Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Erklärung zum Ausbruch von Infektionen mit dem EHEC-Erreger in EU-Mitgliedstaaten.
John Dalli, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Ich möchte Ihnen allen für diese Gelegenheit danken, Sie über die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Infektionen mit E. coli zu informieren.
Ich bin sehr besorgt über die hohe Zahl der Todes- und Krankheitsfälle, die diese lebensmittelbedingte Epidemie in der europäischen Bevölkerung verursacht hat und möchte bei dieser Gelegenheit nochmals allen Betroffenen mein Beileid aussprechen.
Ich muss Ihnen in diesem Zusammenhang mitteilen, dass die Situation noch andauert. Es gibt nun über 1 672 Fälle einer Infektion mit Shiga-Toxin produzierenden E. coli, und bei mindestens 661 Personen sind ernste Komplikationen aufgetreten. Neuesten Informationen zufolge ist dieser Ausbruch für 21 Todesfälle in Deutschland und 1 Todesfall in Schweden verantwortlich. Aus 11 weiteren Mitgliedstaaten wird ein vereinzeltes Auftreten gemeldet. Die Schweiz hat ebenfalls 15 Fälle gemeldet, und die Vereinigten Staaten 4. Das Epizentrum der Krankheit ist noch immer die Gegend um Hamburg in Norddeutschland. Bei den meisten der außerhalb Deutschlands gemeldeten Fälle handelt es sich entweder um deutsche Staatsangehörige, die sich auf Reisen befinden, oder um Personen, die diesen Teil von Deutschland besucht haben. Was also tut die Europäische Kommission, um den Ausbruch in den Griff zu bekommen?
Zunächst einmal haben wir sofort all unsere für das Krisenmanagement zuständigen Netzwerke aktiviert. Diese Netzwerke stehen in täglichem Kontakt und ermöglichen den rechtzeitigen Austausch von Informationen, somit schaffen sie die Basis für schnelles Handeln. Die Kommission hält beinahe täglich Sitzungen mit Ihren für öffentliche Gesundheit und Nahrungsmittelsicherheit zuständigen Behörden ab, um die Entwicklung des Ausbruchs, die ergriffenen gesundheitlichen Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen und die Behandlung der Betroffenen zu besprechen. Das Frühwarn- und Reaktionssystem sowie das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel haben eine solide Basis für den Austausch von Informationen geschaffen.
Zum Zweiten haben wir das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) gebeten, eine wissenschaftliche Risikoeinschätzung vorzunehmen, die im Laufe der Ereignisse regelmäßig aktualisiert wird. Wir haben nun eine EU-Falldefinition, mit deren Hilfe die Mitgliedstaaten einen gemeinsamen Ansatz bei der Erforschung des Ausbruchs verfolgen können. Patientenfragebögen zur Erforschung des Ausbruchs werden vom ECDC eingesammelt und verglichen. Das EDCD hat darüber hinaus zusammen mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit an die Öffentlichkeit gerichtete Empfehlungen zu Präventivmaßnahmen entwickelt. Diese Ratschläge stehen nun in allen offiziellen Sprachen auf der Website der Kommission zur Verfügung.
Wir haben das ECDC gebeten, dringend eine Plattform für den Austausch empfehlenswerter Therapieverfahren einzurichten, in die sowohl die Mitgliedstaaten als auch Fachgesellschaften eingebunden sind. Unser für Nahrungsmittelsicherheit zuständiges EU-Referenzlabor in Rom hat in Rekordzeit eine Methode entwickelt, die den für den Nachweis des Bakteriums E. coli auf Nahrungsmitteln benötigten Zeitraum von etwa sechs Tagen auf 48 Stunden verringert.
Lassen Sie mich abschließend noch die enorme Bedeutung der öffentlichen Wahrnehmung betonen. In diesem Zusammenhang erstellt die Kommission täglich aktualisierte Meldungen, die an das Netzwerk der Kommunikationsmitarbeiter des Gesundheitssicherheitsausschusses und die für Lebensmittelsicherheit zuständigen Behörden weitergeleitet werden. Darüber hinaus hält die die Kommission ihre Website, die sich mit dieser Epidemie befasst, auf dem neuesten Stand.
Ich möchte die Abgeordneten des Europäischen Parlaments dringen bitten, diese wissenschaftsbasierten Mitteilungen an die Öffentlichkeit zu unterstützen, um unnötige Ängste abzubauen und um unsere gemeinsamen Anstrengungen zu verstärken. Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission gemeinsam mit diesen Organen alles tut, um die für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständigen nationalen Ministerien dabei zu unterstützen, diesen Ausbruch einzudämmen.
Zu diesem Zweck müssen wir die Erforschung der Kontaminationsquelle intensiv weiterbetreiben; dies wird in diesem Moment getan. Während des gestrigen Treffens des Rates „Gesundheit” habe ich Deutschland gebeten, die Maßnahmen zur Überwachung und Bekämpfung des Ausbruchs zu intensivieren und seine Bemühungen zu verstärken, damit die Quelle identifiziert und die Ausbreitung der Infektion gestoppt wird. Ich habe auch darum gebeten, dass man die Ursachen der Keimbelastung zügig beseitigt. Die deutschen Behörden haben dem Vorschlag der Kommission zugestimmt, auf die Epidemiologie lebensmittelbedingter Erkrankungen spezialisierte Fachleute der Kommission, des ECDC und der EFSA nach Deutschland zu entsenden.
Am Sonntag, dem 5. Juni begannen die Experten mit ihrer Mission, die deutschen Behörden bei den laufenden epidemiologischen Untersuchungen zu unterstützen, die Ergebnisse zu überprüfen und bei der weiteren Suche nach der Quelle zu helfen. Wie wir alle wissen, wurde der ursprünglich von den deutschen Behörden geäußerte Verdacht, dass Gurken aus Spanien die Ursache seien, bisher von keinem der vorliegenden Testergebnisse bestätigt.
Am Sonntag, dem 5. Juni, setzten die deutschen Behörden die Europäische Kommission davon in Kenntnis, dass sie auf der Basis der epidemiologischen Untersuchungen der Ansicht seien, dass möglicherweise Sojasprossen die Ursache für den Ausbruch der E. coli-Infektion sind, die vor allem den nördlichen Teil Deutschlands betrifft. Die Information wurde über das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel sofort an alle Mitgliedstaaten weitergeleitet.
Die Kommission beobachtet alle neuen Entwicklungen sehr genau, und sobald die Labortests einen der epidemiologischen Befunde bestätigen, wird sie sofort entscheiden, was zu tun ist. Gegenwärtig liegen uns keine Ergebnisse vor.
Ich sollte an dieser Stelle betonen, dass es von äußerster Wichtigkeit ist, dass die nationalen Behörden nicht vorschnell Informationen über eine Infektionsquelle herausgeben, die nicht durch bakteriologische Analysen bewiesen sind, da dies in der Bevölkerung ganz Europas ungerechtfertigte Ängste schüren und unseren Lebensmittelherstellern, die ihre Produkte innerhalb und außerhalb der EU verkaufen, Probleme bereiten würde.
Solange die intensiven Nachforschungen noch andauern, müssen wir darauf achten, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die jüngsten Informationen aus Deutschland eingehen, denen zufolge möglicherweise Sprossen die Kontaminationsquelle sind; in ihnen wird darauf hingewiesen, dass die Labortests noch nicht abgeschlossen sind und dass daher niemand voreilige Schlüsse ziehen sollte.
Dies macht deutlich, dass es wichtig ist, dass die Mitgliedstaaten fundierte und wissenschaftsbasierte Warnmeldungen in das RASFF integrieren und selbiges auslösen sollten, sobald sie sich sicher sind, dass die wissenschaftlichen Beweise die Warnmeldung rechtfertigen.
Man muss schnell und entschlossen handeln, um den Binnenmarkt zu schützen. Wenn uns das gelingt, dann können wir die Lehren aus dieser Krise ziehen und unsere Systeme beständig weiter verbessern. Ich habe immer wieder gesagt: Unser System funktioniert. Wir müssen kontinuierlich aus unseren Erfahrungen lernen. Ich denke, das ist unsere Verantwortung: flexibel und schnell sein, wenn es darum geht, unsere Prozesse und Abläufe anzupassen, um auf derartige Ereignisse zu reagieren.
Koordinierung und klar definierte Informations- und Kommunikationswege sind weiterhin das Herzstück unserer Fähigkeit zu effizientem Handeln in solchen Situationen. Auf diesem Gebiet haben wir noch einiges zu lernen.
Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch kurz zwei weitere Punkte ansprechen. Der erste betrifft Äußerungen über Einfuhrverbote für bestimmte Produkte. Ich möchte noch einmal betonen, dass der Ausbruch geografisch gesehen auf ein Gebiet rund um die Stadt Hamburg begrenzt ist, es gibt also zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Anlass, auf europäischer Ebene derartige Maßnahmen zu ergreifen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Schritte, die zum Ausfindigmachen der Quelle unternommen werden, sind wir der Ansicht, dass jegliche Einfuhrverbote für irgendwelche Produkte überzogen sind.
Und schließlich bin ich mir auch sehr genau der finanziellen Folgen bewusst, die diese Krise für die Landwirte und insbesondere für die Gemüseerzeuger hat. Aus diesem Grund arbeite ich eng mit meinem Kollegen, Kommissar Cioloş, zusammen, um die Härten abzumildern, mit denen diese somit ebenfalls von dem Ausbruch betroffene Gruppe unserer Bürgerinnen und Bürger konfrontiert ist. Schließlich halten auch die Agrarminister heute eine außerordentliche Ratssitzung zum richtigen Umgang mit E. coli ab. Nach den Gesprächen mit Ihnen werde ich mich zurück auf den Weg nach Brüssel machen, um auf dieser außerordentlichen Sitzung des Rates der Agrarminister mit meinem Kollegen, Kommissar Cioloş, zusammenzutreffen.
Darüber hinaus stehen wir im ständigen Kontakt mit Drittländern, insbesondere mit Russland, um bei diesen eine Aufhebung ihrer Einfuhrverbote zu erreichen, die wir für überzogen halten. Die Kommission arbeitet Hand in Hand mit den Mitgliedstaaten auf ein gemeinsames Ziel hin: Diesem Ausbruch so schnell wie möglich ein Ende zu setzen. Ich bestehe allen Beteiligten gegenüber darauf, dass wir es in solchen Situationen nicht mit einem lokalen, sondern mit einem europäischen Problem zu tun haben.
(Beifall)
Peter Liese, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich bei Kommissar Dalli, dass er zunächst den Blick auf die Patienten gerichtet hat. Das möchte ich auch tun. Es sind Hunderte von Menschen schwer krank. Das medizinische Personal im Norden Deutschlands kämpft wirklich am Limit. 22 Menschen sind schon gestorben. Im Rat hat gestern ein Vertreter eines anderen Mitgliedstaates, Luxemburg, gesagt, ökonomische Schäden sind wieder gutzumachen, Menschenleben nicht. Deswegen möchte ich zunächst einmal um Verständnis dafür werben, dass man warnt, auch wenn man keine hundertprozentige Gewissheit hat, wo die Quelle liegt, und nur einen Verdacht hat, dass man diese Informationen dann auch öffentlich macht.
Trotzdem müssen wir natürlich die Quelle finden. Ich sehe, dass viele Mitarbeiter in den Behörden auch mit Unterstützung der EFSA – vielen Dank an die Europäischen Institutionen, an Kommissar Dalli, dass auch die Europäische Union bei der Aufklärung hilft –, wirklich fieberhaft daran arbeiten. Trotzdem kann auch ich mich als deutscher Abgeordneter nicht hier hinstellen und sagen, dass alles gut läuft. Es gab im Krisenmanagement einige Probleme.
Beispielsweise hat die Gesundheitssenatorin von Hamburg die Öffentlichkeit informiert. Das war richtig, auch wenn bei den spanischen Gurken keine hundertprozentige Gewissheit bestand. Auf den spanischen Gurken war der EHEC-Erreger und der gehört da nicht hin. Das müssen auch die spanischen Kollegen wissen. Aber man hat zunächst die Öffentlichkeit informiert und erst sehr viel später, Stunden später, einen halben Tag später die Europäische Kommission und die spanischen Behörden. Das war nicht in Ordnung. Da müssen wir in Deutschland auch intern überlegen, wie wir das besser hinkriegen. Aber gemeinsam sollten wir uns wirklich darauf konzentrieren, dass der Feind nicht in Spanien oder in Deutschland sitzt, sondern das Problem der Erreger ist, den wir dingfest machen und bekämpfen müssen.
Ein letzter Satz. Wir haben in der letzten Plenarsitzung zum Thema Antibiotikaresistenz eine Entschließung angenommen. Auch wenn dieser Erreger nicht vorrangig mit Antibiotika behandelt werden sollte, haben wir das Problem, dass er gegenüber vielen üblichen Antibiotika resistent ist. Dieses Thema ist ein langfristiges Thema, das wir jetzt noch schneller angehen müssen. Denn es kann beim nächsten Mal sein, dass der Erreger mit Antibiotika behandelt werden muss, aber weil er resistent ist, nicht behandelt werden kann. Daran müssen wir arbeiten.
Linda McAvan, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar! Sie haben zu Recht angemerkt, dass es sich hier um ein Problem für die öffentliche Gesundheit handelt, und dazu um ein sehr ernstes, und unsere Aufmerksamkeit sollte nun der Fürsorge für die Kranken und der Suche nach der Quelle gelten, aber wir müssen auch langfristig denken und herausfinden, wie wir verhindern können, dass so etwas noch einmal passiert.
Vor einigen Wochen traf ich mit einer Vertreterin der US-amerikanischen Food and Drug Administration zusammen. Sie berichtete mir über die Probleme, die E. coli in den Vereinigten Saaten bei Obst und Gemüse verursacht, und wir haben darüber gesprochen, dass dies in der Europäischen Union normalerweise nicht der Fall war. Nun haben wir diesen Ausbruch, wir müssen uns selbst also einige Fragen stellen. Liegt es an unseren Anbaumethoden, wie Peter Liese gerade erwähnt hat? Liegt es an der Intensivlandwirtschaft, daran, dass Obst und Gemüse in Treibhäusern gezogen wird? Liegt es am übermäßigen Einsatz von Antibiotika bei der Viehhaltung? Liegt es am Ausbringen des Dungs? Hätte eine genauere Kennzeichnung der Lebensmittel uns geholfen, die Quelle der Kontamination schneller ausfindig zu machen? Ich stelle fest, dass der Rat heute nicht hier ist, aber der Rat stellt sich gegen eine deutliche Angabe des Ursprungslandes auf unseren Nahrungsmitteln. Ich hoffe, er wird dieser Aussprache in Zukunft beiwohnen.-
Daher, Herr Kommissar, müssen wir längerfristig gründliche Nachforschungen anstellen, und wir müssen unsere Lehren ziehen und diese in unsere Politik einfließen lassen. Allzu oft bekommen wir von dieser Kommission und von vielen Abgeordneten dieses Hauses das Argument der Überregulierung zu hören, aber wie auch im Falle der Banken beginne ich mich zu fragen, ob wir nicht dazu neigen, die Interessen des Marktes und der Zulieferketten über das Schutzinteresse der Öffentlichkeit und der Verbraucher zu stellen. Nach dem Motto „Business as usual” zu verfahren, wird nicht ausreichen. Es ist nicht normal, dass Menschen in Europa einen Salat essen gehen und deswegen sterben, und um dagegen etwas zu tun, brauchen wir einen Politikwechsel.
Corinne Lepage, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Danke, dass Sie zuerst von den Opfern und von den Menschen gesprochen haben, die krank geworden sind. Natürlich muss unsere Besorgnis zuerst ihnen gelten, und dann auch den Landwirten, die sich in einer sehr schwierigen Lage befinden, für die wir völliges Verständnis haben.
Ich möchte auf drei Punkte eingehen. Erstens, wir wahren das Vorsorgeprinzip. Es wurde im vorliegenden Fall angewendet, da können wir uns also nicht beschweren, und mit den Folgen muss man sich natürlich auseinandersetzen. Wie Herr Liese gerade betont hat, sind Menschenleben eindeutig wichtiger als wirtschaftliche Belange, um die man sich auch später noch kümmern kann. Der Tod ist leider endgültig.
Zweitens stimme ich völlig mit dem überein, was Frau McAvan gerade über die Wichtigkeit der Rückverfolgbarkeit gesagt hat. Wir reden heute über Kennzeichnungen. Es ist absolut unerlässlich, dass wir eine umfassende Kennzeichnung bekommen und dass wir Produkte zurückverfolgen können, um zu wissen, woher sie stammen.
Drittens, und das ist der absolut entscheidende Punkt und die Wurzel des Problems, müssen wir uns eingestehen, dass wir nicht alles wissen, dass unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse lückenhaft sind und dass wir manchmal sogar tatsächlich völlig im Dunklen tappen. Wir können nicht alles wissen. Es geht nicht, dass wir denjenigen, die Entscheidungen getroffen haben, Vorhaltungen machen und gleichzeitig der Ansicht sind, dass wir zuwarten sollten. In diesem Fall muss das Vorsorgeprinzip Vorrang haben.
James Nicholson, im Namen ECR-Fraktion. – Herr Präsident! Zuerst möchte auch ich allen Betroffenen mein Mitgefühl aussprechen. Was diejenigen angeht, die tragischer Weise ihr Leben verloren haben: Wir können ihren Tod nicht ungeschehen machen. Wir können wahrscheinlich die zugrundeliegenden Ursachen langfristig beheben, aber dies zeigt, wie falsch es ist, in einem sehr frühen Stadium voreilige Schlüsse zu ziehen. Ich kann den Ärger – wenn es ihn gibt, wovon ich allerdings ausgehe – vonseiten Spaniens und vonseiten derer, die geschäftliche Verluste erlitten haben, verstehen. Wahrscheinlich können wir etwas tun, um hier Entschädigung zu leisten, aber leider kann man niemandem sein Leben zurückgeben.
Wir müssen aus dieser Angelegenheit lernen und sicherstellen, dass wir in Zukunft eine solide Reaktionsbasis haben, wie der Kommissar bereits gesagt hat. Wir müssen so schnell wie möglich einen Weg finden, um die gegenwärtige Situation zu beheben, und langfristig müssen wir im Hinblick auf derartige Situationen unsere Reaktionsmechanismen verbessern.
Im Nachhinein, denke ich, ist es immer sehr leicht, darüber zu reden, was hätte getan werden können oder was hätte getan werden sollen oder was wir nicht getan haben, aber jetzt, da wir klüger sind, könnten wir Mechanismen schaffen, um dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert. Der Kommissar hat Recht. Wir müssen hieraus unsere Lehren ziehen. Man muss immer aus seinen Fehlern lernen. Wenn Fehler gemacht worden sind, so lassen Sie uns diese korrigieren und dafür sorgen, dass dies nie wieder vorkommt.
Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Herr Kommissar, Sie haben es richtig gesagt: Es sind zu viele Tote und zu viele Kranke, die wir durch diesen EHEC-Keim zu beklagen haben, und ich finde, dass die Situation, in die wir geraten sind, auch zeigt, dass weder Deutschland noch die Europäische Union vorbereitet sind auf eine EHEC-Ausbreitung, wie wir sie jetzt erleben.
Der schlichte Vergleich mit einigen anderen Ländern macht deutlich, dass wir besser sein könnten. Ich möchte nur das Beispiel der USA noch einmal aufgreifen. Seit den 80er Jahren gibt es da große Bemühungen in der Forschung, es gibt eine Meldepflicht, es gibt eine zentralisierte Seuchenbekämpfungsbehörde in Atlanta, die weitreichende Kompetenzen zum direkten Einschreiten hat, wenn eine solche Epidemie auftritt. Wir in Deutschland dagegen haben zwei Bundesministerien, die zuständig sind und sich offensichtlich nicht einigen konnten, wer die Verantwortung übernehmen will. Wir haben zusätzlich Länderministerien, die Verantwortung übernehmen wollen und müssen und offensichtlich überfordert sind. Wir haben Kommunikationsprobleme zwischen Laboren und Politikern. Wann die Wissenschaft interveniert, wann Seuchenbekämpfung angesagt ist und wann die Politik agiert, ist also völlig undurchsichtig.
Ich kann verstehen, dass eine Ministerin, wenn sie die Information bekommt, es seien die Gurken, dann entsprechend warnt, aber wo ist die Detailgenauigkeit in der Abstimmung? Wo ist die echte Entscheidungskompetenz? Meiner Meinung nach sieht es so aus, als wenn mit den Sprossen – ich sage das mit aller Vorsicht – genauso vorschnell gehandelt wurde wie mit den Gurken. Da besteht irgendwie eine Unstimmigkeit zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und politischem Handeln.
Zurück zu dem, was wir tun müssen: Eine Meldepflicht in ganz Europa organisieren, zentrale Labore definieren und eine zentrale Einrichtung in der Europäischen Union schaffen, die im Falle einer solchen Seuche dann auch die Entscheidungskompetenz hat. Das fände ich angemessen.
Ich bin Herrn Liese ausgesprochen dankbar, dass er die Antibiotikaproblematik angesprochen hat. Auch da sind wir mit Problemen konfrontiert, die wir eigentlich schon kennen. Doch weil wir uns vor der Auseinandersetzung mit dem Medizinsektor und der Pharmaindustrie und der Massentierhaltung scheuen – da gibt es eine Menge anzusprechen –, sind wir auch in der Auseinandersetzung um Antibiotikaresistenzen nicht so konsequent, wie wir sein müssten. EHEC und Antibiotikaresistenz – zwei große Probleme.
Sabine Wils, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Die EHEC-Epidemie offenbart die Systemfehler der industriellen Lebensmittelproduktion im liberalisierten Binnenmarkt der EU. Wenn Profite Vorrang vor dem Gesundheitsschutz haben, geht das zu Lasten der Lebensmittelqualität und der Lebensmittelsicherheit. An den EHEC-Erregern sind bisher in Deutschland mindestens 22 Menschen gestorben, es gibt mehr als 1 500 Infektionsfälle. Bei über 600 Patienten wurde das gefährliche HUS-Syndrom diagnostiziert, das auch zu neurologischen Störungen führen kann.
Nach mehr als zwei Wochen ist die Infektionsquelle dieser lebensgefährlichen Epidemie immer noch unklar. Die Ermittlung der Infektionsquelle wäre bei einer regionalen Erzeugung der Lebensmittel einfacher und die Auswirkungen der Epidemie wären begrenzter. Wegen der langen Transportwege und der anonymen Produktionsbedingungen ist es sehr schwer, die Herkunft der Lebensmittel zurückzuverfolgen. Die Rückverfolgbarkeit der Herkunft der Lebensmittel ist aber für die Lebensmittelsicherheit unabdingbar. Verbraucher haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie ihre Lebensmittel erzeugt wurden und woher sie kommen.
Die Bundesregierung in Deutschland hat bei der EHEC-Epidemie komplett versagt. Bei dem Durcheinander zwischen Länder- und Bundeskompetenzen blieb das Krisenmanagement auf der Strecke. Die Überwachungsbehörden waren auf diese Situation nicht eingestellt.
Wir brauchen ein radikales Umdenken in der Agrarpolitik. Lebensmittel müssen sicher sein. Aber auch die landwirtschaftlichen Erzeuger sollen vor unkalkulierbaren wirtschaftlichen Risiken geschützt werden. Die Politik zur Förderung der Agrarwirtschaft und der ländlichen Räume muss konsequent auf eine deutliche Dezentralisierung der Erzeugungs- und Vermarktungsstrukturen von Lebensmitteln ausgerichtet werden.
Francisco Sosa Wagner (NI). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte in Bezug auf die gegenwärtige Situation bei den Gurken gern kurz drei Punkte ansprechen.
Ich habe einen deutschen Großvater und eine große Vorliebe für dieses Land, aber in diesem speziellen Fall haben die deutschen Behörden eindeutig überhastet und unbesonnen reagiert.
Und was die EU-Institutionen angeht, so lässt eine Analyse ihrer Handlungen erkennen, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit und die Kommission halbherzig und ungeschickt reagiert haben. Es ist ihnen nicht gelungen, die Maßnahmen zu koordinieren oder der Lage Herr zu werden.
Drittens haben die geschädigten Parteien ein Anrecht auf schnelle finanzielle Entschädigungen. In der Zwischenzeit allerdings schlage ich dem Parlament vor, dass wir, entweder in Brüssel oder hier in Straßburg, eine große Ausstellung zu Ehren der europäischen Küche abhalten sollten, bei der die Gurke im Mittelpunkt steht.
Wir müssen – um es mit Worten zu sagen, die wohl sehr nach dem Geschmack des deutschen Schriftstellers Heinrich Böll wären – die verlorene Ehre der Gurkenproduzenten wiederherstellen. Um dies zu tun, ist Europa die richtige Bühne.
Esther Herranz García (PPE). – (ES) Herr Präsident! Ein Gefühl tiefen Bedauerns ist die einzig mögliche Reaktion angesichts der 23 Todesfälle: 22 davon in Deutschland und einer in Schweden. Diese Krise ist ein klarer Beleg dafür, dass die Europäische Union noch viel tun muss, um ihr Warnsystem für die Sicherheit von Lebensmitteln und ihre interne Koordination zu verbessern.
Die Reaktion der beteiligten Mitgliedstaaten ist langsam und ineffizient ausgefallen, sie sind handlungsunfähig gewesen, und selbst zum jetzigen Zeitpunkt, nachdem 23 Menschen gestorben sind, wissen wir immer noch nicht, woher das Problem stammt.
Die Europäische Kommission muss sich ernste Gedanken darüber machen, welche Probleme ihr unverantwortliches Handeln oder ihre Untätigkeit in Zeiten einer Krise wie der gegenwärtigen verursachen. Solche Versäumnisse führen zu finanziellem Ruin, zur Vernichtung bis dahin sicherer Arbeitsplätze, zu Arbeitslosigkeit, Hilflosigkeit und, wie wir wissen, zu einer für die öffentliche Gesundheit äußerst gefährlichen Krise. Während Sie in der Kommission den unverantwortlichen Erklärungen regionaler Behörden in Deutschland Beachtung geschenkt haben – Erklärungen, die auf völlig falschen Informationen beruhten, die wirklich unverantwortlich waren und in denen die Namen und Adressen spanischer Landwirtschaftsbetriebe genannt wurden – war die Bevölkerung weiterhin, ohne es zu wissen, der Bedrohung durch das Bakterium ausgesetzt. Somit war die Öffentlichkeit sogar noch stärker als zuvor in Gefahr, potentiell gefährliche Lebensmittel zu essen, während sie glaubte, dieses Risiko zu meiden.
Die Europäische Kommission sollte im Rat der Agrarminister, der heute Nachmittag um zwei Uhr in Luxemburg tagen wird, vorschlagen, den Einsatz eines Teils der 2 500 Mio. EUR, die im Budget der Gemeinsamen Agrarpolitik noch übrig sind, vorschlagen. Diese 2 500 Mio. EUR sollten dazu verwendet werden, um die verursachten Schäden, soweit es möglich ist, zu ersetzen. Um dies zu ermöglichen, muss eine geeignete rechtliche Lösung gefunden werden, wie es bereits in früheren Fällen, beispielsweise bei der „Rinderwahn”- und der Dioxin-Affäre geschehen ist. Eine ähnliche Lösung sollte auch jetzt gefunden werden.
Meine Damen und Herren Kommissare und Minister, Ihre Handlungen heute in Luxemburg müssen der Würde Ihres Amtes angemessen sein.
Darüber hinaus sollten die deutschen Behörden, in Anbetracht ihrer unbesonnenen Anschuldigungen, in jedem Fall von Anfang an zu dieser finanziellen Lösung beitragen und eigene Mittel für Informationskampagnen verwenden, mit dem Ziel, das Vertrauen der Verbraucher in Gartenbauprodukte wiederherzustellen, welches derzeit zutiefst erschüttert ist.
Luis Manuel Capoulas Santos (S&D). – (PT) Herr Präsident! Der Ausbruch der Infektionskrankheit in Deutschland hat dazu geführt, dass wir uns, was die öffentliche Gesundheit und das Krisenmanagement angeht, mit einer der schwierigsten Situationen seit Menschengedenken konfrontiert sehen. Der Weg der Kommission und insbesondere Deutschlands zur Bewältigung dieser Krise war bisher nicht der beste. Wir haben es mit einer schwerwiegenden menschlichen Tragödie zu tun, bei der viele Menschen ihr Leben verloren haben und die das Leben tausender weiterer Menschen bedroht. Dies ist auch eine Krise des Konsumentenvertrauens in Grundnahrungsmittel, mit wirtschaftlichen und sozialen Folgen, die schwer abzusehen sind.
Die Gesellschaft erwartet von den nationalen Behörden und denen der Union neben effizienten Maßnahmen eine schnelle Reaktion, die die Ursachen dieser Krise ans Tageslicht bringt. Wie hier und heute bereits gesagt wurde, ist es allerdings auch nötig, die katastrophalen Auswirkungen zu minimieren, die dies alles auf eine andere Gruppe unschuldiger Opfer hat, nämlich die Obst- und Gemüseerzeuger. Diese hart arbeitenden Menschen wurden vorschnell und zu Unrecht beschuldigt, sie haben Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, und ihre Zukunft ist nun ernsthaft bedroht.
Es ist auch dringend nötig, dass vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden, damit nie wieder eine ähnliche Situation eintritt. Dabei ist ein Aspekt, dass die Wirksamkeit der Überwachungs- und Kontrollmechanismen für Antibiotika in der Tierhaltung erhöht werden muss, wie ich schon in der Aussprache angemerkt habe, die vor weniger als einem Monat hier stattfand. Ein weiterer Bereich, in dem Handlungsbedarf besteht, ist die Form der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die wir derzeit reformieren. Es ist unerlässlich, dass Anreize künftig darauf ausgerichtet sind, Qualität auf der Basis nachhaltiger Produktionsmethoden zu gewährleisten, wie es die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament immer gefordert hat.
Frédérique Ries (ALDE). – (FR) Herr Präsident! Die Situation hat sich noch weiter verschlimmert: In Europa sind bereits 23 Menschen gestorben und über 2 200 erkrankt. Selbstverständlich sind unser aller Gedanken an diesem Morgen bei ihnen. Es ist den deutschen Behörden noch immer nicht gelungen, die Ursache für diese Epidemie klar auszumachen. Bis dahin wird niemand europäisches Gemüse anfassen, und so hat sich diese Gesundheitskrise natürlich auch zu einer sozialen und wirtschaftlichen Krise gewandelt. Der Gemüseanbausektor verlangt zu Recht eine Entschädigung, und wie der Kommissar es bereits gesagt hat, werden die zuständigen Minister und Kommissare heute Nachmittag in Luxemburg über dieses Thema beraten.
Abgesehen von dem, was bereits zum Vorsorgeprinzip und zur grundlegenden Rückverfolgbarkeit gesagt wurde – das ist der erste Punkt – ist auch die Frage, wie diese allgemeine Warnmeldung, in der spanische Gurken als die alleinigen Schuldigen dargestellt wurden, völlig oder fast völlig ohne Beweise herausgegeben werden konnte. Welche dringenden Lehren will die Kommission aus dieser ernsten Krise ziehen, Herr Kommissar, damit unser Warnsystem für Lebensmittel mehr denn je auf „sound and well sustained scientific evidence” beruht, wie Sie, Herr Kommissar, es selbst gesagt haben.-
Janusz Wojciechowski (ECR). – (PL) Herr Präsident! Auch ich möchte meine Betroffenheit angesichts dieses Verlustes von Menschenleben ausdrücken und allen Erkrankten eine baldige Genesung wünschen. Wir haben hier sehr vieles, das geklärt werden muss. Wir müssen die Quelle und die Ursache des Ausbruchs ermitteln, aber wir müssen auch die Quelle und die Ursache der falschen Informationen bezüglich des Ausbruchs ermitteln, welche in Europa und der ganzen Welt verbreitet wurden – falsche und schädliche Informationen, die so viel Unheil angerichtet haben. Wir müssen uns sehr genau die Ursachen der Epidemie anschauen und insbesondere auch die industrielle Tierhaltung, bei der massiv Antibiotika eingesetzt werden. Ich stimme mit dem überein, was meine Vorredner gerade zu diesem Thema gesagt haben. Wenn derart massiv Antibiotika eingesetzt werden, ist es nicht verwunderlich, dass Bakterienstämme auftauchen, die nicht mehr auf Antibiotika ansprechen. Meiner Ansicht nach sollte diese intensive Landwirtschaft, bei der Antibiotika verwendet werden, in der Europäischen Union stark eingeschränkt und vielleicht sogar unterbunden werden, und den entstandenen Schaden sollten diejenigen beheben, die ihn verursacht haben.
Martin Häusling (Verts/ALE). - Herr Präsident! EHEC ist kein neues Problem, aber man muss feststellen, dass Europa nach wie vor unzureichend auf so eine Krise vorbereitet ist. Es dauert zu lange, bis klare Richtlinien ausgegeben werden. Drei Wochen sind entschieden zuviel!
Verbraucherschutz, darüber sind wir uns einig, hat immer absolute Priorität vor wirtschaftlichen Interessen. Aber es muss schon klargestellt werden, wer wann warnt, wer nachher die Verantwortung für die Warnungen übernimmt und wann die Europäische Kommission auf den Plan tritt. In Deutschland sind 16 Bundesländer und 2 Ministerien zuständig, das ist zu kleinteilig für eine europäische Krise. Hier muss die europäische Ebene früher einbezogen werden. Ich glaube, wir haben nicht die richtigen Lehren aus den Krisen der 90er Jahre gezogen. Das müssen wir jetzt dringend nachholen.
Wir brauchen bei Nahrungsmitteln Transparenz und klare Nachvollziehbarkeit bei der Herstellung. Wir brauchen eine klare Herkunftskennzeichnung. Wir brauchen aber auch eine europäische Eingreiftruppe, die die wissenschaftliche und medizinische Arbeit koordiniert und Kontrollpläne aufstellt.
(Beifall)
João Ferreira (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident! Angesichts der verwirrenden Vielzahl widersprüchlicher Berichte über den Ursprung dieser Epidemie ist es wichtig, einige Punkte zu berücksichtigen. Erstens möchte ich darauf hinweisen, dass die für Frühwarnung und Reaktion zuständigen europäischen Stellen mehr als 15 Tage nachdem die ersten Fälle gemeldet und mehr als einen Monat nachdem die ersten Kontaminationen aufgetreten sind, die wahre Ursache der Kontamination noch immer nicht haben ausmachen können. Dies hat sehr viel Unheil angerichtet, wie hier bereits gesagt wurde. Zweitens darf man nicht vergessen, dass dies ein ernster Fall von mangelnder Nahrungsmittelsicherheit in der EU ist, jedoch kein Einzelfall. Ich möchte an die Aussprache erinnern, die wir hier kürzlich über das Problem der Dioxine geführt haben.
Diese Fälle hängen untrennbar mit einer Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zusammen, die intensive, exportorientierte Produktionsmodelle fördert, anstatt, wie es nötig wäre, die lokale Produktion und den Verbrauch an Ort und Stelle zu fördern, was eine sehr viel einfachere Rückverfolgbarkeit und damit größere Lebensmittelsicherheit garantieren würde.-
Und schließlich ist es wichtig, die europäischen Erzeuger für den erlittenen Schaden zu entschädigen, und nicht nur diejenigen in der geografischen Region, in der die Infektion ausgebrochen ist. Die GAP ist eine gemeinsame Politik, daher sollte dies durch Maßnahmen der EU geschehen, anstatt nur durch einzelstaatliche, wenn man bedenkt, welche offensichtlichen Ungleichbehandlungen andernfalls entstehen würden.
Nick Griffin (NI). – Herr Präsident! Zuerst waren es die Gurken, gestern waren es die Sojasprossen. Heute sind es doch nicht die Sojasprossen. Die Wahrheit ist, dass die Experten es einfach nicht wissen, aber jedes Mal, wenn solche Behauptungen aufgestellt werden, zerstört dies Existenzen in den Volkswirtschaften von Staaten. Was wir aber wissen, ist, dass dieser Ausbruch etwas sehr Seltsames an sich hat. Es gibt bei dem Erreger eine ungewöhnliche Kombination von Stämmen und DNA. Er befällt ungewöhnliche Personengruppen in einer Weise, die für E. coli-Ausbrüche nicht typisch ist. Er hat bereits weit mehr Menschen an weitaus mehr Orten befallen, als es bei einem gewöhnlichen Ausbruch der Fall gewesen wäre, und seine Spur führte nicht zurück zu einem oder zwei Lebensmittelbetrieben, wie bei einem normalen Ausbruch.
Angesichts all dieser unerklärlichen Faktoren und angesichts der Tatsache, dass von mehreren Staaten – darunter Großbritannien, die USA, der Irak und Israel – in der Vergangenheit berichtet wurde, dass sie mit genetisch manipulierten E. coli als biologischer Waffe experimentieren, sollte man sich da nicht dringend mit der Frage beschäftigen, ob diese Epidemie nicht in Wahrheit ein Akt des biologischen Terrorismus oder vielleicht ein Testlauf für einen solchen ist?
Françoise Grossetête (PPE). – (FR) Herr Präsident! Die Lage ist ernst, sehr erst sogar, denn dieser Ausbruch von EHEC-Infektionen ist ein absolutes Rätsel. Ich kann mir vorstellen, welche Ängste die Erkrankten ausstehen, und die Todesfälle können wir nur bedauern.
Diese ganze Angelegenheit muss uns dazu bringen, die Probleme im europäischen Gesundheitswesen sehr energisch anzupacken und uns die Augen dafür öffnen, wie elementar wichtig eine Zusammenarbeit Forschern und der pharmazeutischen Industrie ist, damit wir effektiv auf solche Situationen reagieren können und auch die erforderlichen Mittel haben, um dies zu tun.
Das Bakterium fordert Menschenleben, zu viele Menschenleben! Es kostet auch unsere Landwirte eine Menge Geld und unterminiert in gefährlicher Weise das Vertrauen der Verbraucher in unsere landwirtschaftlichen Produkte und in unsere Agrarlebensmittelindustrie, welche zweifellos noch immer die sichersten und die am strengsten kontrollierten der Welt sind.-
Nach Gurken, Tomaten, Salat und Sojasprossen, welches Gemüse wird als nächstes Opfer dieser Krankheitshysterie? Die wirtschaftlichen Folgen für die Landwirte sind ernst. Tatsache ist, das Warnsystem hat sehr gut funktioniert. Das Problem ist, dass die Kommission weder die Ressourcen noch die Möglichkeit hat, zu prüfen, ob die Informationen eines Mitgliedstaats zutreffend sind oder nicht.
Bakterien verbreiten sich heute schneller als früher. Was die Kommunikation anbelangt, werden aus der Art und Weise, wie bisher mit dieser Krise umgegangen wurde, Lehren gezogen werden müssen. Man wird ein Feedback geben müssen. Man wird sich zweifellos Gedanken über zusätzliche Überprüfungen machen müssen, ehe die Schlussfolgerungen einer nationalen oder regionalen Gesundheitsbehörde für bare Münze genommen werden können.
Und schließlich ist durch diese Krise eine grundlegende Verbesserung der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln völlig gerechtfertigt. Die Pflicht, das Land oder den Ort der Herkunft anzugeben, besteht leider nur in einer begrenzten Zahl von Fällen. Sie sollte bei einer größeren Zahl von Nahrungsmitteln eingeführt werden. So wäre es im Falle einer Gefahr für die Gesundheit möglich, die Kontaminationsquellen zu ermitteln und die betroffenen Verbraucher schneller zu warnen.
Jo Leinen (S&D). - Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Landwirte können entschädigt werden, aber Menschenleben können nicht zurückgeholt werden. In der Tat gilt unser Mitgefühl allen, die gestorben sind oder in Krankenhäusern liegen. Diese Situation ist dramatisch und auch inakzeptabel. Es ist inakzeptabel, dass wir drei Wochen nach Ausbruch dieser Krise immer noch nicht genau wissen, wo die Ursache ist. Das darf in Europa eigentlich nicht passieren.
Wir haben hier mehrere Lehren zu ziehen. Zum einen wird man die Quelle suchen und prüfen müssen, ob es nach wie vor in der Lebensmittelproduktion oder auch in der Lebensmittelkette unsachgemäße Praktiken gibt. Wir haben eine zwanzigjährige Gesetzgebung, und die Standards und auch die Normen in der Europäischen Union sind ziemlich streng, aber man kann feststellen, dass wir bei der Ernährung, bei den Nahrungsmitteln nach wie vor verwundbar sind. Es scheint da immer noch Lücken und Defizite zu geben, und da werden wir noch einmal Lehren ziehen müssen.
Ich bin auch der Ansicht, dass es hier ein Kommunikationschaos gibt. Die Kommunikation läuft nicht gut und nicht richtig. Wir brauchen eindeutig mehr Europa! Das ist hier von Kollegen gesagt worden. Wenn jede regionale oder nationale Behörde eine Warnung für ganz Europa ausgibt, dann muss das schiefgehen. Das ECDC hat meines Erachtens gute Arbeit geleistet, soweit ich das erkennen kann, aber wir brauchen ein modernes, ein besseres System der Meldepflicht zur Feststellung von Ursachen und auch ein besseres System zur Unterrichtung der Öffentlichkeit.
Antonyia Parvanova (ALDE). – Herr Präsident! Die deutschen und europäischen Behörden versuchen noch immer, die Quelle des Ausbruchs von E. coli-Infektionen auszumachen. Wir haben heute noch immer keine konkreten Hinweise auf die Ursache dieser Ausbreitung, und es sollten alle Szenarien in Erwägung gezogen werden, einschließlich der Möglichkeit, dass fahrlässig gehandelt wurde oder dass die Bakterien unbeabsichtigt in die Lebensmittelkette gelangt sind. Wie die Bakterien wirklich entstanden sind, ist eine andere Frage; Wir brauchen dringend weitere Forschungen und Ergebnisse. Allerdings möchte ich auch besonders darauf hinweisen, in welcher Art und Weise die gegenwärtigen Ereignisse der Öffentlichkeit von den deutschen und europäischen Behörden mitgeteilt wurden, mit den bekannten ernsten Folgen für den Obst- und Gemüsesektor, nicht nur in Spanien, sondern in der ganzen Europäischen Union.
Dies ist nicht das erste Mal, dass wir ein Problem mit der Lebensmittelsicherheit in Deutschland haben. Ich schlage vor, dass die Kommission den deutschen Behörden dabei hilft, die Rückverfolgbarkeit und die Kontrolle der Verfahren in Deutschland zu verbessern, und auch im Hinblick auf die Verfahren in anderen Mitgliedstaaten sollten ähnliche Maßnahmen ergriffen werden.
Wir brauchen Transparenz, damit die Verbraucher weiterhin Vertrauen haben. Alle Informationen sollten frei zugänglich sein, aber diese Informationen sollten nicht in der Weise vermittelt werden, dass man gleich mehrfach Alarm schlägt und bei den Verbrauchern Ängste weckt, obwohl noch gar keine Hinweise gefunden wurden. Lassen Sie mich auch auf die Verantwortung der Medien hinweisen.
Marina Yannakoudakis (ECR). – Herr Präsident! Das Hörensagen kann etwas Gefährliches sein. Begann dieser Ausbruch in Deutschland oder in irgendeinem anderen Mitgliedstaat? Gerüchte können zerstörerisch wirken und sogar noch dazu beitragen, dass sich eine Epidemie ausbreitet. Rund um diesen Ausbruch gibt es noch viele unbeantwortete Fragen. Sicher ist nur, dass die meisten Mitgliedstaaten über das Auftreten dieser Bakterien berichtet haben. Bis zum heutigen Tag gab es in der EU 22 Todesfälle.
Diese Epidemie demonstriert die Wichtigkeit einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet des präventiven Gesundheitsschutzes. Sie führt uns auch die Wichtigkeit eines europäischen Organs wie des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) vor Augen, das die Mitgliedstaaten überwacht, mit ihnen zusammenarbeitet und sie informiert. Wir in Großbritannien haben relativ großes Glück gehabt, dass bei uns nur drei gemeldete Fälle aufgetreten sind, aber das ist die heutige Situation: Morgen könnte es anders aussehen, und wir müssen wachsam sein. Neben der Suche nach der Ursache der Epidemie müssen wir die Öffentlichkeit auf dem Laufenden halten und sie so schützen. Das ECDC veröffentlicht täglich aktualisierte Berichte.
Wenn wir zusammenarbeiten, können wir diesen Ausbruch unter Kontrolle bekommen. Wenn unsere Bürgerinnen und Bürger gut informiert sind, haben sie eine größere Chance, sich nicht zu infizieren. Vor allem müssen wir ruhig und maßvoll reagieren.
Nikolaos Chountis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Zum zweiten Mal in sechs Monaten sieht sich Europa mit einer Nahrungsmittelkrise konfrontiert, die bei vielen Personen zu ernsten Beschwerden und sogar zum Tod von Mitmenschen geführt hat. Da stimmt etwas nicht, Herr Kommissar.
Im Januar hatten wir in Deutschland die Toxinproblematik; jetzt gibt es Probleme mit Bakterien, wieder in Deutschland. Der erste Fall wurde vertuscht, obwohl man seit Monaten von ihm wusste; im zweiten Fall wälzte man die Verantwortung bequemerweise auf spanische Gurken ab.
Dies ist ein Problem der Kenntlichmachung, der Rückverfolgbarkeit und unzureichender Kontrollen auf EU-Ebene. In Bezug auf den ersten Fall im Januar sagte uns Herr Dalli, als er über die Dioxine sprach, dass er alle notwendigen Maßnahmen ergreifen werde, um dafür zu sorgen, dass die Gesetze zum Lebensmittelkontrollsystem verschärft werden. Neulich sagten Sie, dass dies nicht ein Problem der Kenntlichmachung sei und dass es irgendein anderes Problem gebe. Die Haltung der Kommission ist von Verwirrung, Vertuschung und Panik geprägt, und deshalb haben wir Tote zu beklagen, haben wir Krankheitsfälle zu beklagen und haben wir die Folgen für die landwirtschaftliche Produktion zu beklagen.
Elisabetta Gardini (PPE). – (IT) Herr Präsident! Die Situation, über die wir hier sprechen, ist sehr ernst, aber ich denke, manchmal bringen wir noch immer Dinge auf sehr verschiedenen Ebenen durcheinander.
Der Verlust von Menschenleben kann sicherlich nicht auf eine Ebene mit wirtschaftlichen Problemen gestellt werden; so etwas tun wir nicht. Ich möchte allerdings betonen, dass wir das Problem nicht lösen werden, indem wir mit dem Finger auf Ursachen zeigen – bei denen sich später herausstellt, dass sie doch nicht die Ursache waren.
Wenn jemand ermordet wird und eine unschuldige Person dafür ins Gefängnis kommt, wird dadurch für den begangenen Mord keine Genugtuung geleistet oder der Gerechtigkeit genüge getan. Doch genau das tun wir: In einer äußerst ernsten Situation, in der die öffentliche Gesundheit bedroht ist und die Lebensmittelsicherheit auf dem Spiel steht, zeigen wir mit dem Finger auf eine Gruppe, die sich später als unschuldig herausstellt, und machen so noch mehr Menschen zu Opfern.
Die spanischen Erzeuger sind heute bereits auf die Straße gegangen, und in etwa 40 Minuten werden auch in Italien Direkterzeuger in den Straßen von Mailand und in der Provinz Latina demonstrieren, wobei sie Verbrauchern frische Gurken und anderes Obst und Gemüse anbieten werden, um zu zeigen, dass dies gesunde und für eine gesunde und ausgewogene Ernährung wichtige Nahrungsmittel sind. Wir wollen den deutschen Verbrauchern nicht noch einen weiteren Schlag zu versetzen, indem wir ihnen Lebensmittel vorenthalten, die für ihre Ernährung und Gesundheit absolut unerlässlich sind.
Ich möchte auch auf einige Daten hinweisen, über die insbesondere die betreffenden Behörden ernsthaft nachdenken sollten, ehe sie bestimmte Informationen herausgeben, die Beunruhigung, Angst und Panik auslösen. Von Eurobarometer zur Verfügung gestellte und von Coldiretti in Italien gesammelte Daten zeigen, dass bei einer Gefährdung im Zusammenhang mit Nahrungsmitteln beispielsweise 43 % der Italiener die Lebensmittel, über die sie etwas gehört haben, für einen bestimmten Zeitraum meiden, aber 13 % sie für immer von ihrem Speisezettel streichen. Wir müssen daher versuchen aufzupassen, was wir sagen, und bedenken, wie wir die Essgewohnheiten der Menschen beeinflussen.
Daher möchte ich die Kommission fragen, ob sie nicht der Ansicht ist, dass es gerechtfertigt wäre, die europäische Notfallklausel anzuwenden und finanzielle Entschädigungen ins Gespräch zu bringen.
Dagmar Roth-Behrendt (S&D). - Herr Präsident! Herr Dalli, Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Generaldirektion Gesundheit haben alles richtig gemacht! Das kann man von den deutschen Behörden nicht sagen. Das Mindeste, was wir sagen können, ist, dass es ein Kommunikationschaos gibt. Das ist vielleicht noch milde ausgedrückt. Dass der Gesundheitsminister Deutschlands es gestern nicht für nötig hielt, zu einer Gesundheitsministerratssitzung nach Luxemburg zu reisen, deren Hauptthema diese schwere Infektionskrise war, zeigt, dass er überhaupt keine Ahnung hat, worum es in Europa wirklich geht, dass er ignorant ist, die Probleme nicht erkennt oder immer noch mit innerparteipolitischen Krisen behaftet ist.
(Beifall)
Ferner muss ich feststellen – Herr Dalli hat es ja gesagt –, dass die deutschen Behörden offensichtlich der Ansicht waren, auf Experten der Europäischen Union verzichten zu können, und gönnerhaft und arrogant meinten, das bräuchten sie nicht. Auch dass diese Experten gerade erst seit drei Tagen in Deutschland sind, ist ein Skandal, und das müssen wir hier kritisieren. Aber gleichzeitig müssen wir auch sagen, es ist unsere Aufgabe in der Europäischen Union, die Verbraucherinnen und Verbraucher zu warnen, wenn ein gefährliches Lebensmittel auf dem Markt ist.
Und ich sage Ihnen ganz eindeutig: Wenn auf einer Gurke oder einem Salat gefährliche Bakterien sind, die dann nicht zum Tod führen, dann ist das vielleicht schön, aber das führt für mich noch nicht zu einem Entschädigungsfall. Auf Gurken aus Spanien und aus anderen Ländern waren nun einmal EHEC-Bakterien drauf. Es waren zwar nicht diejenigen, die hinterher der Stamm waren, aber das dauert eine Zeit, um das herauszufinden.
Für mich ist das auch nicht der Hauptpunkt. Und diejenigen von Ihnen, die die Europäische Union verstehen und das Frühwarnsystem kennen, wissen auch, wie das Frühwarnsystem funktioniert. Sie wissen, dass im Frühwarnsystem das Produkt und auch der Name des Herstellers genannt werden müssen. Das können Sie aber auch in der Gesetzgebung leicht nachlesen. Für mich ist die wirkliche Frage: Was passiert denn in Zukunft? In Zukunft müssen wir uns überlegen: Kann es noch Gülle geben? Kann es noch Produktionsmethoden geben, die nicht akzeptabel sind? Wer kontrolliert eigentlich in der Europäischen Union was, wann und mit welchem Ergebnis, und wer hat welche Verpflichtungen, das zu dokumentieren?
(Beifall)
George Lyon (ALDE). – Herr Präsident! Dies ist eine echte Krise. 23 Menschen sind tot, über 2 000 sind erkrankt, die Märkte für Gemüse befinden sich in Aufruhr, die Preise sind im Keller, und Schätzungen zufolge verlieren die Erzeuger jeden Tag 300 Mio. EUR. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien sind, gelinde gesagt, belastet, und doch haben wir drei Wochen nach Ausbruch der Krise immer noch keine Ahnung, wo sich die Quelle dieser Kontamination befindet.
Kommissar Dalli, ich möchte, dass Sie uns hier und heute versichern, dass absolut alles getan wird, um den Ursprung dieses E. coli-Ausbruchs ausfindig zu machen, denn wir können erst dann damit beginnen, das Konsumentenvertrauen wieder aufzubauen, wenn wir diesen Ursprung gefunden haben. Zweitens möchte ich, dass Sie genau erklären, welche Maßnahmen Sie zur Stabilisierung des Marktes und zum Wiederaufbau des Konsumentenvertrauens zu ergreifen beabsichtigen, wenn wir diese Krise überwunden haben.
Drittens müssen wir von Ihnen hören, was die Kommission zu tun beabsichtigt, um die Landwirte zu entschädigen, deren Märkte ohne ihr eigenes Verschulden weggebrochen sind und die ihre Erzeugnisse nicht mehr verkaufen können. Viertens verlange ich von der Kommission die Zusicherung, dass eine transparent geführte, unabhängige Untersuchung eingeleitet werden wird, um festzustellen, was schief gelaufen ist. Erst wenn wir die Tatsachen kennen, können wir Maßnahmen ergreifen, um alle Gesetzeslücken bei der Lebensmittelsicherheit zu schließen.
Elisabeth Köstinger (PPE). - Herr Präsident, Herr Kommissar! Die gesundheitliche Dimension dieser durch das Auftreten des EHEC-Keims ausgelösten Krise ist absolut tragisch. Die Situation ist ernst. Es ist dringend notwendig, den Betroffenen Hilfe zukommen zu lassen und alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine weitere Ausbreitung dieser Infektion zu verhindern. Den Forschungsinstituten und Krankenhäusern müssen alle dafür nötigen Ressourcen bereitgestellt werden.
Rasches Handeln war seit Auftreten des Erregers das Gebot der Stunde. Das europaweit einheitliche Krisenmanagement bis hin zur gemeinsamen Sprachregelung zeichnet sich aber nicht durch Professionalität aus. Die krankhafte Suche nach dem Ort der Kontamination führte zu voreiligen gegenseitigen Schuldzuweisungen. Die Folge dieser Auseinandersetzungen waren tagelange Negativschlagzeilen und die totale Verunsicherung der Konsumenten.
Für die betroffenen Produzenten führt dies zu dramatischen, existenzbedrohenden Einkommensverlusten. Selbst einwandfrei regional produzierte Produkte finden keinen Absatz mehr. Allein in Österreich ist der Absatz von Frischgemüse um 75 % eingebrochen. Die Gemüsebauern treffen diese Einkommenseinbußen mitten in der Haupterntesaison. Die unkoordinierte Information der Konsumenten im Zuge des Vorfalls wirft erneut die Forderung nach einer durchgängigen und branchenübergreifenden Herkunftskennzeichnung und einer effizienten Kontrolle nach dem Grundsatz „vom Ursprung weg gekennzeichnet und kontrolliert“ auf.
Der Konsument hat das Recht darauf, zu erfahren, woher die Produkte kommen. Dies gilt gleichermaßen für die Verkaufsregale wie auch für die Gastronomie und Großküchen.
Jetzt sind alle Behörden aufgefordert, die Vorurteile gegenüber Frischgemüse rasch zu beseitigen, den Absatz für Frischgemüse wieder anzukurbeln und den Handel mit Drittstaaten weiter zu beleben. Die heimischen Gemüsebauern sind durch die EHEC-Situation vollkommen überraschend und schuldlos in eine Existenzkrise gestürzt. Die Kommission muss die Möglichkeit einer Entschädigung vorsehen, sei es durch einen Europäischen Agrarfonds, den Europäischen Krisenfonds oder durch absatzstimulierende Maßnahmen.
Ich gebe Peter Liese absolut Recht: Menschenleben sind unwiederbringbar und jedes Todesopfer ist eines zu viel. Aber es ist auch unsere absolute Pflicht, unsere Produzenten nicht im Stich zu lassen, die schuldlos in diese existenzbedrohende Situation geraten sind.
Iratxe García Pérez (S&D). – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wir alle wollen, dass die deutsche Lebensmittelkrise so schnell wie möglich endet. Wir müssen uns an die Opfer erinnern, und ich hoffe, dass, wenn die anfänglichen Fehler erst behoben sind, es möglich sein wird, die Quelle der Infektion ausfindig zu machen, damit wir alle beruhigt sein können.
Allerdings muss ich, abgesehen von der gesundheitlichen Dimension dieser Krise, auch die wirtschaftlichen Auswirkungen ansprechen. Der spanische Gartenbausektor hat die wirtschaftlichen Einbußen aufgrund der fatalen Kommunikationsfehler, die wir ja nun kennen, auf etwa 20 Mio. EUR pro Woche geschätzt. Ich möchte betonen, dass diese Branche eine sehr verantwortungsbewusste Haltung gezeigt und uneingeschränkt mit den Behörden meines Landes zusammengearbeitet hat.
Herr Kommissar, die Rückverfolgung zum Ursprungsort hat funktioniert, aber wie viel Zeit wurde dadurch vertan, dass man die Aufmerksamkeit auf den Ursprung gelenkt, sich auf die landwirtschaftliche Erzeugung konzentriert und dabei andere Formen der Kontamination, wie die Behandlung und den Vertrieb am Bestimmungsort, außen vor gelassen hat? Warum hat die Kommission die übereilte Information aus Deutschland wie ein Echo nachgesprochen?
Es hat zu wenig Koordination gegeben, Herr Kommissar, und die einseitige Schließung der Grenzen für spanische Produkte ist ein Beweis dafür, dass es nicht gelungen ist, die Krise innerhalb der Europäischen Union zu kontrollieren.
Ich möchte die Kommission bitten, sofort alle nötigen Schritte einzuleiten, um den spanischen und europäischen Wirtschaftszweigen den Schaden zu ersetzen, sowohl finanziell als auch im Hinblick auf ihr Ansehen beim Verbraucher. Langfristig bleibt allerdings abzuwarten, welche weiteren Maßnahmen diesbezüglich noch ergriffen werden müssen.
Unbegründete Anschuldigungen, Improvisation, zu wenig Koordination, Millionenverluste, Angriffe auf die Ehre und die Glaubwürdigkeit eines Wirtschaftszweigs: Ist das nicht Grund genug, dass man wissen will, wer die Verantwortung übernehmen wird?
Mairead McGuinness (PPE). – Herr Präsident! Ich möchte Herrn Dalli für seine maßvollen Äußerungen zu Beginn der Aussprache danken. Es gab in diesem Parlament auch einige weniger gemäßigte Äußerungen, da es um Menschenleben geht und in der Tat zu obendrein auch um die Erzeuger und das Konsumentenvertrauen. Dies ist eine äußerst ernste Lebensmittelkrise, und Herr Dalli hat dies bestätigt. Wir wissen, dass sie regional auf einen bestimmten Teil der Europäischen Union begrenzt ist, aber dies ist kein rein deutsches Problem; es ist ein Problem der EU.
Das System ist dazu da, um die Ursache herauszufinden und um mit den Folgen fertigzuwerden, aber ich fürchte, dass nicht alle Teile des Systems angemessen etabliert sind, und ich habe einige Fragen zum Timing. Meines Wissens wurde das Schnellwarnsystem am 22. Mai 2011 ausgelöst: Besorgt bin ich, weil die europäischen Experten erst am Sonntag, dem 5. Juni in Deutschland eintrafen. Warum ist dazwischen so unglaublich viel Zeit verstrichen? Ich denke, dies sollte man sich anschauen.
Wir haben gemäß Artikel 55 der Verordnung 178/2002 die Möglichkeit, einen Krisenstab zu schaffen. Alle Redner haben gesagt, dass es sich hier um eine Krise handelt, und Herr Dalli bestätigt, dass es eine solche ist. Es ist eine Krise, die sich eher verstärkt, anstatt sich abzuschwächen, und ich würde meinen, dass nun die Zeit für die EU gekommen ist, unter Berufung auf diese Verordnung einen solchen Krisenstab einzusetzen.
Das Erschreckendste an dieser Angelegenheit ist, dass Gemüsesorten praktisch „an den Pranger gestellt” und danach wieder von dem Verdacht freigesprochen worden sind. Dies hat das Vertrauen der Verbraucher erschüttert, nicht nur in Bezug auf Obst und Gemüse, sondern auch in Bezug auf unser System der Lebensmittelsicherheit und -kontrolle. Herr Kommissar Dalli, ich sehe, dass Sie zustimmend nicken, und das freut mich, aber dennoch glaube ich wirklich, dass es nun an der Zeit ist, den Krisenstab einzusetzen, und ich bitte Sie darum, hierauf in Ihrer Schlussbemerkung einzugehen.
Ulrike Rodust (S&D). - Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich komme aus der Region in Europa, in der der EHEC-Erreger am schlimmsten wütet. Der aggressive Keim ist scheinbar nicht zu stoppen. Seit Mitte Mai haben sich bis gestern Mittag 1733 Menschen angesteckt, 23 Patienten sind qualvoll gestorben. Die Lage in den Kliniken ist äußerst angespannt. Die Intensivbetten werden knapp, dringend wird Blutplasma gebraucht. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die Bürger bei mir zu Hause fürchten sich jeden Tag vor neuen Erkrankungen.
Für mich hat es etwas mit Verantwortungsbewusstsein und Mut zu tun, wenn vor allen nur möglichen Trägern dieses Keimes gewarnt wird. Analysiert wurden diverse Lebensmittel, doch gefunden wurde er bisher nicht. Mein Verständnis von hochwertigen Nahrungsmitteln ist, dass sie gesund sind und kontrolliert in den Handel gelangen. Hier sind vermutlich eklatante Fehler gemacht worden, und einmal wieder erleben wir, dass es Lücken gibt. In dieser Situation zu behaupten, man kenne den Verursacher, ohne fundierte Laboruntersuchungen auf dem Tisch zu haben, ist allerdings äußerst fahrlässig. Bei aller verständlichen Panik darf es auf keinen Fall zu einer Hexenjagd kommen, denn viele gut arbeitende Landwirte in ganz Europa werden dadurch in den Ruin getrieben. Für alle muss deshalb klar sein, dass wir als Europäische Union solidarisch miteinander umgehen müssen und uns in Notlagen gegenseitig helfend zur Seite stehen. Das heißt, auf medizinischer Ebene müssen alle Sachverständigen an einen Tisch und auf ökonomischer Ebene muss denen geholfen werden, die unschuldig in ein finanzielles Desaster geraten sind.
Pilar Ayuso (PPE). – (ES) Herr Präsident! Zuallererst möchte ich den Angehörigen der Menschen, die aufgrund dieser Krise verstorben sind, mein Beileid aussprechen.
Herr Kommissar, die Öffentlichkeit über Gefahren für die Gesundheit zu informieren, ist eine schwierige und delikate Angelegenheit, die tadellos dokumentiert und überprüft werden muss. Es geht nicht darum, den oder die Schuldigen zu finden, aber in dieser Angelegenheit sind schwere Fehler gemacht worden, angefangen bei den törichten und unbesonnenen Vermutungen einer Person aus der Landespolitik, die erst kürzlich auf ihren Posten berufen wurde und die Beunruhigung unter der Bevölkerung und eine sehr ernste, irreparable wirtschaftliche Krise ausgelöst hat.
Außerdem hat es nicht den Anschein, dass die Kommission diese Krise besonders gut koordiniert hätte. Ich frage mich, wann die ersten drei Fälle aufgetreten sind und ob gemäß Artikel 3 der Verordnung zum Schnellwarnsystem – der von den Mitgliedstaaten verlangt, die Gefährdung unverzüglich und innerhalb von 48 Stunden zu melden – gehandelt wurde, und auch ob gemäß Artikel 8 der besagten Verordnung gehandelt wurde – nach dem die Kommission verpflichtet ist, zu prüfen, ob die Information vollständig, wahr und leserlich ist und eine ausreichende Rechtsgrundlage hat.
Sicher ist jedenfalls, dass die gravierenden Defizite dieser Verordnung zutage getreten sind und dass der gegenwärtige rechtliche Rahmen geprüft werden muss, um unter anderem die von den zuständigen Behörden angewendeten Krisenbewältigungsverfahren präzise zu definieren, um Fehler oder Versäumnisse dem Verantwortlichen in der Lebensmittelkette zuzuordnen (und dafür ist die Rückverfolgbarkeit da), um zu verhindern, dass der Gesundheitsschutz als Deckmantel für Handelshindernisse missbraucht wird und um in Bezug auf Entschädigungsverfahren bei Handelseinbußen und Verlusten zu vermitteln.
Herr Kommissar, weder Gurken noch Soja sind die Ursache. Wie Herr Liese gesagt hat, ist der Erreger die Ursache. Die Ursache ist der Serotyp O104:H4 des Bakteriums Escherichia coli, der überall in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben worden ist und der bei Fleischprodukten vorkommt.
In jedem Fall allerdings, Herr Kommissar, müssen wir die Wissenschaftler ihre Arbeit tun lassen: Sie müssen das gesamte System der Rückverfolgbarkeit, über die gesamte Lebensmittelkette hinweg und einschließlich der Behandlung und des Vertriebs der Nahrungsmittel, für ihre Nachforschungen nutzen.
Andrés Perelló Rodríguez (S&D). – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Nichts von dem, was wir hier oder in der Europäischen Union tun, kann jemanden zurück ins Leben holen, aber ich hoffe, dass das, was getan wird, weitere Todesfälle verhindern und dafür sorgen wird, dass die Reihe von Menschen, die krank sind und leiden, obwohl sie dieses Problem in keiner Weise mit verursacht haben, nicht noch länger wird.
Sicher, wir kennen die Ursachen nicht, aber wir wissen einige Dinge, die wir beim Namen nennen müssen: Es hat Nachlässigkeiten bei den politischen Handlungen und vonseiten der deutschen Bundesregierung gegeben; sie kann nicht so tun, als wäre Hamburg ein Stadtstaat auf einem anderen Kontinent.
Wenn Frau Merkel und ihr Gesundheitsministerium weniger von der Arroganz, mit der sie andere Staaten häufig behandeln, und dafür mehr Sorgfalt und Effizienz gezeigt hätten, hätten einige der Dinge, die geschehen sind, vermieden werden können. Diese Nachlässigkeit hatte für einen Staat, nämlich Spanien, und für seinen wichtigsten Wirtschaftszweig, die Landwirtschaft, kriminelle Folgen. Sie hat tausende von Menschen und Kleinunternehmen ruiniert und die Wirtschaft für eine lange Zeit in Misskredit gebracht.
Ich bitte Sie, heute zum Rat zu gehen und eine umfassende Entschädigung für die Betroffenen zu verlangen, denn das Leben derer, die gestorben sind, können wir nicht zurückverlangen. Und ich verlange, dass die Überwachungssysteme überprüft werden. Und dass Frau Merkel Verantwortung übernimmt. Und ich bitte sie um weniger Arroganz und um mehr Sorgfalt. Und ich verlange, dass sie für den Schaden, den sie angerichtet hat, zur Verantwortung gezogen wird. Sie kann nicht die Tatsache ignorieren, dass Hamburg in ihrem Land liegt. Sie kann nicht ihre Pflichten ignorieren. Sie kann die Schuld nicht einem Bundesland geben, wenn sie selbst für den angerichteten Schaden zur Verantwortung gezogen werden sollte.
Etwas mehr Demut, etwas mehr gutes Management und etwas weniger Konservatismus hätten viel dazu beigetragen, um zu verhindern, dass ihr diese Krise aus den Händen gleitet und dass Spanien und andere Landwirte im Süden deren schmerzhaften Folgen tragen müssen.
Überprüfen Sie die Kontrollen, überprüfen Sie die Warnsysteme und verlangen Sie Verantwortlichkeit, denn, Herr Kommissar, genau das verlangen wir in Spanien von Ihnen, vom Rat und von Deutschland.
Esther de Lange (PPE). – (NL) Herr Präsident! Ich möchte dem Kommissar dafür danken, dass er heute hier bei uns ist, aber ich wünschte mir, er wäre andernorts, beispielsweise in einem Flugzeug nach Russland, um sich auf der höchstmöglichen Ebene dafür stark zu machen, dass das Einfuhrverbot, das Russland jetzt verhängt hat, zurückgenommen wird, da es völlig überzogen ist. Ich danke dem Kommissar dafür, dass er gewillt ist, in diesem Stadium mit uns zu reden, aber die Kommunikation, die bisher stattgefunden hat, auch die vonseiten der Kommission, war ein peinlicher Fehlschlag. Erst Tage nach dem Ausbruch der Krise hat die Kommission eine Pressekonferenz gegeben. In dieser Phase war das Kind jedoch bereits lange zuvor in den Brunnen gefallen, und in den Medien kursierten bereits die wildesten Geschichten, die man sich vorstellen kann. Der Kommissar sprach von niederländischen Gurken als einer möglichen Infektionsquelle, obwohl über 200 Tests bereits Tage zuvor ergeben hatten, dass dies nicht der Fall war.
Ich stimme Ihnen zu, dass in dieser Angelegenheit der technische Teil funktioniert hat. Die schnelle Warnung, das Zurückverfolgen der Spuren, all das hat funktioniert. Es gibt aber auch noch den Teil des ganzen Problems, bei dem es um die Kommunikation geht, und dieser Teil war eine Katastrophe, vor allem natürlich in Deutschland, wo so viele verschiedene Organe, Behörden, und sogar eine Reihe von Ministern allesamt verschiedene Signale gegeben haben. Da gab es eine Landwirtschaftsministerin, die die sinnlose Stellungnahme abgab, dass die Menschen „überhaupt kein ungekochtes Obst und Gemüse mehr essen” sollten, obwohl sie in dieser Angelegenheit überhaupt nicht zuständig war. Ich nehme an, dass Sie diesbezüglich mit Deutschland reden, denn es muss eine grundlegende Untersuchung darüber geben muss, wie alles so stümperhaft gehandhabt werden konnte.
Ich hoffe auch, dass Sie gegenüber den Agrarministern bald für einen Nothilfefonds eintreten werden, der aus dem Überschuss bezahlt wird, der noch im Agrarhaushalt zur Verfügung steht. Genau wie wir es bei den Milchprodukten getan haben, als dieser Wirtschaftszweig vom Ausbruch einer tiefen Krise betroffen war, so müssen wir auch jetzt von diesem Überschuss Gebrauch machen. Allein in meinem Heimatland erleidet dieser Sektor pro Woche Verluste in Höhe von 80 Mio. EUR, und das obwohl die Quelle der Epidemie sich anderswo befindet, und die Folge ist, dass gesunde Betriebe nun am Rande des Zusammenbruchs stehen. Dies kann nicht im Sinne der Europäischen Union sein. Ich nehme an, dass Sie diese deutliche Botschaft aus dem Parlament mitnehmen in den Rat der Agrarminister.
Anna Záborská (PPE). – (SK) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich begrüße diese Aussprache. Wir betrachten dieses Problem aus verschiedenen Blickwinkeln, und wir suchen nach der Quelle der Infektion, wir wollen herausfinden, um welchen Erreger es sich handelt und ob die Möglichkeit einer Heilung besteht. Nun warte ich nur darauf, welches Pharmazieunternehmen kommt und sagt, dass es ein Heilmittel für diese Erkrankung gefunden hat und dadurch eine neuerliche Hysterie auslöst.
Meiner Meinung nach kann auf dem Gebiet des öffentlichen Bewusstseins am meisten verbessert werden. Ich denke, es ist unangemessen und unverantwortlich, den Bürgerinnen und Bürger an einem bestimmten Tag zu sagen, welche Lebensmittel sie nicht kaufen sollten oder welche Lebensmittel verdächtig erscheinen.
Man muss die Bürgerinnen und Bürger darüber informieren, was sie im täglichen Leben tun sollten, und hierzu sollte es eine Kampagne geben, sowohl auf Unionsebene als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten. Wenn die Menschen grundlegende Regeln der Hygiene einhalten und auf ihre persönliche Hygiene achten, ebenso wie darauf, ihre Lebensmittel zu waschen oder ausreichend zu erhitzen, dann wird dies ausreichen, um sie vor dieser Infektion zu schützen. Dies ist keine schwierige Kampagne, aber ich denke, dass es hier Epidemien und verschiedene Krankheiten gegeben hat und auch in Zukunft geben wird, und am besten konnten die Menschen sich immer durch ihr eigenes Verhalten schützen.
Ich bin der festen Ansicht, dass eine solche Kampagne dabei helfen würde, Krankheiten zu vermeiden, und dass sie auch den Gemüseerzeugern helfen würde.
Czesław Adam Siekierski (PPE). – (PL) Herr Präsident! Es ist wichtig, dass wir heute über das Thema der Bedrohung von Patienten, Nahrungsmittelerzeugern und Verbrauchern sprechen, die durch das Auftreten eines gefährlichen Bakterienstammes verursacht wurde, dessen Herkunft wir bisher nicht klären konnten. Wir sagen, dass wir ein gutes System zur Überwachung der Nahrungsmittelqualität und zur Aufrechterhaltung hoher Standards haben. Und dennoch treten immer wieder gefährliche Situationen ein, wie die gegenwärtige. Daher ist es unverzichtbar, unser Überwachungs- und Kontrollsystem zu überprüfen und zu verbessern. Wir müssen auf Situationen vorbereitet sein, die sogar noch gefährlicher sind. Wir dürfen keine Informationen über Ursprungsquellen herausgeben, wenn die Informationen nicht verlässlich sind. Dies verlangsamt den Prozess der weiteren Suche nach der Quelle und verursacht ernsthaften moralischen und ungeheuren wirtschaftlichen Schaden.
Wir möchten den Familien der Opfer und den Erkrankten unser Mitgefühl aussprechen, lassen Sie uns jedoch auch nicht vergessen, die Landwirte aus einer Reihe von Ländern, die Verluste erlitten haben, zu entschädigen. Wir sprechen hier über die Zukunft der gemeinsamen Agrarpolitik und über Sicherheitsfragen bezüglich des Zugangs zu Nahrungsmitteln und deren Qualität. Vielleicht wird uns diese schwierige Situation vor Augen führen, wie wichtig dieser Bereich von Fragen und Problemen ist, denn es geht hierbei nicht nur darum, was unsere Bürgerinnen und Bürger essen, sondern auch um ihre Gesundheit.
Josefa Andrés Barea (S&D). – (ES) Herr Präsident! Wir haben es hier mit einem Problem für die öffentliche Gesundheit zu tun – laut dem Kommissar mit einer Epidemie – und man sucht nach den Schuldigen und nicht nach der Ursache.
Das System hat nicht funktioniert: Wir haben 22 Tote, 1 600 Betroffene, und nach drei Wochen kennen wir immer noch nicht die Ursache, und unter Anwendung des Vorsorgeprinzips ohne wissenschaftliche Basis – ich wiederhole, ohne wissenschaftliche Basis – gibt man Spanien die Schuld.
Meine Damen und Herren, die spanischen Gurken waren nicht kontaminiert. Sie waren nicht kontaminiert! Ich wiederhole dies, denn hier waren einige gegenteilige Versionen zu hören. Und mehr noch, damit Sie sehen, welche Folgen diese Worte gehabt haben: Möglicherweise stehen 300 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel; ein Vertrauensverlust.
Eine Epidemie macht nicht vor Grenzen halt. Ich sage Ihnen, Herr Kommissar: Sie macht nicht vor Grenzen halt!
Wir fordern Verantwortlichkeit für das, was bisher nicht getan wurde, für das, was wir sofort tun müssen, denn in Deutschland besteht momentan die Gefahr weiterer Infektionen – es hat die höchste Zahl an Erkrankten – aber das ist nicht die Schuld Spaniens. Wir fordern Entschädigung.
Isabelle Durant (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wie Sie gesagt haben, ist das Problem kein lokales, selbst wenn es lokal begrenzt auftritt. Ich wünsche mir, dass Sie dies noch lauter und deutlicher sagen, denn wir brauchen wirklich mehr Instrumente und mehr europäische Koordination in diesen Fragen.
Die Botschaft war bisher äußerst konfus und folgenschwer, auch für die spanischen Erzeuger, aber nicht nur für sie, denn es gibt auch andere Betroffene. Dieser Punkt wurde gerade eben mehrfach erwähnt.
Es ist sicherlich wichtig, ein Gleichgewicht zwischen frühzeitigen Warnungen auf der einen und Transparenz auf der anderen Seite zu finden. Allerdings ist mit Vorsorge oder dem Vorsorgeprinzip nicht gemeint, dass wir Informationen zufällig und viel zu schnell weitergeben sollten. Die Dinge sollten daher richtig gestellt werden, und die Verantwortlichen für die verfrühte Warnung sollten auch diejenigen sein, die Entschädigung zahlen. Das ist es, worüber Sie heute Nachmittag diskutieren werden. Das ist es, was wichtig ist, auch wenn meine Besorgnis, wie die eines jeden, zuallererst auf jeden Fall den Opfern gilt. Dennoch, die Landwirte warten auf die Entschädigung, die ihnen zusteht.
Im Übrigen sind Antibiotikaresistenzen und die Rückverfolgbarkeit weiterhin Kernpunkte, mit denen wir uns weiter beschäftigen müssen.
Diane Dodds (NI). – Herr Präsident! Angesichts der 22 Todesfälle in der EU und der mehr als 2 000 Personen, die als Folge des anhaltenden Ausbruchs von Infektionen mit E. coli in ganz Europa zur Behandlung eingeliefert werden mussten, sollte dieses Parlament all jenen, die einen Angehörigen verloren haben, sein Mitgefühl aussprechen und allen Erkrankten eine gute Genesung wünschen.
Der Verbraucher erwartet Lebensmittel, die qualitativ hochwertig, sicher und rückverfolgbar sind. Dass die Quelle dieses Ausbruchs noch immer im Unklaren liegt und dass die Suche nach Antworten zeitweise planlos erschien, hat zu einem rapide fortschreitenden Verlust an Konsumentenvertrauen geführt. Wirtschaftlich gesehen sind es die Landwirte, die im weiteren Verlauf zu leiden haben werden – Landwirte, deren Erzeugnisse vollkommen sicher sind.
Wir müssen in einer solchen Situation auch zur Besonnenheit aufrufen. Die nationalen Regierungen waren schnell mit Schuldzuweisungen bei der Hand. Auch wir in Großbritannien haben in der Vergangenheit unter einer ähnlichen Panikmache rund um unser Obst und Gemüse zu leiden gehabt, und dieses spekulative Spiel mit Anschuldigungen muss aufhören. Gestatten Sie mir auch die Bemerkung, dass dieses Parlament es immer wieder eilig hat, Verordnungen zu erlassen. Bevor es dies tut, muss uns eine vollständige und gründliche Untersuchung der Fakten vorliegen.
Teresa Jiménez-Becerril Barrio (PPE). – (ES) Herr Präsident! Die Opfer sind das Wichtigste, und sie sind es auch, die uns heute hier zusammenführen, denn niemand sollte in diesem Moment sich schutzloser fühlen als wir, die europäischen Verbraucher. Darüber hinaus brauchen wir mit Rücksicht auf die Opfer Klarheit und Verantwortlichkeit.
Meine Verantwortlichkeit ist es, die deutschen Behörden zu verurteilen, die fälschlich und überhastet Gurken aus Spanien, genauer gesagt aus den Kooperativen von Malaga und Almeria, die Schuld gegeben haben; dies waren mustergültige Betriebe, die sich nach diesen Anschuldigungen nicht mehr erholen werden.
Tausende arbeitsloser Familien fragen sich, warum – und sie brauchen eine Antwort – und insbesondere wollen sie wissen, was sie in Zukunft erwartet, nicht nur in Andalusien, sondern in der ganzen europäischen Landwirtschaft.
Daher fordere ich heute, auch in der Hoffnung, dass die Experten bald die Lösung finden werden, dass die Kommission, wenn sie mit dem Rat spricht, sofortige und angemessene wirtschaftliche Maßnahmen verlangt, im Sinne aller Erzeuger in Andalusien und in ganz Europa, die mit Empörung auf uns schauen, aber auch mit Hoffnung.
Antonio Masip Hidalgo (S&D). – (ES) Herr Präsident! Anstatt den europäischen Nachforschungen und der europäischen Kooperation Priorität einzuräumen, haben die deutschen Behörden die Gurkenerzeuger und andere verleumdet und vorschnell verurteilt. Dennoch ist in Deutschland niemand zurückgetreten oder hat Wiedergutmachung für den angerichteten Schaden angeboten. Es ist Deutschland, das ein ernsthaftes Glaubwürdigkeitsproblem hat. Die Behandlung der südlichen Staaten durch Frau Merkel, sowohl im Hinblick auf die Landwirtschaft als auch in Finanzfragen, ist nicht hinnehmbar.
Jemand hat einmal gesagt, Frau Merkel sei eine Schülerin von Adenauer und Kohl. Sie ist nichts dergleichen: Es mangelt ihr an Charakterstärke.
Bart Staes (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wir müssen offensichtlich aus den Fehlern lernen, die gemacht worden sind. Da ist das Koordinationsproblem in Deutschland – verschiedene deutsche MdEP, sowohl Angehörige der Regierungs- als auch der Oppositionsparteien, haben dies auch gesagt – mit den zwei Bundesministerien, den 16 Ländern und der mangelnden Koordination.
Es muss ein strenges nationales Überwachungssystem geben, und man muss sich ansehen, wie dieses in Deutschland, aber vor allem auch in den übrigen 26 Mitgliedstaaten funktioniert. Im Moment zeigen wir mit dem Finger auf Deutschland, aber vielleicht wird es bald unser eigener Mitgliedstaat sein, auf den wir zeigen müssen. Wir müssen daher die Frage stellen, ob die internen Überwachungssysteme in allen Mitgliedstaaten stark genug sind. Die bestehenden europäischen Systeme – da hat Frau Roth-Behrendt völlig Recht – funktionieren. Vielleicht gibt es einen Mangel an Koordinierung. Jedenfalls gab es sicherlich einen Mangel an Kommunikation. Darauf sollten wir folglich unsere Aufmerksamkeit richten.
Zuallererst möchte ich Sie, Herr Kommissar, fragen, ob Sie auf die unter anderem von Herrn Leinen und Frau Roth-Behrendt gestellte Frage, ob Sie eine wirklich europäische Lösung vorlegen werden, antworten. Zweitens, können Sie uns sagen, was Sie im Landwirtschaftsrat tun werden und wie Sie den geschädigten Landwirten die Verluste ersetzen werden?
Gabriel Mato Adrover (PPE). – (ES) Herr Präsident! Gerade in Krisensituationen zeigt sich die Effizienz von Organen, und wie viel Vertrauen man zu ihnen hat. In diesem Fall hat ihre Arbeit sehr zu wünschen übrig gelassen.
Die Kommission hat eindeutig gesagt, dass der Verdacht gegen spanische Gurken nicht bestätigt wurde. Nein, Herr Kommissar: bestätigt wurde, dass die Verdächtigungen unbegründet und unverantwortlich waren und dass ihnen keine objektiven Daten zugrunde liegen; bestätigt wurde, dass es 23 Tote gibt und dass der spanische Gartenbausektor enormen Schaden genommen hat.
Bestätigt wurde auch, dass die Kommission tun muss, was sie bisher nicht getan hat, nämlich an verschiedenen Fronten überzeugend auftreten: Stoppen Sie den Ausbruch; verhindern Sie, dass unbegründeten Verdächtigungen auch nur ein Hauch von Glaubwürdigkeit verliehen wird, was ernste Folgen für einen Mitgliedstaat – in diesem Fall Spanien – hätte, indem Sie die notwendigen Maßnahmen ergreifen; ersetzen Sie unverzüglich die entstandenen Schäden und geben Sie der Marke „Spanien” ihr Image als Erzeuger von sehr hochwertigen landwirtschaftlichen Produkten zurück.
Judith A. Merkies (S&D). – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wir befinden uns mitten in einer Krise, und, um die Wahrheit zu sagen, wir haben im Moment Wichtigeres zu tun als mit dem Finger auf andere zu zeigen und anderen die Schuld zuzuweisen. Mitten in einer Krise sollte man nichts anderes tun als seine Entscheidungen treffen und die Krise bewältigen, ehe man irgendetwas anderes tut. Alles weitere kann später diskutiert werden. Oberste Priorität hat, für die Patienten eine Therapie gegen diese antibiotikaresistenten Bakterien zu finden und die Spur zur Quelle des Ausbruchs zurückzuverfolgen. Darüber hinaus müssen wir vor allem gut miteinander kommunizieren, damit uns die Gratwanderung gelingt, die Patienten, Verbraucher und Erzeuger zu informieren, ohne dabei jemandem Unrecht zu tun.
Dann können wir unsere Aufmerksamkeit der Frage zuwenden, wie gut oder schlecht unser Krisenmanagement wirklich funktioniert. Dies wird sicher nicht die letzte Krise gewesen sein. Wer ist zuständig? Zu viele Behörden sind beteiligt, und jemand muss die Führung übernehmen. Darum muss es heute in den Gesprächen zwischen Ihnen und dem Rat gehen. Wie wird es künftig um die Führung bestellt sein, und wer wird diese Rolle übernehmen? Der Einsatz von Antibiotika, ob beim Menschen oder bei Tieren, ist uns wirklich ein Dorn im Auge. Da gibt es große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Und nicht zuletzt muss es Entschädigungen für den entstandenen Schaden geben. Um es auf den Punkt zu bringen, wir brauchen Klarheit und Tatkraft.
Angelika Werthmann (NI). - Herr Präsident! EHEC ist das Wort der vergangenen Woche. Unser Mitgefühl gilt auf jeden Fall zunächst einmal den Opfern. Im Sinne der Gesundheit der Bevölkerung haben die Behörden die Pflicht, diese zu informieren. Das Wohl der Menschen steht über allem.
In den USA gibt es dazu ein Frühwarnsystem. Fakt ist, dass es über 2000 Infektionen gibt und mehr als 20 Menschen gestorben sind. Es ist die Pflicht, zu sagen, wo dieser Keim ist. Er war auf den spanischen Gurken, und da sollte er nun einmal ganz sicher nicht sein, denn ein Fäkalkeim hat auf einem Lebensmittel absolut nichts verloren.
Was die wirtschaftliche Entschädigung betrifft, hat der Verursacher zu zahlen und ganz sicher nicht die anderen. Abschließend möchte ich noch bemerken, dass der Rat während der gesamten Diskussion zu diesem Thema nicht anwesend war.
Bogusław Sonik (PPE). – (PL) Herr Präsident! Vielen Dank, dass Sie mir Gelegenheit geben, in einer so wichtigen Aussprache das Wort zu ergreifen. Für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union ist es wichtig, dass die europäischen Institutionen auf vielen Gebieten effizient arbeiten, dazu gehört verständlicherweise auch die Verhinderung der Ausbreitung aller Arten von Krankheiten in jedem Teil der Europäischen Union. Allerdings sollten für die Prävention im Bereich der Gesundheit und der Lebensmittelsicherheit zuständige Organe vor allem immer Wege parat haben, um eine Panik zu vermeiden. Diese Institutionen sollten völlig unabhängig sein von den Regierungen der Mitgliedstaaten, und sie sollten im Falle einer Krise sogar mit Exekutivvollmachten ausgestattet sein.
Dieses Mal ist es uns nicht gelungen, eine Panik zu vermeiden. Dies hat dazu geführt, dass die Verluste in die Millionen gehen, und auch polnische Landwirte sind betroffen. Der Preis für Gemüse auf dem polnischen Markt ist im Verlauf einer Woche um zwei Drittel gefallen. Die Gemüseerzeuger machen jeden Tag Verluste in Höhe von 2 Mio. PLN. Vor einigen Monaten haben wir wegen der Schweinegrippe Alarm geschlagen. Die europäischen Institutionen wurden damals den Erwartungen nicht gerecht und konnten nicht verhindern, dass sich in der ganzen Europäische Union eine Panik ausbreitete. Nun ist etwas Ähnliches passiert.
Marc Tarabella (S&D). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die Solidarität muss Vorrang haben: Dies ist eines der Gründungsprinzipien der Europäischen Union, aber die Solidarität darf nicht einigen Akteuren als Vorwand dienen, sich vor ihrer Verantwortung zu drücken.
Es ist nicht in Ordnung, dass die deutschen Behörden in einer Tragödie, die ihre Grenzen schon seit dem Ende ihrer ersten Pressekonferenz, als sie fälschlicherweise spanischen Gurken die Schuld gaben, überschritten hat, nicht von Anfang an der Europäischen Union den Vortritt gelassen haben. Es ist nicht in Ordnung, haltlose Anschuldigungen vorzubringen, unsichere Informationen weiterzuleiten und so viel Verwirrung zu stiften. Es ist nicht in Ordnung, dass man sich über alle Prinzipien der Krisenkommunikation in dieser Weise hinweggesetzt hat. Deswegen hat sich die Krise in eine Hysterie verwandelt. Diese Gerüchte und Hexenjagden, die von eben jenen Behörden geschürt wurden, haben enormen Schaden angerichtet; sie lassen einen Mangel an Verantwortungsgefühl erkennen. Das Band des Vertrauens zwischen Verbrauchern und Erzeugern ist einmal mehr zerrissen worden.-
Lassen Sie uns dafür sorgen, dass diese Tragödie nicht auch noch eine furchtbare Verschwendung ist, indem wir wichtige Lehren aus ihr ziehen: Wir müssen uns entscheiden, wie wir am besten ein robustes, grenzübergreifendes Rückverfolgbarkeitssystem und europäische Stellen für Kommunikation und Krisenmanagement einrichten. Wenn wir nicht schnell die Lehren aus diesem Fehlschlag ziehen, werden 23 Menschen umsonst gestorben sein.-
John Dalli, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Ich möchte Ihnen und auch allen Abgeordneten, die zu dieser Aussprache beigetragen haben, danken. Leider fehlt mir die Zeit, um auf jede einzelne der interessanten Stellungnahmen einzugehen, aber ich kann Ihnen versichern, dass wir die in diesem Parlament zum Ausdruck gebrachte Stimmung zur Kenntnis genommen haben. Wie ich gesagt habe, werde ich heute der Sitzung des Rates der Agrarminister beiwohnen. Morgen bin ich in Berlin, um zusammen mit unseren dortigen Experten an einer Koordinierungssitzung des Bereichs der Lebensmittelsicherheit und des Gesundheitsbereichs teilzunehmen.
Mein Hauptanliegen ist es, dass nicht noch mehr Menschen ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen: Dies ist mein vordringlichstes Ziel. Ich konzentriere mich darauf, dass alle Mittel mobilisiert werden, damit die Ursache des Ausbruchs schnell gefunden wird. Wir haben am 30. Mai 2011 die Krisenstelle eingerichtet und waren zu diesem Zeitpunkt auf Kommissionsebene vollständig handlungsbereit. Meine Gesundheitsabteilung hat das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) mobilisiert, und dieses hat seine Mitarbeiter in Krisenbereitschaft versetzt, um so schnell wie möglich wissenschaftliche Beurteilungen durchführen zu können.
Die Kommission hat das ECDC sofort gebeten, eine wissenschaftliche Beurteilung vorzunehmen. Die Kommission hat die Maßnahmen zur Einschätzung in täglichen Treffen mit Experten der Mitgliedstaaten koordiniert: Gemeinsame Falldefinitionen, Fallberichterstattung und Patientenfragebögen, der Austausch von Behandlungsperspektiven sowie Hygieneregeln für die Öffentlichkeit sind nur einige der Ergebnisse, die wir innerhalb von sehr kurzer Zeit erreicht haben.
Wir müssen sehr vorsichtig sein, und wir müssen die Dinge nüchtern betrachten. Im Nachhinein ist es für jeden von uns leicht, über andere zu Gericht zu sitzen und die Lage zu kommentieren, ganz anders ist es, wenn man sich mitten in einer Krise im Auge des Sturms befindet. Wir müssen mit unseren Aussagen und unserer Kritik vorsichtig sein, denn auch wenn man – wie ich es tue – darauf besteht, dass Entscheidungen auf der Basis fundierter Belege zu treffen sind, sollten wir dennoch nicht diejenigen verschrecken, von denen verlangt wird, riskante Entscheidungen zu treffen, manchmal in schwierigen Situationen, und die anschließend befürchten müssen, sich auf der Anklagebank wiederzufinden und dass jedermann ein Urteil über ihre Entscheidungen spricht. Ich denke, dieser Aspekt des Krisenmanagements ist sehr wichtig.
Dasselbe gilt für die Prüfung und die Kontrolle der Informationen, die sich im Umlauf befinden. In Europa haben wir ein System, das uns eine schnelle Kommunikation erlaubt, und um schnell kommunizieren zu können, wenden wir das Subsidiaritätsprinzip an – wir schauen auf die niedrigstmögliche Ebene als die Basis, an der die Kommunikation beginnen sollte. Wir müssen vorsichtig sein, denn wenn wir anfangen, eine Prüf- und Kontrollebene nach der anderen hinzuzufügen, um die im Umlauf befindlichen Informationen zu bestätigen, verfehlen wir den Zweck der Schnelligkeit, und in Situationen, in denen es um die Gesundheit geht, manchmal um Leben und Tod, ist schnelles Handeln von äußerster Wichtigkeit.
Was die Informationen betrifft, wir stellen sie kontinuierlich zur Verfügung, sobald sie uns vorliegen. Diesbezüglich sind wir in der Kommission einer Meinung, dass eine koordinierte und schnelle Kommunikation ein zentrales Element des Risikomanagements ist. Wenn Sie sich erinnern, 2009 und 2010 haben wir als Konsequenz aus unseren Erfahrungen mit H1N1 ein System zur Koordinierung der Kommunikation im Bereich der öffentlichen Gesundheit eingerichtet, und unser Gesundheitssicherheitsausschuss in der EU verfügt über ein Netz von Kommunikationsmitarbeitern. Wir werden die regionalen Akteure und auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) effizienter in diesen Prozess einbinden müssen. Erst gestern habe ich am Telefon mit Margaret Chan, der Generaldirektorin der WHO, über diesen Aspekt der Koordinierung von Informationen und der Gewährleistung einer umfassenden Koordination noch vor jeglichen Kommunikationsmaßnahmen gesprochen.
Wir werden uns genau ansehen, was passiert ist, und eingehendere Untersuchungen und Analysen vornehmen. Wenn wir uns erst sicher sind, dass der Kontamination Einhalt geboten wurde, werden wir uns darauf konzentrieren, was im Bereich der Information vorgefallen ist, im Hinblick auf Untersuchungsprotokolle und die allgemeine Koordination bei Ausbruch der Krise, und dann werden wir darüber nachdenken, ob wir mehr Instrumente und einer engere Abstimmung innerhalb Europas brauchen. Dies kann ein Teil der Antwort sein, aber wie Sie sagen, werden dazu sehr viele Gespräche sowohl hier im Parlament als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten nötig sein.
Zur Frage der Entschädigungen, dieses Thema wird heute Nachmittag im Rat der Agrarminister besprochen werden, und ich bin sicher, dass mein Kollege, Kommissar Cioloş, sein Bestes tut, um Mittel und Wege zur Entschädigung unserer Landwirte, die in der Folge dieses Problems Einbußen erlitten haben, zu finden und auszuarbeiten.
VORSITZ: Alejo VIDAL-QUADRAS- Vizepräsident-
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
János Áder (PPE) , schriftlich. – (HU) Der jüngste deutsche Lebensmittelsicherheitsskandal hat unsere Aufmerksamkeit wieder einmal auf die Mängel der angemessenen Beaufsichtigung gelenkt. Das Vertrauen der Verbraucher in die Sorgfalt der Lebensmittelhersteller und nicht zuletzt in die professionelle Arbeit der Aufsichtsbehörden ist wieder einmal erschüttert worden. In einem gut funktionierenden Rechtsstaat haben die Verbraucher guten Grund zu glauben, dass die Lebensmittel, die auf ihrem Tisch landen und die sie ihren Kindern geben, für den Verzehr geeignet sind. Dieses Vertrauen ist nun leider nicht zum ersten Mal erschüttert worden. Man muss nur an den Skandal mit vergifteten Tomaten in Ungarn denken, aber man könnte auch den Skandal mit Dioxin verseuchtem Schweinefleisch in Deutschland im Januar erwähnen. Diese traurigen Vorkommnisse lenken unsere Aufmerksamkeit immer wieder auf die Tatsache, dass der Staat die behördlichen Kontrollen verstärken und gegen Mängel oder Verstöße strengstens vorgehen muss. Es ist schließlich vollkommen unmöglich, von den Bürgerinnen und Bürgern zu verlangen, dass sie diese Arbeit für den Staat erledigen. Wir können nicht zu Lebensmittelwissenschaftlern ausgebildet werden oder Labore zur Lebensmittelkontrolle in unseren Häusern einrichten. Stattdessen lautet die richtige Lösung, schärfste Strafen gegen diejenigen zu verhängen, die gegen die Verordnungen verstoßen, und sich nicht vor Unternehmensschließungen zu scheuen.
Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich. – (PT) Zuallererst möchte ich meine Verbundenheit mit den Familien der Opfer bekunden. Die EU und die Mitgliedstaaten sollten ihre Ressourcen in der unmittelbaren Zukunft darauf richten, den Kontaminationsherd ausfindig zu machen, um dem Ausbruch und den dadurch verursachten Todesfällen Einhalt zu gebieten sowie das Vertrauen der Verbraucher in die Lebensmittelkette wiederherzustellen, da es ansonsten unmöglich ist, unseren Landwirten aus ihrer Verzweiflung herauszuhelfen. Dazu müssen die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit und die Gesundheitsminister der Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. Dies geht aufgrund des katastrophalen Krisenmanagements in Deutschland nur langsam voran. Die EU darf ihre Landwirte in dieser Lage nicht im Stich lassen. Sie muss einen Mechanismus einrichten, um sie zügig für die massiven negativen Folgen dieser Krise zu entschädigen, die bereits das Überleben vieler Höfe gefährden. Der Verbraucherschutz ist von höchster Priorität, aber wir müssen unsere Verfahren korrigieren. Es ist von entscheidender Bedeutung, festzulegen, wer eine Warnung herausgibt und wann und wie sie herausgegeben werden sollte, um ein Informationschaos zu verhindern, wie wir es jetzt beobachtet haben. Dies hatte katastrophale Folgen, während die Quelle des Problems noch nicht identifiziert worden ist. Wir brauchen außerdem klare Maßnahmen seitens gesamteuropäischer Gremien.
Ivo Belet (PPE), schriftlich. – (NL) Unsere Sorge gilt zuallererst den Opfern dieser Epidemie und ihren überlebenden Familienangehörigen. Diese abscheuliche Situation darf sich nicht wiederholen; wir müssen daraus schnellstens Lehren ziehen, damit wir in Zukunft schneller ermitteln können, was die Ursache ist, und um effizienter und koordinierter zu kommunizieren. Dieser Bereich, die Kommunikation und die schlechte Absprache zwischen Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht, ist ein bedauernswertes Versagen. Es ist ein sehr großer wirtschaftlicher Schaden entstanden, den man auf jeden Fall hätte vermeiden können, wenn man in der Krise sorgfältiger kommuniziert hätte. Die betroffenen Unternehmer haben ein Anrecht auf Entschädigung. Wir fordern daher die Einrichtung eines europäischen Notfallfonds. Zusätzliche nationale Unterstützungsmaßnahmen hätten den gleichen Effekt, als würde man ein Pflaster auf einen gebrochenen Arm kleben, und sind kaum ein Zeichen für ernsthafte europäische Solidarität. Wie Kommissar Dalli hier heute Morgen erklärt hat, handelt es sich dabei nicht um ein nationales Problem Deutschlands; es ist ein europäisches Problem. Lassen Sie es uns daher in einem europäischen Kontext bewältigen. Diese Krise bietet auch eine Gelegenheit, um es den europäischen Bürgerinnen und Bürgern klar zu machen, dass Europa die Opfer einer derartigen Katastrophe der öffentlichen Gesundheit nicht im Stich lassen wird.
Sergio Berlato (PPE), schriftlich. – (IT) Die Ermittlung der Quelle des E. coli-Ausbruchs erweist sich als kompliziert. Es wird vermutet, dass Bohnensprossen der Infektionsherd sind und den Tod von 20 Menschen in Europa und weitere etwa 300 diagnostizierte schwerwiegende Fälle allein in Deutschland verursacht haben, wobei die jüngsten Testergebnisse mit Proben von Bohnensprossen negativ waren. Die unmittelbare Folge des Ausbruchs war ein spürbarer Rückgang des Obst- und Gemüseverbrauchs in Europa. Obwohl derzeit keine belastbaren Zahlen über das Ausmaß der Verluste auf dem europäischen Gartenanbausektor nach der E. coli-Krise verfügbar sind, wird der wirtschaftliche Schaden dieses Sektors sicher beträchtlich sein. Da ich bereits eine parlamentarische Anfrage zu diesem Thema eingereicht habe, nutze ich die Gelegenheit in diesem Plenum, um die Notwendigkeit zu betonen, dass die Union sich zur Unterstützung der europäischen Produzenten in diesem Sektor mit den der Ernsthaftigkeit dieser Krise angemessenen Instrumenten verpflichtet. Ich mache die Kommission auch darauf aufmerksam, dass sie die Einführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Konservierung von Obst und Gemüse sowie eine Verstärkung der Kontrolle von deren Verpackung erwägen sollte.
Spyros Danellis (S&D), schriftlich. – (EL) Angesichts dessen, dass die Lebensmittelsicherheit in der EU zum zweiten Mal innerhalb von sechs Monaten in den Nachrichten ist, und angesichts der Anzahl der Toten handelt es sich um keinen Lebensmittelskandal; es handelt sich um eine Lebensmittelkrise. Zwei Wochen sind vergangen und wir haben übereilt Anschuldigungen geäußert und ein Glaubwürdigkeitsproblem geschaffen, noch bevor wir die Ursache gefunden haben.
Wir haben die Hersteller geschwächt, die, obwohl sie ihre Arbeit richtig erledigt haben, sich in der Lage des Sündenbocks befinden und heute immer noch den Preis bezahlen. Wir haben das Vertrauen der Verbraucher in Europa und außerhalb geschwächt. Wir haben einen Riss in unseren Handelsbeziehungen und in der internen Kohäsion erzeugt. Diese Krise stellt das europäische Agrarmodell selbst infrage und stellt das Funktionieren des Binnenmarktes auf die Probe. Es reicht nicht mehr zu erklären, wer und was die Schuld trägt. Die Kommission sollte dauerhafte korrektive Maßnahmen ergreifen, zu denen die Rückverfolgbarkeit gehört, die auch ein vorrangiges Ziel sein sollte.
Anne Delvaux (PPE), schriftlich. – (FR) Im Zusammenhang mit dem zur Debatte stehenden Thema sollten verschiedene Punkte angesprochen werden, wobei ich hier die Sorgen meiner Mitbürgerinnen und Mitbürger übermittle.
Erstens müssen die europäischen Verbraucher wissen, was sie essen. Somit ist es von entscheidender Bedeutung zu gewährleisten, dass die landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf europäischer Ebene vom Bauernhof bis auf den Tisch verfolgbar sind.
Zweitens müssen wir Deutschland dazu auffordern, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um den Ursprung des Bakteriums zu finden. In dieser Hinsicht begrüße ich den Beschluss der Kommission, Fachleute nach Deutschland zu entsenden. Die Kommission muss ihre Arbeit jedoch in größerem Umfang ausführen und prüfen, ob alle Kontroll-, Analyse- und Forschungssysteme richtig angewendet worden sind, da wir unser Frühwarnsystem für Lebensmittel verbessern und stärken müssen.
Drittens sollten in ganz Europa Kontrollen durchgeführt werden, um zu gewährleisten, dass die Überwachungssysteme wirksam sind.
Viertens und abschließend dürfen wir nicht die Landwirte vergessen, die man schlecht behandelt hat: Sie sind fälschlich verdächtigt worden, ohne irgendetwas getan zu haben! Und es wird noch viele weitere geben, die unter dem Vertrauensverlust der Verbraucher zu leiden haben werden. Daher muss Europa bei der Unterstützung angemessener Entschädigungsmaßnahmen geeint sein.
Elżbieta Katarzyna Łukacijewska (PPE), schriftlich. – (PL) Im Hinblick auf die Debatte über den EHEC-Ausbruch in den Mitgliedstaaten der EU möchte ich darauf aufmerksam machen, dass infolge der Beschlüsse der EU und von Nicht-EU-Ländern Grenzen geschlossen worden sind, um den Markt vor einer Einfuhr von Gemüse aus Ländern, in denen der Infektionsherd vermutet wird, zu schützen. Die Informationen, die wir von Gemüseproduzenten erhalten, sind Besorgnis erregend. Die Händler verzeichnen, dass die Kunden keine Gurken, Tomaten oder sonstigen Gemüsesorten mehr kaufen. Sie erleiden riesige finanzielle Verluste, da sie gezwungen sind, die gesamten Lieferungen wegzuwerfen oder sie für erheblich weniger zu verkaufen, als sie dafür bezahlt haben. Die Produzenten wenden sich vom Gemüseanbau ab, was bedeutet, dass sie andere Dinge produzieren, was wiederum bedeutet, dass Arbeitskräfte entlassen werden. Wenn die Vorhersagen weiterhin so verstörend sind und wir den Infektionsherd nicht finden, werden die Unternehmen gezwungen sein, die Geschäftstätigkeit einzustellen, da sie nicht mehr liquide sind. Ich denke, die Europäische Union verfügt über die verwaltungstechnischen Instrumente, die eine schnelle Reaktion auf derartige Fälle erlauben, weswegen wir überlegen sollten, wie man das System verbessern kann, um es effektiver zu machen. Da wir über diese Instrumente verfügen, sollten wir den Infektionsherd so schnell wie möglich finden, damit die Gemüseproduzenten keinen weiteren Verlusten ausgesetzt sind.
Katarína Neveďalová (S&D), schriftlich. – (SK) Die Gesellschaft muss sich nun langsam an die Tatsache gewöhnen, dass es jedes Jahr eine Epidemie geben wird – zuerst war es die Vogelgrippe, dann die Schweinegrippe und nun sind es Bakterien im Frischgemüse.
Diese Epidemie wird außerdem zu Opfern und erheblichen finanziellen Verlusten führen. Der Hauptunterschied zu bisherigen Epidemien besteht meiner Meinung nach darin, dass wir den Infektionsherd immer noch nicht zweifelsfrei identifiziert haben – erst waren es (spanische) Gurken und jetzt sind es (deutsche) Bohnensprossen.
Es werden auch Fragen nach den Fehlern gestellt, die Mitgliedstaaten gemacht haben. Damit meine ich die Fehler, die Deutschland gemacht hat, das Hilfe von der Kommission abgelehnt und versucht hat, die Krise selbst zu lösen. Die falschen Beschuldigungen haben den spanischen Landwirten enorme finanzielle Verluste verursacht und wahrscheinlich nicht nur ihnen, sondern auch dem gesamten Agrarsektor.
Die Europäische Kommission hat gestern eine Entschädigungssumme von 150 Mio. EUR für Gemüsebauern vorgeschlagen, denen infolge der Darminfektion in Deutschland Schäden entstanden sind. Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, eine Entschädigung für die, wie im Fall Spaniens, begangenen Fehler auszuhandeln. Die jüngsten Entwicklungen deuten darauf hin, dass der einzige eingetretene Schaden die finanziellen Verluste für die europäischen Landwirte waren. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass Dutzende Opfer in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union den höchsten Preis für diese Epidemie bezahlt haben. Es ist unsere Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, damit vergleichbare Irrtümer und Ausbrüche nicht mehr auftreten.
Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich. – (RO) Die erste Klarstellung, die gemacht werden muss, da im Plenum dazu eine Bemerkung gemacht worden ist, lautet, dass die Agrarpolitik angesichts einer derartigen Krise nicht das Problem, sondern die Lösung ist. Gerade weil die europäischen Produzenten dazu verpflichtet sind, sich an die höchsten Qualitätsstandards der Welt zu halten, sind die europäischen Verbraucher daran gewöhnt, Vertrauen in die Lebensmittel zu haben, die sie in den Supermarktregalen finden. Diese Krise hat jedoch aufgezeigt, dass das europäische System nicht unfehlbar ist und dass wir äußerst verwundbar sind. Wir müssen jetzt tatsächlich hauptsächlich an die Opfer denken. Das Geschehene ist eine Tragödie. Gleichzeitig müssen wir auch an die Unterstützungsmaßnahmen denken, die benötigt werden, um den Verlust Tausender Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und vor allem die Zerstörung eines ganzen Sektors zu verhindern.
Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Der neue Lebensmittelskandal, bei dem ein neues, hypertoxisches Bakterium in Erscheinung getreten ist, das bereits zu Dutzenden Todesfällen geführt und der Gesundheit Tausender Arbeiter ernsthaft geschadet hat, reiht sich in die lange, scheinbar endlose Liste der Lebensmittelskandale in der EU ein. Dabei handelt es sich tatsächlich um ein Verbrechen der internationalen Unternehmen, die die Lebensmittelkette vergiften und Menschenleben und die Gesundheit der Arbeiter opfern, um ihre Profite zu erhöhen. Die neue Lebensmittelepidemie zeigt, dass die EU die Menschenleben und die öffentliche Gesundheit weder schützen kann noch wird, da sie als länderübergreifende Union der Monopole versprochen hat, den Profiten des Kapitals zu dienen und sie zu schützen und nicht das Leben der Arbeiter. Das einzige Ziel dieser unbegründeten Beschuldigungen – für die es keine wissenschaftliche Grundlage gibt – der deutschen Behörden gegenüber den kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben in den Mitgliedstaaten des Südens der EU, die die EU schnellstens übernommen und somit ernsthafte Schäden für die Landwirte in diesen Ländern verursacht hat, war es, die volksfeindliche und gefährliche Natur der GAP und die Verantwortung der EU, der bürgerlichen Regierungen und der Monopolkonzerne zu verdecken und zu verschleiern, die nicht davor zurückschrecken, den Arbeitern hochgiftige, für deren Gesundheit schädliche Lebensmittel zu essen zu geben, wenn sie dadurch die Profite des Kapitals maximieren können.
Kathleen Van Brempt (S&D), schriftlich. – (NL) Die Art der Reaktion auf den EHEC-Ausbruch in Norddeutschland wirft wichtige Fragen auf. Zunächst müssen wir über die Ursachen dieses Ausbruchs und die Faktoren nachdenken, die seiner Bekämpfung im Weg standen. Gibt es im Viehfutter zu viele Antibiotika? Trifft es zu, dass wir uns mit dem überintensiven Wesen der Landwirtschaft keinen Gefallen tun? Inwieweit brauchen wir eine bessere Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit? Insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt, an dem die Überprüfung der gemeinsamen Agrarpolitik bevorsteht, sind dies wichtige Fragen.
Außerdem ist es auch deutlich geworden, dass es im europäischen System zum Krisenmanagement für die Lebensmittelkrisen beträchtliche Schwächen gibt. Insbesondere angesichts des Wesens dieser Situation, in der es neben der Bundesregierung auch zwei zuständige Ministerien für jede Region gibt, gibt es zu viel Fragmentierung und es fehlen ein klarer Ansatz und eine klare Kommunikation in Bezug auf die Krise. In derartigen Krisen ist es sowohl für die Verbraucher als auch für die Lebensmittelhersteller von entscheidender Bedeutung, dass so schnell wie möglich eine europäische Koordinierungsstelle eingerichtet wird, um sich sowohl um die Kommunikation als auch um die Koordinierung der wissenschaftlichen Untersuchung zu kümmern. Dadurch wird eine schnellere und effizientere Untersuchung der Ursachen eines Ausbruchs ermöglicht, indem man auch das Fachwissen anderer europäischer Forscher und Labore voll nutzt.