Parlamentarische Anfrage - E-1355/2003Parlamentarische Anfrage
E-1355/2003

Vincenzo Mitidieri, seit 12 Monaten in besonderer Untersuchungshaft wegen des Vorwurfs, Chef einer mafiösen Vereinigung zu sein, trotz Freispruchs wegen Fehlens eines Tatbestands noch immer inhaftiert

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-1355/03
von Maurizio Turco (NI)
an die Kommission

Vincenzo Mitidieri, ist nach 12 Monaten Untersuchungshaft, für die Sonderregelungen angewandt werden (die in Italien unter „legge 41 bis“ bekannt sind), in der Strafvollzugsanstalt Terni mit dem Vorwurf der kriminellen Vereinigung mit mafiösem Hintergrund inhaftiert. Er wurde am 12. März 2003 vom Gericht in Matera freigesprochen, weil kein Tatbestand vorliegt. Obwohl er den Justizminister ersucht hat, die gegen ihn verhängten besonderen Haftbedingungen aufzuheben, hat er noch keine Antwort erhalten und befindet sich daher noch immer in verschärfter Haft.

 

Das italienischen Gesetz Nr. 279 vom 23. Dezember 2002 besagt:

 

a)  in Artikel 2 Absatz 2, Buchstabe e, dass „das Gericht innerhalb von 10 Tagen nach Eingang der Beschwerde (...) in nichtöffentlicher Sitzung entscheidet, (...) ob die Voraussetzungen für die Verhängung einer Untersuchungshaft vorliegen und wie deren Modalitäten auszusehen haben (...)“. Die etwa 700 Inhaftierten, die sich in Untersuchungshaft befinden und für die Sonderregelungen angewendet werden, haben das Vollstreckungsdekret spätestens am 31. Dezember 2002 erhalten. Viele haben innerhalb der vorgegebenen Frist von 10 Tagen Rechtsmittel eingelegt. Hinzu kommt, dass die italienischen Überwachungsgerichte  innerhalb der Frist von 10 Tagen über keines dieser Dekrete beraten haben und die Termine für die Verhandlungen auf 90 bis 180 Tage nach dieser Frist festgelegt haben;

 

b)  in Artikel 2 Absatz 2, 2. Teil, Buchstabe a, dass Durchführungsverordnungen „eines durch den Justizminister mit Gründen versehenen Erlasses bedürfen“. Zur Vorgehensweise der Prüfung der Vollstreckungsdekrete angesichts der Verhängung von Untersuchungshaft hat sich Giuseppe Ayala, ehemaliger Staatssekretär im italienischen Justizministerium, während der 21. Sitzung des „Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Phänomen der organisierten Kriminalität mit mafiösem Hintergrund und ähnlichen Phänomenen“ folgendermaßen geäußert: „(...) Ich habe wohl Hunderte von Verfügungen unterzeichnet, die Begründungen für ihren Aufschub, gehören zu den Dingen, die man „blind“ unterschreibt. Dies ist solch ein automatisierter Vorgang, so dass er von jedem durchgeführt werden kann, und es ist einfacher, wenn man dies tut, ohne dabei richtig hinzusehen. Dies sage ich, ohne dabei die Organe kritisieren zu wollen, die jeweils die Aufgabe hatten, Begründungen hierfür vorzubringen, sondern nur deshalb, weil es manchmal fast eine Probatio diabolica für sie ist“;

 

c)  in Artikel 1 Absatz 1, Buchstabe a, dass angesichts der schon erwähnten Inhaftierten, „(...) die Erlaubnis, einer Arbeitstätigkeit außerhalb der Haftanstalten nachzugehen, Hafturlaub sowie alternative Haftmaßnahmen (...) Inhaftierten nur in den Fällen erteilt werden (...), in denen diese mit den Justizbehörden zusammenarbeiten“. Diese Praktik gilt in den internationalen Übereinkommen der UNO und des Europarats als Foltermethode.

 

Kann die Kommission, angesichts der Artikel 6 und 7 des Vertrags über die Europäische Union mitteilen, ob die Kommission über Mittel verfügt, und falls ja, über welche, um die Beachtung der Artikel 6 und 7 des Vertrags über die Europäischen Union gewährleisten zu können? Kann die Kommission ferner mitteilen, welche internen Kommissionsverfahren im Falle des Eingangs von Beschwerden wegen Verstößen gegen besagte Artikel vorgesehen sind?

ABl. C 58 E vom 06/03/2004