„Kanzler-Akte“ und Souveränitätsdefizite der Bundesrepublik Deutschland
14.6.2017
Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-003956-17
an den Rat
Artikel 130 der Geschäftsordnung
Udo Voigt (NI)
Mit seinen jüngsten Äußerungen über eine „eingeschränkte Souveränität“ der Bundesrepublik Deutschland hat der russische Präsident Putin der Diskussion um den völkerrechtlichen Status der Bundesrepublik neue Nahrung gegeben. Zweifel an einer eingeschränkten bzw. nicht vorhandenen Souveränität der Bundesrepublik beschäftigen Völkerrechtler schon lange. Sie gründen sich u. a. auf die „Kanzler-Akte“, mehrere Dokumente, in denen die alliierten Siegermächte des Zweiten Weltkrieges verbindliche Vorbehaltsrechte für ihre Verfügungsgewalt über Deutschland festschrieben und die — einer Erinnerung des früheren Kanzlerberaters Egon Bahr (1922‐2015) zufolge — jeder Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland am Beginn seiner Amtszeit unterschreiben muss.
Auch das russische Fernsehen berichtete vor wenigen Jahren in einer Dokumentation über die „Kanzler-Akte“. Ihre Existenz ist auch von europarechtlicher Bedeutung.
1. Welche Auswirkungen hat die „Kanzler-Akte“ auf von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete zwischenstaatliche Rechtsakte wie den Beitritt zu den Römischen Verträgen, zur EU (bzw. zur früheren EWG), zum Vertrag von Lissabon, zum Euro-Währungsgebiet, zum Europäischen Stabilitätsmechanismus usw.?
2. Inwieweit eröffnet die „Kanzler-Akte“ außereuropäischen Mächten wie den USA Möglichkeiten einer Einflussnahme auf die Gestaltung der Politik der EU?