GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
12.1.2005
- –Michael Gahler, Bernd Posselt, Thomas Mann, Struan Stevenson und Alejo Vidal-Quadras Roca im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –Christa Prets, Paulo Casaca und Jan Marinus Wiersma im Namen der PSE-Fraktion
- –Cecilia Malmström und Alexander Nuno Alvaro im Namen der ALDE-Fraktion
- –Angelika Beer und Monica Frassoni im Namen der Verts/ALE-Fraktion
- –André Brie und Giusto Catania im Namen der GUE/NGL-Fraktion
- –ALDE (B6‑0036/2005)
- –PPE-DE (B6‑0044/05)
- –PSE (B6‑0052/05)
- –GUE/NGL (B6‑0054/05)
- –Verts/ALE (B6‑0058/05)
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Iran
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Iran,
– unter Hinweis auf den Menschenrechtsdialog EU-Iran und insbesondere die vierte Runde, die am 14./15. Juni 2004 in Teheran stattfand und in der sich die Regierung des Iran verpflichtete, die Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit zu verstärken,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die UN-Konvention über die Rechte des Kindes, von denen der Iran Vertragsstaat ist,
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Obersten Richters der Islamischen Republik Iran an die Richter im Dezember 2002, sie sollten eine alternative Bestrafung in Fällen wählen, in denen andernfalls die Strafe der Steinigung verhängt würde, und seine Ankündigung des Verbots der Folter im April 2004 und des darauffolgenden Erlasses entsprechender Rechtsvorschriften durch das Parlament, die vom Wächterrat im Mai 2004 gebilligt wurden,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 16./17. Dezember 2004,
– unter Hinweis auf seinen Beschluss zur Einsetzung einer Interparlamentarischen Delegation für die Beziehungen zum Iran,
A. unter Hinweis auf sich mehrende Berichte über vollstreckte Hinrichtungen oder Todesurteile, die unter offensichtlicher Missachtung international anerkannter Schutzklauseln verhängt wurden, darunter Urteile gegen Jugendstraftäter, schwangere Frauen und geistig Behinderte,
B. unter Hinweis darauf, dass in der Resolution der UN-Vollversammlung vom 20. Dezember 2004 auf die sich verschlechternde Situation betreffend das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit der Medien hingewiesen wird, insbesondere die verstärkte Verfolgung der friedlichen Äußerung politischer Ansichten, einschließlich willkürlicher Festnahmen und Haftstrafen ohne Anklage oder Prozess,
C. in der Erwägung, dass es Berichte gibt über willkürliche Verhaftungen von Journalisten, Cyberjournalisten und Webloggern, Blockade von Online-Publikationen und Bedrohung solcher Journalisten, die über Folter berichten, mit langjährigen Gefängnisstrafen durch die iranische Justiz, womit gegen den einzigen verbleibenden Zugang der iranischen Öffentlichkeit zu unzensierten Informationen scharf durchgegriffen wird;
D. in der Erwägung, dass der UN-Sonderberichterstatter Ambeyi Ligabo feststellte, dass das iranische Pressegesetz und das Strafgesetzbuch nicht den zulässigen Einschränkungen entsprechen, die in Artikel 19 Absatz 3 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte aufgeführt sind,
E. unter Hinweis darauf, dass der Iran immer noch nicht der Konvention über die Beseitigung aller Formen von Diskriminierung von Frauen beigetreten ist und dass sein Parlament kürzlich einen Gesetzentwurf über die Gleichstellung von Mann und Frau abgelehnt hat,
F. unter Hinweis darauf, dass der Rat am 13./14. Dezember seine Unterstützung für einen Verhandlungsprozess über ein langfristiges Arrangement EU-Iran erteilt hat, nachdem er die Bestätigung der vollen Einstellung aller Anreicherungs- und Wiederaufarbeitungsaktivitäten des Iran durch die IAEA zur Kenntnis genommen hat, mit dem Ziel, die Verhandlungen über ein Handels- und Kooperationsabkommen wiederaufzunehmen, und der Abgabe objektiver Garantien, dass das Nuklearprogramm des Iran ausschließlich friedlichen Zwecken dient,
1. wiederholt seine generelle Ablehnung der Todesstrafe, und verurteilt insbesondere nachdrücklich Todesurteile gegen bzw. die Hinrichtung von Jugendstraftätern, schwangeren Frauen und geistig Behinderten;
2. fordert die iranischen Behörden auf nachzuweisen, dass sie ihr erklärtes Moratorium gegen das Steinigen umsetzen, und fordert die sofortige Umsetzung des Verbots der Folter, das – wie angekündigt – vom Parlament verabschiedet und vom Wächterrat gebilligt wurde;
3. verurteilt die Kampagne der Justiz gegen Journalisten, Cyberjournalisten und Weblogger, die zur Einstellung von Publikationen, Inhaftierung und, Berichten zufolge, weitverbreiteter Folter und erzwungenen falschen Geständnissen führt, und fordert die Behörden auf, all diejenigen freizulassen, die wegen gewaltloser Vergehen im Zusammenhang mit der Presse- und Meinungsfreiheit festgenommen, gerichtlich verfolgt oder verurteilt wurden;
4. fordert das iranische Parlament auf, das iranische Pressegesetz und das Strafgesetzbuch gemäß den Verpflichtungen des Iran im Rahmen des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte anzupassen, und insbesondere alle strafrechtlichen Vorschriften aufzuheben, die sich auf die friedliche freie Meinungsäußerung, einschließlich Presseäußerungen, beziehen;
5. fordert die Behörden auf, international anerkannte rechtliche Schutzklauseln zu respektieren, unter anderem betreffend Personen, die religiösen Minderheiten angehören, ganz gleich, ob sie offiziell anerkannt sind oder nicht;
6. begrüßt die vorläufige Einstellung der Hinrichtung von Hajieh Esmailvand und berichtet, dass der Fall Leyla Moafi an forensische Psychiater verwiesen wurde, „um ihren Geisteszustand zu untersuchen, besteht allerdings darauf, dass ihre angeblichen „Verbrechen“ nicht international anerkannte Straftatbestände sind und dass ihre Strafverfolgung nicht internationalen Menschenrechtsstandards entspricht;
7. besteht darauf, dass einvernehmliche und private sexuelle Betätigung unter Erwachsenen in den Bereich der „Privatsphäre“ fällt, und fordert die sofortige Freilassung von Hajieh Esmailvand und Leyla Moafi;
8. begrüßt und unterstützt den Verhandlungsprozess EU-Iran über nukleare Fragen, auch als eine Gelegenheit, um Fortschritte in dem politischen und humanitären Dialog EU-Iran und den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen EU-Iran zu machen, und unterstützt den Rat, wenn er Maßnahmen des Iran erwartet, um auch andere Bedenken der EU zu zerstreuen, wie z.B. die Beendigung seiner Unterstützung für terroristische Organisationen, stärkere Achtung der Menschenrechte und Änderung seines Verhaltens zum Friedensprozess im Nahen Osten;
9. ersucht seine Ausschüsse für auswärtige Angelegenheiten und für bürgerliche Freiheiten, die Art und Weise zu prüfen, wie sich das Parlament am Prozess der regelmäßigen Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts des Rates betreffend die Anwendung von spezifischen Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus beteiligen und dabei die Entwicklungen seit 2001 berücksichtigen kann;
10. hofft, dass die Einsetzung seiner Interparlamentarischen Delegation für die Beziehungen zum Iran es ihn in die Lage versetzen wird, produktive Diskussionen mit dem iranischen Parlament und auch mit der iranischen Zivilgesellschaft zu führen;
11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Hohen Vertreter der GASP, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der Islamischen Republik Iran zu übermitteln.