Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B6-0152/2009Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B6-0152/2009

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

23.3.2009

eingereicht gemäß Artikel 103 Absatz 4 der Geschäftsordnung von
anstelle der Entschließungsanträge folgender Fraktionen: zur Zukunft der Automobilindustrie

Verfahren : 2009/2560(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B6-0152/2009

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Zukunft der Automobilindustrie

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 23. und 24. März 2000 in Lissabon,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 2. Februar 2005 für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates mit dem Titel „Zusammenarbeit für Wachstum und Arbeitsplätze – Ein Neubeginn für die Strategie von Lissabon“ (KOM(2005) 24),

–  unter Hinweis auf die Schlusserklärung der hochrangigen Gruppe CARS 21 vom 12. Dezember 2005 sowie die Schlusserklärung der hochrangigen Konferenz zur CARS21-Halbzeitüberprüfung vom 29. Oktober 2008,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2008 zum Thema CARS 21: Ein wettbewerbsfähiges Kfz-Regelungssystem für das 21. Jahrhundert (2007/2120(INI)),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 15. und 16. Oktober 2008 in Brüssel,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 29. Oktober 2008 mit dem Titel „Aus der Finanzkrise in den Aufschwung: Ein Aktionsrahmen für Europa“ (KOM(2008)706 endgültig),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an den Europäischen Rat vom 26. November 2008 mit dem Titel „Europäisches Konjunkturprogramm“ (KOM(2008) 800 endgültig),

–  unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 17. Dezember 2008 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen (KOM(2007)0856 – C6-0022/2008 – 2007/0297(COD)),

–  unter Hinweis auf seinen in erster Lesung am 17. Dezember 2008 festgelegten Standpunkt im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EG) Nr. …/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Rates und der Kommission vom 4. Februar 2009 zu den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Automobilindustrie,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ vom 5. und 6. März 2009 zum Thema Automobilindustrie,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. Februar 2009 mit dem Titel „Maßnahmen zur Bewältigung der Krise in der europäischen Automobilindustrie“ (KOM(2009) 104),

–  unter Hinweis auf das Ergebnis des Treffens der europäischen Industrieminister mit Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission, zur Lage der Automobilindustrie, das am 16. Januar 2009 in Brüssel stattgefunden hat,

–   unter Hinweis auf die am 29. Januar 2009 vom Dachverband der europäischen Automobilhersteller veröffentlichte Statistik zu den Verkaufszahlen für Fahrzeuge im Jahr 2008,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Europa mit einer außergewöhnlichen und tiefen Finanz- und Wirtschaftskrise konfrontiert ist,

B.  in der Erwägung, dass der europäische Finanzmarkt zur Zeit nicht richtig funktioniert, vor allem was die Kreditvergabe anbelangt,

3C.  in der Erwägung, dass die europäische Automobilindustrie mit ihren Zulieferern als Schlüsselsektor der europäischen Wirtschaft, der zu Beschäftigung und Innovation sowie zur Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft insgesamt beiträgt, unter den Folgen der aktuellen Krise besonders zu leiden hat,

D.  in der Erwägung, dass die Automobilbranche in der EU strukturelle Überkapazitäten zu verzeichnen hat und dass für 2009 mit einer weiteren erheblichen Abnahme der Nachfrage nach Kraftfahrzeugen und folglich mit einem Produktionsrückgang zu rechnen ist, wodurch sich der Druck auf die Beschäftigung und die Investitionstätigkeit in der EU zwangsläufig verstärken wird,

E.  in der Erwägung, dass der europäische Automobilsektor von allen privaten Investoren in der Europäischen Unikon am meisten in Forschung und Entwicklung investiert und die europäischen Pkw- und Nutzfahrzeughersteller angesichts der ordnungspolitischen Bestimmungen und der Erfordernisse des Marktes ein hohes Investitionsniveau beibehalten müssen, vor allem mit Blick auf die Gewährleistung des Übergangs zu einer Fertigung von Kraftfahrzeugen mit niedrigen Abgaswerten,

F.  in der Erwägung, dass das im Dezember 2008 angenommene Legislativpaket zu den erneuerbaren Energienquellen und zum Klimaschutz eine entscheidende Rolle bei der Förderung umweltfreundlicher Investitionen spielen wird, die Energieeinsparungen im Automobilsektor zum Ziel haben,

G.  in der Erwägung, dass in der europäischen Automobilindustrie direkt und indirekt 12 Millionen Arbeitnehmer beschäftigt sind, was 6 % der erwerbstätigen Bevölkerung in der Europäischen Union entspricht, und dass heute Millionen dieser Arbeitsplätze gefährdet sind, darunter viele hochqualifizierte Arbeitsplätze, die nicht verloren gehen sollten,

H.  in der Erwägung, dass es in der Automobilindustrie ein bedeutendes Potenzial für die Schaffung von Arbeitsplätzen durch umweltfreundlichere Technologien gibt,

I.  in der Erwägung, dass die europäische Automobilindustrie in der EU-Wirtschaft wegen ihrer Multiplikatorwirkung für andere Branchen und Industriezweige und insbesondere wegen der Existenz von Hunderttausenden kleiner und mittlerer Unternehmen eine Schlüsselstellung einnimmt,

J.  in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten bereits nationale Maßnahmen zur Stützung der Automobilindustrie eingeleitet haben,

K.  in der Erwägung, dass die Hauptverantwortung für die Bewältigung der Krise bei der Automobilindustrie liegt,

L.  in der Erwägung, dass die Kommission derzeit über eine weitere Handelsliberalisierung im Rahmen der Doha-Runde und über ein Freihandelsabkommen mit Südkorea verhandelt,

1.  ist sich darüber im Klaren, dass die Automobilindustrie infolge der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise unter enormen Druck geraten ist, was insbesondere durch einen starken Rückgang der Nachfrage nach Kraftfahrzeugen, aber auch durch ihre Produktionsüberkapazitäten, Schwierigkeiten beim Zugang zur Kreditfinanzierung und im Vorfeld der Krise entstandene Strukturprobleme zum Ausdruck kommt;

2.   betont, dass es sich um eine Krise europäischen Ausmaßes handelt; macht deshalb darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten der EU kohärente und koordinierte Initiativen zugunsten der europäischen Automobilindustrie ergreifen, und fordert einen wirklich europäischen Aktionsrahmen mit konkreten Schritten, damit sowohl auf EU-Ebene als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten die erforderlichen entscheidenden Maßnahmen eingeleitet werden können;

3.   nimmt mit zunehmender Besorgnis zur Kenntnis, dass einige auf nationaler Ebene von den Mitgliedstaaten beschlossene kurzfristige Maßnahmen eine Wettbewerbsverzerrung innerhalb des Binnenmarktes bewirken könnten, die die langfristige Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt, und fordert die Mitgliedstaaten deshalb auf, bei weiteren Maßnahmen für Kohärenz, Effizienz und Koordinierung Sorge zu tragen;

4.   begrüßt in diesem Zusammenhang den als Bestandteil des Europäischen Konjunkturprogramms geschaffenen befristeten Rahmen für die Prüfung staatlicher Beihilfen;

5.   begrüßt den von der Kommission verfolgten Ansatz und ihre vor kurzem eingeleitete Initiative, nämlich die Organisation des Ministertreffens vom 13. März 2009, bei dem die Kommissionsmitglieder, die Wirtschafts- und Industrieminister und die Vertreter der betroffenen Industriezweige zusammenkamen und das insofern eine effiziente politische Reaktion darstellt, als die Bemühungen der Mitgliedstaaten und der von der Krise der Automobilindustrie betroffenen Unternehmen miteinander abgestimmt werden;

6.   fordert den Rat und die Kommission auf, die finanzielle Unterstützung für die Automobilindustrie zu beschleunigen, zu vereinfachen und aufzustocken, vor allem mit Hilfe der Europäischen Investitionsbank und durch Genehmigung von Staatsbürgschaften für Niedrigzinsdarlehen; fordert den Rat und die Kommission auf, eine Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens für Darlehensanträge zu verlangen; ist der Ansicht, dass die vor allem in Form von Darlehen geleistete finanzielle Unterstützung dazu beitragen dürfte, die Nachfrage nach neuen Kraftfahrzeugen zu fördern, was dem Wirtschaftswachstum, der Umwelt und der Sicherheit im Straßenverkehr zugute käme;

7.  weist nachdrücklich darauf hin, dass die EIB kleinen und mittleren Unternehmen, die eng mit dem Automobilsektor verflochten sind, genügend Aufmerksamkeit schenken muss, um deren Zugang zu Krediten aufrechtzuerhalten, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Darlehenskapazität der EIB zu verbessern, damit sie dem mittelfristigen Finanzbedarf der Automobilindustrie entspricht;

8.  weist nachdrücklich darauf hin, dass alle finanziellen oder steuerlichen Initiativen, darunter auch Abwrackprämien, die notwendige technologische Umrüstung dieser Branche unterstützen und beschleunigen müssen, insbesondere im Bereich der Energieeffizienz von Maschinen und der Verringerung von Emissionen, und dass dies in vollem Einklang mit in letzter Zeit angenommenen Rechtsvorschriften stehen muss;

9.  bekräftigt, dass politische Maßnahmen sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene zur Bewältigung der Umstrukturierungs- und Umstellungsphase beitragen müssten, die die Automobilindustrie gerade infolge eines durch einen sehr starken Wettbewerb geprägten wirtschaftlichen Umfelds durchmacht, und ruft die Automobilindustrie dazu auf, eine kohärente Strategie zu entwickeln und derartige Anpassungen in einer sozial vertretbaren Art und Weise in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften durchzuführen;

10.  betont die Notwendigkeit, die Gewerkschaften umfassend in die laufenden Gespräche einzubeziehen, und fordert die Kommission auf, einen echten sozialen Dialog auf europäischer Ebene für diesen Industriezweig, insbesondere im Kontext der aktuellen Krisen, zu fördern;

11.  fordert die Kommission auf, im Rahmen der ausgewogenen Umsetzung aller „Prioritäten von Lissabon“ den bestmöglichen Einsatz der europäischen Fonds zu gewährleisten, die zur Förderung von Arbeitsplätzen zur Verfügung stehen (Kohäsionsfonds, Strukturfonds, Sozialfonds oder Globalisierungsfonds), und den Zugang zu diesen Fonds zu erleichtern, zu verbessern und zu beschleunigen; ist der Ansicht, dass mit diesen Fonds ein Beitrag zu frühzeitigen Schulungs- und Umschulungsprogrammen für Arbeitnehmer gewährleistet werden sollte, wo und wann auch immer Arbeitszeitbeschränkungen vorgenommen werden;

12.  bekräftigt, dass die Automobilindustrie kontinuierlich in Forschungs- und Entwicklungsprogramme investieren muss, die in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Umweltfreundlichkeit die bestmöglichen Lösungen für die Schaffung eines nachhaltigen wettbewerbsfähigen Rahmens bieten, und fordert die Kommission deshalb in diesem Zusammenhang auf, den Zugang zu Förderinstrumenten der EU in den Bereichen FuE und Innovation, beispielsweise zum Siebten Rahmenprogramm, zu erleichtern, zu verbessern und zu beschleunigen;

13.  fordert die Kommission auf, Leitlinien und Empfehlungen für Maßnahmen auszuarbeiten, die in einen abgestimmten Ansatz bei der Erneuerung von Fahrzeugflotten fördern, wie beispielsweise Abwrackprämien und andere Marktanreize mit positiven und kurzfristigen Auswirkungen auf die Nachfrage der Verbraucher nach neuen Kraftfahrzeugen sowie Maßnahmen zur Wiederbelebung des Kfz-Leasingmarktes; fordert die Kommission auf, in diesem Zusammenhang bereits eingeleitete nationale Maßnahmen zu überwachen, um Verzerrungen innerhalb des Binnenmarktes entgegenzuwirken;

14.  bestätigt, dass es notwendig ist, den Dialog und die laufenden Gespräche mit Drittländern und den wichtigsten EU-Handelspartnern über die Zukunft der Automobilindustrie zu vertiefen, und fordert die Kommission deshalb auf, die Entwicklungen in Nicht-EU-Ländern, insbesondere in den Vereinigten Staaten und in Asien, genau zu verfolgen, um gleiche Bedingungen auf internationaler Ebene und den Verzicht auf protektionistische und diskriminierende Maßnahmen auf dem weltweiten Automobilmarkt zu gewährleisten;

15.  fordert die Kommission auf, vor dem Abschluss des Freihandelsabkommens eine ausgewogene und faire Abmachung zwischen der Europäischen Union und Südkorea zu gewährleisten;

16.  begrüßt den CARS-21-Prozess, der eine langfristige Industriepolitik auf europäischer Ebene auf den Weg bringt; fordert die Kommission auf, diesen langfristigen Strategieplan fortlaufend umzusetzen, zu überwachen und zu überprüfen, um die künftige Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie und die nachhaltige Beschäftigung in diesem Sektor zu gewährleisten;

17.  fordert die Kommission auf, die Grundsätze der besseren Rechtsetzung uneingeschränkt anzuwenden und deshalb entsprechend den Empfehlungen der CARS-21-Gruppe eine gründliche Beurteilung der Auswirkungen künftiger EU-Rechtsvorschriften über Kraftfahrzeuge durchzuführen und so Rechtssicherheit und Vorhersagbarkeit für die Automobilbranche sicherzustellen;

18.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.