Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B6-0149/2006Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B6-0149/2006

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

13.3.2006

eingereicht gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung von
anstelle der Entschließungsanträge folgender Fraktionen: zum vierten Weltwasserforum vom 16. bis 22. März 2006 in Mexiko-Stadt

Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B6-0149/2006
Eingereichte Texte :
RC-B6-0149/2006
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zum vierten Weltwasserforum vom 16. bis 22. März 2006 in Mexiko-Stadt

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf das Vierte Weltwasserforum in Mexiko-Stadt am 16. bis 22. März 2006,

–  in Kenntnis der Schlusserklärungen der drei ersten Weltwasserforen in Marrakesch (1997), Den Haag (2000) und Kyoto (2003),

–  unter Hinweis auf die UN-Millenniums-Entwicklungsziele und den endgültigen Bericht (2005) der Taskforce „Wasser und Abwasserentsorgung“ im Rahmen des UN-Millennium-Projekts mit dem Titel „Gesundheit, Würde und Entwicklung: Was ist zu tun?“,

–  unter Hinweis auf die zweite Ausgabe des UN-Weltwasserentwicklungsberichts mit dem Titel „Wasser, eine gemeinsame Verantwortung“, erschienen am 9. März 2006,

–  unter Hinweis auf den auf dem G8-Gipfel in Evian im Jahr 2003 verabschiedeten „Aktionsplan Wasser“, der auf dem G8-Gipfel in Gleneagles am 7. Juli 2005 bekräftigt wurde,

–  unter Hinweis auf die EU-Wasserinitiative (EUWI), die auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung (WSSD) im Jahr 2002 in Johannesburg ins Leben gerufen wurde,

–  unter Hinweis auf die im Jahr 2004 eingerichtete AKP-EU-Wasserfazilität,

–  unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2003 zur Wasserbewirtschaftung in Entwicklungsländern,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2004 zur Binnenmarktstrategie – vorrangige Aufgaben 2003–2006, in der es unter Ziffer 5 die Auffassung vertrat, dass „die Bewirtschaftung der Wasserressourcen nicht den Regeln des Binnenmarkts unterliegen darf, da Wasser ein gemeinsames Gut der Menschheit darstellt“,

–  gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Hälfte der Weltbevölkerung unter mangelnder Hygiene und fehlendem Zugang zu Trinkwasser leidet und es eindeutige Hinweise auf eine bevorstehende weltweite Wasserkrise gibt, die nicht nur die nachhaltige Entwicklung, sondern ebenfalls Frieden und Sicherheit gefährden wird, in der Erwägung, dass Millionen von Frauen und Kindern überproportional stark von ungenügenden Zugangsmöglichkeiten zu Trinkwasser und sanitärer Versorgung betroffen sind,

B.  in der Erwägung, dass eine der wichtigsten Zielvorgaben der „Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen“ darin besteht, „bis 2015 den Anteil der Bevölkerung zu halbieren, der keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu sanitärer Grundversorgung hat“,

C.  in der Erwägung, dass das Forum in Mexiko unter dem Motto „Lokale Aktionen für eine globale Herausforderung“ steht, dass die Verteilung des Wassers äußerst ungleich erfolgt, obwohl sie eigentlich eine universelle öffentliche Versorgungsleistung sein sollte, die auf lokaler Ebene geplant und gesteuert wird, die dafür am besten geeignet ist, dass sich um diese lokalen öffentlichen Versorgungsleistungen eine innovative und demokratische kommunale Kapazität im Bereich der Steuerung des Gemeinwesens entwickeln lässt und dass die Kontrolle über das Wasser und seine Qualität für die nachhaltige Entwicklung der ärmsten Bevölkerungsgruppen von existenzieller Bedeutung ist,

D.  in der Erwägung, dass die für das Leben unabdingbare Qualität des Wassers in den Entwicklungsländern einer der wichtigsten Sterblichkeitsfaktoren ist, der jährlich Millionen Menschen – zur Hälfte Kinder – das Leben kostet, da über eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser haben und zweieinhalb Milliarden über keine sanitäre Grundversorgung verfügen,

E.  in der Erwägung, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten pro Jahr ca. 1,4 Mrd. Euro für Wasser und sanitäre Versorgung in Entwicklungsländern zur Verfügung stellen, wodurch die EU in diesem Sektor zum weltweit wichtigsten Geber wird,

F.  in der Erwägung, dass die AKP-EU-Wasserfazilität zum Ziel hat, im Rahmen der Millenniums-Entwicklungsziele und der WSSD-Ziele die nachhaltige Versorgung mit Wasser und sanitären Infrastrukturen zu fördern und die Wasserbewirtschaftung sowie die Maßnahmen des Internationalen Wasserressourcen-Managements (IWRM) in AKP-Ländern dadurch zu unterstützen, dass das Problem der Finanzlücken gelöst wird,

1.  erklärt, dass Wasser ein gemeinsames Gut der Menschheit ist und dass der Zugang zu Wasser daher ein grundlegendes Menschenrecht ist; fordert, dass bis 2015 alle notwendigen Anstrengungen unternommen werden, um den Zugang der ärmsten Völker zu Wasser zu gewährleisten;

2.  fordert, dass die Kommission die Europäische Union auf dem Forum in Mexiko mit dem Auftrag vertritt, sich dafür einzusetzen, dass in der abschließenden Ministererklärung anerkannt wird, dass der Zugang zu Trinkwasser ein grundlegendes Menschenrecht ist; fordert in diesem Zusammenhang die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der Vereinten Nationen die Ausarbeitung eines internationalen Vertrags über Wasser und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen vorzuschlagen, in dem das Recht auf Zugang zum Trinkwasser anerkannt wird;

3.  bedauert die geringe Einbindung der Aktionen des „Weltwasserforums“ in die Tätigkeit der Vereinten Nationen; weist darauf hin, dass 21 internationale Agenturen sich auf verschiedene Weise mit der Wasserproblematik befassen, und fordert in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer Koordinierungsagentur für die Wasserbewirtschaftung unter unmittelbarer Verantwortung der Vereinten Nationen;

4.  betont, dass diese Koordinierungsagentur für die Wasserbewirtschaftung den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und den Umweltschutz in die Bewirtschaftung der Wasserressourcen einbeziehen und zur Aufgabe haben muss, Strategien zur Förderung einer wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Entwicklung zu entwickeln, die mit der Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines hohen Niveaus an Wasserqualität vereinbar sind;

5.  fordert mit Nachdruck, die Bewirtschaftung der Wasserressourcen auf einen partizipativen und integrierten Ansatz zu gründen, in dem die Benutzer und Entscheidungsträger an der Festlegung der Wasserpolitik im lokalen Bereich auf demokratische Weise beteiligt sind;

6.  fordert, dass alle Wasser- und Sanitärversorgungsprogramme spezifische Maßnahmen enthalten, die ausgerichtet sind auf die Beseitigung von geschlechtsspezifischen Ungleichheiten – um die gleiche Verteilung der sich aus diesen Maßnahmen ergebenden Vorteile und Möglichkeiten zu gewährleisten –, sowie auf die Hervorhebung der Rolle der Frau bezüglich Trinkwasserversorgung und Erhalt bzw. Bewirtschaftung der Wasserressourcen;

7.  begrüßt, dass aus dem 9. Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) 500 Mio. Euro für die Umsetzung der AKP-EU-Wasserfazilität zur Verfügung gestellt wurden – und zwar zusätzlich zu den früher schon aus dem 9. EEF bereitgestellten 475 Mio. Euro für Trinkwasser- und Sanitärversorgung; fordert, dass Trinkwasser- und Sanitärversorgung im 10. EEF angemessen finanziert werden; wünscht, dass die internationalen Organisationen in ihren Aktionsplänen den der Wasserwirtschaft gewidmeten Anteil erhöhen und dass die Schuldenerlasse auch den Investitionen in die Wasserwirtschaft zugute kommen;

8.  unterstreicht und bekräftigt die Ergebnisse der Taskforce „Wasser und Abwasserentsorgung" im Rahmen des UN-Millennium-Projekts, denen zufolge die wichtigsten Zielvorgaben der Millenniums-Entwicklungsziele nicht erreicht werden können, wenn nicht eine Reihe von Vorbedingungen erfüllt werden, und zwar:

●  verstärkte Entwicklungshilfe und verstärkte Ausrichtung der Hilfe zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder;

●  Ressourcenumschichtung von Entwicklungsländern mit niedrigen und mittleren Einkommen auf die ärmsten Entwicklungsländer;

●  verstärkte Beteiligung aller betroffenen Akteure, um so ein echtes Eigentumsrecht für Wasser- und Sanitärversorgungsinitiativen zu schaffen und den Akzent auf die Mobilisierung der örtlichen Gemeinwesen zu legen;

9.  fordert, die lokalen Gebietskörperschaften der Europäischen Union dazu anzuregen, einen Teil der von den Benutzern für die Bereitstellung der Wasserversorgung und der sanitären Einrichtungen erhobenen Gebühren für Maßnahmen dezentraler Zusammenarbeit bereitzustellen, und der Union die Mittel zu verschaffen, derartige Aktionen unter anderem durch eine Koordinierung der Informationen, Nutzung und Verbreitung der Ergebnisse zu unterstützen und zu begleiten;

10.  fordert die Kommission und den Rat auf, die grundlegende Rolle der lokalen Gebietskörperschaften beim Schutz und bei der Bewirtschaftung von Wasser anzuerkennen, und bedauert, dass die Kompetenzen, Erfahrungen und Ressourcen der lokalen Gebietskörperschaften durch die europäischen Kofinanzierungsprogramme unzureichend in Anspruch genommen, genutzt und ausgeschöpft werden, denn die lokalen Gebietskörperschaften der Europäischen Union sind aufgrund ihrer technischen Kompetenzen, ihres Know-how und ihrer Erfahrung besonders geeignet, die Gemeinwesen der Entwicklungsländer zu unterstützen;

11.  unterstreicht, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Trinkwasser- und Sanitärversorgung nicht isoliert getroffen werden dürfen, sondern vielmehr Teil einer kohärenten Querschnittsentwicklungsstrategie sein müssen, die auch andere Politikbereiche wie Gesundheit, Bildung, Infrastruktur, Kapazitätsaufbau und verantwortungsvolles Regieren sowie nachhaltige Entwicklungsstrategien mit einschließt;

12.  unterstreicht die Bedeutung früher Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung latenter regionaler Wasserkonflikte, insbesondere in Regionen, in denen mehrere Länder dasselbe Grundwasserbecken teilen; fordert in diesem Zusammenhang, dass bei künftigen EU- und internationalen Bemühungen die Koordinierung der regionalen Wasserpolitik verbessert und die Einrichtung regionaler Wasserbewirtschaftungsstellen gefördert wird;

13.  begrüßt und ermutigt die Mobilisierung der Organisationen der europäischen und internationalen Bürgergesellschaft bei der Suche nach Lösungen der Probleme im Zusammenhang mit dem Zugang insbesondere der ärmsten Bevölkerungen zu Wasser; empfiehlt den Teilnehmern des Weltwasserforums 2006, sich während der Tage des Forums aktiv an den Tätigkeiten der Organisationen der Bürgergesellschaft zu beteiligen und die dabei aufkommenden Vorschläge ernsthaft in Erwägung zu ziehen;

14.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem AKP-EU-Rat, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Generalsekretariat der „Komitees für den Weltwasservertrag“ zu übermitteln.