Datenbanken über rassische oder ethnische Herkunft in der EU
11.10.2010
Anfrage zur mündlichen Beantwortung O-0143/2010
an die Kommission
Artikel 115 der Geschäftsordnung
Monika Flašíková Beňová, Claude Moraes, Kinga Göncz, Sylvie Guillaume
im Namen der S&D-Fraktion
Am 29. September 2010 teilte die Kommission mit, dass sie Frankreich „in einem offiziellen Schreiben förmlich auffordern [werde], die [Freizügigkeits‑]Richtlinie lückenlos umzusetzen“, „falls Frankreich bis 15. Oktober 2010 keinen Maßnahmenentwurf und genauen Zeitplan für die Umsetzung vorlegt“ und des Weiteren der französischen Regierung „einen detaillierten Fragenkatalog zur praktischen Umsetzung der politischen Erklärungen“ zusenden werde, mit Blick auf die „korrekte und nichtdiskriminierende Anwendung des EU-Rechts unter Beachtung der Verträge und der EU-Grundrechtecharta“[1] , auch bezogen auf den Anwendungszeitraum der Dienstanweisung („Circulaire“) vom 5. August 2010, die sich ausdrücklich auf Roma bezog – trotz der nachweislich ethnischen und rassischen Natur der Ausweisungen, wegen derer das Europäisches Parlament in seiner Entschließung die Kommission zum Tätigwerden – auch wegen Diskriminierung – gegen die französische Regierung aufgefordert hat.
Nach jüngsten Medienberichten betreibt die französische Gendarmerie in Bezug auf Roma und Fahrende eine Datenbank namens „MENS“[2]. Nichtregierungsorganisationen haben eine Beschwerde über die Schaffung einer illegalen und nicht gemeldeten Datenbank für die Speicherung von „personenbezogenen Daten über rassische und ethnische Herkunft“ eingereicht und weitere Beschwerden bei CNIL[3] und HALDE[4] angekündigt, während die franzosischen Behörden die Existenz einer solchen Datenbank bestreiten. Der Immigrationsminister hatte vorher auch die Einfügung biometrischer Daten von ausgewiesenen Roma in die Datenbank OSCAR[5] und in die EDVIGE/EDVIRSP[6], die gerade entwickelt wird, angekündigt. Gleichzeitig wird berichtet, dass die Niederlande und andere EU‑Mitgliedstaaten ethnische und rassische Daten speichern. Vor diesem Hintergrund wird im Rat der Entwurf von Schlussfolgerungen des Rates zur Bekämpfung mobiler (umherziehender) krimineller Gruppen diskutiert, allerdings auf eine fragwürdige Art und Weise und ohne das Europäische Parlament über diese Initiative zu informieren.
Was wird die Kommission – aufgrund des neuen Belegs der Existenz der Datenbank „MENS“ in Frankreich – unternehmen, um diese Information zu überprüfen? Sollte die Kommission zu dem Ergebnis kommen, dass die Datenbank gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstößt: Welche Maßnahmen wird die Kommission einleiten, um der Situation abzuhelfen? Wird sie auch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich in Erwägung ziehen?
Wird die Kommission angesichts der jüngsten Entwicklungen in anderen Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Schaffung oder Existenz von Datenbanken über rassische und ethnische Herkunft eine Untersuchung einleiten, um weitere Informationen über derartige Datenbanken zu sammeln und ihre Rechtmäßigkeit im Hinblick auf den Grundsatz der Nichtdiskriminierung zu prüfen?
Was wird die Kommission unternehmen, um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten in ihren Verwaltungs‑ und Rechtsdurchsetzungsverfahren nicht auf ethnische Profile zurückgreift?
Eingang: 11.10.2010
Weiterleitung: 13.10.2010
Fristablauf: 20.10.2010
- [1] http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/1207.
- [2] “Nichtsesshafte ethnische Minderheiten, betrieben vom „Zentralbüro gegen umherziehende Kriminelle (OCLDI)“.
- [3] Nationale Datenschutzbehörde.
- [4] Hohe Behörde gegen Diskriminierungen und für Gleichbehandlung.
- [5] Outil de Statistique et de Contrôle de l'Aide au Retour (Instrument für die Statistik und Kontrolle der Rückführungszahlung), das eine digitale Fotografie und zehn Fingerabdrücke speichert. Die Existenz einer anderen Datenbank (STIC-Canonge), die Daten über Ethnizität und Rasse sammelt, wurde 2009 durch einen Bericht des Parlaments aufgedeckt.
- [6] Exploitation documentaire et valorisation de l'information générale / Exploitation documentaire et valorisation de l'information relative à la sécurité publique.