GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
26.10.2005
- –Albert Jan Maat and Simon Coveney im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –Pasqualina Napoletano und Bernadette Bourzai im Namen der PSE-Fraktion
- –Ona Juknevičienė im Namen der ALDE-Fraktion
- –Bart Staes und Cem Özdemir im Namen der Verts/ALE-Fraktion
- –Eva-Britt Svensson und Roberto Musacchio im Namen der GUE/NGL-Fraktion
- –Marcin Libicki und Anna Elzbieta Fotyga im Namen der UEN-Fraktion
- –PSE (B6‑0563/2005)
- –Verts/ALE (B6‑0564/2005)
- –PPE-DE (B6‑0569/2005)
- –ALDE (B6‑0572/2005)
- –GUE/NGL (B6‑0573/2005)
- –UEN (B6‑0579/2005)
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Usbekistan
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den zentralafrikanischen Republiken und Usbekistan, insbesondere auf seine Entschließung vom 9. Juni 2005,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. April 2005 zu dem Jahresbericht zu Menschenrechten in der Welt 2004 und der Menschenrechtspolitik der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Februar 2005 zu den Prioritäten der Europäischen Union und den Empfehlungen für die 61. Tagung der UN-Menschenrechtskommission in Genf (14. März bis 22. April 2005),
– in Kenntnis des Berichts des BDIMR der OSZE über die Ereignisse in Andidschan,
– unter Hinweis auf das Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Usbekistan andererseits, das am 1. Juli 1999 in Kraft getreten ist,
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen der Tagungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 23. Mai 2005, 13. Juni 2005, 18. Juli 2005 und 3. Oktober 2005,
– in Kenntnis des Strategiepapiers der Kommission für Zentralasien 2002-2006,
– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die usbekische Regierung noch keine unabhängige Untersuchung der Ereignisse vom 13. Mai 2005 in Andidschan zugelassen hat, bei denen nach Berichten von Menschenrechtsorganisationen eine unbestimmte Zahl von Zivilisten – nach einigen Augenzeugenberichten mehrere Hundert – durch die „Sicherheitskräfte der Regierung“ erschossen und eine noch größere Zahl verletzt wurde,
B. in der Erwägung, dass Berichten internationaler Menschenrechtsorganisationen zufolge mehrere Tausend Menschen festgenommen wurden, um die Wahrheit zu verschleiern, dass die in Gewahrsam befindlichen Personen einer großen Gefahr ausgesetzt sind, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden, und dass viele von ihnen eines Kapitalverbrechens angeklagt wurden und Gefahr laufen, nach einem unfairen Prozess zum Tode verurteilt zu werden,
C. in der Erwägung, dass die meisten unabhängigen einheimischen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten von den Sicherheitsdiensten eingeschüchtert werden oder des Landes verwiesen wurden,
D. in der Erwägung, dass die usbekischen Behörden beschlossen haben, die sechste Tagung des Parlamentarischen Kooperationsausschusses EU-Usbeskistan zu vertagen, da die Delegation des Europäischen Parlaments nach Andidschan reisen und mit Nichregierungsorganisationen und an den Ereignissen beteiligten Personen zusammentreffen möchte,
E. in der Erwägung, dass zurzeit 15 Männer in Taschkent vor Gericht stehen, denen im Zusammenhang mit der Anführung der bewaffneten Unruhen zur Last gelegt wird, sie hätten versucht, die Regierung zu stürzen und einen islamischen Staat zu errichten,
F. in der Erwägung, dass Leandro Despouy, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Unabhängigkeit der Richter und Rechtsanwälte, Zweifel an der Fairness des Prozesses geäußert und Zugang zu den Angeklagten gefordert hat,
G. in der Erwägung, dass eine Gruppe von 439 usbekischen Flüchtlingen, die nach dem Aufstand vom 13. Mai an die kirgisische Grenze geflohen waren, in ein Lager der Vereinten Nationen in Rumänien überführt wurden; ferner in der Erwägung, dass die Lage der übrigen Flüchtlinge weiterhin unklar ist,
H. in der Erwägung, dass der Aufbau einer Zivilgesellschaft ein grundlegender Schritt ist, um dem Land zu einer funktionierenden Demokratie, Stabilität und sozialem Zusammenhalt zu verhelfen, was für die wirksame Bekämpfung jeglicher Gefahr des religiösen Extremismus von entscheidender Bedeutung ist,
I. in der Erwägung, dass für den Aufbau einer Zivilgesellschaft in Usbekistan und in den Nachbarländern eine offenere Gesellschaft, in der die persönlichen Freiheiten und Menschenrechte voll und ganz geachtet werden, sowie wirkliche Fortschritte auf dem Weg zur Demokratie erforderlich sind,
1. fordert die Kommission nachdrücklich auf, den Jahresetat der Europäischen Union für „nationale Projekte und den Aufbau von Institutionen“ in Usbekistan unbeschadet der humanitären Hilfe in die Reserve einzustellen;
2. verurteilt die Verweigerung jeglicher Transparenz durch die Regierung Usbekistans und ihre Abkapselung von der Außenwelt und unterstreicht nachdrücklich, dass es wichtig wäre, dass eine internationale Untersuchungskommission die Möglichkeit erhielte, die näheren Einzelheiten der Ereignisse vom Mai 2005 in der Region Andidschan umgehend aufzuklären und ungehindert den laufenden Prozessen beizuwohnen;
3. verweist erneut auf die Bedeutung der Beziehungen EU-Usbekistan und des fortgesetzten Dialogs und anerkennt die zentrale Rolle Usbekistans in der zentralasiatischen Region, betont aber, dass diese Beziehungen auf einer beiderseitigen Achtung der Grundsätze der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte basieren müssen, wie sie eindeutig im Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EU-Usbekistan verankert sind;
4. begrüßt und unterstützt den auf der Tagung des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 3. Oktober 2005 gefassten Beschluss, ein Embargo für die Ausfuhr von Waffen, militärischer Ausrüstung und anderer Ausrüstung, die zur internen Unterdrückung verwendet werden kann, nach Usbekistan zu verhängen, auf diejenigen usbekischen Staatsbürger, die unmittelbar für die Ereignisse in Andidschan verantwortlich sind, Beschränkungen für die Einreise in die EU anzuwenden und sämtliche im Rahmen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens vorgesehenen technischen Sitzungen auf unbestimmte Zeit auszusetzen, sowie die von der Kommission vorgenommene Neuausrichtung und die Reduzierung ihres TACIS-Programms mit dem Ziel, die Bedürfnisse der Bevölkerung, Demokratie und Menschenrechte stärker in den Vordergrund zu rücken und eine Verbindung zur usbekischen Zivilgesellschaft zu fördern;
5. fordert die Regierung Usbekistans nachdrücklich auf, alle Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Mitglieder der politischen Opposition, die noch in Haft sind, auf freien Fuß zu setzen und ihnen die Möglichkeit zu geben, frei und ohne Angst vor Verfolgung zu arbeiten, sowie die Belästigung der NRO einzustellen;
6. fordert, die Pressefreiheit wiederherzustellen und in diesem Zusammenhang die gerichtlichen Schritte, die gegen die nationalen Medien und die NRO, die die Informationsvielfalt gewährleisten möchten, eingeleitet wurden, rückgängig zu machen; verurteilt jede Behinderung der Meinungsäußerungsfreiheit der Bürger;
7. fordert nachdrücklich, dass bei dem Prozess gegen die Personen, die angeklagt sind, eine Verschwörung angezettelt zu haben, um die usbekische Regierung zu stürzen, das Völkerrecht in jeder Hinsicht befolgt wird und dass zu dem Prozess unabhängige Beobachter zugelassen werden, denen es möglich sein muss, uneingeschränkt an den Verhandlungen teilzunehmen; nimmt Kenntnis von dem Beschluss der usbekischen Behörden, Beobachtern der OSZE die Teilnahme an diesen Prozessen zu gestatten;
8. erwartet von den usbekischen Behörden, dass sie den Mitgliedern, die an der 6. Tagung des Parlamentarischen Kooperationsausschusses EU-Usbekistan teilnehmen, einen Besuch in Andidschan und Treffen mit der Opposition, NRO und den unabhängigen Medien erleichtern;
9. fordert die kirgisischen Behörden auf, inhaftierte Flüchtlinge nicht abzuschieben, solange die usbekische Regierung keinen unabhängigen und fairen Prozess garantieren kann und humanitären Organisationen keinen Zugang zu den Inhaftierten gewährt;
10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Sonderbeauftragten der EU für Zentralasien, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament Usbekistans, dem Generalsekretär der OSZE und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.