GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
14.6.2006
- –Jana Hybášková, Charles Tannock, Bernd Posselt und Bogusław Sonik im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –Pasqualina Napoletano und Véronique De Keyser im Namen der PSE-Fraktion
- –Annemie Neyts-Uyttebroeck, Cecilia Malmström, Marios Matsakis, Frédérique Ries und Anneli Jäätteenmäki im Namen der ALDE-Fraktion
- –Cem Özdemir und Hélène Flautre im Namen der Verts/ALE-Fraktion
- –Vittorio Agnoletto im Namen der GUE/NGL-Fraktion
- –Cristiana Muscardini im Namen der UEN-Fraktion
- –ALDE (B6‑0342/2006)
- –PSE (B6‑0350/2006)
- –GUE/NGL (B6‑0360/2006)
- –PPE-DE (B6‑0365/2006)
- –Verts/ALE (B6‑0370/2006)
- –UEN (B6‑0372/2006)
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Syrien
Das Europäische Parlament,
- unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Syrien, insbesondere auf diejenige vom 8. September 2005,
- unter Hinweis auf das Europa-Mittelmeer-Abkommen, von dem die Europäische Union und Syrien Vertragsparteien sind, insbesondere Artikel 2, der festlegt, dass die Achtung demokratischer Grundsätze und Grundrechte die Innen- und Außenpolitik der Vertragsparteien beeinflussen und ein wesentliches Element des Abkommens darstellen,
- unter Hinweis auf die Erklärung zum Barcelona-Prozess vom 28. November 1995 und sein vorrangiges Ziel, die Förderung der Menschenrechte,
- unter Hinweis auf die politischen Prioritäten der EP-Präsidentschaft, der Parlamentarischen Versammlung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft im Jahre 2005, den Dialog über die Menschenrechte mit den Parlamenten der Partnerländer zu verstärken,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zum 10. Jahrestag des Barcelona-Prozesses und die Ziele für die nächsten 5 Jahre, insbesondere das Ziel, sich auf Fragen wie den Schutz der Menschenrechte zu konzentrieren,
– unter Hinweis auf seinen Bericht zum 10. Jahrestag des Barcelona-Prozesses,
– unter Hinweis auf die EU-Leitlinien gegenüber Drittländern hinsichtlich der Todesstrafe (1998); hinsichtlich Folter und sonstige grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (2001), betreffend die Menschenrechte mit Drittländern (2001) und betreffend Menschenrechtsverteidiger (2004).
- unter Hinweis auf die Erklärung der EU-Präsidentschaft vom 19. Mai 2006 betreffend die jüngsten Verhaftungen in Syrien,
- unter Hinweis auf Artikel 11 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 177 des EG-Vertrags, in dem die Förderung der Menschenrechte als eines der Ziele der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik festgeschrieben ist,
- gestützt auf Artikel 115 der Geschäftsordnung,
A. unter Hinweis auf die Bedeutung der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen, die zwischen der Europäischen Union und Syrien bestehen,
B. in der Erwägung, dass der Amtsantritt des derzeitigen Präsidenten, Bachar Al Assad, in Syrien etwas Hoffnung aufkommen ließ und dazu beitrug, das politische System Syriens zu öffnen, das jahrelang von der Baath-Partei beherrscht worden war,
C. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament und sein Präsident bereits mehrmals zu Gunsten der Freilassung von in syrischen Gefängnissen inhaftierten Parlamentariern interveniert haben, und in der Erwägung, dass die europäische Präsidentschaft am 19. Mai 2006 die syrische Regierung aufgefordert hat, die Rede- und Versammlungsfreiheit, die in dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte enthalten sind, der von Syrien im Jahre 1969 ratifiziert wurde, uneingeschränkt zu respektieren,
D. in der Erwägung, dass nach der Unterzeichnung einer Petition für verbesserte syrisch-libanesische Beziehungen im Hinblick auf die Resolution 1680 des UN-Sicherheitsrates die Verhaftung und Folterung mehrerer ziviler Aktivisten im Mai 2006 gemeldet wurde; unter ihnen befanden sich insbesondere der Rechtsanwalt Anwar al Bunni und der Schriftsteller Michel Kilo sowie andere wie z.B. Khalil Hussein, Dr. Safwan Tayfour, Mahmoud ´Issa, Fateh Jammous, Prof. Suleiman Achmar, Nidal Derwiche, Suleiman Shummor, Ghalem Amer, Muhammad Mahfud und Mahmoud Mer´i,
E. in der Erwägung, dass Anwar Al Bunni, ein Rechtsanwalt, der sich auf Menschenrechtsfragen spezialisiert hat, in den Straßen von Damaskus verhaftet wurde, als er gerade einen Posten als Direktor eines von der Europäischen Union finanzierten Menschenrechtsinstituts übernehmen sollte,
F. unter Hinweis darauf, dass bereits im November 2005 internationale NRO die Verhaftung und drohende Folterung des friedlichen Aktivisten Kamal Al-Labwani meldeten, der jetzt eine lebenslängliche Haftstrafe antreten muss, weil er seine Meinungen geäußert hat,
G. unter Hinweis darauf, dass die syrischen Behörden in den vergangenen zwei Monaten auch zahlreiche Journalisten und zivile Aktivisten verhaftet haben sollen,
H. in der Erwägung, dass diese Verhaftungswelle als direkte Repressalie für die Verbreitung einer Petition vom 12. Mai 2006 gilt, die von rund 500 Personen unterzeichnet wurde und in der zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Libanon und Syrien aufgerufen wurde; diese Petition von ganz besonderer Bedeutung ist eine gemeinsame Initiative von syrischen und libanesischen Intellektuellen und Menschenrechtsverteidigern, die erste ihrer Art,
I. in der Erwägung, dass vergangenes Jahr das UN-Menschenrechtskomitee sich besorgt "über die Hindernisse äußerte, die der Registrierung und freien Arbeit von nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen“ in Syrien in den Weg gelegt werden, und dass es zur "Einschüchterung und Schikanierung von Menschenrechtsverteidigern kommt“,
J. in der Erwägung, dass Syrien mit Notstandsgesetzen regiert wird, die vor 43 Jahren eingeführt wurden und die benutzt werden, um die Verletzung der Menschenrechte zu rechtfertigen,
1. fordert die syrischen Behörden nachdrücklich auf, unverzüglich alle Aktivisten freizulassen, die noch wegen Unterzeichnung einer Petition inhaftiert sind, die zu verbesserten syrisch-libanesischen Beziehungen aufrief;
2. fordert die syrischen Behörden ferner nachdrücklich auf, alle Fälle von politischen Häftlingen erneut zu prüfen und alle Gewissenshäftlinge unverzüglich freizulassen und:
- a.) zu gewährleisten, dass die Gefangenen ordentlich behandelt und nicht gefoltert oder sonstwie misshandelt werden;
- b)zu gewährleisten, dass Verhaftete oder inhaftierte Personen sofortigen, regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu ihren Rechtsanwälten, Ärzten und Familien erhalten;
3. fordert die syrischen Behörden auf, die Konvention gegen die Folter und sonstige unmenschliche Behandlung zu ratifizieren;
4. unterstützt nachdrücklich die Erklärung der EU-Präsidentschaft vom 19. Mai 2006 im Namen der Europäischen Union betreffend die jüngsten Verhaftungen in Syrien;
5. weist darauf hin, dass die Achtung der Menschenrechte einen wesentlichen Bestandteil in jedem künftigen Assoziationsabkommen EU-Syrien darstellt, und fordert Syrien auf, seine Verpflichtung im Rahmen des Barcelona-Prozesses und gemäß den Leitlinien der europäischen Nachbarschaftspolitik einzuhalten;
6. bekräftigt erneut die Notwendigkeit für die Kommission und den Rat, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um zu gewährleisten, dass das Assoziationsabkommen mit Syrien, das noch nicht unterzeichnet worden ist, zu einer Verbesserung der Menschenrechte in Syrien führt;
7. fordert die Kommission auf, jährlich die Menschenrechtssituation in Syrien und die Einhaltung seiner Verpflichtungen im Rahmen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zu beurteilen und über ihre Befunde im Rahmen der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft Bericht zu erstatten;
8. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der syrischen Regierung und dem syrischen Parlament zu übermitteln.