Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B6-0278/2008Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B6-0278/2008

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

2.6.2008

eingereicht gemäß Artikel 103 Absatz 4 der Geschäftsordnung von
anstelle der Entschließungsanträge folgender Fraktionen: zu Georgien

Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B6-0278/2008
Eingereichte Texte :
RC-B6-0278/2008
Aussprachen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Georgien

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Iran, insbesondere den Entschließungen vom 25. Oktober 2007 und Donnerstag, 29. November 2007,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2007 zur Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik, vom 17. Januar 2008 zu einer wirkungsvolleren EU-Politik für den Südkaukasus und vom 17. Januar 2008 zu einem neuen Ansatz in der Politik für die Schwarzmeerregion,

–  in Kenntnis des Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Georgien andererseits, das am 1. Juli 1999 in Kraft getreten ist,

–  in Kenntnis des ENP-Aktionsplans, der vom Kooperationsrat EU-Georgien am 14. November 2006 angenommen worden ist,

–  unter Hinweis auf die Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 15. April, durch die die territoriale Unversehrtheit Georgiens unterstützt und die Dauer des Mandats der UN-Beobachtermission in Georgien (UNOMIG) bis zum 15. Oktober verlängert wird,

–  in Kenntnis der am 29./30. April 2008 vom Parlamentarischen Kooperationsausschuss EU-Georgien angenommenen Empfehlungen,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Vorsitzes im Namen der EU zur Eskalation der Spannungen zwischen Georgien und Russland vom 18. April und 2. Mai 2008,

–  in Kenntnis der Erklärung über vorläufige Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der internationalen Wahlbeobachtermission für die Parlamentswahlen in Georgien vom 22. Mai 2008,

–  in Kenntnis der Schlussfolgerungen der Untersuchungen der UN-Beobachtermission in Georgien vom 26. Mai 2008 bezüglich des Abschusses eines unbemannten georgischen Flugzeuges,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen zu Georgien vom 26. Mai 2008,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Europäische Union sich weiterhin um die Fortentwicklung und Vertiefung ihrer Beziehungen zu Georgien bemüht und das Land bei den erforderlichen politischen und wirtschaftlichen Reformen sowie bei Maßnahmen zum Aufbau solider, effizienter demokratischer Institutionen unterstützt sowie beim Aufbau eines effizienten und unabhängigen Gerichtswesens und bei allen weiteren Bemühungen um Korruptionsbekämpfung, wodurch ein friedliches, blühendes Georgien geschaffen werden soll, das zur Stabilität in der Region und im übrigen Europa beitragen kann,

B.  in der Erwägung, dass russische Ministerien und andere staatlichen Stellen per Dekret die Anweisung erhalten haben, offizielle Beziehungen zu den entsprechenden Institutionen der separatistischen Republiken Südossetien und Abchasien aufzunehmen,

C.  in der Erwägung, dass die Russische Föderation von dem Beschluss des Rates der Staatschefs der GUS vom 19. Januar 1996 zurückgetreten ist, der den Unterzeichnerstaaten untersagt, irgendeine Form militärischer Zusammenarbeit mit der separatistischen Regierung Abchasiens zu unterhalten,

D.  in der Erwägung, dass Russland im Mai weitere Truppen disloziert und im Namen einer von der GUS genehmigten friedenserhaltenden Mission schwere Artillerie nach Abchasien verlegt sowie seine Absicht erklärt hat, an der Verwaltungsgrenze 15 zusätzliche Kontrollstellen einrichten zu wollen; in der Erwägung, dass Vertreter Russlands ankündigten, dass die Stärke des in Südossetien stationierten russischen Truppenbataillons möglicherweise erhöht wird;

E.  in der Erwägung, dass am 20. April ein unbemanntes georgisches Aufklärungsflugzeug über Abchasien abgeschossen wurde; in der Erwägung, dass aus dem jüngsten UNOMIG-Bericht hervorgeht, dass das Aufklärungsflugzeug von einem russischen Flugzeug abgeschossen wurde; in der Erwägung, dass es in dem Bericht auch heißt, dass Georgien die Entsendung solcher Aufklärungsflugzeuge über abchasisches Staatsgebiet einstellen sollte,

F.  in der Erwägung, dass seit Oktober 2007 keinerlei offizielle Treffen zwischen hochrangigen georgischen und abchasischen Vertretern unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattgefunden haben; nimmt die jüngsten Vorschläge zur Kenntnis, die der Präsident Georgiens, Michael Saakaschwili, zur Lösung des Konflikts in Abchasien vorgelegt hat, darunter eine breite politische Vertretung auf höchster Ebene in der georgischen Regierung, die Einräumung von Vetorechten in Bezug auf alle wichtigen, mit Abchasien im Zusammenhang stehenden Rechtsvorschriften sowie internationale Garantien zur Sicherstellung eines umfassenden Föderalismus und uneingeschränkter Autonomie und Sicherheit,

G.  in der Erwägung, dass Georgien offizielle Schritte unternommen hat, um eine Änderung der bestehenden Rahmenbedingungen des russischen Friedenseinsatzes bzw. die Ablösung der russischen Friedenstruppen zu erwirken, die derzeit in Abchasien stationiert sind,

H.  in der Erwägung, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 15. Mai eine Resolution angenommen hat, in der das Recht von Flüchtlingen und Binnenflüchtlingen und ihren Nachkommen anerkannt wurde, ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit nach Abchasien zurückzukehren, und betont wurde, wie wichtig es ist, die Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Binnenflüchtlingen, einschließlich von Opfern belegter „ethnischer Säuberungen“, zu wahren,

I.  in der Erwägung, dass die Regierung in Tiflis die bilateralen Gespräche mit Moskau seit Russlands Beitritt zur WTO ausgesetzt hat, um gegen die Entscheidung Russlands zur Verstärkung seiner Zusammenarbeit mit den selbst proklamierten Republiken Abchasien und Südossetien zu protestieren; in der Erwägung, dass das russische Einfuhrverbot für Wein und Agrarerzeugnisse aus Georgien nach wie vor gilt,

J.  in der Erwägung, dass am 5. Januar 2008 eine landesweite Volksabstimmung stattfand; in der Erwägung, dass auf dem NATO-Gipfel in Bukarest vom 2. bis 4. April Georgien kein Aktionsplan zur Mitgliedschaft angeboten wurde, jedoch eine politische Verpflichtung für eine mögliche Mitgliedschaft eingegangen wurde,

K.  in der Erwägung, dass die Vergabe der russischen Staatsbürgerschaft an Abchasier und Südossetier, durch die diese das Abkommen zur Erleichterung der Visa-Ausstellung nutzen können, zunehmend zu einer Benachteiligung der Bürger Georgiens wird, da es noch keine entsprechenden Vereinbarungen mit der EU gibt,

L.  in der Erwägung, dass trotz der Bemühungen, die Wahlen in Georgien vom 21. Mai 2008 im Einklang mit den internationalen Normen abzuhalten, die internationale Wahlbeobachtermission für die Parlamentswahlen in Georgien gewisse Probleme festgestellt hat, die bald behoben werden sollten,

1.  erklärt sich tief besorgt über die Eskalation der Lage in Abchasien und fordert alle Beteiligten auf, sich jeglicher Handlungen zu enthalten, die die Lage noch weiter destabilisieren könnten; fordert erneute internationale Bemühungen, um die Parteien wieder an den Verhandlungstisch zu bringen und den Friedensprozess wieder anzukurbeln, bis eine dauerhafte und umfassende Lösung gefunden ist;

2.  missbilligt zutiefst die Ankündigung Russlands, es werde offizielle Beziehungen zu Institutionen der separatistischen Behörden in Südossetien und Abchasien aufnehmen;

3.  bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung der Souveränität und territorialen Integrität Georgiens innerhalb seiner international anerkannten Grenzen und fordert Russland auf, diese Entscheidung zu widerrufen, die die internationalen Friedensanstrengungen, an denen die Russische Föderation ebenfalls beteiligt ist, untergräbt;

4.  unterstützt die Bemühungen zur Beruhigung der Lage durch Gespräche des Hohen Vertreters für die GASP, Präsident Saakaschwili und des russischen Außenministers Lawrow; fordert den Sondergesandten für den Südkaukasus nachdrücklich auf, Mittel und Wege zu finden, um einen Dialog aller Beteiligten zu erleichtern, und zu versuchen, ein gewisses Maß an gegenseitigem Vertrauen wiederherzustellen;

5.  fordert die Russische Föderation dringend auf, ihre zusätzlichen Truppen unverzüglich abzuziehen; ist der Auffassung, dass die bestehenden Rahmenbedingungen des Friedenseinsatzes geändert werden müssen, da die russischen Truppen nicht länger als neutrale und unparteiische Kräfte zur Bewahrung des Friedens auftreten, und fordert ein stärkeres Engagement der EU in diesen festgefahrenen Konflikten, um den Friedensprozess voranzubringen;

6.  fordert den Rat auf, die internationale Präsenz in der Konfliktzone durch die Entsendung einer ESVP-Grenzmission zu verstärken und sich dabei die positiven Erfahrungen der EU-Mission für den Grenzschutz (EUBAM) am transnistrischen Grenzabschnitt zwischen Moldau und der Ukraine zunutze zu machen und gleichzeitig anzuregen, dass die Mitgliedstaaten eine aktivere Rolle bei der UNOMIG spielen könnten; fordert die UN auf, das Mandat zu erweitern und die Ressourcen der UNOMIG aufzustocken;

7.  fordert den UN-Sicherheitsrat, die OSZE und andere internationale Organisationen auf, die Vorschläge der georgischen Regierung für neue alternative Verhandlungen und friedenssichernde Optionen zu unterstützen, die den schrittweisen Einsatz wirklich unabhängiger internationaler Friedenstruppen beinhalten;

8.  fordert in diesem Zusammenhang den Rat und die Kommission auf, die Fragen bezüglich Abchasien und Südossetien auf dem bevorstehenden Gipfeltreffen EU-Russland sowie bei den Verhandlungen über ein neues Abkommen über eine verstärkte Partnerschaft gegenüber der russischen Seite nachdrücklich zur Sprache zu bringen, und ersucht die russischen Staatsorgane dringend, sich einer etwaigen ESVP-Mission, einschließlich der Präsenz der EU bei zivilen und militärischen Maßnahmen zur Sicherung des Friedens, nicht zu widersetzen;

9.  fordert eine Ermittlung und Untersuchungen durch die UN darüber, ob alle einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates von allen Akteuren in der Konfliktzone genauestens befolgt werden, einschließlich des möglichen Vorhandensein schwerer Waffen;

10.  nimmt das Ergebnis der Parlamentswahlen vom 21. Mai und die Ergebnisse der Wahlbeobachtermission zur Kenntnis, wonach der Wahltag insgesamt ruhig verlief und generell positiv zu bewerten war und seit den Präsidentenwahlen von Januar erhebliche Fortschritte erzielt worden sind;

11.  betont jedoch, dass in enger Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft weitere Anstrengungen unternommen werden müssen, um all jene im Wahlprozess festgestellten Probleme in Angriff zu nehmen und zu lösen, die auf die uneinheitliche und unvollständige Umsetzung der Normen der OSZE und des Europarates zurückzuführen sind, und um die demokratischen Errungenschaften Georgiens weiterzuentwickeln und zu festigen; fordert die georgischen Behörden auf, allen Beschwerden zum Wahlprozess in transparenter Weise nachzugehen und auf eine weitere Verbesserung hinzuarbeiten, sodass das Vertrauen in den Wahlprozess weiter wachsen kann;

12.  fordert alle politischen Kräfte in Georgien auf, den Rechtsstaat zu achten, sich selber zu einem konstruktiven Dialog und zu Kompromissen zu verpflichten und die georgische Gesellschaft nicht weiter zu polarisieren; anerkennt, dass das fehlende Vertrauen zwischen der Regierung und den Oppositionsparteien ein Hindernis für die weitere demokratische Entwicklung darstellt, und erwartet von allen politischen Kräften, dass sie nach einer demokratischen politischen Kultur streben, in der politische Debatten im Parlament stattfinden und politische Gegner respektiert werden und in der ein konstruktiver Dialog dazu dient, Georgiens fragile demokratische Institutionen zu unterstützen und zu festigen;

13.  unterstützt die Bestrebungen Georgiens, den Integrationsprozess gegenüber der Europäischen Union im Rahmen einer verstärkten Europäischen Nachbarschaftspolitik zu beschleunigen;

14.  fordert Rat und Kommission auf, die Eröffnung von Verhandlungen über die Visaregelung zwischen der EU und Georgien zu beschleunigen, damit die Erleichterung der Visavergabe abgeschlossen und in naher Zukunft Rückübernahmeabkommen mit Georgien geschlossen werden können;

15.  begrüßt die Schlussfolgerungen des Rates zur Europäischen Nachbarschaftspolitik vom 18. Februar 2008 zu der Notwendigkeit, wo immer möglich Verhandlungen über breit angelegte, umfassende Freihandelsabkommen aufzunehmen; dringt darauf, dass die Kommission sich um eine rasche Vereinbarung mit Georgien zu ihren Zielen und zur Erreichung eines Verhandlungsmandats der Mitgliedstaaten bemüht; hofft auf weitere diesbezügliche Fortschritte während der französischen Präsidentschaft;

16.  begrüßt die Einrichtung eines Unterausschusses EU-Georgien für Freiheit, Sicherheit und Recht, der zum Ziel hat, den Dialog zwischen den beiden Ländern zu verstärken und den ENP-Aktionsplan umzusetzen;

17.  hofft, dass Georgien die zusätzlichen finanziellen Möglichkeiten der Nachbarschaftsinvestitionsfazilität (NIF) insbesondere bei Infrastruktur-, Energie- und Umweltprojekten voll und ganz nutzen wird, ruft die Kommission jedoch zu gesteigerter Aufmerksamkeit bezüglich Bildung, Demokratisierung und bei sozialen Belangen auf;

18.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Mitgliedstaaten, dem Präsidenten und dem Parlament Georgiens, der OSZE, dem Europarat und dem Präsidenten und der Staatsduma der Russischen Föderation zu übermitteln.