GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
12.12.2007
- –Avril Doyle, Charles Tannock, Laima Liucija Andrikienė, Bernd Posselt, Eija-Riitta Korhola und Colm Burke im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –Pasqualina Napoletano, Lilli Gruber, Ana Maria Gomes und Elena Valenciano Martínez-Orozco im Namen der PSE-Fraktion
- –Marios Matsakis, Karin Riis-Jørgensen und Frédérique Ries im Namen der ALDE-Fraktion
- –Roberta Angelilli, Mogens N.J. Camre, Ryszard Czarnecki, Gintaras Didžiokas, Adam Bielan und Konrad Szymański im Namen der UEN-Fraktion
- –Raül Romeva i Rueda, Hiltrud Breyer, Jill Evans und Alyn Smith im Namen der Verts/ALE-Fraktion
- –Eva-Britt Svensson, Mary Lou McDonald und Tobias Pflüger im Namen der GUE/NGL-Fraktion
- –UEN (B6‑0526/2007)
- –GUE/NGL (B6‑0530/2007)
- –PPE-DE (B6‑0534/2007)
- –ALDE (B6‑0537/2007)
- –Verts/ALE (B6‑0539/2007)
- –PSE (B6‑0540/2007)
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Rechten der Frauen in Saudi-Arabien
Das Europäische Parlament,
- -unter Hinweis auf die Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW) durch Saudi-Arabien am 7. September 2000;
- -unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das von Saudi-Arabien am 23. September 1997 ratifiziert wurde;
- –unter Hinweis darauf, dass Saudi-Arabien am 26. Januar 1996 der Konvention über die Rechte des Kindes beigetreten ist;
- -unter Hinweis darauf, dass Saudi-Arabien im Mai 2007 in den neu geschaffenen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewählt wurde;
- –unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Saudi-Arabien vom 18. Januar 1996 und vom 10. März 2005;
- -gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung;
A. in der Erwägung, dass Frauen in Saudi-Arabien nach wie vor zahlreichen Formen von Diskriminierung im privaten und öffentlichen Leben ausgesetzt sind, dass sie oft Opfer sexueller Gewalt sind und im Strafrechtssystem mit enormen Hindernissen konfrontiert werden,
B. in der Erwägung, dass im Oktober 2006 eine 19jährige Frau, bekannt als „das Mädchen von Quatif“, zu 100 Peitschenhieben verurteilt wurde, nachdem sie sich alleine mit einem Mann, bei dem es sich nicht um einen nahen Verwandten handelte, in einem Auto unterhalten hatte, überfallen wurde und Opfer einer Gruppenvergewaltigung wurde,
C. zutiefst besorgt darüber, dass das Gericht von Quatif (Saudi-Arabien) das Urteil revidiert und das Mädchen zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe sowie zu 200 Peitschenhieben verurteilt hat,
D. in der Erwägung, dass ein Beamter des Gerichts von Quatif erklärte, das Strafmaß für die Frau sei auf Anweisung des Obersten Richterrats erhöht worden, da die Frau über die Medien versucht habe, den Fall übertrieben darzustellen und die Richter zu beeinflussen,
E. in der Erwägung, dass der Anwalt des Opfers, Abdul Rahman Al-Lahem, des Gerichtssaals verwiesen und ihm die zukünftige Vertretung seiner Mandantin vor Gericht untersagt wurde, nachdem er versucht hatte, rechtliche Schritte gegen das Justizministerium einzuleiten, das ihm eine Abschrift des Urteils verweigert hatte, weswegen er keine Berufung einlegen konnte, in der Erwägung, dass Herrn Al-Lahem nun ein Disziplinarverfahren im Justizministerium droht, das Sanktionen wie etwa ein dreijähriges Berufsverbot und eine Streichung von der Anwaltsliste zur Folge haben kann;
F. in der Erwägung, dass Herr Al-Lahem auch die Rechtssache des Ehepaars Fatima und Mansur Al-Taimani verteidigt hat, jener Eltern zweier Kinder, die im Juli 2007 zwangsgeschieden wurden, nachdem der Bruder der Ehefrau behauptet hatte, Fatima sei von edlerer Abstammung als ihr Ehemann, in der Erwägung, dass die beiden zusammen mit ihren Kindern tagelang bzw. wochenlang im Gefängnis saßen, da sie sich weigerten, die Scheidung zu akzeptieren, und in der Erwägung, dass Fatima seither in einer Notunterkunft wohnen muss, da sie sich weigert, zu ihrer Familie zurückzukehren,
G. besonders besorgt darüber, dass in Saudi-Arabien die Kriminalisierung jeglichen engen Kontakts zwischen nicht miteinander verheirateten Personen unterschiedlichen Geschlechts dazu führt, dass es für das Opfer einer Vergewaltigung schier unmöglich ist, Gerechtigkeit zu erfahren, und dass ein Gericht die Anzeige einer Frau wegen Vergewaltigung als das Eingeständnis einer außerehelichen sexuellen Beziehung auffassen kann, es sei denn, sie kann eindeutig nachweisen, dass dieser sexuelle Kontakt nicht in beiderseitigem Einverständnis erfolgte,
H. unter Hinweis darauf, dass Staaten, die internationalen Menschenrechtsübereinkommen (wie etwa der CEDAW) beigetreten sind, dazu verpflichtet sind, die rechtliche Gleichstellung von Männern und Frauen zu gewährleisten,
1. besteht darauf, dass die Regierung Saudi-Arabiens weitere Maßnahmen ergreift, die darauf abzielen, sämtliche Beschränkungen der Rechte von Frauen aufzuheben (wie etwa Beschränkungen des Rechts, sich frei zu bewegen und ein Auto zu lenken, Beschränkungen ihrer Arbeitsmöglichkeiten, des Rechts auf eigene Rechtspersönlichkeit sowie auf Vertretung in Gerichtsverfahren), jegliche Diskriminierung von Frauen im privaten wie im öffentlichen Leben zu beseitigen sowie ihre Teilnahme am wirtschaftlichen, sozialen und politischen Leben zu fördern;
2. missbilligt den Beschluss des Gerichts von Quatif, das Opfer einer Vergewaltigung zu bestrafen; fordert die saudi-arabischen Staatsorgane auf, das Urteil aufzuheben und sämtliche Anklagepunkte gegen das Opfer der Vergewaltigung fallen zu lassen;
3. verweist darauf, dass König Abdullah am 3. Oktober 2007 eine Justizreform angekündigt hat, die die Errichtung neuer Fachgerichte sowie eine verbesserte Ausbildung für Richter und Rechtsanwälte in Aussicht stellt; weist darauf hin, dass König Abdullah angeblich im Mai 2007 die Errichtung eines neuen Gerichts angeordnet habe, das speziell für Rechtssachen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt zuständig sein soll;
4. ist der Auffassung, dass eine Aufklärungskampagne über Gewalt, insbesondere häusliche Gewalt, gegen Frauen in Saudi-Arabien, dringend erforderlich ist und eine höchst begrüßenswerte Initiative darstellen würde;
5. fordert den Rat und die Kommission auf, diese Themen beim nächsten Gemeinsamen Rat und dem Ministertreffen zwischen der EU und dem Golf-Kooperationsrat zur Sprache zu bringen;
6. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Regierung Saudi-Arabiens, dem Generalsekretär der Organisation der Islamischen Konferenz und dem Generalsekretär des Golf-Kooperationsrats zu übermitteln.