GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
24.10.2006
- –John Bowis, Eija-Riitta Korhola, Gay Mitchell und James Nicholson im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –Miguel Angel Martínez Martínez, Margrietus van den Berg und Dorette Corbey im Namen der PSE-Fraktion
- –Danutė Budreikaitė, Jules Maaten, Marios Matsakis und Fiona Hall im Namen der ALDE-Fraktion
- –Frithjof Schmidt, Margrete Auken, Marie Anne Isler Béguin, Carl Schlyter, Sepp Kusstatscher und Gisela Kallenbach im Namen der Verts/ALE-Fraktion
- –Kartika Tamara Liotard, Luisa Morgantini, Jacky Henin und Umberto Guidoni im Namen der GUE/NGL-Fraktion
- –Roberta Angelilli im Namen der UEN-Fraktion
- –Verts/ALE (B6‑0545/2006)
- –GUE/NGL (B6‑0571/2006)
- –UEN (B6‑0573/2006)
- –ALDE (B6‑0574/2006)
- –PSE (B6‑0575/2006)
- –PPE-DE (B6‑0576/2006)
Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Export von giftigen Abfällen nach Afrika
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von gefährlichen Abfällen und auf das darin enthaltene Verbot aller Exporte gefährlicher Abfälle aus OECD- in Nicht-OECD-Staaten,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft[1],
– unter Hinweis auf das des Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von gefährlichen Abfällen und ihrer Entsorgung, das im Namen der Gemeinschaft aufgrund des Beschluss 93/98/EWG des Rates[2] geschlossen wurde,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. unter Hinweis darauf, dass in mehreren Gebieten in der Umgebung der Stadt Abidjan, wo 5 Millionen Menschen leben, 500 t chemische Abfälle deponiert worden sind,
B. unter Hinweis darauf, dass acht Personen bislang gestorben sind und ungefähr 85.000 Personen zur Behandlung von Nasenbluten, Durchfall, Übelkeit, Augenreizungen und Atembeschwerden in Krankenhäuser gebracht worden sind und dass diese Deponierung giftiger Abfälle weit reichende Folgen, einschließlich Bodenverseuchungen und Belastungen von Oberflächen- und Grundwasser, haben kann,
C. unter Hinweis darauf, dass eine Vielzahl von Kindern von dieser Vergiftung besonders schwer geschädigt worden sind und dass nach Schätzungen von UNICEF 9.000 bis 23.000 Kinder medizinische Hilfe, gesundheitliche Versorgung und andere Maßnahmen zur Sanierung des Umfelds, in dem sie leben, benötigen,
D. unter Hinweis darauf, dass die giftigen Abfälle aus aus einem in griechischen Eigentum befindlichen und unter panamaischer Flagge fahrenden Tanker kamen, den die in den Niederlanden ansässige Firma Trafigura Beheer BV geleast hatte, und dass eine derartige Aufteilung der Verantwortung ein systematisch auftretendes, aber untragbares Problem bezüglich der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts schafft,
E. unter Hinweis darauf, dass Umweltvorschriften, die im Norden gelten, die Beseitigung gefährlicher Abfälle kostspielig gemacht haben,
F. unter Hinweis darauf, dass die Hafenbehörden in Amsterdam die Gefährlichkeit der Abfälle festgestellt hatten, nachdem das Schiff entladen worden war, und eine höhere Gebühr für die vollständige Entladung forderten, woraufhin die Besatzung des Tankers beschloss, die Abfälle statt dessen wieder an Bord zurückzupumpen, und dass die zuständigen niederländischen Behörden zuließen, dass das Schiff niederländisches Hoheitsgebiet verlässt, obwohl ihnen die Gefährlichkeit der Ladung bekannt war und sie wussten, dass der Kapitän nicht bereit war, für eine umweltverträgliche Beseitigung in den Niederlanden zu bezahlen,
G. unter Hinweis darauf, dass das Unternehmen Gelegenheit hatte, die Abfälle in Europa vorschriftsmäßig und unbedenklich zu entsorgen, sich aber für eine billigere Alternative in Côte d’Ivoire entschieden hat,
H. unter Hinweis darauf, dass Afrika als Abladeplatz für gefährliche Abfälle aller Art benutzt wird und dass Greenpeace 80 Standorte ermittelt hat, an denen gefährliche Abfälle aus Industriestaaten deponiert worden sind: gebrauchte Computer in Nigeria, radioaktive Behälter in Somalia, Deponierung von Chlor in Kamerun usw.,
I. unter Hinweis darauf, dass in den meisten afrikanischen Staaten keine durchgreifenden Rechtsvorschriften bestehen, die die Umwelt und die Lebensgrundlagen der Bevölkerung vor gefährlichen Abfällen schützen,
J. in der Erwägung, dass alle Exporte von zur Beseitigung bestimmten Abfällen aus der EU seit Mai 1994 durch die Verordnung (EWG) Nr. 259/93 verboten sind und dass der Export gefährlicher Abfälle aus der EU in Nicht-OECD-Staaten seit Januar 1997 durch die Verordnung (EWG) Nr. 259/93 verboten ist,
K. unter Hinweis darauf, dass die Deponierung gefährlicher Abfälle im Gebiet von Côte d’Ivoire nur die Spitze des Eisbergs an ständig praktizierten Verbringungen gefährlicher Abfälle aus der EU in Nicht-OECD-Staaten ist, dass sehr große Mengen an Elektro- und Elektronik-Altgeräten unter dem Vorwand der „Wiederverwendung“ in Nicht-OECD-Staaten entsorgt werden und dass mit giftigen Stoffen und Materialien belastete alte EU-Schiffe in erheblicher Zahl in Asien unter Bedingungen verschrottet werden, die für die betroffenen Arbeitnehmer und die Umwelt äußerst schädlich sind,
L. unter Hinweis darauf, dass es in seiner Sitzung vom 9. April 2002 in erster Lesung den Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie über das Thema ‚Umweltschutz – strafrechtliche Verfolgung, Straftatbestände und Sanktionen’ verabschiedete, dass der Rat aber zu keiner Zeit politische Einigung über diesen Richtlinienvorschlag erzielen konnte und stattdessen einen Rahmenbeschluss im Bereich des dritten Pfeilers zu demselben Thema wollte und dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften am 13. September 2005 den Rahmenbeschluss aufgehoben hat,
1. fordert die Kommission und die Regierungen der Niederlande und von Côte d’Ivoire auf, lückenlos über diesen Fall zu ermitteln, die Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen festzustellen, die für dieses Umweltverbrechen verantwortlichen Personen gerichtlich zu belangen und dafür zu sorgen, dass die Umweltverseuchung vollständig beseitigt wird und die Opfer entschädigt werden;
2. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um der betroffenen Bevölkerung und besonders den Kindern in vollen Umfang zu helfen, und zwar unter Einsatz aller verfügbaren Mittel der Unterstützung, der Zusammenarbeit und des Katastrophenschutzes;
3. vertritt die Auffassung, dass im Fall der Verbringung gefährlicher Abfälle nach Abidjan sowohl das Gemeinschaftsrecht als auch internationale Übereinkommen klar verletzt wurden, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um eine lückenlose Durchsetzung der geltenden Abfallverbringungsvorschriften herbeizuführen;
4. fordert die Kommission und die betroffenen Mitgliedstaaten auf, sämtliche von ihnen mit Nicht-OECD-Staaten geschlossenen bilateralen Abkommen über die Verbringung von Abfällen öffentlich zugänglich zu machen;
5. fordert die Kommission auf, Legislativvorschläge im Hinblick auf die Beseitigung der Schlupflöcher in den derzeitigen Regelungen über gefährliche Abfälle vorzulegen, um dadurch den Verbringungen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten und veralteten Schiffen in Nicht-OECD-Staaten ein Ende zu bereiten;
6. fordert die Kommission auf, Daten über den Schmuggel von solchen gefährlichen Abfällen und Erzeugnissen und deren illegale Deponierung in afrikanischen und anderen Entwicklungsländern zu sammeln, Vorschläge für Maßnahmen zur Kontrolle, Eindämmung und Unterbindung dieses Schmuggels und der illegalen Verbringung und Deponierung in afrikanischen und anderen Entwicklungsländern vorzulegen und jährlich eine Liste der an der illegalen Deponierung giftiger Abfälle und Erzeugnisse in afrikanischen und anderen Entwicklungsländern beteiligten Staaten und multinationalen Unternehmen zu erstellen;
7. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Regierung von Côte d’Ivoire und dem Sekretariat des Basler Übereinkommens zu übermitteln.