Interessen der Nation oder der Bürger auf dem Spiel stehen. Wir haben kein wesentliches Interesse an diesen Staaten. Weiterhin sprechen alle Fakten dafür, dass die mit den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten in Zusammenhang gebrachten externen Kräfte ein persönliches Interesse daran haben, Syrien zu destabilisieren. Ich habe keinen Auftrag für das Baath-Regime ...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Paul Rübig (PPE). - Herr Präsident! Ich glaube, dass in diesen Ländern viele junge Menschen leben, die Sehnsucht nach Demokratie, Modernisierung und Freiheit haben. Das sollte man berücksichtigen. Wir sollten schauen, dass wir in diesen Ländern Freunde gewinnen und nicht Pauschalurteile fällen, sondern individuell jene markieren, die sich nicht an die Regeln einer modernen Gesellschaft halten. Deshalb sollten wir uns bemühen, Austauschprogramme für kleine und mittlere Betriebe, für Lehrer, Professoren, Journalisten zu organisieren. Es ist auch unsere Aufgabe, in diesen Ländern Freunde zu suchen. Ich hoffe, dass bald Aktionen in dieser Art und Weise erfolgen werden.
Diane Dodds (NI). – Herr Präsident, Herr Minister! Wie viele heute hier in diesem Parlament teile ich das Entsetzen über die Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, deren Zeuge wir in der gesamten Region geworden sind. Ich könnte diese Gelegenheit jedoch nicht verstreichen lassen, ohne — insbesondere Ihnen, Herr Minister — zu sagen, dass Ihre heutige Erklärung im Namen der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sehr treffend, und vielleicht besser als jeder andere von uns dies hier tun könnte, die Sinnlosigkeit dieses Amtes und der Millionen von Euro, die wir dafür ausgegeben haben, demonstriert.
Sie haben ganz Recht mit Ihrer Botschaft heute: Ablehnung von Gewalt, Förderung eines Dialogs, Reformen in den betroffenen Ländern von innen heraus. Aber offen gesagt ist das in Anbetracht der Lage klar wie Kloßbrühe. Wir benötigen weitaus mehr als hin und wieder einen Telefonanruf und eine Erklärung mit Forderungen nach diesem oder jenem; und ich denke, dass die Menschen im Nahen Osten ...
(Der Präsident unterbricht die Rednerin)
Zsolt Németh, im Namen der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik. – (HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Beiträge. (Die Rede wird auf Englisch fortgesetzt.)
Herr Präsident, erlauben Sie mir zunächst, einige Fragen konkret in Bezug auf Bahrain zu beantworten.
Die Frage der iranischen Einmischung in die inneren Angelegenheiten Bahrains ist angesprochen worden. Bisher gibt es keine handfesten Beweise dafür, dass der Iran in Bahrain durch Heraufbeschwören einer Radikalisierung seine Finger im Spiel gehabt hat. Sicherlich stellt dies ein Risiko dar und liefert einen weiteren guten Grund, so schnell wie möglich einen nationalen Dialog in Bahrain anzustoßen, um diese Alternative zu verhindern.
Was die saudische Invasion in Bahrain angeht, möchte ich vor allem darauf hinweisen, dass die sechs Staaten des Golf-Kooperationsrats ein gemeinsames Sicherheitsabkommen untereinander haben. Die Präsenz saudischer und anderer Golf-Streitkräfte in Bahrain wurde im Rahmen dieses Abkommens angefordert und wurde durch mehr als einen GCC-Mitgliedstaat sichergestellt. Hier handelt es sich nicht bloß um eine legalistische Betrachtung. Wir müssen die regionale Dimension im Rahmen unserer Bewertung der Entwicklungen in dieser Region sehr ernst nehmen.
Was den Jemen angeht, möchte ich auf die Aufhebung bestimmter Hilfen für den Jemen durch die Europäische Union hinweisen: beispielsweise die Hilfe für zivile Terrorismusbekämpfung. Unserer Ansicht nach bedarf es hier eines differenzierten Ansatzes.-
Zur Beantwortung weiterer aufgeworfener Fragen möchte ich jetzt ins Ungarische wechseln.
(HU) Herr Salafranca hat die Frage gestellt, was der Übergang für Auswirkungen haben wird. In dieser Hinsicht möchte ich betonen, dass wir den Ausgang des arabischen Frühlings nicht kennen. Keiner kennt ihn, und vor einigen Monaten haben wir noch nicht einmal geahnt, dass ein derartiger Dominoeffekt in Gang gesetzt werden könnte. Meiner Ansicht nach ist das endgültige Ergebnis des arabischen Frühlings aber bisher nicht in Stein gemeißelt. Daher wird es, denke ich, zu einem sehr großen Teil von uns abhängen. Ich möchte Herrn Salafranca dies entgegnen: Das endgültige Ergebnis dieses arabischen Frühlings wird auch in besonderem Maße von uns abhängen.
Ich halte die hier vorgebrachten Vorschläge für sehr nützlich und bin mir sicher, dass sowohl die anwesenden Vertreter der Kommission, als auch die Vertreter des Rats und des Auswärtigen Dienstes alle geäußerten Vorschläge dankbar begrüßt haben. Wir sind gerade dabei, unsere Nachbarschaftspolitik zu überarbeiten und alle hier unterbreiteten Vorschläge werden in die Überarbeitung dieser Politik einbezogen werden. Somit halte ich es für einen sehr glücklichen Umstand, dass der ursprünglich in einigen Wochen geplante Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Budapest nicht stattfinden wird, denn so werden wir Zeit haben, die jetzt unterbreiteten Vorschläge in die Überarbeitung der Nachbarschaftspolitik einfließen zu lassen.
Ich halte es für sehr wichtig, diese Nachbarschaftspolitik zu vereinheitlichen. Die Nachbarschaftspolitik muss die östliche ebenso wie die südliche Dimension abdecken. Und nur, wenn wir in der Lage sind, in der Europäischen Union eine einheitliche, kohärente und gut durchdachte Nachbarschaftspolitik zu gestalten, können wir in den Augen unserer südlichen Nachbarn, die all unsere Aussagen aufmerksam verfolgen, glaubhaft dastehen. Die hier im Zusammenhang mit der Nachbarschaftspolitik eingebrachten Vorschläge — wie beispielsweise von den letzten Rednern hier, Frau Dodds und Herrn Rübig — zielten auf den zivilen Kontext ab. Die vorrangige Betrachtung des zivilen Kontextes, des Verhältnisses zum Bürger und insbesondere zu jungen Leuten deckt sich mit unseren Vorstellungen zur Nachbarschaftspolitik.
Die Aufbringung völlig neuer Kapitalmittel und gegebenenfalls in einer ganz neuen Größenordnung muss ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil dieser Überprüfung sein. Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass jeder einzelne Gesichtspunkt eine individuelle Herangehensweise erfordert. In manchen Ländern ist die Verhängung von Sanktionen oder Waffenembargos, oder in bestimmten Fällen ein militärisches Eingreifen, bereits unvermeidbar gewesen. Libyen ist ja bekanntlich nicht das einzige Land in unserer südlichen Nachbarschaft, wo eine Militärintervention stattfindet; seit einigen Tagen trifft das auch auf die Côte d’Ivoire zu. Das wird ein weiteres Thema heute Abend sein, über welches wir noch zu sprechen haben werden.
Meiner Ansicht nach dürfen die Länder, in denen ein militärisches Eingreifen aufgrund eines Bürgerkriegs unvermeidbar gewesen ist, nicht mit den Ländern in einen Topf geworfen werden, über die wir jetzt reden, auch wenn diese repressiven Länder, diese autoritären, repressiven Länder ebenfalls mit dem Gedanken an den Einsatz von Gewalt spielen. Die Hohe Vertreterin hat diesen Ländern allerdings, wie ich meine, eine sehr unmissverständliche Botschaft hinsichtlich deren Einstellung zur Gewalt übermittelt. Zudem dürften die derzeit in Libyen und Côte d'Ivoire durchgeführten Militäraktionen selbst von diesen drei Ländern als ein starkes Signal gewertet werden. In den vergangenen Wochen haben die europäische und internationale Gemeinschaft erfolgreich eine sehr klare Haltung formuliert.
Das „Recht zu schützen‟ und die „Verantwortung zu schützen‟ stellen neue, von der internationalen Gemeinschaft kürzlich zur Anwendung gebrachte Prinzipien dar und gelten auch sicherlich als ein Warnsignal für den Jemen, Bahrain und alle Staaten, für jedes autoritäre Regime in der Region. Das aktuelle militärische Eingreifen ist weniger mit dem Irak als vielmehr mit Ruanda oder dem Kosovo vergleichbar, wo die internationale Gemeinschaft eingreifen musste, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Meiner Ansicht nach gibt die internationale Gemeinschaft den Ländern, die Gewalt gegen ihr eigenes Volk einsetzen, diese Botschaft jetzt ganz klar zu verstehen.
Meine Damen und Herren, ehrenwertes Parlament, ich möchte nur noch kurz auf einige weitere konkrete Vorschläge eingehen. Ich werde Ihren überaus einstimmigen Gesamtvorschlag, eine Sondersitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen einzuberufen, an die Hohe Vertreterin weiterleiten. Dieser Vorschlag ist definitiv ein wesentlicher Punkt in dieser Aussprache gewesen und sollte in Betracht gezogen werden. Des Weiteren werde ich der Hohen Vertreterin die hier zum Ausdruck gekommene, ebenso klare und übereinstimmende Ansicht zu den Rüstungsexporten übermitteln. Meiner Ansicht nach müssen wir imstande sein, im Zusammenhang mit dieser Gruppe aus drei Ländern zu einem angemessenen Gleichgewicht zwischen Zusammenarbeit und Sanktionen zu finden.
Es bedarf sicherlich eines besonderen Fingerspitzengefühls, wenn es nicht zur Anwendung von Sanktionen und einer Militärintervention, sondern zu einer Zusammenarbeit und gegebenenfalls bestimmten Sanktionen in Bezug auf eine Ländergruppe kommt. Ferner halte ich die Aussage von Frau Oomen-Ruijten, dass sich die Europäische Union bei der Gestaltung ihrer Politik in Bezug auf die Region auch sehr stark auf die Türkei verlassen muss, für wichtig. Vielen Dank für die Debatten und vielen Dank für die Kommentare, Beiträge und Fragen.
Der Präsident. – Mir liegen sechs Entschließungsanträge(1) gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung vor.
Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung wird morgen Mittag stattfinden.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Dominique Baudis (PPE), schriftlich. – (FR) Die Entschließung zur Lage in Syrien, Bahrain und im Jemen verurteilt zu Recht die brutale und mörderische Unterdrückung, deren Opfer die Demonstranten in Syrien, im Jemen und in Bahrain sind. Die Führer dieser drei Länder geben Befehle, auf ihr eigenes, in legitimer Weise politische Freiheit, menschliche Würde und soziale Gerechtigkeit forderndes Volk zu schießen. Das Europäische Parlament drückt durch diese Entschließung sehr deutlich seine Solidarität mit den syrischen, bahrainischen und jemenitischen Bürgerinnen und Bürgern aus, die — konfrontiert mit Regierungskräften, welche das Feuer gegenüber unbewaffneten Zivilisten eröffnen — mit dem Eintreten für ihre Bestrebungen großen Mut unter Beweis stellen.
Franz Obermayr (NI), schriftlich. – Syrien, Bahrain und Jemen. Diese 3 Länder haben neben dem Islam eines gemeinsam: Sie werden autoritär regiert. Ob König, Präsident oder der Assad-Clan. Sie repräsentieren zweifellos - zwar westlich ausgerichtet - undemokratische Systeme. Das Aufflackern revolutionärer Tendenzen wie in Ägypten oder Tunesien wird im Keim erstickt, Demokratie und Menschenrechte missachtet. Im Jemen etwa werden bis heute 37 % der minderjährigen Mädchen zwangsverheiratet. Damit befindet sich der Jemen weltweit auf Platz 2, nur übertroffen von Somalia. Die Regierungen jener drei Länder müssen beweisen, dass sie für, und nicht gegen ihr Volk arbeiten. Die EU hat Jahrzehnte lang Länder gestützt und hofiert, solang es um wirtschaftliche und geopolitische Vorteile ging. Die EU sollte sich in diesen Ländern verstärkt für Demokratie und Menschenrechte, sowie gegen eine Radikal-Islamisierung einsetzen.
Kristiina Ojuland (ALDE), schriftlich. – Obwohl es ratsam wäre, sich dringend mit der Lage in Syrien, Bahrain und im Jemen zu befassen, möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die bestürzende Situation im Libanon lenken, wo sieben EU-Bürger aus Estland gefangen gehalten werden. Ich möchte Baroness Ashton für ihre sofortige Antwort und die Zusicherung vor zwei Wochen danken, die Angelegenheit werde in der EU auf höchster Ebene behandelt. Wir haben jetzt Informationen erhalten, nach denen die sich als Mitglieder der „Renaissance- und Reformbewegung‟ ausgebenden Entführer eine undurchsichtige Lösegeldforderung gestellt haben, laut derer sie ihre weiteren Forderungen später bekannt geben werden. Es heißt, die sieben estnischen Bürger seien am Leben. Ich bitte Baroness Ashton inständig, sich als Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik in die Lösung dieser Geiselkrise einzuschalten. Die Leben europäischer Bürger stehen auf dem Spiel und dies erfordert dringend ein sofortiges Handeln des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Dies ist eine Gelegenheit für Baroness Ashton, zu zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt ist.