Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B7-0102/2009Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B7-0102/2009

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Guinea

21.10.2009

eingereicht gemäß Artikel 122 Absatz 5 der Geschäftsordnung
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
S&D (B7‑0102/2009)
ALDE (B7‑0106/2009)
PPE (B7‑0110/2009)
GUE/NGL (B7‑0114/2009)
ECR (B7‑0123/2009)
Verts/ALE (B7‑0125/2009)

Cristian Dan Preda, Bernd Posselt, Michèle Striffler, Anne Delvaux, Licia Ronzulli, Eija-Riitta Korhola, Mario Mauro, Laima Liucija Andrikienė, Filip Kaczmarek, Tunne Kelam, Eduard Kukan, Bogusław Sonik im Namen der PPE-Fraktion
Véronique De Keyser, Patrice Tirolien, María Paloma Muñiz De Urquiza, Raimon Obiols, Harlem Désir im Namen der S&D-Fraktion
Renate Weber, Metin Kazak, Ivo Vajgl, Carl Haglund, Niccolò Rinaldi, Marielle De Sarnez, Charles Goerens im Namen der ALDE-Fraktion
Eva Joly, Isabella Lövin, Catherine Greze, Raül Romeva i Rueda, Heidi Hautala im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Tomasz Piotr Poręba, Adam Bielan, Charles Tannock, Ryszard Antoni Legutko im Namen der ECR-Fraktion
Marie-Christine Vergiat im Namen der GUE/NGL-Fraktion


Verfahren : 2009/2732(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B7-0102/2009
Eingereichte Texte :
RC-B7-0102/2009
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Guinea

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Kommuniqués, dass die Internationale Kontaktgruppe für Guinea am 13. Oktober 2009 in Abuja (Nigeria) herausgegeben hat,

 

–   unter Hinweis auf die seit langem anhaltende Instabilität in der Region des Flusses Mano, durch die die lokale Bevölkerung traumatisiert wird,

- unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Guinea-Conakry,

 

- unter Hinweis auf die Erklärung, die der Ratsvorsitz im Namen der EU am 29. September 2009 abgegeben hat,

 

- unter Hinweis auf die Aussprache vom 7. Oktober 2009 im Europäischen Parlament,

 

A. in der Erwägung, dass nach dem Tod von Präsident Lansana Conté eine Militärjunta unter Führung von Hauptmann Dadis Camara am 23. Dezember 2008 die Macht ergriffen hat,

B.  in der Erwägung, dass bei der Unterdrückung einer friedlichen Demonstration der Opposition am Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums, dem 28. September, den Quellen zufolge 100 bis 200 Menschen getötet wurden (das Militär hat zahlreiche Leichen entfernt, um eine Zählung der Toten zu verhindern, und den Familien der Opfer nicht erlaubt, ihre Trauer zu bekunden) sowie mehr als 1 000 Menschen durch Kugeln oder Bajonettstiche verletzt wurden und dass es zu zahlreichen Fällen von Vergewaltigung gekommen ist,

C. in der Erwägung, dass die Mitglieder der Opposition geschlagen, verletzt und festgenommen wurden, dass Journalisten, die die Machthaber kritisieren, verfolgt wurden, und dass durch die Junta die tatsächliche Gefahr des Ausbruchs eines ethnischen Konflikts besteht,

D.  unter Hinweis auf entsetzliche Berichte, wonach Soldaten Gewehrkolben und sogar Bajonette benutzt haben, um Frauen zu vergewaltigen, während anderen Frauen in entwürdigender Weise die Kleider vom Leib gerissen wurden und sie dann von den Sicherheitskräften in aller Öffentlichkeit geschändet, erniedrigt und vergewaltigt wurden,

 

E.  in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommt und dass alle dafür Verantwortlichen vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden sollten,

 

F.  unter Hinweis auf die Artikel 8 und 9 des Cotonou-Abkommens – das auch Guinea unterzeichnet hat – über die Achtung der Menschenrechte und der Demokratie,

G. unter Hinweis auf die gemäß Artikel 96 des Cotonou-Abkommens am 27. Juli 2009 festgelegte „Road Map“ betreffend die Organisation des Übergangs zur Demokratie,

H. in der Erwägung, dass die Mitglieder der Junta, die der Partei des Nationalrats für Demokratie und Entwicklung angehören, sich verpflichtet hatten, baldmöglichst freie Wahlen zu organisieren und selbst nicht bei diesen Wahlen zu kandidieren,

I.   in der Erwägung, dass der Staatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofs eine Voruntersuchung über die Lage in Guinea eingeleitet hat, um festzustellen, ob Verbrechen verübt wurden, die in den Zuständigkeitsbereich des Internationalen Strafgerichtshofs fallen,

J.   in der Erwägung, dass der unverantwortliche Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Unterdrückung der Bevölkerung die Militärjunta für die Organisation des Übergangs des Landes zur Demokratie mittels freier und fairer Wahlen disqualifiziert,

K. in der Erwägung, dass die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft und die Afrikanische Union Position bezogen haben und dass der Präsident Burkina Fasos, Blaise Compaoré, als „Vermittler“ eingesetzt wurde,

L.  in der Erwägung, dass die Internationale Kontaktgruppe für Guinea, der auch Diplomaten der Westafrikanischen Wirtschaftsunion, der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union und der Europäischen Union sowie Vertreter weltweit operierender Menschenrechtsorganisationen angehören, Guinea besucht und dementsprechend Bericht erstattet haben,

M. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Guinea im Dezember 2008, einige Tage vor dem Staatsstreich, durch den Moussa Dadis Camara an die Macht kam, ein Fischereiabkommen unterzeichnet haben und dass diesbezüglich die erste Zahlungen am 30. November 2009 fällig sind,

 

N. in der Erwägung, dass das Ultimatum, dass die Afrikanische Union Hauptmann Dadis Camara gestellt hat, wonach er sich erneut dazu verpflichten soll, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen nicht zu kandidieren, abgelaufen ist,

O. in der Erwägung, dass die Westafrikanische Wirtschaftsunion einen Appell an die Völkergemeinschaft gerichtet hat, in Guinea neutrale Kräfte zu stationieren, um die Bevölkerung und die Opposition zu schützen, und dass die „Kontaktgruppe“ zu einem ständigen Embargo in Bezug auf Waffen mit Bestimmungsort Guinea aufgerufen hat,

P. unter Hinweis auf das Entwicklungspotenzial Guineas, das über bedeutende Bodenschätze verfügt, sowie in der Erwägung, dass Guinea von Transparency International als eines der korruptesten Länder Afrikas eingestuft wurde,

1.  verurteilt das blutige und mörderische Vorgehen gegen unbewaffnete Demonstranten und bekundet den trauernden Familien der Opfer sein Mitgefühl;

2.   verurteilt alle Akte sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen, verlangt medizinische und psychologische Unterstützung für die Opfer von Vergewaltigungen, und fordert die Kommission auf, unverzüglich spezielle Programme für die Rehabilitation von Vergewaltigungsopfern in Guinea einzuleiten;

 

3.  begrüßt das Kommuniqué, dass die Internationale Kontaktgruppe für Guinea nach ihrer Sitzung zur Krise in Guinea im 13. Oktober 2009 in Abuja abgegeben hat, in dem sie die Militärjunta auffordert, alle willkürlich festgenommenen Personen, insbesondere diejenigen, die in Verbindung mit den Vorfällen am 28. September in Conakry festgehalten werden, unverzüglich freizulassen, sowie angeordnet hat, dass bis Freitag, 16. Oktober 2009, Vorkehrungen getroffen werden, wonach eine Teilnahme der Junta an den Präsidentschaftswahlen im Januar 2010 ausgeschlossen ist;

4.  begrüßt die Einsetzung einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zur Ermittlung der Verantwortlichen des Massakers durch die UNO und die Eröffnung einer Voruntersuchung durch den Internationalen Strafgerichtshof, damit die Verantwortlichen nicht unbestraft davonkommen;

5.  fordert, dass alle Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit der Zeugen und der Familien der Opfer zu gewährleisten, die von der internationalen Untersuchungskommission angehört werden;

6.  fordert die Militärjunta auf, das Recht auf Meinungsfreiheit, freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit, einschließlich des Rechts, sich friedlich zu versammeln, wie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte garantiert, zu achten;

7.  vertritt die Ansicht, dass nur eine aus freien und gerechten Wahlen hervorgegangene Regierung dazu legitimiert und in der Lage ist, langfristig die Interessen des Landes wahrzunehmen;

8.  hofft, dass eine Übergangsregierung eingesetzt wird, in der auch die wichtigsten Oppositionsparteien vertreten sind und deren Auftrag es ist, die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vorzubereiten;

9.  fordert den Rat auf, die gemäß Artikel 96 des Cotonou-Abkommens vorgesehenen „geeigneten Maßnahmen“ zu treffen und zu prüfen, wie auf die Forderung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft nach Organisation einer Mission zur Unterstützung einer afrikanischen Truppe zum Schutz der Bevölkerung reagiert werden kann, um dieser Truppe die notwendigen Mittel zur Erfüllung ihrer Mission zur Verfügung zu stellen, ebenso auf die Forderung nach der Organisation einer langfristigeren zivilen Mission, um zum Aufbau der Sicherheitskräfte beizutragen;

10. fordert den Rat und die Kommission auf, die Anwendung des Fischereiprotokolls mit Guinea solange auszusetzen, bis der Demokratisierungsprozess konkrete Gestalt angenommen hat;

 

11. fordert die Afrikanische Union in Zusammenarbeit mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft auf, scharfe Sanktionen gegen die Mitglieder der Militärjunta zu verhängen und gleichzeitig mittels einer Wahrheits- und Aussöhnungskommission einen nationalen Dialog zu organisieren;

12. fordert alle Staaten auf, gemäß der Entscheidung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft alle Lieferungen von Waffen, Munition und sonstigen Gerätschaften an Militär und Polizei einzustellen, die von den Sicherheitskräften Guineas eingesetzt werden könnten, um Menschenrechtsverletzungen zu begehen;

 

13. bedauert, dass sich sowohl staatliche als auch private chinesische Firmen gegenüber den Menschenrechten der Bürger in Guinea, wo diese Firmen investieren, vollkommen gleichgültig zeigen;

14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den zuständigen Stellen der Afrikanischen Union und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft zu übermitteln.