Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B7-0308/2012Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B7-0308/2012

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Fällen der Straffreiheit in den Philippinen

13.6.2012 - (2012-2681(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 der Geschäftsordnung
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
ECR (B7‑0308/2012)
EFD (B7‑0330/2012)
Verts/ALE (B7‑0331/2012)
S&D (B7‑0332/2012)
ALDE (B7‑0333/2012)
PPE (B7‑0334/2012)
GUE/NGL (B7-0335/2012)

Cristian Dan Preda, Mario Mauro, Bernd Posselt, Tunne Kelam, Roberta Angelilli, Monica Luisa Macovei, Eija-Riitta Korhola, Sari Essayah, Elena Băsescu, Sergio Paolo Francesco Silvestris, Giovanni La Via, Laima Liucija Andrikienė, Csaba Sógor im Namen der PPE-Fraktion
Véronique De Keyser, Marc Tarabella, Pino Arlacchi im Namen der S&D-Fraktion
Marietje Schaake, Robert Rochefort, Annemie Neyts-Uyttebroeck, Marielle de Sarnez, Kristiina Ojuland, Izaskun Bilbao Barandica, Gesine Meissner, Jelko Kacin, Ramon Tremosa i Balcells, Sonia Alfano, Wolf Klinz, Johannes Cornelis van Baalen, Anneli Jäätteenmäki im Namen der ALDE-Fraktion
Barbara Lochbihler, Rui Tavares, Raül Romeva i Rueda im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Charles Tannock, Ryszard Antoni Legutko, Tomasz Piotr Poręba, Adam Bielan, Ryszard Czarnecki, Paweł Robert Kowal im Namen der ECR-Fraktion
Fiorello Provera im Namen der EFD-Fraktion
Willy Meyer im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Verfahren : 2012/2681(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B7-0308/2012
Eingereichte Texte :
RC-B7-0308/2012
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Fällen der Straffreiheit in den Philippinen

(2012-2681(RSP))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dessen Zusatzprotokoll, deren Signatarstaat die Philippinen sind,

–   unter Hinweis auf das Länderstrategiepapier 2007–2013 der Kommission für die Philippinen,

–   unter Hinweis auf die im Oktober 2009 unterzeichnete Finanzierungsvereinbarung für das EU-Philippinen-Programm zur Unterstützung der Justiz, mit dem erreicht werden soll, dass Gerichtsverfahren gegen Personen, die für außergerichtliche Tötungen verantwortlich sind, beschleunigt werden, und unter Hinweis auf das neue Programm „Gerechtigkeit für alle“,

–   unter Hinweis auf die Ratifizierungen des Römisches Statuts des IStGH und des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, die die Philippinen unlängst vorgenommen haben,

–   unter Hinweis auf den Bericht der VN-Arbeitsgruppe „Allgemeine Periodische Überprüfung“ (Universal Periodic Review – UPR) zu den Philippinen vom 31. Mai 2012,

–   unter Hinweis auf die Erklärung der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin Catherine Ashton vom 24. April 2012,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Philippinen, insbesondere die vom 21. Januar 2010,

–   gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass Esmail Amil Enog, ein Beschäftigter der Familie Ampatuan in Maguindanao seit März 2012 vermisst wurde, nachdem vor im Gericht ausgesagt hatte, dass er Mitglieder bewaffneter Milizen zu dem Ort gebracht habe, an dem im Jahr 2009 57 Menschen getötet wurden; in der Erwägung, dass sein verstümmelter Körper, der Folterspuren aufwies, am 31. Mai 2012 gefunden wurde;

B.  in der Erwägung, dass in einem bis dahin beispiellosen Vorgang die führenden Mitglieder der Familie Ampatuan, die beschuldigt werden, hinter dem Massaker von Maguindanao zu stecken, nach den Ereignissen vom 23. November 2009 verhaftet wurden und das Vermögen und die Bankkonten von 28 Mitgliedern und Verbündeten des Klans eingefroren wurden;

C. in der Erwägung, dass das Verfahren gegen die der Ausführung des Massakers von Maguindanao Beschuldigten am 8. September 2010 in Manila begann; in der Erwägung, dass Andal Ampatuan und einige seiner Söhne wegen des Massakers vor Gericht stehen, während sich etwa 100 andere Verdächtige noch immer auf freiem Fuß befinden;

D. in der Erwägung, dass Esmail Enog der dritte Zeuge war, der seit Prozessbeginn im Jahr 2010 getötet wurde, und die Verwandten anderer Zeugen Berichten zufolge Angriffen, Drohungen, Bestechungsversuchen oder Schikanen ausgesetzt sind;

E.  in der Erwägung, dass der brutale Tod von Esmail Enog ein klarer Hinweis auf die Tatsache ist, dass das Klima der Straffreiheit, das das Massaker von Maguindanao begünstigt hat, in dem Land weiter vorhanden ist;

F.  in der Erwägung, dass nach internationalen Presseberichten im Jahr 2012 vier Journalisten getötet wurden und die Philippinen von Menschenrechtsorganisationen als ein für Medien gefährliches Land betrachtet werden;

G. in der Erwägung, dass außergerichtliche Tötungen und Verschleppungen erheblich abgenommen haben, seit Präsident Aquino die Macht übernommen hat; in der Erwägung, dass jedoch die Fähigkeit der Regierung, die weitverbreitete Straffreiheit der Täter solcher Verbrechen und die politisch motivierte Gewalt in dem Land effektiv zu bekämpfen, unzureichend bleibt;

H. in der Erwägung, dass Angaben von Menschenrechtsorganisationen zufolge nur sieben Fälle der vielen Hundert außergerichtlichen Tötungen in den letzten zehn Jahren gegen elf Angeklagte mit Verurteilungen erfolgreich abgeschlossen werden konnten, und keiner seit der Amtsübernahme des Präsidenten Aquino;

I.   in der Erwägung, dass nach dem Massaker von Maguindanao die Regierung eine Unabhängige Kommission gegen Privatarmeen zur Zerschlagung privater Milizen eingerichtet hat, dies aber bisher keine konkreten Ergebnisse gebracht hat;

J.   in der Erwägung, dass es dem Bericht der Unabhängigen Kommission gegen Privatarmeen vom Mai 2011 zufolge mindestens 72 aktive private bewaffnete Gruppen in dem Land gibt;

K. in der Erwägung, dass die jüngste UPR der Philippinen die Empfehlungen von 2008 bekräftigte, d. h. die Straffreiheit für außergerichtliche Tötungen, Verschleppungen und Folter zu beenden und die dafür Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, die Bemühungen um das vollständige Verbot von Folter, außergerichtlichen Tötungen und Verschleppungen zu verstärken, die Straffreiheit zu beenden, indem die Täter vor Gericht gestellt werden, sowie die Journalisten und Menschenrechtsaktivisten angemessen zu schützen;

L.  in der Erwägung, dass das Gesetz gegen gewaltsames und unfreiwilliges Verschwinden vom Senat der Philippinen und vom Repräsentantenhaus des Landes im Juni 2011 bzw. im Mai 2012 verabschiedet wurde;

1.  verurteilt aufs Schärfste die Ermordung des dritten Zeugen des Massakers von Maguindanao sowie von vier Journalisten und bekundet seine Solidarität mit den Familien der Opfer;

2.  bekundet seine ernsthafte Besorgnis in Bezug auf die richterliche Unabhängigkeit und die nur langsam erfolgenden Verurteilungen von Menschenrechtsverletzungen in dem Land; fordert eine sofortige unabhängige Untersuchung der jüngsten Mordanschläge;

3.  fordert die Regierung der Philippinen auf, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Straffreiheit für außergerichtliche Tötungen, Verschleppungen und Folter zu beenden und die dafür Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, einschließlich die Täter des Massakers von Maguindanao, die sich noch immer auf freiem Fuß befinden; fordert darüber hinaus, alle verschwundenen Personen, die sich noch in Gefangenschaft befinden, freizulassen und alle anderen ungelösten Fälle aufzuklären,

4.  begrüßt die Anklage gegen 196 Personen wegen des Massakers von Maguindanao, bedauert jedoch die Tatsache, dass in dem Verfahren bisher keine wirklichen Fortschritte erreicht wurden;

5.  fordert die Regierung der Philippinen auf, das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Menschen vor dem Verschwindenlassen zu ratifizieren und das Gesetz gegen gewaltsames und unfreiwilliges Verschwinden in Kraft zu setzen;

6.  fordert die Regierung der Philippinen auf, dafür zu sorgen, dass Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschaftsangehörige und Journalisten angemessen geschützt werden, Angriffe gegen Journalisten wirksam zu untersuchen und zu ahnden sowie strenge Rechtsvorschriften in das philippinische Recht einzuführen, die diese Taten verbieten und mit Strafen bedrohen;

7.  fordert die staatlichen Stellen auf, im Rahmen der Menschenrechtskommission ein spezielles Programm für Zeugen- und Opferschutz einzurichten, einschließlich des Schutzes der Familien der Opfer von Fällen schwerer Menschenrechtsverletzungen, insbesondere dann, wenn von den Tätern angenommen wird, dass sie Soldaten, Polizisten oder Staatsbedienstete sind;

8.  äußert sich besorgt darüber, dass die Anwendung von Folter und die Misshandlungen von Verdächtigen in Polizeigewahrsam weiterhin weit verbreitet sind, und fordert die philippinischen staatlichen Stellen auf, ihre Bemühungen zu verstärken, Verletzungen des philippinischen Anti-Terror-Gesetzes von 2009 unerbittlich zu bekämpfen;

9.  fordert die Regierung auf, paramilitärische Kräfte und lokale Milizen unverzüglich zu verbieten und aufzulösen (auch in den Fällen, in denen die paramilitärischen Aktivitäten militärisch überwacht werden) sowie über die bewaffneten Zivileinheiten vollständige militärische und polizeiliche Kontrolle herzustellen, insbesondere über die „Civilian Armed Forces Geographical Units“ und die „Civilian Volunteer Organisations“;

10. fordert die Regierung auf, konkrete Schritte zu unternehmen, um die den Philippinen unterbreiteten Empfehlungen der jüngsten UPR umzusetzen; fordert sie auf, unverzüglich die Durchführungsverordnung Nr. 546 aufzuheben, um Privatarmeen zu verbieten;

11. begrüßt die Ratifizierungen des Römisches Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs und des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, die die Philippinen am 30. August 2011 bzw. am 17. April 2012 vorgenommen haben,

12. begrüßt die wichtigen Schritte, die von der Regierung der Philippinen in ihren Bemühungen um die Verhinderung des Tötens und um die Strafverfolgung der Täter unternommen wurden, sowie die Einrichtung einer neuen Task Force mit eigenen Staatsanwälten, um außergerichtliche Tötungen und Verschleppungen aufzuklären;

13. begrüßt die erfolgreiche Umsetzung des EU-Philippinen-Programms zur Unterstützung der Justiz (EPJUST) und das neue EU-Philippinen-Programm zur Unterstützung der Justiz „Gerechtigkeit für alle“, das bald beginnen und im Zeitraum von 2012-2015 10 Millionen Euro bereitstellen wird, um einen fairen Zugang zum Gerichtssystem und seine wirksame Durchsetzung für alle Bürger im Allgemeinen sicherzustellen, insbesondere für arme und benachteiligte Menschen, hauptsächlich Frauen, Kinder und Angehörige von Minderheiten und indigenen Völkern sowie Aktivisten im Bereich Menschen‑ und Sozialrechte;

14. fordert die Regierung der Philippinen auf, einen Besuch des VN-Sonderberichterstatters zu ermöglichen, um die Menschenrechtslage in dem Land zu untersuchen;

15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Präsidenten und der Regierung der Philippinen, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte sowie den Regierungen der ASEAN-Mitgliedstaaten zu übermitteln.