Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B7-0617/2010Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B7-0617/2010

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum ACTA

23.11.2010

eingereicht gemäß Artikel 110 Absatz 4 der Geschäftsordnung
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
Verts/ALE (B7‑0617/2010)
ALDE (B7‑0619/2010)
S&D (B7‑0620/2010)
GUE/NGL (B7‑0621/2010)

Kader Arif, Véronique De Keyser im Namen der S&D-Fraktion
Niccolò Rinaldi, Marietje Schaake, Alexander Alvaro, Marielle De Sarnez, Renate Weber, Metin Kazak im Namen der ALDE-Fraktion
Carl Schlyter, Eva Lichtenberger, Sandrine Bélier im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Helmut Scholz, Rui Tavares, Miloslav Ransdorf, Marisa Matias im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Verfahren : 2010/2935(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B7-0617/2010
Eingereichte Texte :
RC-B7-0617/2010
Aussprachen :
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zum ACTA

Das Europäische Parlament,

–   gestützt auf die Artikel 207 und 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–   unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 8,

–   unter Hinweis auf die Strategie für eine wirksame Umsetzung der Charta der Grundrechte durch die Europäische Union,

–   unter Hinweis auf den Abschluss der letzten Runde der Verhandlungen über ein Übereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) am 2. Oktober 2010,

–   unter Hinweis auf die Veröffentlichung des endgültigen Textes des ACTA am 15. November 2010,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Dezember 2008 zu den Auswirkungen von Produktfälschung auf den internationalen Handel (2008/2133(INI))[1],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2010 zur Transparenz und zum Stand der Verhandlungen über das ACTA[2],

–   unter Hinweis auf seine schriftliche Erklärung 0012/2010 zu dem intransparenten Prozess des Übereinkommens zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA),

–   unter Hinweis auf die Plenardebatten vom 8. September und 20. Oktober 2010 über das ACTA,

–   unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 20. Oktober 2010 zur Revision der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission,

–   unter Hinweis auf die interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über „Bessere Rechtsetzung“ (2003/C 321/01),

–   unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zu der Beschwerde 90/2009/(JD)OV über den Zugang zu Dokumenten, die das ACTA betreffen,

–   unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Europäischen Datenschutzbeauftragten zu den laufenden Verhandlungen der Europäischen Union über ein Übereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie sowie auf das Schreiben der Arbeitsgruppe Datenschutz an die Kommission,

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“)[3],

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation[4], zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009[5],

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) der Welthandelsorganisation (WTO),

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung,

–   unter Hinweis auf die WTO-Streitsache DS409 betreffend die Europäische Union und einen Mitgliedstaat im Zusammenhang mit der Beschlagnahme von Generika im Transit,

–   unter Hinweis auf die WTO-Pressemitteilung zur Sitzung des TRIPS-Rates vom 8./9. Juni 2010,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

 

Vertrag von Lissabon

A.  in der Erwägung, dass der Bereich gemeinsame Handelspolitik unter die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt, sowie in der Erwägung, dass das Europäische Parlament gemäß dem nunmehr geltenden Vertrag von Lissabon dem Text des ACTA zustimmen muss, bevor es in der EU in Kraft tritt,

 

Allgemeines

B.   in der Erwägung, dass die weltweite Bekämpfung der Produkt- und Markenpiraterie ein zentraler Bestandteil der Politikstrategie der EU ist, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Hersteller aus der EU und Arbeitsplätze für EU-Bürger zu sichern,

 

C.  in der Erwägung, dass die elfte und damit letzte Runde der Verhandlungen über das ACTA am 2. Oktober 2010 in Tokyo (Japan) abgeschlossen wurde und dass vom 30. November bis zum 3. Dezember (oder, falls nötig, bis zum 4. Dezember) in Sydney ein technisches Treffen zur Fertigstellung der juristischen Feinarbeit stattfinden wird,

 

D.  in der Erwägung, dass das ACTA im Zusammenhang mit wichtigen Anliegen steht, wie etwa der Achtung der Grundrechte, der Privatsphäre und des Datenschutzes, der Achtung der wichtigen Rolle des freien Internets und der Wahrung der Neutralität der Diensteanbieter und des Zugangs zu Arzneimitteln,

 

E.   in der Erwägung, dass das ACTA gegenüber dem Europäischen Parlament von der Kommission als Instrument dargestellt wird, mit dem die Wirksamkeit dieser Standards zugunsten der Ausfuhren der EU und zum Schutz der Rechteinhaber auf dem Weltmarkt verbessert wird, weil die Rechteinhaber gegenwärtig mit systematischen und umfangreichen Verletzungen ihrer Urheberrechte, Marken, Patente, Muster und geografischen Angaben konfrontiert sind,

 

F.   in der Erwägung, dass elf Länder (wobei die EU als ein Land gezählt wurde), darunter nur zwei Entwicklungsländer (Marokko und Mexiko), an den Verhandlungen teilgenommen haben,

 

G.  in der Erwägung, dass die Verhandlungsparteien beabsichtigen, das ACTA auf alle beitrittswilligen Parteien, einschließlich der Entwicklungs- und Schwellenländer, auszudehnen,

 

H.  in der Erwägung, dass die ACTA-Verhandlungsführer den konsolidierten Text am 6. Oktober 2010 veröffentlicht haben und anschließend die Kommission das Parlament kurz darüber informiert hat und dass die Kommission den endgültigen Text des ACTA am 15. November 2010 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat,

 

I.    in der Erwägung, dass sich nach nachdrücklichen Aufforderungen des Parlaments die Transparenz bei den Verhandlungen verbessert hat,

 

J.    in der Erwägung, dass die Rechtsgrundlage des ACTA klargestellt werden sollte,

 

K.  in der Erwägung, dass die Kommission zur Begründung, dass über das ACTA als Handelsabkommen und nicht als Vollstreckungsabkommen verhandelt wird, auf die Entscheidung des Bürgerbeauftragten verwiesen hat, dass der Bürgerbeauftragte erklärt hat, dass der Abschluss des ACTA in der Tat dazu führen könnte, dass die EU Vorschläge für neue Rechtsvorschriften ausarbeiten bzw. für deren Durchsetzung sorgen muss, und dass das ACTA in diesem Fall der einzige bzw. der wichtigste Grund für die Untermauerung dieser Rechtsvorschriften wäre und die Bürger ein eindeutiges Interesse daran hätten, über das ACTA informiert zu werden,

 

L.   in der Erwägung, dass die Kommission als Hüterin der Verträge verpflichtet ist, den gemeinschaftlichen Besitzstand zu wahren, und dass dies im Klartext bedeutet, dass er nicht geändert werden kann, wenn internationale Übereinkommen ausgehandelt werden, die Auswirkungen auf die Rechtsvorschriften in der EU haben,

 

M.  in der Erwägung, dass die Kommission in Plenardebatten wiederholt erklärt hat, dass im ACTA lediglich Durchsetzungsmaßnahmen behandelt werden und es keine Bestimmungen enthält, mit denen die materiellen Rechtsvorschriften im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums in der EU geändert werden,

 

N.  in der Erwägung, dass die Richtlinie 2001/29/EG einen Rechtsrahmen für das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte sowie eine Regelung zu ihrem Schutz bietet und dass Artikel 5 dieser Richtlinie eine erschöpfende Auflistung von Ausnahmen und Beschränkungen enthält, durch die die Mitgliedstaaten daran gehindert werden, neue Ausnahmen und Beschränkungen einzuführen, sowie in der Erwägung, dass der Schutz der Rechteinhaber durch das ACTA weiter ausgedehnt werden soll, indem weitergehende Befugnisse zur Durchsetzung des Urheberrechts vorgesehen sind, die Möglichkeit, den Anwendungsbereich der bestehenden Ausnahmen und Beschränkungen auszuweiten, allerdings nicht behandelt wird, und dass der Ermessensspielraum nationaler Gerichte, bestehende Ausnahmen flexibel auszulegen, durch das Übereinkommen eingeschränkt werden kann, sowie in der Erwägung, dass der technologische Fortschritt eine Vielzahl und große Vielfalt an Verfahren für die Schaffung, Herstellung und Verwertung kreativer Werke hervorgebracht hat und dass ein angemessener Ausgleich der Interessen von Rechteinhabern und Nutzern neue Strategien für eine Liberalisierung des Zugangs zu diesen Werken durch digitale Technologien erfordert, und in der Erwägung, dass die Kommission einen Legislativvorschlag zu verwaisten Werken vorbereitet, um die Digitalisierung und Verbreitung von kreativen Werken in Europa zu erleichtern,

 

O.  in der Erwägung, dass die Vertragsparteien des ACTA fest zugesagt haben, die Verpflichtungen nach Artikel 7 des TRIPS-Übereinkommens einzuhalten und zur Förderung technologischer Innovationen beizutragen, und in der Erwägung, dass die wesentlichen politischen Maßnahmen der EU im Zusammenhang mit der Interoperabilität auf den Bestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstands beruhen, die in einigen Fällen sogenannte Nachkonstruktionen gestatten,

 

Patente

 

P.   in der Erwägung, dass das Kommissionsmitglied für Handel das Parlament am 20. Oktober 2010 im Plenum aufgefordert hat, zu der offenen Frage Stellung zu nehmen, ob Patente in den Abschnitt über die zivilrechtliche Durchsetzung aufgenommen werden sollen, und dass die ACTA-Verhandlungsführer erklärt haben, dass das ACTA den grenzüberschreitenden Verkehr rechtmäßig hergestellter Generika nicht behindern wird, sowie in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung und seiner schriftlichen Erklärung festgestellt hat, dass alle Maßnahmen zur Stärkung der Befugnisse für eine grenzübergreifende Inspektion und Beschlagnahme von Waren den allgemeinen Zugang zu rechtmäßig hergestellten, erschwinglichen und sicheren Arzneimitteln nicht beeinträchtigen sollte, und dass die Verordnung Nr. 1383/2003 des Rates, deren Bestimmungen derzeit in einer WTO-Streitsache diskutiert werden, Grenzkontrollmaßnahmen für Transitgüter vorsieht, und in der Erwägung, dass einige Akteure wie Pharmaunternehmen, Hersteller von Generika und weltweit im Gesundheitsbereich engagierte Personen vor der Einbeziehung von Patenten in das ACTA sowie den möglichen schädlichen Auswirkungen auf technologische Innovationen, den Zugang zu Arzneimitteln und den Generikawettbewerb warnen,

 

Q.  in der Erwägung, dass es keine EU-Rechtsvorschriften über Patente gibt,

 

R.   in der Erwägung, dass Patente aus dem Anwendungsbereich zivilrechtlicher Durchsetzungsmaßnahmen des ACTA herausgenommen werden können und dass durch die Aufnahme von Patenten in den entsprechenden Abschnitt der Zugang zu rechtmäßig hergestellten, erschwinglichen Arzneimitteln erschwert werden könnte,

 

Zugang zu Arzneimitteln

 

S.   in der Erwägung, dass einige wichtige Handelspartner, die gegenwärtig nicht Vertragsparteien des ACTA sind, im WTO/TRIPS-Rat erklärt haben, dass das ACTA möglicherweise im Widerspruch zu dem TRIPS-Übereinkommen und anderen WTO-Übereinkommen steht, eine Gefahr für das WTO-Recht und die WTO-Verfahren darstellt, weil es außerhalb des WTO-Rechtsrahmens angesiedelt ist, das ausgewogene Verhältnis der Rechte, Verpflichtungen und Flexibilitätsbestimmungen untergräbt, die in den verschiedenen WTO-Übereinkommen sorgsam ausgehandelt wurden, zu Handelsverzerrungen oder Handelshemmnissen führt und die Flexibilitätsbestimmungen aushöhlt, die in das TRIPS-Übereinkommen und in die Erklärung von Doha zum TRIPS-Übereinkommen und zur öffentlichen Gesundheit von 2001 aufgenommen wurden, wie etwa in Bezug auf die öffentliche Gesundheit und den Handel mit Generika,

 

Grundrechte

 

T.   in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Mitteilung vom 19. Oktober 2010 erklärt hat, die Tätigkeit der Union dürfe keinerlei Angriffspunkte in Bezug auf die Grundrechte bieten, und die Union müsse dazu mit gutem Beispiel vorangehen, wohingegen sie am 20. Oktober 2010 im Plenum erklärt hat, das ACTA sei noch nicht paraphiert und es sei ihr Vorrecht als Verhandlungsführerin, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem die Verhandlungen aus technischer Sicht abgeschlossen seien und das Übereinkommen paraphiert werden könne,

 

U.  in der Erwägung, dass alle Vereinbarungen, die die Europäische Union über das ACTA erzielt, mit den rechtlichen Verpflichtungen der EU in Bezug auf die Achtung der Privatsphäre und die Datenschutzvorschriften im Einklang stehen müssen, wie sie in den Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG (zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009), in den Richtlinien 2009/136/EG und 2009/140/EG über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste sowie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Gerichtshofs der Europäischen Union niedergelegt sind,

 

V.  in der Erwägung, dass die Kommission durch die interinstitutionelle Vereinbarung von 2010 gebunden ist und daher keine Selbst- und Koregulierungsmechanismen unterstützen darf, wenn es um Grundrechte wie die freie Meinungsäußerung geht,

 

W. in der Erwägung, dass die Kommission am 19. Oktober 2010 eine Mitteilung über Folgenabschätzung veröffentlicht hat,

 

X.  in der Erwägung, dass die Bestimmungen des ACTA nicht so interpretiert werden dürfen, dass damit ein Präzedenzfall geschaffen wird bzw. gegenwärtig oder in Zukunft vom gemeinschaftlichen Besitzstand abgewichen oder der gemeinschaftliche Besitzstand geändert werden darf, was zu einer Schwächung in Bezug auf den Schutz der Grundrechte in den EU-Rechtsvorschriften führen könnte, und dass die Kommission und der Rat diesen Grundsatz ausdrücklich bekräftigen sollten,

 

Geografische Angaben

 

Y.  in der Erwägung, dass die Kommission wiederholt bekräftigt hat, wie wichtig die Durchsetzung des Schutzes geografischer Angaben ist, und dass die Vertragsparteien übereingekommen sind, dass im ACTA eine Grundlage für die Durchsetzung geografischer Angaben geschaffen wird,

 

Gewerbliches Ausmaß

 

Z.   in der Erwägung, dass die Definition des Begriffs „gewerbliches Ausmaß“ in Artikel 2.14 Absatz 1 des ACTA sinngemäß besagt, dass für die Zwecke des betreffenden Abschnitts als Handlungen gewerblichen Ausmaßes mindestens solche Handlungen anzusehen sind, die als gewerbliche Tätigkeit zur Erlangung eines direkten wirtschaftlichen oder gewerblichen Vorteils unternommen werden,

 

AA. in der Erwägung, dass Fußnote 9 zum ACTA sinngemäß besagt, dass jede Vertragspartei die vorsätzliche und in gewerblichem Ausmaß vorgenommene Einfuhr oder Ausfuhr von nachgeahmten Markenwaren oder unerlaubt hergestellten, urheberrechtlich geschützten Waren als rechtswidrige Handlungen erachtet, die gemäß dem betreffenden Artikel strafrechtlich verfolgt werden, und dass eine Vertragspartei ihren Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Ausfuhr und Einfuhr von unerlaubt hergestellten, urheberrechtlich geschützten Waren oder nachgeahmten Markenwaren nachkommen kann, indem sie den Vertrieb, den Verkauf oder das Anbieten von nachgeahmten Markenwaren oder unerlaubt hergestellten, urheberrechtlich geschützten Waren in gewerblichem Ausmaß als rechtswidrige Handlungen strafrechtlich verfolgt,

 

Strafrechtliche Belangung und strafrechtliche Sanktionen

 

BB. in der Erwägung, dass derjenige Teil des ACTA, in dem es um die strafrechtliche Belangung geht, Bestimmungen zum Strafprozessrecht, zur strafrechtlichen Haftung, zu strafbaren Handlungen, zur strafrechtlichen Belangung und zu strafrechtlichen Sanktionen enthält und dass der Ratsvorsitz die ACTA-Bestimmungen über die strafrechtliche Belangung für die Mitgliedstaaten ausgehandelt hat,

 

Rechte des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld

 

CC. in der Erwägung, dass Internetdienstanbieter nicht für die im Rahmen ihrer Dienste übertragenen oder bereitgestellten Daten haftbar gemacht werden können, wenn die Daten dazu im Vorfeld kontrolliert oder gefiltert werden müssten, und dass in der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zum ACTA davor gewarnt wird, dass Internetdienstanbieter Klauseln in die Verträge mit ihren Kunden aufnehmen könnten, die eine Überwachung ihrer Daten und eine Einstellung ihrer Abonnements ermöglichen,

 

DD. in der Erwägung, dass in Artikel 1.2 des Übereinkommens geregelt ist, dass es jeder Vertragspartei freisteht, innerhalb ihres eigenen Rechtssystems und im Rahmen ihrer Rechtspraxis die geeignete Methode zur Umsetzung der Bestimmungen dieses Übereinkommens festzulegen,

 

EE. in der Erwägung, dass die nationalen Justizbehörden mit Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld zu befassen sind,

 

ACTA-Ausschuss

 

FF. in der Erwägung, dass der ACTA-Ausschuss im Rahmen der institutionellen Regelungen für das ACTA unter anderem Befugnisse erhält, die die Umsetzung und Anwendung des Übereinkommens, die Änderung des Übereinkommens, die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure sowie Beschlüsse zu seiner Geschäftsordnung und seinen Verfahren betreffen, und in der Erwägung, dass die Union nach Artikel 21 EUV gehalten ist, die Demokratie zu fördern,

 

Vertrag von Lissabon

 

1.   stellt fest, dass durch den Vertrag von Lissabon die Befugnisse des Europäischen Parlaments im Bereich gemeinsame Handelspolitik erheblich ausgeweitet wurden und dass es insbesondere allen von der EU abgeschlossenen Handelsabkommen seine Zustimmung geben muss;

 

Allgemeines

 

2.   weist erneut darauf hin, dass die Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie eine Priorität seiner internen und externen internationalen politischen Strategie ist und dass die internationale Zusammenarbeit entscheidend dazu beiträgt, dieses Ziel zu erreichen;

 

3.   bedauert, dass die allgemeinen Auswirkungen dieses Übereinkommens gewiss begrenzt sind, zumal die Länder, die die Hauptquelle für Produkt- und Markenpiraterie sind, und die meisten Entwicklungsländer nicht Vertragsparteien des Übereinkommens sind;

 

4.   nimmt zur Kenntnis, dass die elfte Runde der Verhandlungen über das ACTA abgeschlossen ist und der konsolidierte Text am 2. Oktober 2010 im Anschluss an die Verhandlungsrunde in Tokyo und die Endfassung des Textes am 15. November 2010 veröffentlicht wurde;

 

5.   bedauert, dass nicht alle Verhandlungstexte, die zwischen dem 10. März 2010 und der Veröffentlichung der Endfassung am 15. November 2010 erörtert wurden, öffentlich zugänglich gemacht wurden;

 

6.   bedauert, dass die Verhandlungen nicht im Rahmen der bestehenden multilateralen Foren (z. B. in der WTO und der WIPO) geführt wurden und das Übereinkommen nicht in diesem Rahmen geschlossen wurde, was der Grund dafür ist, dass der Kreis der Mitglieder gegenwärtig eng begrenzt ist und die meisten Entwicklungsländer ausgeschlossen sind;

 

7.   stellt fest, dass die Mitgliedschaft im ACTA nicht nur bestimmten Ländern vorbehalten ist und dass auch Entwicklungs- und Schwellenländer dem Übereinkommen beitreten können; fordert deshalb die Kommission auf, davon abzusehen, dieses Übereinkommen den Entwicklungsländern aufzuzwingen, und die anderen Vertragsparteien des ACTA um ihre Zustimmung zu ersuchen, dass die Verfahren und Bedingungen für einen Beitritt zum ACTA angemessen flexibel sein sollten und dass dabei dem Entwicklungsniveau der beitrittswilligen Länder im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung Rechnung getragen wird;

 

8.   fordert die Kommission und den Rat auf, die Rechtsgrundlage des ACTA klarzustellen; fordert die Kommission auf, die Zuständigkeitsverteilung zwischen sich und dem Rat im Hinblick auf den Abschnitt des ACTA über die strafrechtliche Belangung zu klären, und zwar auch in Bezug auf dessen Paraphierung; besteht darauf, dass dem Parlament vor der Paraphierung des Übereinkommens nachgewiesen wird, dass die Rechtsgrundlage für die Aushandlung des ACTA in vollem Einklang mit dem Vertrag von Lissabon steht;

      

9.   begrüßt die wiederholten Erklärungen der Kommission, dass die Umsetzung der ACTA-Bestimmungen – insbesondere zu den Verfahren der Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld – vollständig mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand im Einklang steht und dass mit diesem Übereinkommen weder Personendurchsuchungen noch das sogenannte Three-Strikes-Verfahren eingeführt werden; ist der Ansicht, dass kein Unterzeichner des ACTA und insbesondere nicht die EU im Zuge des Übereinkommens verpflichtet werden darf, das Three-Strikes-Verfahren oder ähnliche Verfahren einzuführen;

 

10. fordert die Kommission eindringlich zu der Zusage auf, ihm rechtzeitig vor der Paraphierung des Übereinkommens schriftliche Nachweise darüber vorzulegen, dass durch das ACTA die Harmonisierung der Ausnahmen und Beschränkungen des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte nicht eingeschränkt wird, dass die Möglichkeit einer künftigen Ausweitung der Ausnahmen und Beschränkungen über die in der Richtlinie 2001/29/EG aufgelisteten Ausnahmen und Beschränkungen hinaus nicht eingeschränkt wird, dass angesichts der technologischen Fortschritte durch die Berufung auf Ausnahmen keine zukünftigen politischen Optionen und gerichtlichen Maßnahmen für eine Ausdehnung auf kreative Werke ausgeschlossen werden, und dass die Prüfung legislativer Optionen für verwaiste Werke nicht eingeschränkt wird bzw. die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert werden, Rechtsvorschriften für eine Ausweitung des Zugangs zu verwaisten urheberrechtlich geschützten Werken zu erlassen, mit denen die Rechtsbehelfe bei der Verletzung solcher Urheberrechte beschränkt werden;

 

11. fordert die Kommission auf, zu bestätigen, dass das ACTA weder jetzt noch in Zukunft Auswirkungen auf den gemeinschaftlichen Besitzstand der EU in Bezug auf die Grundrechte und den Datenschutz, die derzeitigen Bemühungen der EU um eine Harmonisierung der Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums und die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr haben wird;

 

12. fordert die Kommission ausdrücklich auf, rechtzeitig vor dem Beginn des Zustimmungsverfahrens im Parlament zu bekräftigen, dass die einschlägigen Bestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstands wie etwa die der Richtlinie 91/250/EWG („Software-Richtlinie“) und der Richtlinie 2001/29/EG („Richtlinie über die Informationsgesellschaft“) und die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu deren Durchführung, die in einigen Fällen sogenannte Nachkonstruktionen von Computerprogrammen und die Umgehung technischer Schutzmaßnahmen zur Gewährleistung der Interoperabilität gestatten, wodurch Wettbewerb und Innovationen gefördert werden, von den Bestimmungen des ACTA unberührt bleiben;

 

Patente

 

13. stellt fest, dass Patente aus dem Abschnitt des ACTA über die zivilrechtliche Durchsetzung ausgeklammert werden können, betont allerdings, dass nur durch eine ausdrückliche und vollständige Ausklammerung gewährleistet werden kann, dass der Zugang zu rechtmäßig hergestellten und erschwinglichen lebensrettenden Arzneimitteln durch das ACTA nicht erschwert wird;

 

14. stellt fest, dass der erhebliche Anstieg der Anzahl der geltend gemachten Schadenersatzansprüche und der Rückgriffe auf andere Rechtsbehelfe bei möglichen Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums abschreckend auf die Hersteller bzw. an der Herstellung, dem Verkauf oder dem Vertrieb von erschwinglichen Generika beteiligte Dritte wirken könnte, insbesondere wenn diese Bestimmungen auf Transitgüter angewendet werden; äußert sich besorgt darüber, dass die Anwendung der ACTA-Bestimmungen über die zivilrechtliche Durchsetzung auf Patente dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen und das Investitionsrisiko erhöhen, die Unsicherheit auf den Märkten vergrößern und technologische Innovationen gefährden könnte, insbesondere in Bereichen, in denen Verstöße schwer festzustellen sind, oder wenn Patente auf lebende Organismen, Erzeugnisse der indigenen Bevölkerungen und traditionelle Arzneimittel durchgesetzt werden; fordert die Kommission auf, sich vor der Paraphierung des Übereinkommens mit den in dieser Entschließung aufgelisteten weitreichenden Bedenken hinsichtlich der möglichen Anwendung zivilrechtlicher Bestimmungen auf Patente zu befassen und dem Parlament anschließend darüber Bericht zu erstatten;

 

Zugang zu Arzneimitteln

 

15. nimmt zur Kenntnis, dass in der Präambel des ACTA festgestellt wird, dass mit dem ACTA beabsichtigt wird, in Ergänzung des TRIPS-Übereinkommens wirkungsvolle und angemessene Mittel zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums bereitzustellen und dabei den Unterschieden in den jeweiligen Rechtsordnungen und der jeweiligen Rechtspraxis der Vertragsparteien des ACTA Rechnung zu tragen; stellt fest, dass die Grundsätze, die in der Erklärung von Doha zum TRIPS-Übereinkommen und zur öffentlichen Gesundheit, die von der WTO am 14. November 2001 auf der Vierten Ministerkonferenz der WTO in Doha (Katar) angenommen wurde, die Elemente bilden, auf denen der Text des ACTA beruht, und ist deshalb der Auffassung, dass Durchsetzungsmaßnahmen in Bezug auf das ACTA stets mit diesen Grundsätzen übereinstimmen sollten;

 

16. begrüßt die Verbesserungen gegenüber dem Entwurf des ACTA, die mehr Bestimmungen für den Schutz der Privatsphäre und der öffentlichen Gesundheit vorsehen und einige der Schutzklauseln des TRIPS-Übereinkommens einbeziehen; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob die im ACTA enthaltenen Schutzbestimmungen in gleicher Weise wie die Umsetzungsbestimmungen durchsetzbar sind; fordert die Kommission auf, Nachweise darüber vorzulegen, dass die Mitgliedstaaten durch das ACTA nicht daran gehindert werden, Rechtsvorschriften einzuführen, mit denen Rechtsbehelfe bei Verstößen eingeschränkt werden, einschließlich der Ausweitung des Zugangs zu verwaisten urheberrechtlich geschützten Werken oder der Nutzung der Flexibilitätsbestimmungen des TRIPS-Übereinkommens, um die Verfügbarkeit der vollen Bandbreite politischer Optionen für die Zukunft zu gewährleisten; fordert die Kommission auf, eine Bewertung darüber vorzunehmen, ob das ACTA de facto ein verbindliches Übereinkommen ist und ob Artikel 1.2 die allgemeine Flexibilität hinsichtlich aller Elemente regelt, die möglicherweise einen Widerspruch zwischen dem ACTA und innerstaatlichem Recht bedeuten; fordert die Kommission auf, die Mechanismen darzulegen, mit denen den Vertragsparteien Flexibilität bei der Festlegung von im Hinblick auf die Verpflichtungen des Übereinkommens zulässigen Ausnahmen eingeräumt wird, die mit den Zielen und Grundsätzen des TRIPS-Übereinkommens und der Erklärung von Doha zum TRIPS-Übereinkommen und zur öffentlichen Gesundheit von 2001 im Einklang stehen;

 

Grundrechte

 

17. betont, dass das Recht auf Privatsphäre und der Datenschutz zentrale Werte der Europäischen Union verkörpern, die in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und in den Artikeln 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert und gemäß Artikel 16 AEUV in allen Politikbereichen und bei allen Vorschriften der EU zu wahren sind;

 

18. fordert die Kommission auf, dem Parlament vor der Paraphierung des Übereinkommens eine rechtliche Analyse der Bedeutung, Rechtmäßigkeit und Durchsetzbarkeit der durch das ACTA erhofften politischen Maßnahmen hinsichtlich der gemäß Artikel 2.18 Absatz 3 vorgesehenen Zusammenarbeit von Dienstleistungserbringern und Rechteinhabern vorzulegen und darin insbesondere darauf einzugehen, inwiefern die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger, einschließlich des Rechts auf Privatsphäre, des Rechts auf freie Meinungsäußerung und des Rechts auf ein ordentliches Gerichtsverfahren, durch die gemeinsamen Anstrengungen der Wirtschaft nicht eingeschränkt werden;

 

19. fordert die Kommission nochmals auf, rechtzeitig vor der Paraphierung des Übereinkommens eine Abschätzung der Folgen der Umsetzung des ACTA für die Grundrechte und den Datenschutz, für die derzeitigen Bemühungen der EU um die Harmonisierung der Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums und für die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr vorzunehmen;

 

20. stellt fest, dass die Kommission es rechtzeitig über die Ergebnisse dieser Folgenabschätzung zu informieren hat;

 

21. äußert sich besorgt über den Inhalt des Artikels 2.X in Abschnitt 3, der sich auf die Tatsache bezieht, dass das persönliche Gepäck von Reisenden auch dann unter das Übereinkommen fällt, wenn die beförderten Waren keinen gewerblichen Zwecken dienen, es sei denn, die Vertragsparteien beschließen diesbezüglich eine Ausklammerung; vertritt die Auffassung, dass dieser Artikel einen Anreiz für die Vertragsparteien darstellt, strengere Vorschriften in Bezug auf die Kontrollen des persönlichen Gepäcks von Reisenden an den Grenzen einzuführen, wo doch die Kommission sich auf internationaler Ebene für einen besseren Schutz der Grundrechte der Menschen, insbesondere für den Schutz der Privatsphäre, hätte einsetzen müssen;

 

22. besteht darauf, dass die Kommission rasch im Einklang mit ihrer Mitteilung vom 19. Oktober 2010 über die Abschätzung der Folgen für die Grundrechte handelt;

 

Geografische Angaben

      

23. fordert die Kommission auf, sich aktiv dafür einzusetzen, dass wirksame Durchsetzungsmaßnahmen im Hinblick auf geografische Angaben tatsächlich in das ACTA aufgenommen werden; betont die Bedeutung des Schutzes geografischer Angaben für europäische Unternehmen und die Beschäftigung in der EU; bedauert, dass in Artikel 1.X des Übereinkommens die Produkt- und Markenpiraterie in Bezug auf geografische Angaben nicht definiert ist, da dieses Versäumnis für Verwirrung sorgen oder zumindest die Arbeit der Verwaltungs- und Justizbehörden bei der Auslegung und Umsetzung des ACTA verkomplizieren könnte;

 

24. stimmt dem Standpunkt der Kommission, in Bezug auf den Schutz geografischer Angaben seien erhebliche Verbesserungen erreicht worden, nicht zu; ist der Ansicht, dass die Fortschritte auf diesem Gebiet nicht zufriedenstellend sind, weil geografische Angaben nach wie vor in allen Ländern, die sie in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht anerkennen, nicht geschützt sind;

 

Gewerbliches Ausmaß

 

25. äußert sich besorgt darüber, dass die Definition des gewerblichen Ausmaßes im ACTA (Artikel 2.14 Absatz 1) über die Definition hinausgeht, die es am 25. April 2007 in seiner Abstimmung über den geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2005/0127(COD)) angenommen hat;

 

26. nimmt zur Kenntnis, dass der Ratsvorsitz die ACTA-Bestimmungen über die strafrechtliche Belangung für die Mitgliedstaaten ausgehandelt hat; fordert die Kommission und den Rat auf, dem Parlament eine genaue Auslegung des in Artikel 2.14 Absatz 1 des Übereinkommens genannten Begriffs „gewerbliches Ausmaß” vorzulegen; fordert die Kommission und den Rat auf, zu bekräftigen, dass Artikel 2.14 Absatz 1 keine Änderungen des gemeinschaftlichen Besitzstands erfordert, insbesondere hinsichtlich der Abstimmung des Europäischen Parlaments über den geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2005/0127 (COD)); fordert den Rat und die Kommission auf, vor der Paraphierung des Übereinkommens eine rechtliche Bewertung darüber vorzulegen, ob die Definition des Begriffs „gewerbliches Ausmaß“ im ACTA mit der WTO-Entscheidung zu China in Einklang steht, voll und ganz mit den in der EU geltenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität zu vereinbaren ist, und ob dadurch nicht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten eingeschränkt wird, sich auf nationale Ausnahmen hinsichtlich strafrechtlicher Maßnahmen zu berufen;

 

27. ist der Ansicht, dass die Vertragsparteien nicht verpflichtet sein sollten, Aufzeichnungen mit Camcordern unter Strafe zu stellen, und begrüßt deshalb die Tatsache, dass die Vertragsparteien, nachdem die EU darauf bestanden hat, übereingekommen sind, dass die strafrechtliche Verfolgung von Aufzeichnungen mit Camcordern lediglich fakultativ behandelt wird (Artikel 2.14 Absatz 3 und Artikel 2.15);

 

Strafrechtliche Belangung und strafrechtliche Sanktionen

 

28. äußert sich besorgt darüber, dass die Justizbehörden gemäß dem ACTA gegen eine Vertragspartei oder einen Dritten vorgehen dürfen (z. B. „Verfügung“ in Artikel 2.X); weist darauf hin, dass diese Verfügungsbefugnis den Bestimmungen der Richtlinie über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums zuwiderläuft, derzufolge Verfügungen nur zulässig sind, „um eine drohende Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums zu verhindern“; weist darüber hinaus darauf hin, dass gemäß dieser Richtlinie etwaige Verfügungsmaßnahmen gegen Dritte nur zulässig sind, wenn sie an der Verletzung beteiligt waren;

 

29. fordert den Europäischen Datenschutzbeauftragten auf, eine Stellungnahme zum aktuellen Wortlaut des ACTA abzugeben;

 

Rechte des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld

 

30. bedauert, dass die Vertragsparteien in Artikel 2.18 Absatz 3 ausdrücklich aufgefordert werden (d. h. „bemühen sich“), mit der Wirtschaft zusammenzuarbeiten, um Verletzungen wirksam entgegenzutreten; erinnert die Kommission daran, dass sie in der interinstitutionellen Vereinbarung von 2003 zugesagt hat, sicherzustellen, „dass die Anwendung von Koregulierungs- oder Selbstregulierungsmechanismen stets dem Gemeinschaftsrecht entspricht“ (…) und dass diese Mechanismen „nicht anwendbar [sind], wenn es um Grundrechte […] geht“; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob sich durch das ACTA das im EU-Recht derzeit herrschende Gleichgewicht zwischen den rechtlichen Verpflichtungen der Internetdienstanbieter zum Schutz der personenbezogenen Daten der Endverbraucher und zur Offenlegung solcher Daten gegenüber den Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums oder Verwaltungs- und Justizbehörden insgesamt verändert;

 

31. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass der Anwendungsbereich des Übereinkommens auf das bestehende System der EU zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums bei der Bekämpfung der Produkt- und Markenpiraterie beschränkt bleibt; ist der Ansicht, dass deshalb in Artikel 2.X der Ausdruck „unjustifiably“ (in nicht zu rechtfertigender Weise) gestrichen werden sollte;

 

32. äußert sich besorgt darüber, dass eine sehr breit angelegte Definition von „Handlungen von gewerblichem Ausmaß“ (Artikel 2.14 Absatz 1), verbunden mit der Verpflichtung, die strafrechtliche Belangung und strafrechtliche Sanktionen bei Verletzungen des Rechts des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld zu verschärfen (Artikel 2.18 Absatz 1), auch durch das Leisten von Beihilfe und Vorschub (Artikel 2.14 Absatz 4), die Vertragsparteien des Übereinkommens dazu bewegen könnte, Rechtsvorschriften zu erlassen, die in der Praxis zu einer Kriminalisierung von privaten Nutzern und Zwischenhändlern führen werden;

 

ACTA-Ausschuss

 

33. vertritt die Auffassung, dass die Arbeiten des ACTA-Ausschusses auf offene, umfassende und transparente Art und Weise vonstatten gehen sollten; fordert die Kommission auf, rechtzeitig bevor es seine Stellungnahme zur Zustimmung in dieser Angelegenheit auszuarbeiten hat, Empfehlungen für die Lenkung des ACTA-Ausschusses vorzulegen, insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung des Europäischen Parlaments und das Verfahren zur Änderung des Übereinkommens;

 

34. betont, dass alle Änderungen des Übereinkommens einer öffentlichen Kontrolle durch alle Beteiligten unterzogen und vom Parlament gebilligt werden müssen; fordert die Kommission auf, den Rat und das Europäische Parlament im Rahmen eines Verfahrens, das Transparenz, parlamentarische Kontrolle und die Beteiligung der Öffentlichkeit gewährleistet, zu konsultieren, bevor sie Änderungen des derzeitigen Texts im ACTA-Ausschuss akzeptiert oder vorschlägt;

 

Bedingungen des EP für die Zustimmung

 

35. weist erneut darauf hin, dass für das Inkrafttreten des ACTA die Zustimmung des Europäischen Parlaments und möglicherweise die Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten erforderlich sind; fordert die Kommission und den Rat auf, keine vorläufige Anwendung des Übereinkommens vorzuschlagen, bevor das Parlament seine Zustimmung erteilt hat; macht die Kommission und den Rat nochmals darauf aufmerksam, dass es sich das Recht vorbehält, seine Zustimmung zum ACTA zu versagen; macht die mögliche Zustimmung zum ACTA von der uneingeschränkten Zusammenarbeit in Bezug auf diese Entschließung abhängig;

 

36. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Staaten zu übermitteln, die an den Verhandlungen über das ACTA beteiligt sind.