Ausführliche Sitzungsberichte

Dienstag, 18. Mai 2021 - Brüssel

Jüngste Todesfälle im Mittelmeer und Such- und Rettungsaktionen auf hoher See (Aussprache)

  Dietmar Köster (S&D). – Frau Präsidentin! Flüchtlingsabwehr statt Menschenrettung –anstelle von Rettungsschiffen schickt die EU Frontex—Flugzeuge ins zentrale Mittelmeer. Frontex arbeitet in Abfang— und Pullback—Aktionen systematisch mit der sogenannten libyschen Küstenwache zusammen. Für diesen Völkerrechtsbruch gibt es zahlreiche Belege. Konsequenzen – keine.

Letzten Donnerstag stand der siebenundzwanzigjährige Flüchtling Mohamad auf Lesbos vor Gericht. Als das Schlauchboot, auf dem er und 33 weitere Personen saßen, in Seenot geriet, versuchte Mohamad, das Boot sicher an Land zu bringen. Dabei ertranken zwei Frauen. Nach dem griechischen Migrationsgesetz reicht die bloße Berührung des Steuerrads aus, um als Schleuser zu gelten. Konsequenzen? Mohamad H. wurde wegen Schmuggels und des Verschuldens des Todes von zwei Menschen angeklagt und zu 146 Jahren Freiheitsentzug verurteilt.

Das ist die bittere Realität in der Europäischen Union heute. Wenn wir konkret etwas tun wollen, um die humanitäre Krise auf dem Mittelmeer zu überwinden, wenn Menschen nicht mehr ertrinken sollen, dann appelliere ich an die Kommission und den Rat: Organisieren Sie endlich ein ziviles Seenotrettungsprogramm!