GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage der politischen Häftlinge und der Gefangenen aus Gesinnungsgründen in Kuba
10.3.2010
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
PPE (B7‑0169/2010)
EFD (B7‑0170/2010)
S&D (B7‑0174/2010)
ALDE (B7‑0175/2010)
ECR (B7‑0176/2010)
Verts/ALE (B7‑0178/2010)
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Francisco José Millán Mon, Jaime Mayor Oreja, Mario Mauro, Bogusław Sonik, Cristian Dan Preda, Laima Liucija Andrikienė, Filip Kaczmarek, Tunne Kelam im Namen der PPE-Fraktion
Adrian Severin, Luis Yáñez-Barnuevo García, Emine Bozkurt im Namen der S&D-Fraktion
Renate Weber, Izaskun Bilbao Barandica im Namen der ALDE-Fraktion
Raül Romeva i Rueda im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Edvard Kožušník, Charles Tannock im Namen der ECR-Fraktion
Fiorello Provera im Namen der EFD-Fraktion
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage der politischen Häftlinge und der Gefangenen aus Gesinnungsgründen in Kuba
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in Kuba, insbesondere die Entschließungen vom 17. November 2004, 2. Februar 2006 und 21. Juni 2007,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Jahresberichten über die Menschenrechte in der Welt 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008 und die Menschenrechtspolitik der Union,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2006 zu den Folgemaßnahmen im Anschluss an die Verleihung des Sacharow-Preises[1],
– unter Hinweis auf die Erklärung des Ratsvorsitzes vom 14. Dezember 2005 zu den „Damen in Weiß“ sowie die früheren Erklärungen vom 26. März 2003 und 5. Juni 2003 zur Lage in Kuba,
– unter Hinweis auf den Gemeinsamen Standpunkt 96/697/GASP des Rates zu Kuba, der am 2. Dezember 1996 angenommen wurde und in regelmäßigen Abständen aktualisiert wird,
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 18. Juni 2007, Juni 2008 und 15. Juni 2009 zu Kuba,
- in Kenntnis der Erklärungen des Sprechers von Baroness Catherine Ashton, Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission, und des Präsidenten des Parlaments zum Tod des aus politischen und Gesinnungsgründen inhaftierten Orlando Zapata Tamayo in Kuba,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass eines der Hauptziele der Europäischen Union weiterhin darin besteht, den Grundsatz zu unterstützen, dass die Menschenrechte einschließlich der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte allgemein gültig und unteilbar sind,
B. in der Erwägung, dass Dutzende von unabhängigen Journalisten, friedlichen Dissidenten und Menschenrechtsverfechtern, die größtenteils der demokratischen Opposition angehören, in Kuba noch immer im Gefängnis festgehalten werden, weil sie ihre Grundrechte, nämlich das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, wahrnehmen,
C. in der Erwägung, dass das Parlament im Jahre 2005 den Sacharow-Preis für geistige Freiheit den „Damen in Weiß“ verliehen hat, und in der Erwägung, dass die kubanische Regierung den „Damen in Weiß“ nicht gestattet hat, sich zum Sitz des Europäischen Parlaments zu begeben und dort ihre Auszeichnung entgegenzunehmen, was einen Verstoß gegen ein grundlegendes Menschenrecht darstellt, nämlich das Recht, in seinem eigenen Land frei ein- und ausreisen zu können, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert ist,
D. unter Hinweis auf die von den Institutionen der Gemeinschaft zugunsten der Freilassung und einer humanitären Behandlung der politischen Häftlinge und Gefangenen aus Gesinnungsgründen in Kuba unternommenen Demarchen,
E. in der Erwägung, dass der Tod von Orlando Zapata Tamayo – dem ersten kubanischen Bürgerrechtler nach annähernd 40 Jahren, der im Hungerstreik gegen staatliche Missbräuche gestorben ist – als erheblicher Rückschritt für die Menschenrechte in Kuba gilt und eine Welle internationalen Protests ausgelöst und dazu geführt hat, dass weitere kubanische politische Gefangene oder inhaftierte Dissidenten in den Hungerstreik getreten sind,
1. verurteilt nachdrücklich den vermeidbaren und grausamen Tod des gefangenen politischen Dissidenten Orlando Zapata Tamayo nach einem 85-tägigen Hungerstreik und spricht seiner Familie seine Solidarität und sein Mitgefühl aus;
2. verurteilt die präventive Festnahme von Aktivisten und den Versuch der Regierung, die Angehörigen von Orlando Zapata Tamayo daran zu hindern, sein Begräbnis zu organisieren und ihm die letzte Ehre zu erweisen;
3. bedauert das Ausbleiben jeglicher nennenswerter Geste seitens der kubanischen Regierungsstellen als Antwort auf die Aufrufe der EU und der übrigen internationalen Gemeinschaft zugunsten der Freilassung aller politischen Gefangenen und der uneingeschränkten Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten, insbesondere der Meinungsfreiheit und der politischen Vereinigungsfreiheit;
4. fordert die kubanische Regierung auf, alle aus politischen oder Gesinnungsgründen inhaftierten Personen unverzüglich und bedingungslos freizulassen;
5. bekundet seine tiefe Besorgnis über die Situation der politischen Häftlinge und Dissidenten, die nach dem Tod von Orlando Zapata ebenfalls in Hungerstreik getreten sind; begrüßt, dass die meisten von ihnen diesen Hungerstreik inzwischen wieder aufgegeben haben, verweist jedoch auf den alarmierenden Zustand des Journalisten und Psychologen Guillermo Fariñas, dessen Festhalten an seinem Hungerstreik ein tödliches Ende nehmen könnte;
6. bedauert, dass die wiederholten Forderungen des Rates und des Europäischen Parlaments nach unverzüglicher Freilassung aller aus politischen oder Gesinnungsgründen inhaftierten Personen nicht erfüllt wurden, und bekräftigt, dass die Inhaftierung kubanischer Dissidenten wegen ihrer Ideale und ihrer friedlichen politischen Betätigung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte widerspricht;
7. fordert den Rat und die Kommission auf, die einschlägigen Maßnahmen zu intensivieren, um gemäß den Schlussfolgerungen des Rates der Außenminister vom 8. Dezember 2009 die Freiheit der politischen Gefangenen zu fordern und die Betätigung der Menschenrechtsaktivisten zu fördern und zu gewährleisten;
8. fordert die europäischen Institutionen nachdrücklich auf, die Einleitung eines friedlichen Prozesses für einen politischen Übergang zu einer Mehrparteiendemokratie in Kuba bedingungslos zu unterstützen und ohne Vorbehalte zu fördern;
9. bekundet seine tief empfundene Solidarität mit dem gesamten kubanischen Volk und unterstützt die Kubaner bei ihren Fortschritten in Richtung Demokratie sowie Achtung und Förderung der Grundfreiheiten;
10. fordert die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und das für Zusammenarbeit zuständige Kommissionsmitglied auf, unverzüglich in einen strukturierten Dialog mit der kubanischen Zivilgesellschaft und denjenigen einzutreten, die einen friedlichen Übergang auf der Insel unterstützen, und sich dabei auf die Schlussfolgerungen zu stützen, die bei verschiedenen Gelegenheiten vom Rat der EU angenommen wurden, und auf die gemeinschaftlichen Mechanismen der Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere die Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte, zurückzugreifen;
11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem rotierenden EU-Vorsitz, der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika und der Regierung und dem Volkskongress der Republik Kuba zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P6_TA(2006)0601.