GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu der Verschlechterung der Lage der Frauen in Afghanistan aufgrund der kürzlich erfolgten Verabschiedung des „Gesetzes zur Förderung der Tugend und Verhinderung des Lasters“
18.9.2024 - (2024/2803(RSP))
anstelle der folgenden Entschließungsanträge:
B10‑0024/2024 (The Left)
B10‑0038/2024 (Verts/ALE)
B10‑0045/2024 (Renew)
B10‑0047/2024 (S&D)
B10‑0048/2024 (ECR)
B10‑0050/2024 (PPE)
Sebastião Bugalho, Michael Gahler, Andrzej Halicki, Gabriel Mato, Marcin Kierwiński, Željana Zovko, Tomáš Zdechovský, Jörgen Warborn, Wouter Beke, Ondřej Kolář, Nicolás Pascual De La Parte, Eleonora Meleti, Ingeborg Ter Laak, Reinhold Lopatka, Mirosława Nykiel, Luděk Niedermayer, Michał Wawrykiewicz, Rosa Estaràs Ferragut, Jessica Polfjärd, Antonio López‑Istúriz White, Isabel Wiseler‑Lima
im Namen der PPE-Fraktion
Yannis Maniatis, Francisco Assis, Alessandra Moretti, Evin Incir
im Namen der S&D-Fraktion
Joachim Stanisław Brudziński, Carlo Fidanza, Adam Bielan, Waldemar Tomaszewski, Sebastian Tynkkynen, Assita Kanko, Małgorzata Gosiewska, Alberico Gambino
im Namen der ECR-Fraktion
Petras Auštrevičius, Oihane Agirregoitia Martínez, Abir Al‑Sahlani, Dan Barna, Benoit Cassart, Olivier Chastel, Karin Karlsbro, Ľubica Karvašová, Moritz Körner, Ilhan Kyuchyuk, Nathalie Loiseau, Jan‑Christoph Oetjen, Urmas Paet, Hilde Vautmans, Lucia Yar
im Namen der Renew-Fraktion
Hannah Neumann
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Isabel Serra Sánchez
im Namen der Fraktion The Left
Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Verschlechterung der Lage der Frauen in Afghanistan aufgrund der kürzlich erfolgten Verabschiedung des „Gesetzes zur Förderung der Tugend und Verhinderung des Lasters“
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Afghanistan,
– gestützt auf Artikel 150 Absatz 5 und Artikel 136 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Taliban gegen internationale Normen verstoßen, erneut unterdrückerische Praktiken eingeführt haben, die sich insbesondere gegen Frauen und Mädchen, ethnische Minderheiten, Menschenrechtsverteidiger und LGBTIQ+-Personen richten, und Afghanistan isoliert haben, wodurch Hunger und Armut zunehmen;
B. in der Erwägung, dass die Taliban eine extreme Auslegung der Scharia praktizieren und Frauen aus dem öffentlichen Leben verbannt haben; in der Erwägung, dass zu den diesbezüglichen Maßnahmen auch gehört, dass Frauen von der Arbeitswelt ausgeschlossen werden, ohne die Begleitung eines männlichen Angehörigen keine Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen dürfen und ihnen Bildung über die sechste Klasse hinaus verboten ist, dass eine entmenschlichende Kleiderordnung gewaltsam durchgesetzt wird, dass sich Frauen nicht im öffentlichen Raum aufhalten dürfen und dass das System zur Unterstützung von Gewaltopfern restlos abgeschafft wurde; in der Erwägung, dass Afghaninnen durch diese Beschneidung ihrer Rechte daran gehindert werden, EU-Visa zu erhalten;
C. in der Erwägung, dass diese Einschränkungen durch ein kürzlich erlassenes Dekret der Taliban, das sogenannte Gesetz zur Förderung der Tugend und Verhinderung des Lasters, ausgeweitet wurden, indem Frauen sogar das Sprechen in der Öffentlichkeit verboten wird, wodurch die Afghaninnen weiterer Grundrechte und -freiheiten beraubt werden, was einer Geschlechterapartheid gleichkommt;
1. verurteilt das jüngst von den Taliban erlassene Dekret und ihre Auslegung und Durchsetzung der Scharia und verurteilt zudem, dass Frauen und Mädchen aus dem öffentlichen Leben verbannt wurden, unter Zwang und früh verheiratet werden und sexueller Gewalt ausgesetzt sind sowie öffentliche Auspeitschungen und Steinigungen von Frauen wieder eingeführt wurden; würdigt den Mut der Afghaninnen, die trotz Lebensgefahr für ihre Rechte kämpfen, und bekundet ihnen seine Solidarität;
2. fordert die De-facto-Staatsorgane Afghanistans nachdrücklich auf, ihre Praktiken und Gesetze, mit denen Frauen diskriminiert werden, abzuschaffen; fordert die sofortige Wiederherstellung einer uneingeschränkten, gleichberechtigten und substanziellen Teilhabe von Frauen und Mädchen am öffentlichen Leben;
3. fordert die De-facto-Staatsorgane Afghanistans nachdrücklich auf, willkürlich inhaftierte Frauen und Mädchen freizulassen und das System zur Unterstützung von Gewaltopfern wieder in Betrieb zu setzen, damit sichergestellt wird, dass diese Opfer eine sichere Unterkunft finden, medizinische Versorgung in Anspruch nehmen, Rechtsmittel einlegen und Entschädigung beantragen können;
4. fordert, dass die De-facto-Staatsorgane Afghanistans zur Rechenschaft gezogen werden, insbesondere im Rahmen von Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs und durch die Einrichtung eines unabhängigen Untersuchungsmechanismus der Vereinten Nationen, und fordert den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidenten der Kommission auf, neue EU-Sanktionen gegen die Taliban in die Wege zu leiten;
5. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich strikt an die fünf Benchmarks des Rates für die Zusammenarbeit mit den Taliban zu halten – die derzeit nicht befolgt werden – und die Verlängerung des Mandats des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zu unterstützen;
6. verurteilt Regierungen, die die Taliban durch eine Normalisierung der Beziehungen unterstützen; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, eine sinnvolle Beteiligung von Afghaninnen an internationalen Foren und Verhandlungen sicherzustellen;
7. fordert die EU auf, sich dafür einzusetzen, dass die Geschlechterapartheid als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt wird;
8. fordert die EU, die Mitgliedstaaten und andere Geberländer nachdrücklich auf, die humanitäre Hilfe und die Finanzmittel, mit denen die Grundbedürfnisse gedeckt und Existenzgrundlagen gesichert werden sollen sowie die afghanische Zivilgesellschaft unterstützt werden soll, aufzustocken, für eine flexible Finanzierung nichtstaatlicher Organisationen und ihrer humanitären Helferinnen zu sorgen sowie humanitäre Visa und den ehemaligen afghanischen Ortskräften, die für die internationale Koalition gearbeitet haben, die zugesagten Visa auszustellen; betont, dass die internationale Gemeinschaft die Auswirkungen des jüngst erlassenen Dekrets auf humanitäre Maßnahmen bewerten muss;
9. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung den Organen der EU und den Mitgliedstaaten sowie den Vereinten Nationen und den De-facto-Staatsorganen Afghanistans zu übermitteln.