GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
26.9.2007
- –Karl von Wogau, Stefano Zappalà, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Hubert Pirker und Bogdan Klich im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –Ana Maria Gomes, Alain Hutchinson und Marie-Arlette Carlotti im Namen der PSE-Fraktion
- –Annemie Neyts-Uyttebroeck, Philippe Morillon und Thierry Cornillet im Namen der ALDE-Fraktion
- –Ryszard Czarnecki und Ģirts Valdis Kristovskis im Namen der UEN-Fraktion
- –ALDE (B6‑0362/2007)
- –UEN (B6‑0364/2007)
- –PSE (B6‑0366/2007)
- –PPE-DE (B6‑0367/2007)
Entschließung des Europäischen Parlaments zu der ESVP-Operation im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Konflikt in Darfur und die weitreichenderen regionalen Auswirkungen, insbesondere auf den Osten des Tschad und den Norden der Zentralafrikanischen Republik,
– unter Hinweis auf die Resolution 1706 des VN-Sicherheitsrates vom 31. August 2006, wonach regionale Sicherheitsaspekte angegangen werden müssen, um einen dauerhaften Frieden in Darfur zu verwirklichen,
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ vom 23./24. Juli 2007, in denen er „seine zuständigen Gremien [ersucht], ihre Planung für einen möglichen Beschluss über eine Überbrückungsoperation im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Unterstützung der multidimensionalen Präsenz der VN im Osten des Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik im Hinblick auf eine Verbesserung der Sicherheit in diesen Regionen weiterzuführen“,
– unter Hinweis auf die Resolution 1769(2007) vom 31. Juli 2007 des VN-Sicherheitsrates, mit der die Stationierung einer gemischten AU/VN-Operation in Darfur (UNAMID) für zunächst 12 Monate beschlossen wird,
– in Kenntnis des vom VN-Generalsekretär am 10. August 2007 vorgelegten Berichts, in dem die Stationierung einer multidimensionalen Mission im Osten des Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik vorgeschlagen wird, um die Sicherheit der Flüchtlinge und Vertriebenen zu verbessern, die Erbringung der humanitären Hilfe zu erleichtern und die Bedingungen für den Wiederaufbau und die Entwicklung dieser Zonen zu schaffen,
– in Kenntnis des Darfur-Friedenstreffens, das vom 3. bis 6. August 2007 in Arusha stattfand,
– unter Hinweis auf die am 13. August 2007 in Anwesenheit der Vertreter der internationalen Gemeinschaft und des Staatschefs des Tschad, Präsident Idriss Deby Itno, in N’Djamena erfolgte Unterzeichnung des politischen Abkommens im Hinblick auf die Stärkung des demokratischen Prozesses im Tschad durch alle tschadischen politischen Parteien der Mehrheit und der Opposition,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des VN-Sicherheitsrates vom 27. August 2007, in der die Bereitschaft bestätigt wird, eine VN-Mission im Tschad zu stationieren, und die Absicht der EU begrüßt wird, Unterstützung in Form einer militärischen ESVP-Mission zu leisten,
– unter Hinweis auf das „Krisenmanagement-Konzept“, das vom Rat der Europäischen Union am 10. September 2007 im schriftlichen Verfahren gebilligt wurde,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juli 2007 zur Lage in Darfur,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. äußerst besorgt über die Verschlechterung der humanitären Lage im Tschad, wo wegen des Konflikts in Darfur und seiner grenzüberschreitenden Auswirkungen ca. 238.000 Flüchtlinge aus dem Sudan, 44.600 Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik und 170.000 Binnenflüchtlinge in 12 Lagern entlang der Ostgrenze des Tschad zum Sudan untergebracht sind,
B. besorgt über die Sicherheitslage im Osten des Tschad, die sich seit 2006 wegen Zusammenstößen zwischen den tschadischen Sicherheitskräften und den tschadischen Rebellen sowie Übergriffen der Janjaweed-Milizen und von bewaffneten Gruppen aus dem Sudan verschlechtert hat, wozu noch das Banditenunwesen und Angriffe auf humanitäre Organisationen hinzugerechnet werden müssen,
C. in der Erwägung, dass auch die Zivilbevölkerung im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik Ziel von Übergriffen durch Rebellen aus dem Sudan war,
D. in der Erwägung, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, im Rahmen eines globalen und regionalen Ansatzes zur Verbesserung der Sicherheit in dieser vom Darfur-Konflikt betroffenen Region beizutragen,
E. in der Erwägung, dass eine langfristige Stabilität sowohl im Sudan als auch im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik die Achtung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der verantwortungsvollen Regierungsführung erfordert,
F. in Anerkennung der Resolution 1769(2007) des VN-Sicherheitsrates, durch die die Stationierung einer AU/VN-Truppe von 26.000 Soldaten in Darfur genehmigt wird, die in Verbindung mit der Stationierung einer VN-Polizeitruppe und der geplanten ESVP-Operation im Osten des Tschad und im Norden der Zentralafrikanischen Republik dazu beitragen wird, die gesamte Region zu befrieden,
G. in der Erwägung, dass die Regierungen des Tschad und der Zentralafrikanischen Republik dem VN-Generalsekretär gegenüber ihre Zustimmung zur Stationierung dieser multidimensionalen Mission der Europäischen Union bestätigt haben,
H. mit Unterstützung der Bemühungen von VN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, eine Verhandlungslösung für den Konflikt in Darfur zu finden, indem die Kontakte zwischen der sudanesischen Regierung und den verschiedenen Rebellengruppen gefördert werden,
I. unter Würdigung der am 13. August 2007 in N'Djamena erfolgten Unterzeichnung eines Abkommens, das auf die Stärkung des demokratischen Prozesses im Tschad abzielt, durch alle tschadischen politischen Parteien,
J. in Kenntnis der Bemühungen regionaler Akteure, mit den Gruppen, die das vorgenannte Abkommen nicht unterzeichnet haben, eine Lösung für den internen Konflikt im Tschad zu finden,
1. gibt erneut zu bedenken, dass eine friedenserhaltende Mission im östlichen Teil des Tschad und im nördlichen Teil der Zentralafrikanischen Union ohne einen echten Aussöhnungsprozess nicht erfolgreich sein kann;
2. fordert den Rat, die Kommission und die Vereinten Nationen daher auf, ihre Anstrengungen zu koordinieren, um die Voraussetzungen zu schaffen, die es den verschiedenen Konfliktparteien in der größeren Region Darfur/Osten des Tschad/Norden der Zentralafrikanischen Republik ermöglichen würden, eine politische Lösung zu finden, die der Unsicherheit und dem daraus resultierenden humanitären Desaster ein Ende bereiten und so die Rückkehr der Flüchtlinge und der Binnenvertriebenen in ihre Heimatdörfer erleichtern würde;
3. billigt den Start einer ESVP-Operation im Osten des Tschad und im Norden der Zentralafrikanischen Republik, die auf ein Jahr befristet sein soll, knüpft seine endgültige Zustimmung jedoch an die Erfüllung der nachstehenden Bedingungen:
a) Aufgabe der EU-geführten Einsatzkräfte (EUFOR) muss die Schaffung der Voraussetzungen für ein sicheres Umfeld für die Tätigkeit der UN-Polizeitruppe, die Rückkehr der Binnenflüchtlinge, die Erbringung der humanitären Hilfe und die Fortsetzung des Dialogs zwischen den politischen Kräften in der Region sein,
b) es ist äußerst wichtig, dass die EUFOR als unparteiisch begriffen wird; EUFOR sollte eine gemischte Zusammensetzung aufweisen, und die Mitgliedstaaten sollten so rasch wie möglich die erforderlichen Beiträge zu den Truppen leisten,
c) gleichzeitig muss die EUFOR, um zu vermeiden, selbst zur Zielscheibe zu werden, mit Blick auf die komplexe politische Situation in der Region neutral bleiben und vermeiden, in Auseinandersetzungen zwischen Regierungsvertretern und Rebellengruppen hineingezogen zu werden,
d) die EUFOR sollte unter uneingeschränkter Beachtung der Grundsätze des humanitären Völkerrechts nicht in die von den NRO im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik wahrgenommenen Aufgaben einbezogen werden oder sich selbst darin einmischen, um diese nicht zu gefährden,
e) die EUFOR muss eine wirksame Abstimmung mit der UNAMID herstellen, um das ihrer Verantwortung unterliegende Gebiet so effizient wie möglich zu schützen,
f) EUFOR muss abschreckende Wirkung haben, was bedeutet, dass die Einsatzkräfte über ein robustes Mandat gemäß Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen und klare Einsatzregeln verfügen müssen, die erforderlichenfalls, insbesondere bei Angriffen auf Zivilpersonen, Lager und Dörfer, humanitäre Hilfskräfte oder UN-Polizeibeamte und zur Selbstverteidigung, Gewaltanwendung gestatten,
g) um alle potenziellen Angreifer abzuschrecken, muss die EUFOR über die erforderliche Zahl von Truppen verfügen und angemessen ausgerüstet sein; die Einsatzkräfte müssen in der Lage sein, ihren Nachschub zu sichern und weit reichende Patrouillen mit gepanzerten Fahrzeugen, Hubschraubern (auch Transport- und Kampfhubschraubern) und Aufklärungsflugzeugen durchzuführen,
h) die EUFOR muss als „Überbrückungstruppe“ mit einem befristeten Mandat betrachtet werden; daher muss eine klare Abzugsstrategie definiert werden, bevor die Stationierung beginnt, die die Ablösung der EUFOR durch eine Nachfolgeoperation (der UA, VN oder eine gemischte Truppe) vorsehen sollte, um den erfolgreichen Abschluss ihres Mandats und die rechtzeitige Rückkehr der eingesetzten Truppen sicherzustellen;
4. bedauert, dass diese ESVP-Operation aus vielen Gründen nicht aus dem neu eingerichteten Operationszentrum der Europäischen Union in Brüssel gesteuert werden kann;
5. betont, dass seine endgültige Zustimmung zur Operation von seiner umfassenden Information über die verschiedenen Phasen der Vorbereitung der Operation (Krisenmanagementkonzept, gemeinsame Aktion, Einsatzkonzept, Operationsplan und Truppengestellungsprozess) abhängen wird;
6. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und den Präsidenten, Regierungen und Parlamenten des Tschad, der Zentralafrikanischen Republik und des Sudan zu übermitteln.