Antwort von Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission
3.4.2023
1. Die Mitgliedstaaten müssen die Verpflichtungen aus dem EU-Besitzstand im Asylbereich und dem Völkerrecht uneingeschränkt einhalten. Dies gilt insbesondere für die Gewährleistung eines wirksamen Zugangs zum Asylverfahren für alle Schutzbedürftigen und die Achtung der Grundrechte einschließlich des Rechts auf Asyl, des Grundsatzes der Nichtzurückweisung und der Unzulässigkeit von Kollektivausweisungen. Die Kommission vertritt unverändert den Standpunkt, dass Verstöße gegen das EU-Recht und das Völkerrecht — einschließlich der Grundrechte — inakzeptabel sind . E in effizientes Management der Außengrenzen muss auf der uneingeschränkten Achtung der Menschenwürde und der Grundrechte fußen.
2. Die Mitgliedstaaten können nach der Richtlinie 2008/115/EG[1] bilaterale Abkommen oder Vereinbarungen anwenden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten Richtlinie bereits galten; in diesem Fall können sie davon absehen, eine Rückkehrentscheidung gegen einen illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen zu erlassen, wenn diese Person von einem anderen Mitgliedstaat aufgrund solcher Abkommen oder Vereinbarungen wieder aufgenommen wird. Bei der Anwendung solcher bilateralen Abkommen oder Vereinbarungen müssen die Mitgliedstaaten die Grundrechte irregulärer Migranten achten, insbesondere das Recht auf Asyl und den Grundsatz der Nichtzurückweisung. Die Umsetzung bilateraler Rückübernahmeabkommen oder ‐vereinbarungen berührt nicht die Anwendung der Dublin-Verordnung[2], wenn die betreffende Person internationalen Schutz beantragt.
Die Kommission erwartet von den nationalen Behörden, dass sie alle mutmaßlichen Verstöße gegen das EU-Recht und das Völkerrecht, einschließlich Verstößen gegen die Grundrechte und den Grundsatz der Nichtzurückweisung, genau untersuchen, um den Sachverhalt zu ergründen und etwaiges Fehlverhalten angemessen zu verfolgen.
- [1] Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger; ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98.
- [2] Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung); ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31.