Parlamentarische Anfrage - P-1532/2005Parlamentarische Anfrage
P-1532/2005

Auswirkungen der Dienstleistungsrichtlinie auf Kärnten

SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-1532/05
von Andreas Mölzer (NI)
an die Kommission

Die Konkurrenz durch billige Arbeitskräfte aus Osteuropa ist bereits jetzt — beispielsweise für Deutschland mit über 5 Millionen Arbeitslosen — deutlich spürbar. Einerseits verlagern Firmen aufgrund des Lohngefälles Zehntausende von Jobs in die Slowakei oder Tschechien, umgekehrt arbeiten rund 600000 Osteuropäer legal in Deutschland. Die 7-jährige Übergangsrestriktion wird de facto über Werkverträge mit Subunternehmen ausgehebelt. Beklagt werden „skandalöse Arbeitsbedingungen“ und „mafiöse Strukturen“, deshalb wird vor einer weiteren Öffnung der europäischen Arbeitsmärkte eindringlich gewarnt.

Als Folge erfreuen sich osteuropäische Arbeitskräfte gleicher Löhne wie etwa Prager Uniprofessoren, und inländische Verbraucher profitieren von niedrigen Preisen. Unternehmen sparen Millionen, die Sozialkassen gehen jedoch leer aus, denn die Sozialabgaben werden in den Heimatländern nach den dortigen Sätzen eingezahlt. Zu den Verlierern zählen aber vor allem inländische Arbeitnehmer, die schon wegen der höheren Lebenshaltungskosten, nicht mit der Billigkonkurrenz — Dumpinglöhne von 3-5 Euro pro Stunde (!) für Vollzeitbeschäftigung — aus Ostereuropa mithalten können.

Das Herkunftslandprinzip der vorgeschlagenen Dienstleistungsrichtlinie lässt verstärkt Lohn- und Sozialdumping — und damit einhergehende massive Arbeitsplatzverluste — befürchten, wenn die Regelungen aus Ländern mit geringem Sozialstandard auch für Arbeit in Staaten mit hohem Schutzniveau wie Österreich, Deutschland und Frankreich gelten. Die Verlierer werden inländische Arbeitnehmer, Freiberufler und Mittelständler sein. Die EU wird nicht nur ihre wirtschaftspolitischen Ziele verfehlen, es droht das Ende der Wohlstandsgesellschaft!

1. Welche Auswirkungen sind aufgrund der geplanten Dienstleistungsrichtlinie für Kärnten bzw. den südlichen Teil Österreichs zu erwarten?

2. In welchem Ausmaß werden Wanderungsbewegungen bzw. Job-Transfers aus Nachbarstaaten für Österreich erwartet?

3. Mit welchen Maßnahmen plant die Kommission einer massiven Inländerdiskriminierung aufgrund der divergierenden tatsächlichen Standards — beispielsweise der Umwelt-, Sicherheits- oder Arbeitschutznormen — vorzubeugen?

4. Wie erhofft die Kommission die Lissabon-Ziele zu erreichen, wenn sie das bestehende Gesellschaftsmodell mit Billiglöhnen und Sozialdumping unterminiert?

ABl. C 291 vom 13/11/2008