GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
17.6.2008
- –Carmen Fraga Estévez, Cornelis Visser im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –Heinz Kindermann, Rosa Miguélez Ramos im Namen der PSE-Fraktion
- –Philippe Morillon, Elspeth Attwooll im Namen der ALDE-Fraktion
- –Seán Ó Neachtain im Namen der UEN-Fraktion
- –PPE-DE (B6‑0305/2008)
- –ALDE (B6‑0310/2008)
- –PSE (B6‑0311/2008)
- –UEN (B6‑0312/2008)
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Krise im Fischereisektor infolge des Anstiegs des Dieselkraftstoffpreises
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27.Juli 2006 über den Europäischen Fischereifonds[1],
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament vom 9. März 2006 über die wirtschaftliche Lage der Fischwirtschaft und ihre Verbesserung (KOM(2006)0103),
– unter Hinweis auf die von der Kommission vom 10. – 11. Mai 2006 in Brüssel organisierte Konferenz über neue Technologien in der Fischerei,
– unter Hinweis auf die Berichte des Fischereiausschusses (A6-0266/2006 und A6-0467/2007),
– gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die den gemeinschaftlichen Fischereisektor bedrohende derzeitige Krise auf den anhaltenden Anstieg der Dieselkraftstoffpreise zurückzuführen ist, der in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 300% und seit Januar 2008 um mehr als 40% gestiegen ist,
B. in der Erwägung, dass die Fischereierzeugnisse denen von vor zwanzig Jahren gleichen und ferner in der Erwägung, dass für bestimmte Arten auf Grund der massiven Zunahme von Einfuhren aus Fängen illegaler Fischerei ein beachtlicher Rückgang von bis zu 25% seit Jahresanfang zu verzeichnen ist,
C. in der Erwägung, dass im Fischereisektor anders als in anderen Wirtschaftsbereichen der Dieselkraftstoffpreis keinen Einfluss auf die Erstveräußerungspreise der Erzeugnisse hat, da die Fischer derzeit keine Preise festlegen können,
D. in der Erwägung, dass der Dieselpreis auf Grund der Verbindung zwischen Löhnen und Einnahmen aus der Erstveräußerung der Fänge direkte und indirekte Auswirkungen auf die Einkommen der Mannschaften hat,
E. in der Erwägung, dass die Einkommen der Fischer in diesem Jahr gesunken sind, obwohl sie mit ansteigenden Kosten konfrontiert sind,
F. in der Erwägung, dass trotz der bestehenden Umstrukturierungspläne und fortgesetzten Geschäftsanpassungen, die anhaltende Verschärfung dieser Krise viele Unternehmen in den Ruin getrieben hat und andere Fischereibetriebe in sehr risikobehaftete Situationen geraten sind, weshalb es in vielen Mitgliedstaaten zu zahlreichen Protestdemonstrationen gekommen ist,
G. in der Erwägung, dass auf europäischer und nationaler Ebene hohe Investitionen in neue Technologien erforderlich sind, um die Energieeffizienz der Fischereifahrzeuge zu erhöhen und ihre Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen zu verringern,
H. in der Erwägung, dass bestimmte Mitgliedstaaten Programme zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs durch ihre Flotten eingeleitet haben, und ferner in der Erwägung, dass solche Innovationen unterstützt werden sollten,
I. in der Erwägung, dass sich die EU im Rahmen des Klima- und Energiepakets zu einer beachtlichen Senkung der Treibhausgasemissionen verpflichtet hat, und ferner in der Erwägung, dass der Fischereisektor dazu beitragen kann,
J. in der Erwägung, dass eine Lösung für das derzeitige Problem, dem sich der Fischereisektor gegenüber sieht, nur gefunden werden kann, wenn sowohl auf einzelstaatlicher als auch auf gemeinschaftlicher Ebene kurz-, mittel- und langfristig ernsthafte Maßnahmen eingeleitet werden,
1. äußert seine Solidarität mit den Fischern in der EU und fordert die Kommission und den Rat auf, Maßnahmen zur Lösung der derzeitigen Situation im Fischereisektor vorzusehen;
2. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verfahren zur Auszahlung der Hilfsgelder im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 875/2007 der Kommission über De-minimis-Beihilfen im Fischereisektor[2] zu beschleunigen;
3. bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Forderung an die Kommission, die genannte Verordnung so zu überarbeiten, dass die Unterstützung auf 100.000 EURO pro Schiff statt pro Untenehmen erhöht wird, damit das Beihilfeniveau anderen Wirtschaftsbereichen stärker angeglichen wird;
4. lenkt die Aufmerksamkeit der Mitgliedstaaten auf die neuen gemeinschaftlichen Leitlinien betreffend staatliche Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor, die Steuererlass und -ermäßigungen für Sozialausgaben auf Schiffen aus der Gemeinschaft ermöglichen, die außerhalb europäischer Gewässer operieren, und fordert diese Maßnahmen für die Schiffe anzuwenden, die dies beantragen;
5. erinnert daran, dass zusammen mit dem Problem der ansteigenden Ölpreise eine der am meisten wiederholten Beschwerden der EU-Fischereiflotten auf Grund des Preisverfalls ihrer Erzeugnisse die massenhaften Einfuhren von Fischereierzeugnisse aus illegalem Fischfang zu Niedrigpreisen betrifft und fordert deshalb:
- a)dass der Rat an die Annahme der künftigen Richtlinie gegen die IUU-Fischerei verantwortungsvoll herangeht, so dass die Kontrolle der Einfuhr von Erzeugnissen aus der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei verstärkt und verbessert wird;
- b)dass Kontrollen von Fischereierzeugnissen aus Drittstaaten verstärkt und verbessert werden, um die Anwendung der gleichen Standards sowohl für die eingeführten Erzeugnisse als auch für die Erzeugnisse der Gemeinschaft zu gewährleisten;
- c)dass Informationen zum Ursprung der Fischereierzeugnisse verbessert und ausgeweitet werden, aber vor allem, dass die verpflichtende Verwendung eines Informationsetiketts gewährleistet wird und in allen Fällen überprüft wird, dass ein Missbrauch bei der Kennzeichnung von Erzeugnissen angemessen verfolgt wird;
6. fordert die Kommission erneut auf, so schnell wie möglich die Änderung der Gemeinsamen Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur vorzuschlagen und dabei die Empfehlung des Europäischen Parlaments zu berücksichtigen, den Fischern mehr Spielraum bei der Preisgestaltung zu lassen, um die Einkommen im Fischereisektor zu sichern, den Markt zu stabilisieren, die Fischereierzeugnisse besser zu vermarkten und den geschaffenen Mehrwert zu erhöhen;
7. fordert in allen Mitgliedstaaten Anpassungspläne für die Fischereiflotte in Kraft zu setzen und die zur freiwilligen Umstrukturierung der Flotten erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen; im Rahmen dieses Zieles:
- a)fordert die Kommission auf, Prioritätskriterien für die Bereiche der Flotten festzulegen, die am stärksten von dieser Krise betroffen sind;
- b)ist der Auffassung, dass es wichtig ist, die nationalen operationellen Programme des Europäischen Fischereifonds zu ändern, um stärker zielorientierte Ausgaben zu ermöglichen;
- c)fordert die Unterstützung einer einmaligen Veränderung der Fanggeräte, die zu weniger treibstoffintensiven Fischereimethoden führt;
- d)fordert die Anschaffung von Geräten, die die Wirksamkeit des Dieselkraftstoffs erhöhen;
8. fordert die Kommission auf, ausgehend vom derzeitigen Preis pro Tonne CO2 von 25 Euro Vorschläge für ein sieben Jahre umfassendes Kompensationssystem für die CO2-Senkung im Fischereisektor zu unterbreiten;
9. fordert die Kommission auf, die Schaffung eines Forschungs- und Entwicklungsfonds für die Fischerei im Rahmen des 7. F&E Rahmenprogramms zur Finanzierung von Forschungsvorhaben zur Nutzung alternativer Energiequellen und zur Verbesserung der Energieeffizienz im Fischereisektor zu unterstützen;
10. ist der Ansicht, dass Konversion und Diversifizierung von Fischereigeräten zur Verringerung der Abhängig von Energie in diesem Sektor führen kann;
11. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, umfassende Konsultationen mit dem Fischereisektor und anderen interessierten Parteien vorzunehmen, um für ihre Ideen zu werben, wie ein solches Ziel am besten erreicht werden kann, und zwar in Anerkennung der Tatsache, dass die Situation und daher die Lösungen nicht in allen Fischereisektoren oder Regionen notwendigerweise gleich sein werden;
12. fordert die Kommission auf, spezielle Vorschläge auszuarbeiten, um die Situation in den am Stärksten von der Fischerei abhängigen Bereichen auszugleichen;
13. fordert die Einrichtung eines Dreiparteien-Dialogs auf Gemeinschaftsebene zwischen allen Beteiligten (öffentliche Verwaltungen, Gewerkschaften und Fischer), um die Strukturprobleme des Bereichs zu erörtern, die nicht ausschließlich eine Ergebnis der Ölpreiskrise sind, und dabei den Arbeitsbedingungen der Fischer Vorrang einzuräumen;
14. fordert auf der nächsten Tagung des Rates "Fischerei", die im Juni stattfinden wird, diese Angelegenheit als Schwerpunkt zu erörtern und die erforderlichen Maßnahmen zur Lösung dieser Krise zu verabschieden;
15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Vertretern der Europäischen Organisationen des Fischereisektors zu übermitteln.