Antwort von Herrn Dalli im Namen der Kommission
12.11.2010
1. Der Kommission ist die Studie „Glyphosate-Based Herbicides Produce Teratogenic Effects on Vertebrates by Impairing Retinoic Acid Signaling“ von Paganelli et al. bekannt; sie wurde den Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit (SCoFCAH) am 28. September 2010 zur Verfügung gestellt. Außerdem hat die Kommission Deutschland, das bei der erstmaligen Zulassung von Glyphosat als Wirkstoff durch die Richtlinie 2001/99/EG[1] als berichterstattender Mitgliedstaat fungierte, gebeten, die Bedeutung des Wirkstoffs im Rahmen der Bewertung von Pestiziden zu prüfen. Diese Prüfung ist unbedingt erforderlich, da überprüft werden muss, ob die Laborbedingungen, unter denen die Studie durchgeführt wurde, ausreichend repräsentativ sind für die Exposition, die bei normaler und ordnungsgemäßer Verwendung des Stoffes als Pestizid zu erwarten ist.
Die Zulassung dieses Wirkstoffes kann, wie die eines jeden Wirkstoffes, im Lichte neuer Erkenntnisse über negative Auswirkungen überdacht werden. Je nach Schwere und Dringlichkeit der Angelegenheit kann die Kommission vorschlagen, zusätzliche Bedingungen vorzuschreiben, bestehende Anwendungen zu reduzieren oder im schlimmsten Fall den Wirkstoff vollständig zu verbieten. Erforderlichenfalls kann sie auch in Erwägung ziehen, die geltenden Rückstandshöchstgehalte (RHG) zu überprüfen.
Sobald Deutschland zu der Studie Stellung genommen hat, wird die Kommission über das weitere Vorgehen entscheiden und prüfen, ob die geltenden, von den Mitgliedstaaten festgelegten Anwendungsbedingungen und Maßnahmen zur Risikominderung weiterhin ausreichen, um das in der Europäischen Union angestrebte hohe Schutzniveau für die Bürger und die Umwelt aufrecht zu erhalten. In jedem Falle wird derzeit erörtert, ob ein Programm zur erneuten Bewertung von Wirkstoffen, die in Anhang I der Richtlinie 91/414 (geändert u. a. durch die Richtlinie 2001/99) aufgeführt sind und deren Zulassungsfrist demnächst endet, aufgelegt werden soll; dieses Programm umfasst auch Glyphosat.
2. Die Ergebnisse der Studie sind relevant für die wissenschaftliche Bewertung von Glyphosat und Glyphosat-toleranten GVO. Die von der Kommission im Juli vorgeschlagene neue Politik hinsichtlich des Anbaus von GVO ändert nichts an dem Risikobewertungsverfahren, das für EU-Zulassungen gilt und als geeignet für die in der Studie behandelten Fragen angesehen wird. Nach der neuen Politik sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den Anbau auf ihrem Hoheitsgebiet aus anderen Gründen als dem Risiko für die Gesundheit oder die Umwelt einzuschränken oder zu verbieten.
3. Im Zusammenhang mit dem anhängigen Antrag auf Zulassung des Anbaus von NK603 wäre der nächste Schritt die Vorlage eines Beschlussentwurfs beim SCoFCAH, was den ersten Schritt im Komitologieverfahren darstellt. Da es sich hier um die Zulassung des Anbaus des ersten herbizidtoleranten GVO in der EU handeln würde, prüft die Kommission derzeit, ob besondere Anforderungen, insbesondere an die Überwachung nach dem Inverkehrbringen, im Beschlussentwurf aufgenommen werden müssen, bevor sie weitere Schritte unternimmt. Außerdem wird die Kommission bei der Prüfung der Zulassung des Anbaus des GVO NK603 die Teil 1 der Frage betreffenden Maßnahmen berücksichtigen.
- [1] Richtlinie 2001/99/EG der Kommission vom 20. November 2001 zur Änderung von Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln zur Aufnahme der Wirkstoffe Glyphosat und Thifensulfuron-methyl, ABl. L 304 vom 21.11.2001.
ABl. C 243 E vom 20/08/2011