GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu dem Skandal um eine Zwangsabtreibung in China
4.7.2012 - (2012/2712(RSP))
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
PPE (B7‑0388/2012)
Verts/ALE (B7‑0390/2012)
S&D (B7‑0395/2012)
ALDE (B7‑0396/2012)
ECR (B7‑0398/2012)
GUE/NGL (B7‑0399/2012)
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Cristian Dan Preda, Elmar Brok, Alojz Peterle, Anna Záborská, Mario Mauro, Bernd Posselt, Filip Kaczmarek, Roberta Angelilli, Tunne Kelam, Monica Luisa Macovei, Elena Băsescu, Eija-Riitta Korhola, Sari Essayah, Sergio Paolo Francesco Silvestris, Laima Liucija Andrikienė, Csaba Sógor, Zuzana Roithová, Giovanni La Via, Eduard Kukan, Bogusław Sonik, Martin Kastler, Miroslav Mikolášik, Tadeusz Zwiefka im Namen der PPE-Fraktion
Véronique De Keyser, Liisa Jaakonsaari im Namen der S&D-Fraktion
Marietje Schaake, Sophia in ‘t Veld, Leonidas Donskis, Graham Watson, Robert Rochefort, Marielle de Sarnez, Ramon Tremosa i Balcells, Sonia Alfano, Izaskun Bilbao Barandica, Jelko Kacin, Sarah Ludford, Kristiina Ojuland, Johannes Cornelis van Baalen, Edward McMillan-Scott im Namen der ALDE-Fraktion
Helga Trüpel, Eva Lichtenberger, Raül Romeva i Rueda, Barbara Lochbihler, Nicole Kiil-Nielsen im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Charles Tannock im Namen der ECR-Fraktion
Marie-Christine Vergiat, Marisa Matias, Alda Sousa im Namen der GUE/NGL-Fraktion
Jaroslav Paška
Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Skandal um eine Zwangsabtreibung in China
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die im Rahmen des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frauen (CEDAW) und des diesbezüglichen Fakultativprotokolls ausgearbeiteten Berichte sowie auf das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes,
– unter Hinweis auf die Internationale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD) 1994 in Kairo,
– unter Hinweis auf die Ein-Kind-Politik Chinas und die chinesischen Rechtsvorschriften über Abtreibung,
– gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass eine im siebten Monat schwangere Frau, Feng Jianmei, am 2. Juni 2012 entführt wurde und sich im Kreis Zhenping in der Provinz Shaanxi einer Zwangsabtreibung unterziehen musste, was in China und weltweit eine Welle der Entrüstung auslöste und allgemein verurteilt wurde;
B. in der Erwägung, dass Abtreibungen nach dem sechsten Monat nach chinesischem Recht illegal sind; in der Erwägung, dass eine Untersuchung der Stadtregierung von Ankang ergab, dass die Beamten im Kreis Zhenping auf brutale Art und Weise vorgegangen seien und Frau Feng „überzeugt“ hätten, den Fötus abzutreiben; in der Erwägung, dass mit dieser Entscheidung dem Bericht zufolge gegen ihre Rechte verstoßen wurde; in der Erwägung, dass die Stadtregierung von Ankang angekündigt hat, Strafmaßnahmen gegen die verantwortlichen Beamten vor Ort einzuleiten, einschließlich Entlassungen;
C. in der Erwägung, dass lokale Beamte den Ermittlungen zufolge von Frau Fengs Familie eine „Kaution“ in Höhe von 40.000 Yuan verlangt hatten, was nach Aussage ihres Ehemanns ein Bußgeld war, weil sie ein zweites Kind wollte; in der Erwägung, dass die lokalen Behörden kein Recht hatten, eine solche Kaution zu erheben; in der Erwägung, dass Frau Feng gezwungen wurde, ihr Einverständnis für einen Schwangerschaftsabbruch zu unterschreiben, weil sie die Geldstrafe nicht bezahlen wollte, und unter Bewachung im Krankenhaus bleiben musste;
D. in der Erwägung, dass illegale, mit dem Geschlecht begründete Abtreibungen infolge der Ein-Kind-Politik Chinas weit verbreitet sind und zu einem zahlenmäßigen Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen führen;
1. weist mit Nachdruck darauf hin, dass es gemäß dem Aktionsplan der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung das Ziel von Familienplanungsprogrammen sein muss, es Paaren und Einzelpersonen zu ermöglichen, sich zu informieren und auf dieser Grundlage eine freie und verantwortungsvolle Entscheidung darüber zu treffen, ob sie ein Kind haben wollen, wobei sie uneingeschränkten Zugang zu sicheren, effektiven und akzeptablen Methoden der Familienplanung ihrer Wahl haben müssen und keine Gewalt angewandt werden darf;
2. bekräftigt das grundlegende Recht aller Frauen auf Zugang zu Diensten der reproduktiven Gesundheitsfürsorge, einschließlich Familienplanung und Geburtshilfe;
3. drückt den Familien der Opfer sein Mitgefühl aus; verurteilt aufs Schärfste die Schikanen gegen sie und fordert, dass sie vom Staat geschützt werden;
4. verurteilt entschieden, dass Frau Feng zu einer Abtreibung gezwungen wurde, und verurteilt Zwangsabtreibung und Sterilisation generell, besonders im Rahmen der Ein-Kind-Politik;
5. begrüßt, dass die Stadtregierung von Ankang beschlossen hat, der Familie von Frau Feng eine Entschädigung zu zahlen, und die beteiligten lokalen Beamten streng bestrafen will;
6. nimmt zur Kenntnis, dass der Fall von Feng Jianmei dank des Internets allgemein bekannt wurde, und weist mit Nachdruck auf die Bedeutung der freien Meinungsäußerung, auch im Internet, hin; begrüßt das Entstehen eines öffentlichen Umfelds für Debatten, zum Teil dank Microblogging;
7. hält die laufende Debatte unter Intellektuellen und Akademikern darüber, ob die Ein-Kind-Politik in China fortgeführt werden soll oder nicht, für wichtig;
8. fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, das Thema Zwangsabtreibung auf die Tagesordnung ihres nächsten bilateralen Menschenrechtsdialogs mit China zu setzen;
9. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Delegation der Europäischen Union bei den Vereinten Nationen sowie der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China zu übermitteln.