GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
6. September 2000
- –den Abgeordneten Francesco Fiori, Peter Liese und Marie-Thérèse Hermange im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –den Abgeordneten Paul Lannoye und Hiltrud Breyer im Namen der Verts/ALE-Fraktion
- –den Abgeordnten Elisabeth Montfort, Nicole Thomas-Mauro, Cristiana Muscardini und Luís Queiro im Namen der UEN-Fraktion
- –Hans Blokland im Namen der EDD-Fraktion
- –PPE-DE (B5‑0710/2000),
- –UEN (B5‑0751/2000),
- –Verts/ALE (B5‑0753/2000),
- –EDD (B5‑0764/2000),
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Klonen von Menschen
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis des Vorschlags der Regierung des Vereinigten Königreichs, medizinische Forschung unter Verwendung von Embryonen zuzulassen, die durch die Ersetzung des Zellkerns (sogenanntes „therapeutisches Klonen“) produziert wurden,
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 16. März 1989 zu den ethischen und rechtlichen Problemen der Genmanipulation[1] und zur künstlichen In vivo- und In vitro-Befruchtung[2], vom 28. Oktober 1993 zur Klonierung des menschlichen Embryos[3], vom 12. März 1997 zum Klonen[4], vom 15. Januar 1998 zum Klonen von Menschen[5] und vom 30. März 2000[6],
– unter Hinweis auf die Konvention des Europarats zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde hinsichtlich der Anwendung von Biologie und Medizin – Konvention über Menschenrechte und Biomedizin – und seine Entschließung vom 20. September 1996 zu diesem Thema[7] sowie das Zusatzprotokoll, das das Klonen von Menschen untersagt,
– unter Hinweis auf die Empfehlung 1046 der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zur Verwendung menschlicher Embryonen,´
– unter Hinweis auf das Fünfte Forschungsrahmenprogramm der Gemeinschaft und darunter fallende spezifische Programme,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen[8],
A. in der Erwägung, dass die Menschenwürde und der daraus abgeleitete Wert jedes Menschen die Hauptziele der Mitgliedstaaten sind, wie dies in vielen modernen Verfassungen verankert ist,
B. in der Erwägung, dass Menschenwürde einerseits die Gleichheit aller Menschen unabhängig von der Vielfalt individueller oder sozialer Bedingungen einschließlich des Alters und andererseits den Grundsatz bedeutet, dass menschliches Leben immer Endergebnis und niemals Mittel ist,
C. in der Erwägung, dass der zweifellosen Notwendigkeit medizinischer Forschungen infolge der Fortschritte in der Humangenetik strikte ethische und soziale Einschränkungen entgegengestellt werden müssen,
D. in der Erwägung, dass es andere Methoden zur Heilung ernsthafter Erkrankungen als das Klonen von Embryonen gibt, beispielsweise die Entnahme von Stammzellen von Erwachsenen oder aus der Nabelschnur Neugeborener, und andere äußere Krankheitsursachen, die Forschung notwendig machen,
E. in der Erwägung, dass im Fünften Forschungsrahmenprogramm und in der Entscheidung des Rates 1999/167/EG vom 25. Januar 1999 über ein spezifisches Programm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration auf dem Gebiet „Lebensqualität und Management lebender Ressourcen“ (1998-2002) erklärt wird: „Auch werden keine Forschungstätigkeiten im Bereich der Klonierung unterstützt, die darauf abzielen, den Zellkern einer Keimzelle oder einer embryonalen Zelle durch den Zellkern eines anderen Individuums zu ersetzen, der im embryonalen Stadium oder zu einem späteren Zeitpunkt der menschlichen Entwicklung entnommen wurde“,
F. in der Erwägung, dass daher die direkte oder indirekte Verwendung von Gemeinschaftsmitteln für derartige Forschungsarbeiten verboten ist,
G. in der Erwägung, dass in der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den Rechtsschutz biotechnologischer Erfindungen erklärt wird, dass innerhalb der Gemeinschaft Übereinstimmung darüber besteht, dass die Keimbahnintervention am menschlichen Lebewesen und das Klonen von menschlichen Lebewesen gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoßen,
H. in der Erwägung, dass mit einer neuen semantischen Strategie versucht wird, die moralische Bedeutung des Klonens von Menschen herunterzuspielen,
I. in der Erwägung, dass es keine Unterscheidung zwischen therapeutischem Klonen und Klonen zu Reproduktionszwecken gibt und dass jede Lockerung des derzeitigen Verbotes zu einem Druck nach Weiterentwicklungen in der Produktion und der Verwendung von Embryonen führen wird,
J. in der Erwägung, dass das Parlament das Klonen von Menschen als Schaffung menschlicher Embryonen definiert, die die gleiche genetische Ausstattung wie ein anderer verstorbener oder lebender Mensch haben, und zwar auf jeder Stufe ihrer Entwicklung ab dem Augenblick der Befruchtung, ohne jede mögliche Unterscheidung der angewandten Methode,
K. in der Erwägung, dass die Vorschläge der Regierung des Vereinigten Königreichs die Zustimmung der Mitglieder beider Häuser des Parlaments des Vereinigten Königreichs erfordern, die die Möglichkeit haben müssen, in dieser Frage nach ihrem Gewissen zu entscheiden,
1. ist der Überzeugung, dass die Menschenrechte und die Achtung der Menschenwürde und des menschlichen Lebens beständiges Ziel der politischen Legislativtätigkeit sein müssen und dass sie im Zweifelsfall im Sinne einer Ausweitung des Schutzes und nicht dessen Begrenzung ausgelegt werden müssen;
2. vertritt die Ansicht, dass das „therapeutische Klonen“, das die Produktion menschlicher Embryonen allein zu Forschungszwecken impliziert, ein grundlegendes ethisches Dilemma aufwirft, eine nicht wieder rückgängig zu machende Grenzüberschreitung der Forschungsnormen darstellt und der öffentlich vertretenen Politik der Europäischen Union widerspricht;
3. fordert die Regierung des Vereinigten Königreichs auf, ihre Position zum Klonen menschlicher Embryonen zu überprüfen, und fordert seine Kollegen, die Abgeordneten des Parlaments des Vereinigten Königreichs auf, von ihrer Gewissensentscheidung Gebrauch zu machen und gegen den Vorschlag zu stimmen, wonach die Verwendung von durch Zellkernübertragung produzierten Embryonen in der Forschung erlaubt werden soll;
4. wiederholt seine Forderung an die einzelnen Mitgliedstaaten, verbindliche Rechtsvorschriften in Kraft zu setzen, die alle Formen von Forschungen über das Klonen von Menschen auf ihrem Hoheitsgebiet untersagen, und strafrechtliche Sanktionen für Verstöße vorzusehen;
5. hält die Unterscheidung zwischen reproduktivem Klonen und nicht-reproduktivem Klonen für inakzeptabel;
6. fordert weitestgehende politische, legislative, wissenschaftliche und wirtschaftliche Bemühungen mit dem Ziel von Therapien, die Stammzellen von Erwachsenen benutzen oder die auf jeden Fall keine Vernichtung menschlicher Embryonen bedeuten;
7. fordert ein europäisches wissenschaftliches Programm, das spezifische molekularbiologische Techniken verfolgt, die ohne Verwendung von Stammzellen menschlicher Embryonen Patienten bei verschiedenen Krankheiten Nutzen bringen;
8. bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung biotechnologischer wissenschaftlicher Forschung in der Medizin, sofern strikte ethische und soziale Einschränkungen dafür aufgestellt werden;
9. wiederholt seine Forderung nach Techniken künstlicher Befruchtung beim Menschen, die keine überschüssigen Embryonen erzeugen, um die Herstellung überschüssiger Embryonen zu verhindern;
10. ersucht die zuständigen nationalen und gemeinschaftlichen Behörden, dafür Sorge zu tragen, dass das Verbot der Patentierbarkeit und des Klonens der den Menschen betreffenden Bereiche bekräftigt wird, und diesbezügliche Regulierungsmaßnahmen zu ergreifen;
11. fordert die Kommission auf, die volle Einhaltung der Bestimmungen des Fünften Rahmenprogramms und aller dazugehörigen spezifischen Programme zu gewährleisten, und weist darauf hin, dass die optimale Methode zur Durchführung dieser Entscheidung darin besteht, zu gewährleisten, dass keine Forschungseinrichtung, die in irgendeiner Weise am Klonen menschlicher Embryonen beteiligt ist, Gelder aus dem EU-Haushalt für ihre Arbeiten erhält;
12. fordert den Konvent zur Ausarbeitung des Entwurfs einer Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf, das Verbot des Klonens von Menschen auf allen Stufen ihrer Entwicklung in diese Charta aufzunehmen;
13. bekräftigt erneut seine Forderung nach einem universellen und spezifischen Verbot der Klonierung des Menschen in allen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung auf der Ebene der Vereinten Nationen;
14. ist der Auffassung, dass ein vom Europäischen Parlament eingesetzter nichtständiger Ausschuss zur Untersuchung der durch neue Entwicklungen in der Humangenetik aufgeworfenen ethischen und rechtlichen Probleme die bereits in Entschließungen des Hohen Hauses zum Ausdruck gebrachten Ansichten als Ausgangspunkt nehmen sollte; der Ausschuss sollte Fragen prüfen, bei denen das Parlament noch keinen klaren Standpunkt zum Ausdruck gebracht hat; seine Befugnisse, Zusammensetzung und Mandatsdauer sind auf Grund eines Vorschlags der Konferenz der Präsidenten zu bestimmen, ohne irgendeine Begrenzung der Befugnisse des ständigen Ausschusses, der für Angelegenheiten in Verbindung mit der Überwachung und der Anwendung des Gemeinschaftsrechts bei diesen Fragen zuständig ist;
15. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, den Mitgliedern des Parlaments des Vereinigten Königreichs und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.