GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
10.12.2007
- –Robert Sturdy und Maria Martens im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –Thierry Cornillet im Namen der ALDE-Fraktion
- –Thierry Cornillet und Cristiana Muscardini im Namen der UEN-Fraktion
- –PPE-DE (B6‑0497/2007)
- –ALDE (B6‑0499/2007)
- –UEN (B6‑0511/2007)
zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichnete Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (Abkommen von Cotonou),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. Oktober 2007 zu dem Thema „Wirtschaftspartnerschaftsabkommen“ (KOM(2007)0635),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ vom 19. November 2007 zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen,
– unter Hinweis auf die am 20. November 2006 von der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU in Kigali angenommene Entschließung zur Überprüfung der Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA),
– unter Hinweis auf das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT), insbesondere auf Artikel XXIV,
– unter Hinweis auf die politische Erklärung der Minister der AKP-Staaten vom 9. November 2007 zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu diesem Thema, insbesondere auf seine Entschließung vom 23. Mai 2007 zu Wirtschaftspartnerschaftsabkommen,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass in Artikel 36 Absatz 1 des Abkommens von Cotonou die Übereinkunft der Vertragsparteien verankert ist, eine neue, WTO-konforme Handelsregelung zu vereinbaren, die zwischen ihnen bestehenden Handelshemmnisse schrittweise zu beseitigen und die Zusammenarbeit in allen handels- und entwicklungsrelevanten Bereichen zu verstärken,
B. in der Erwägung, dass die für dieses Übereinkommen geltende Befreiung vom WTO-Recht Ende 2007 ausläuft,
C. in der Erwägung, dass sich einige AKP-Staaten gegen den Abschluss von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen wehren und erklären, sie seien von der Kommission unter Druck gesetzt worden, damit sie ein solches Abkommen unterzeichnen, und dass andere die Bedeutung eines Zugangs zum EU-Markt für ihre Volkswirtschaft betonen,
D. in der Erwägung, dass die Schaffung regionaler Märkte ein Schlüsselinstrument für eine erfolgreiche Umsetzung von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ist,
E. in der Erwägung, dass die Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die an die Stelle des Abkommens von Cotonou treten sollen, in den sechs Regionen unterschiedlich rasch vorankommen und auf keinen Fall vor Ende 2007 abgeschlossen sein dürften,
F. in der Erwägung, dass die Kommission den AKP-Staaten im Oktober 2007 ein Angebot für ein Interimsabkommen als Vorstufe für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen unterbreitet hat, das sich auf den Warenverkehr und alle Bereiche, über die man sich bereits einigen kann, wie z.B. die Ursprungsregeln, erstreckt und ab dem 31. Dezember 2007 gelten soll,
G. unter Hinweis darauf, dass es laut der Erklärung von Kapstadt Hauptziel der Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ist, die Volkswirtschaften der AKP-Staaten zu stärken,
H. unter Hinweis darauf, dass es Ziel der wirtschaftlichen und handelspolitischen Zusammenarbeit zwischen den AKP-Staaten und der EU ist, die Entwicklung und die schrittweise Integration der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft zu fördern,
1. bringt erneut seine Überzeugung zum Ausdruck, dass Wirtschaftspartnerschaftsabkommen entwicklungspolitische Instrumente sein müssen, die eine nachhaltige Entwicklung, die regionale Integration und die Verringerung der Armut in den AKP-Staaten fördern und die schrittweise Integration der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft unterstützen;
2. erklärt sich besorgt über den schleppenden Verlauf der Verhandlungen, der höchstwahrscheinlich zur Folge haben wird, dass bis zum 31. Dezember 2007 mit keiner AKP-Regionalgruppe ein umfassendes Abkommen unterzeichnet wird;
3. nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission unlängst eingeräumt hat, dass ein zweistufiger Ansatz verfolgt werden muss, um im Fall der nicht zu den ärmsten Entwicklungsländern gehörenden AKP-Staaten eine Störung des Handels zu verhindern, und dass die Verhandlungen über umfassende, entwicklungsfördernde Wirtschaftspartnerschaftsabkommen über den 31. Dezember 2007 hinaus fortgesetzt werden müssen;
4. nimmt den Vorschlag der Kommission vom 23. Oktober 2007 und den Beschluss des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ vom 17. November 2007 zur Kenntnis, in der ersten Verhandlungsphase auf den Warenverkehr beschränkte Interimsabkommen zu schließen;
5. nimmt Kenntnis vom Abschluss des vorläufigen Rahmenabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft, den Partnerstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft und mehreren Mitgliedstaaten der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika durch das den genannten Staaten der zoll- und quotenfreie Zugang ihrer Waren zum EU-Markt garantiert wird;
6. betont, dass die Schaffung eines wirklichen regionalen Marktes eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Durchführung von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ist und dass die regionale Integration eine wichtige Grundlage für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der AKP-Staaten bedeutet; hebt hervor, dass die Abkommen daher dazu beitragen müssen, die Regionen zusammenzuhalten;
7. fordert beide Seiten auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Verhandlungen über die anderen Themen möglichst bald fortzusetzen; betont, dass ein langfristiges Abkommen nur erreicht werden kann, wenn sich alle beteiligten Parteien daran gebunden fühlen;
8. hebt hervor, dass die vollständige Asymmetrie in den Abkommen, die mit WTO-Anforderungen in Einklang steht, möglichst viel Flexibilität in Bezug auf Zollsenkungen, die Berücksichtigung empfindlicher Produkte und eine angemessene Übergangsfrist schaffen sollte, bevor das Abkommen voll angewandt werden muss;
9. fordert, dass die speziellen Interessen der Regionen in äußerster Randlage und der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete in Übereinstimmung mit Artikel 299 Absätze 2 und 3 des EG-Vertrags bei den Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen berücksichtigt werden;
10. betrachtet es als wichtig, dass sich die AKP-Staaten auf den Prozess der Wirtschaftspartnerschaft einlassen und die Reformen vorantreiben, die erforderlich sind, um die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen mit den Abkommen in Einklang zu bringen; fordert die Regierungen der AKP-Staaten eindringlich auf, die Regeln einer verantwortungsvollen Staatsführung anzuwenden; dringt darauf, dass die Kommission nach den Grundsätzen der vollständigen Asymmetrie und Flexibilität handelt;
11. hebt hervor, dass das Angebot der Kommission zu den Ursprungsregeln eine Lockerung der derzeitigen Vorschriften bedeutet; ist der Ansicht, dass das Abkommen die nötige Flexibilität vorsehen sollte und dass die zwischen der EU und den AKP-Staaten sowie die zwischen den AKP-Staaten untereinander bestehenden Unterschiede in Bezug auf den Grad der industriellen Entwicklung berücksichtigt werden sollten;
12. betrachtet es als wichtig, auf höchster Ebene Verhandlungen über Investitionen und Handel mit Dienstleistungen zu führen; legt der Kommission nahe, auf diesen Gebieten flexibel vorzugehen, weil bestimmte AKP-Regionen nicht bereit sind, diese Themen zu behandeln;
13. erinnert an die vom Rat und von der Kommission gegebene Zusage, keine Verhandlungen über arzneimittelbezogene TRIPS-plus-Bestimmungen zu führen, die die öffentliche Gesundheit und den Zugang zu Arzneimitteln beeinträchtigen, wie z.B. Datenexklusivität, Patentverlängerungen und Beschränkungen aufgrund von Zwangslizenzen;
14. fordert die Kommission auf, während der Verhandlungen und nach ihrem Abschluss eine systematische Untersuchung der sozialen Auswirkungen von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen auf die besonders schutzbedürftigen Gruppen vorzunehmen;
15. hebt hervor, dass parallel zu den Handelsregeln eine Aufstockung der Mittel für die handelsbezogene Hilfe, insbesondere zur Unterstützung des regionalen Handels und der Erfüllung der EU-Einfuhrregelungen und -Normen, nötig ist und dass die Interimsabkommen besondere Vorkehrungen für eine sich auf die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen beziehende Handelshilfe zusätzlich zu den EEF-Mitteln enthalten müssen; fordert, dass vor dem Abschluss der Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen konkrete Zusagen für die handelsbezogene Hilfe und die sich aus den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ergebenden Anpassungskosten in voller Übereinstimmung mit der Aid-for-Trade-Strategie der EU gegeben werden;
16. begrüßt den derzeit diskutierten Vorschlag einer Schaffung von Regionalfonds im Rahmen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die die Mobilisierung von Mitteln der EU-Geber erleichtern werden und aus denen Initiativen im Bereich der Einnahmendiversifizierung finanziell unterstützt werden;
17. ist der Ansicht, dass der Abschluss einer neuen Generation von Freihandelsabkommen mit anderen Entwicklungsländern nicht dazu führen darf, dass die Handelspräferenzen, die die AKP-Staaten derzeit genießen, aufgeweicht werden;
18. fordert Kommission und Rat auf, es gemäß Artikel 300 Absatz 3 Unterabsatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zum Abschluss von Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zu konsultieren;
19. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, dem AKP-EU-Ministerrat und der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zu übermitteln.