Litauisches Gesetz zum Schutz der Jugend vor schädlichen Folgen öffentlicher Informationen
16.7.2009
MÜNDLICHE ANFRAGE MIT AUSSPRACHE O-0079/09
gemäß Artikel 115 der Geschäftsordnung
von Sophia in 't Veld, Jeanine Hennis-Plasschaert, Leonidas Donskis, Gianni Vattimo und Baroness Sarah Ludford im Namen der ALDE-Fraktion, Ulrike Lunacek, Raül Romeva i Rueda, Jean Lambert und Judith Sargentini im Namen der Verts/ALE-Fraktion
an den Rat
Das litauische Parlament billigte am 14. Juli 2009 Änderungen des Gesetzes zum Schutz der Jugend vor schädlichen Folgen öffentlicher Informationen. Mit dem Gesetz wird erklärt, dass öffentliche Informationen, die Propaganda für homosexuelle Beziehungen beinhalten und traditionelle Wertvorstellungen in Bezug auf Ehe und Familie in Frage stellen, schädliche Konsequenzen für die Entwicklung Jugendlicher haben. Derartige Bestimmungen stellen Homosexualität auf eine Stufe mit der Darstellung physischer Gewalt, der Zurschaustellung eines grausam verstümmelten menschlichen Körpers und Informationen, die zu Selbstverstümmelung oder Selbstmord ermutigen. Das Gesetz führt zum Verbot jeglicher Informationen über Homosexualität, wenn diese von Jugendlichen eingesehen werden können.
Der litauische Präsident hatte sein Veto gegen das Gesetz eingelegt, da es vage und unklar abgefasst sei, und das Parlament ersucht, es zu überprüfen, um sicherzustellen, dass es mit den verfassungsmäßigen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in Einklang und nicht den Garantien einer offenen Gesellschaft und einer pluralistischen Demokratie entgegenstehe. Nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen und MdEP haben die EU-Organe wiederholt zur Intervention und das litauische Parlament zur Überprüfung des Gesetzesentwurfs aufgefordert, während beim Verfassungsgericht Einspruch eingelegt werden soll. Darüber hinaus sollen im Herbst Änderungsanträge zum Straf- und Verwaltungsgesetzbuch geprüft werden, durch die Handlungen privater oder juristischer Personen, durch die Homosexualität in öffentlichen Bereichen propagiert wird, entweder durch gemeinnützige Arbeit, eine Geldstrafe von bis zu 1.500 Euro oder Haft bestraft werden sollen.
Hat der Rat die oben angesprochenen Fragen mit der litauischen Regierung erörtert? Ist der Rat nicht der Ansicht, dass ein derartiges Gesetz und die betreffenden Änderungen unvereinbar sind mit den Menschenrechten und Grundfreiheiten, wie sie in den internationalen und europäischen Übereinkünften verankert sind, insbesondere mit der Meinungsfreiheit, die das Recht einschließt, Informationen zu recherchieren, zu erhalten und weiterzuleiten, und ebenso unvereinbar sind mit EU-Recht und Antidiskriminierungsmaßnahmen? Vertritt der Rat nicht die Auffassung, dass ein solches Gesetz der EU-Grundrechte-Charta, Artikel 6 EUV und Artikel 13 EGV entgegensteht, d.h. den Grundwerten, auf die sich die EU stützt? Wird der Rat die Grundrechteagentur auffordern, das Gesetz und die Änderungen zu bewerten? Was wird der Rat tun, um sicherzustellen, dass Litauen seine Verpflichtungen gemäß den EU-Verträgen, europäischem und internationalem Recht erfüllt? Ist er bereit, erforderlichenfalls das in Artikel 7 EUV vorgesehene Verfahren einzuleiten?
Eingang: 16.07.2009
Weiterleitung: 17.07.2009
Fristablauf: 07.08.2009