Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B6-0486/2007Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B6-0486/2007

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

27.11.2007

eingereicht gemäß Artikel 103 Absatz 4 der Geschäftsordnung von
anstelle der Entschließungsanträge folgender Fraktionen: zu Wirtschaftspartnerschaftsabkommen

Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B6-0486/2007
Eingereichte Texte :
RC-B6-0486/2007
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Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Wirtschaftspartnerschaftsabkommen

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

I.  Präambel

  • A.in der Erwägung, dass sich die Vertragsparteien im Abkommen von Cotonou darauf verständigt haben, neue WTO-kompatible Handelsvereinbarungen abzuschließen, um die zwischen ihnen bestehenden Handelsschranken schrittweise abzubauen und die Zusammenarbeit in allen für Handel und Entwicklung relevanten Bereichen auf der Grundlage des bisher Erreichten zu verstärken und den Marktzugang zu verbessern,
  • B.in der Erwägung, dass die Errichtung regionaler Märkte ein wichtiges Instrument für die erfolgreiche Durchführung von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) darstellt und die regionale Integration eine wichtige Grundlage für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der AKP-Staaten bedeutet,
  • C.unter Hinweis darauf, dass es Ziel der Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit zwischen der EU und den AKP-Staaten ist, die Entwicklung zu fördern und die schrittweise Integration der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft zu unterstützen,
  • D.unter Hinweis darauf, dass es laut der Erklärung von Kapstadt Hauptziel der Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ist, die Volkswirtschaften der AKP-Staaten zu stärken,
  • E.unter Betonung der Tatsache, dass in der Erklärung von Kapstadt offene und transparente Verhandlungen gefordert wurden, die den unterschiedlichen Ressourcen und dem unterschiedlichen Entwicklungsstands der beiden Verhandlungsseiten Rechnung tragen,
  • F.im Bewusstsein der Tatsache, dass aus unterschiedlichen Gründen bisher keines der AKP-Verhandlungsteams in der Lage war, die Verhandlungen über ein umfassendes Wirtschaftspartnerschaftsabkommen abzuschließen,

II. Der Verhandlungsprozess

  • 1.nimmt zur Kenntnis, dass die AKP-Staaten erklären, sie seien von der Kommission unter Druck gesetzt worden, damit sie ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen unterzeichnen, was gegen den Geist der AKP-EU-Partnerschaft verstößt;
  • 2.fordert die Kommission nachdrücklich auf anzuerkennen, dass die AKP-Staaten angesichts der Tatsache, dass erst in den beiden letzten Jahren ernsthafte Verhandlungen geführt wurden, mehr Zeit benötigen, um die Auswirkungen der vorgeschlagenen Abkommen eingehend zu prüfen;
  • 3.nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass die Kommission erklärt hat, dass, falls keine Abkommen abgeschlossen werden, ab 1. Januar 2008 auf viele Exporte aus AKP-Staaten, die nicht zu den am wenigsten entwickelten Ländern zählen, Zölle erhoben werden sollen, was den Wohlstand und den Lebensunterhalt von Millionen Arbeitnehmern in den AKP-Staaten gefährden würde;
  • 4.nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission unlängst eingeräumt hat, dass ein zweistufiger Ansatz verfolgt werden muss, um für einige AKP-Staaten einen Zusammenbruch des Handels zu verhindern, und dass die Verhandlungen über umfassende, entwicklungsfördernde Wirtschaftspartnerschaftsabkommen über den 31. Dezember 2007 hinaus fortgesetzt werden müssen;
  • 5.unterstreicht die Bedeutung regionaler Märkte, und betont, dass ein zweistufiger Ansatz oder andere Initiativen, die die laufenden regionalen Integrationsprozesse der AKP-Staaten behindern könnten, vermieden werden müssen;
  • 6.betont, dass die Kommission die im Abkommen von Cotonou eingegangenen Verpflichtungen einhalten muss, wonach gewährleistet werden soll, dass die AKP-Staaten – und zwar auch die Staaten, die nicht zu den am wenigsten entwickelten Ländern zählen –, die aber gleichwohl nicht in der Lage sind, ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zu unterzeichnen, im Einklang mit Artikel 37 Absatz 6 des Abkommens von Cotonou einen neuen Handelsrahmen erhalten, der ihrer derzeitigen Situation entspricht;

III. Grundsätze

   Allgemeiner Ansatz

  • 7.ist der Auffassung, dass alle erzielten Vereinbarungen, seien es Interimsregelungen oder vollwertige Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, sicherstellen müssen, dass nach dem Auslaufen der Verhandlungsfrist kein Land schlechter gestellt ist als jetzt;
  • 8.fordert, dass die Schwelle für die Erlangung des Status als eines der am wenigsten entwickelten Länder in Interimsabkommen ausreichend gesenkt wird, um dem jeweiligen Entwicklungsstand des betreffenden Landes Rechnung zu tragen;
  • 9.unterstreicht, dass der Prozess der regionalen Integration der WPA-Regionen ein wichtiger Grundsatz dieser Abkommen sein muss und dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit der Stärkung der regionalen Integrationsinitiativen der AKP-Staaten in Einklang stehen und dazu beitragen müssen;

   Verbesserung des Marktzugangs

  • 10.ist sich bewusst, dass für die am wenigsten entwickelten Länder, die den Interimsregelungen noch nicht beigetreten sind, die Initiative „Alles außer Waffen“ (EBA) allein nicht ausreicht und mit verbesserten und vereinfachten Ursprungsregeln kombiniert werden sollte;
  • 11.unterstreicht, dass die Vereinfachung der Ursprungsregeln eine Vorbedingung darstellt und dass bei der Durchführung der neuen Abkommen das notwendige Maß an Flexibilität gewahrt werden muss;
  • 12.unterstreicht, dass die Kommission angemessene asymmetrische Regelungen in den Abkommen zulassen sollte, insbesondere was die Definition des Begriffs „im Wesentlichen der gesamte Handel“, die Einbeziehung sensibler Produkte, die Länge der Übergangsfristen und die Liberalisierungsgeschwindigkeit auf der Grundlage von Entwicklungs-Benchmarks, Schutzmaßnahmen und Konfliktbeseitigung betrifft;
  • 13.stellt fest, dass der Abschluss einer neuen Generation von Freihandelsabkommen durch die Kommission zu einer weiteren Erosion der Handelspräferenzen führen könnte, die die AKP-Staaten derzeit genießen; vertritt daher die Auffassung, dass die EU dies berücksichtigen und angemessene Unterstützung für Anpassungsmaßnahmen, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Diversifizierung in den AKP-Staaten gewähren sollte;

14.  fordert, dass den AKP-Staaten angemessene finanzielle und technische Unterstützung gewährt wird, um sie in die Lage zu versetzen, die Einfuhrregelungen und Standards der EU zu erfüllen und so uneingeschränkt von einem verbesserten Marktzugang zu profitieren;

   Umgang mit den Sachzwängen auf der Angebotsseite

15.  bringt seine Besorgnis über viele Bestimmungen zum Ausdruck, die von der Kommission in den Bereichen Dienstleistungen, Wettbewerb, geistiges Eigentum und öffentliches Beschaffungswesen vorgelegt wurden, da einige AKP-Regionen diese Fragen nicht behandeln möchten, und fordert die Kommission auf, sich hier flexibel zu verhalten;

  • 16.bedauert die Verzögerungen bei der Ratifizierung des revidierten Cotonou-Abkommens, die die Durchführung des 10. EEF behindern könnten, was wahrscheinlich eine Kürzung der jährlichen Mittelzuweisungen für die Zusammenarbeit zwischen den AKP-Staaten und der EU zur Folge haben wird, und fordert alle Parteien auf, den Ratifizierungsprozess so rasch wie möglich abzuschließen;

17.  unterstreicht, dass ein nur auf Waren beschränktes Abkommen besondere Bestimmungen für die Bereitstellung von Mitteln zur Unterstützung des Handels im Rahmen von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zusätzlich zur EEF-Finanzierung enthalten muss, um Kapazitäten auf der Angebotsseite aufzubauen und den sozialen Auswirkungen der Handelsliberalisierung in den AKP-Staaten Rechnung zu tragen;

18.  betont ferner, dass die Bereitstellung von EEF-Ressourcen nicht an die Unterzeichnung von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen gekoppelt oder davon abhängig gemacht werden darf;

   Diversifizierung der öffentlichen Einnahmen

19.  fordert, dass den Herausforderungen im Zusammenhang mit einer Diversifizierung der Einnahmen, vor die sich AKP-Staaten gestellt sehen, verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt wird, zumal die Einfuhrzölle im Wesentlichen für den gesamten Handel mit der EU abgeschafft werden sollen;

20.  begrüßt den Vorschlag zur Schaffung von Regionalfonds im Rahmen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die auch eine von der Kommission und den EU-Mitgliedstaaten finanzierte „Haushaltsanpassungsfazilität“ umfassen sollen, um Initiativen der AKP-Staaten im Bereich der Einnahmendiversifizierung finanziell zu unterstützen und Fair-Trade-Initiativen zu fördern;

   Behandlung der Auswirkungen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik auf den Außenhandel

21.  fordert die EU auf sicherzustellen, dass alle Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in vollem Einklang mit den Zielen ihrer Entwicklungspolitik und Zusammenarbeit mit den AKP-Staaten stehen;

22.  ist der Ansicht, dass die wichtigen Erfahrungen, die bei früheren Agrarreformen (einschließlich der Anpassungen im Bananen- und Rumsektor und der GAP-Reform der EU) gemacht wurden, bei der Konzipierung und Durchführung der flankierenden Maßnahmen im Zuckersektor berücksichtigt werden müssen;

   Die geschlechtsspezifische Dimension

23.  bedauert, dass bisher noch keine speziellen positiven Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Rechte von Frauen und Mädchen gemäß Artikel 31 des Abkommens von Cotonou entwickelt wurden und dass die Dimension der Chancengleichheit bei den Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen nicht durchgängig berücksichtigt wurde; fordert daher die Kommission auf, während der Verhandlungen und nach ihrem Abschluss eine systematische Untersuchung der sozialen Auswirkungen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen auf die besonders schutzbedürftigen Gruppen vorzunehmen;

   Schlussfolgerungen

  • 24.kommt überein, eine Kontrolle durch die Paritätische Parlamentarische Versammlung zu veranlassen, damit die Auswirkungen der Durchführung der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen auf Handel und Entwicklung überwacht und überprüft werden, die Kohärenz der Maßnahmen im Entwicklungsbereich verbessert wird und Mechanismen entwickelt werden, die die Rechenschaftspflicht und eine regelmäßige Berichterstattung über den Beitrag der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zu einer gerechten und nachhaltigen Entwicklung sicherstellen;
  • 25.betont, dass das EP und die Paritätische Parlamentarische Versammlung weiter daran arbeiten müssen, dass durch die Einführung neuer Handelsrahmen kein Land schlechter gestellt wird, sowie daran, dass durch neue Handelsabkommen Wohlstand und nachhaltige Entwicklung in allen AKP-Staaten gefördert werden;
  • 26.beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den EU-Mitgliedstaaten und den Parlamenten und Regierungen der AKP-Staaten zu übermitteln.