Parlamentarische Anfrage - E-0674/2003Parlamentarische Anfrage
E-0674/2003

Verfolgung, Prügelstrafe, Folter und Ermordung von Angehörigen der christlichen Bevölkerungsgruppe der Montagnard (Degar) durch die Behörden der Republik Vietnam

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-0674/03
von Marco Pannella (NI), Emma Bonino (NI), Marco Cappato (NI), Gianfranco Dell'Alba (NI), Benedetto Della Vedova (NI), Olivier Dupuis (NI) und Maurizio Turco (NI)
an die Kommission

Am 15. November 2002 wurde Y-Su Nie, ein Montagnard (Degar) aus dem Dorf Buon Mbhao (Distrikt Mdrak, Provinz Dak Lac) von den vietnamesischen Behörden verhaftet, weil er Christ war und weil er das Recht der Montagnard auf Grundbesitz einforderte. Diese Verhaftung wird auch im Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch vom 21. Januar 2003 mit dem Titel „Vietnam: New Assault on Rights in Central Highlands, Crackdown on Indigenous Montagnards Intensifies“ bestätigt.

 

Nach seiner Verhaftung wurde Y-Su Nie gefoltert, u.a. auch durch Elektroschock, und gab schließlich auf. Er wurde tagtäglich er aus dem Gefängnis geholt und musste öffentlich die Aktivitäten der Christen und von Kok Ksor, dem Präsidenten der Montagnard-Stiftung, vor den Bewohnern der Montagnard-Dörfer denunzieren. Am 30. Januar 2003 legten ihm Staatspolizisten Handschellen an und erklärten, dass er bald sterben würde, dass er aber, weil die vietnamesische Regierung mitleidsvoll sei, seine Familienangehörigen ein letztes Mal sehen dürfe. Nachdem ihm eine chemische Lösung injiziert worden war, wurde er freigelassen. Im Kreise der Familie erklärte er weinend: „Die Regierung hat mich zu euch kommen lassen, damit ich euch nur einige Momente sehen kann, denn die Polizei hat Gift in meinen Körper gespritzt.“ Y-Su Nie starb am nächsten Tag, den 31. Januar um 22.00 Uhr. Er wurde am 2. Februar 2003 beigesetzt.

 

H’ble Ksor, die über 80-jährige Mutter von Kok Ksor, dem Präsidenten der Montagnard-Stiftung, wurde am 7. Mai 2001 von den vietnamesischen Sicherheitskräften geschlagen und erlitt mehrere Rippenbrüche. Sie musste 3 Tage im Krankenhaus verbringen. Ihre gesundheitlichen Problem haben sich seither verschlechtert. Ihre Söhne waren gezwungen worden, im Fernsehen Anklagen gegenüber Kok Ksor zu verlesen. Sie aber hatte sich geweigert, dies zu tun und war deshalb verprügelt worden. Seither steht H’ble Ksor im Dorf Bon Broai ad Ayun Pa in der Region Gia Lai unter Hausarrest. Die Polizeikräfte, die sie weiterhin bedrohen, erlauben nicht einmal, dass die Familie ihr Medikamente schickt.

 

Kann die Kommission in diesem Zusammenhang folgende Fragen beantworten:

 

  Hat sie die vietnamesischen Behörden aufgefordert, der bereits Jahrzehnte dauernden Unterdrückung der Montagnard (Degar), die sich seit den friedlichen Kundgebungen vom Februar 2001 noch verschärft hat, ein Ende zu setzen?

 

  Hat sie Schritte unternommen – und wenn ja, welche –, damit die vietnamesischen Behörden den in den Schlussbemerkungen des UN-Menschenrechtsausschusses vom 27. Juli 2002 enthaltenen Forderungen (UN-Dok.CCPR/C/SR.2031) nachkommen, wie beispielsweise die Forderung, die Überwachung durch die UNO, andere internationale Organisationen und unabhängige NRO zuzulassen?

 

  Wird sie die vietnamesische Regierung weiterhin finanziell unterstützen, obwohl diese andauernd und wiederholt gegen die von ihr eingegangenen internationalen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte und damit gegen die in den abgeschlossenen Kooperationsabkommen enthaltenen Bestimmungen verstößt?

ABl. C 58 E vom 06/03/2004