Verletzung der Religionsfreiheit in Litauen
1.3.2004
SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-0778/04
von Maurizio Turco (NI)
an die Kommission
Unter Hinweis auf:
- Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union;
- Artikel 10 und 22 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union über die Religionsfreiheit und die Vielfalt der Kulturen und Religionen;
- die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 (insbesondere Artikel 9 und 14);
- die Stellungnahme der Kommission vom 19. Februar 2003 zu den Anträgen der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik auf Beitritt zur Europäischen Union;
- die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und an den Rat mit dem Titel „Legislativ- und Arbeitsprogramm 2004“ vom 29. Oktober 2003 (KOM (2003) 645 endg.);
- den internationalen Jahresbericht 2003 über die Religionsfreiheit des amerikanischen Außenministeriums;
- die politischen Kriterien von Kopenhagen im Hinblick auf das Recht auf Religionsfreiheit;
und in Anbetracht dessen, dass
- in Litauen gemäß der Verfassung dieses Landes die Lehre auf staatlicher und auf kommunaler Ebene sowie die Bildungseinrichtungen laizistisch sind;
- der stellvertretende Bildungsminister im Februar 2003 aufgrund einer Vereinbarung mit dem Heiligen Stuhl trotzdem zugestimmt hat, dass die katholischen Geistlichen bei der Einstellung von Religionslehrern in öffentlichen Schulen das letzte Wort haben;
sowie im Hinblick darauf, dass Litauen zu den Ländern gehört, die ab 1. Mai 2004 Teil der EU sein werden, wird die Kommission um Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:
- Sind der Kommission die geschilderten Sachverhalte in vollem Umfang bekannt? Welche Haltung nimmt sie dazu ein?
- Kann die Kommission, aufgrund der Tatsache, dass die Religions- und die Versammlungsfreiheit zu den prioritären Themen der Europäischen Union gehören, und in Anbetracht der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und an den Rat mit dem Titel „Legislativ- und Arbeitsprogramm 2004“ vom 29. Oktober 2003, aus der hervorgeht, dass die rechtlichen Verpflichtungen der Union und der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Acquis communautaire ab dem Tag des Beitritts zur EU erfüllt werden müssen, Auskunft darüber geben, ob sie beabsichtigt, den Behörden dieser Länder ihre Absicht in diesem Zusammenhang mitzuteilen? Mit anderen Worten: wie will die Kommission erreichen, dass diese Länder den Acquis ab dem Tag ihres Beitritts zur EU erfüllen, wenn zum Zeitpunkt des Beitritts eine Verletzung von Rechten vorliegt, deren Einhaltung für den Beitritt ausschlaggebend ist?
- Ist die Kommission, in Anbetracht dessen, dass die antragstellenden Staaten durch die in der Stellungnahme der Kommission vom 19. Februar 2003 enthaltenen politischen Kriterien verpflichtet sind, für institutionelle Stabilität als Garantie für die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz der Minderheiten zu sorgen, nicht vielmehr der Ansicht, dass diese Vorgänge den Bedingungen für einen Beitritt dieser Staaten zur EU entgegenstehen und somit auch dem Acquis communautaire widersprechen, und dass die Länder, in denen sich diese Vorgänge ereignet haben, den besagten Kriterien vollständig zuwiderhandeln?
- Gedenkt die Kommission alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um diese Verletzung des Rechts auf Religionsfreiheit und auf Ausübung der Religion zu beenden?