GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
4.2.2009
- –Mario Mauro, Bernd Posselt, Charles Tannock, Tunne Kelam und Jean-Pierre Audy im Namen der PPE-DE-Fraktion
- –Pasqualina Napoletano, Gianni Pittella und Manuel Medina Ortega im Namen der PSE-Fraktion
- –Marco Cappato, Gianluca Susta, Donato Tommaso Veraldi, Francesco Ferrari und Fabio Ciani im Namen der ALDE-Fraktion
- –Cristiana Muscardini, Roberta Angelilli, Ryszard Czarnecki, Mario Borghezio, Konrad Szymański und Adam Bielan im Namen der UEN-Fraktion
- –PPE-DE (B6‑0076/2009)
- –PSE (B6‑0081/2009)
- –UEN (B6‑0087/2009)
- –ALDE (B6‑0089/20009)
Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Weigerung Brasiliens, Cesare Battisti auszuliefern
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seinen Entwurf einer Empfehlung an den Rat zur strategischen Partnerschaft EU-Brasilien,
– unter Hinweis auf das Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Föderativen Republik Brasilien,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Brasilien“ (KOM(2007)0281),
– in Kenntnis des Falles des italienischen Staatsbürgers Cesare Battisti, dessen Auslieferung aus Brasilien von Italien verlangt, jedoch bisher von den zuständigen brasilianischen Behörden verweigert wurde,
– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Cesare Battisti von den italienischen Justizbehörden wegen vierfachen Mordes sowie Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe, Raub, Waffenbesitz und bewaffneten Gewaltakten in Abwesenheit rechtskräftig verurteilt wurde,
B. in der Erwägung, dass Cesare Battisti 1990 nach Frankreich geflüchtet ist und dass der französische Staatsrat und der französische Kassationsgerichtshof letztlich verfügt haben, die Überstellung von Cesare Battisti an die italienischen Behörden zu genehmigen,
C. in der Erwägung, dass Cesare Battisti nach dieser Verfügung untergetaucht ist, bis er im März 2007 in Brasilien festgenommen wurde,
D. in der Erwägung, dass Cesare Battisti beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen seine Auslieferung an Italien Berufung eingelegt hat und dass diese Berufung im Dezember 2006 für unzulässig erklärt wurde,
E. in der Erwägung, dass Cesare Battisti am 17. Januar 2009 von der brasilianischen Regierung zum politischen Flüchtling erklärt und deshalb seine Auslieferung mit der Begründung verweigert wurde, dass die italienische Justiz keine ausreichenden Garantien für die Wahrung der Rechte von Inhaftierten bieten könne,
F. in der Erwägung, dass die Zuerkennung des Status eines politischen Flüchtlings nach dem Völkerrecht zu erfolgen hat,
G. in der Erwägung, dass diese Entscheidung als ein Zeichen von Misstrauen gegenüber der Europäischen Union interpretiert werden kann, die unter anderem auf der Achtung der Grundrechte und der Rechtsstaatlichkeit gründet, was auch die Rechte von Inhaftierten umfasst, und dass diese Grundsätze von allen Mitgliedstaaten geteilt werden,
H. in der Erwägung, dass die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sowie die politischen Beziehungen zwischen Brasilien und der Europäischen Union hervorragend und rege sind und unter anderem auf gemeinsamen Grundsätzen wie der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit beruhen,
I. in der Erwägung, dass Brasilien mit voller Unterstützung aller Mitgliedstaaten eine zunehmend wichtige Rolle auf internationaler Ebene spielt, und dass die Tatsache, dass Brasilien am G20-Treffen in Washington im November letzten Jahres teilgenommen hat und auch in Zukunft an solchen Treffen teilnehmen wird, ein Zeichen dieser weltweit gestiegenen Verantwortung ist,
1. stellt fest, dass das Gerichtsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und dass die endgültige Entscheidung der brasilianischen Regierung in den nächsten Wochen erfolgen sollte;
2. vertraut darauf, dass bei der erneuten Prüfung der Entscheidung über die Auslieferung von Herrn Battisti das in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union unter voller Achtung des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union gefällte Urteil berücksichtigt wird;
3. hofft, dass die brasilianische Regierung im Lichte dieser Erwägungen zu einer Entscheidung gelangt, die auf gemeinsamen Prinzipien beruht, die von Brasilien und der Europäischen Union geteilt werden;
4. weist darauf hin, dass die Partnerschaft zwischen der EU und der Föderativen Republik Brasilien auf dem gegenseitigen Verständnis beruht, dass beide Partner sich der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Grundrechte, einschließlich des Rechts auf Verteidigung und des Rechts auf ein gerechtes und faires Verfahren, verschrieben haben;
5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Regierungen der Mitgliedstaaten, der brasilianischen Regierung, dem Präsidenten der Föderativen Republik Brasilien, dem Präsidenten des brasilianischen Parlaments sowie dem Präsidenten des Parlamentarischen Ausschusses des Mercosur zu übermitteln.