GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Druck Russlands auf Staaten der Östlichen Partnerschaft im Zusammenhang mit dem anstehenden Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Vilnius
10.9.2013 - (2013/2826(RSP))
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
PPE (B7‑0389/2013)
ALDE (B7‑0393/2013)
Verts/ALE (B7‑0394/2013)
ECR (B7‑0396/2013)
S&D (B7‑0397/2013)
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Jacek Saryusz-Wolski, Elmar Brok, Mairead McGuinness, Michael Gahler, Arnaud Danjean, Cristian Dan Preda, Daniel Caspary, Ria Oomen-Ruijten, Jacek Protasiewicz, Lena Kolarska-Bobińska, Laima Liucija Andrikienė, Jerzy Buzek, Traian Ungureanu, Gunnar Hökmark, Anne Delvaux, Krzysztof Lisek, Oreste Rossi, Bernd Posselt, Tunne Kelam, Inese Vaidere, Paweł Zalewski im Namen der PPE-Fraktion
Libor Rouček, Marek Siwiec, Ana Gomes, Evgeni Kirilov, Knut Fleckenstein, Marusya Lyubcheva, Justas Vincas Paleckis im Namen der S&D-Fraktion
Kristiina Ojuland, Graham Watson, Leonidas Donskis, Marietje Schaake, Sarah Ludford, Edward McMillan-Scott, Andrew Duff, Johannes Cornelis van Baalen, Izaskun Bilbao Barandica, Hannu Takkula, Alexander Graf Lambsdorff im Namen der ALDE-Fraktion
Werner Schulz, Rebecca Harms im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Charles Tannock, Ryszard Antoni Legutko, Tomasz Piotr Poręba, Paweł Robert Kowal, Marek Henryk Migalski, Ryszard Czarnecki, Adam Bielan, Valdemar Tomaševski im Namen der ECR-Fraktion
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Druck Russlands auf Staaten der Östlichen Partnerschaft im Zusammenhang mit dem anstehenden Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Vilnius
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft, das im November 2013 in Vilnius stattfinden wird,
– unter Hinweis darauf, dass für die Ukraine, Georgien und Moldau die Aussicht besteht, gegebenenfalls Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zu unterzeichnen und zu paraphieren; unter Hinweis insbesondere auf den neuen, erweiterten Charakter der Assoziierung, der für diese Abkommen gelten soll, breit angelegte und tiefgreifende Beziehungen mit den europäischen Partnern ermöglicht und somit weit über rein wirtschaftliche Vorteile hinausgeht und auf intensive politische und gesellschaftliche Beziehungen hinausläuft,
– unter Hinweis auf das Budapester Memorandum von 1994 zur nuklearen Abrüstung der Ukraine, durch das der Ukraine im Falle des Einsatzes von oder der Drohung mit Gewalt Garantien gewährt werden und das Unterstützung für die Ukraine vorsieht, wenn der Versuch unternommen werden sollte, durch wirtschaftlichen Zwang Druck auf sie auszuüben,
– gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass fortwährendes Engagement im Rahmen der Östlichen Partnerschaft den Partnerstaaten eine umfassende Agenda für Reformen zum Nutzen ihrer Bürger ermöglicht hat, während die Assoziierungsabkommen und die weitreichenden und umfassenden Freihandelsabkommen (DCFTA) zwischen der EU und den Staaten der Östlichen Partnerschaft die Verpflichtung der dazu gewillten und fähigen Akteure bezeugen, die Zusammenarbeit zwischen den Parteien in vielen Bereichen zu stärken und erfolgreich weiterzuverfolgen;
B. in der Erwägung, dass der Druck Russlands, dem die Staaten der Östlichen Partnerschaft auf ihrem Weg zum Abschluss der Assoziierungsabkommen in jüngster Zeit ausgesetzt waren, einschließlich gezielte Sanktionen gegen Exporte der Ukraine, Hinweise auf die Erhöhung des Drucks auf die Republik Moldau durch ein Exportverbot für deren Weinbausektor und weitere Hindernisse zur Erschwerung des Fortschritts bei der Lösung des Konflikts um Transnistrien sowie sicherheitspolitische Drohungen gegen Armenien, die das Ziel haben, dass die Staaten der Östlichen Partnerschaft die Assoziierungsabkommen bzw. DCFTA nicht unterzeichnen oder paraphieren, sondern stattdessen ihre Zusammenarbeit mit der von Russland geführten Zollunion intensivieren, die Russland in eine Eurasische Union umwandeln will, die Staaten der Östlichen Partnerschaft aufgrund von geopolitischen Zwängen, denen sie nicht unterworfen sein sollten, in eine prekäre Lage versetzt hat;
C. in der Erwägung, dass die Art des auf die Staaten der Östlichen Partnerschaft ausgeübten Drucks, der nicht nur bereits bestehende wirtschaftliche und politische Aspekte umfasst, sondern bis hin zur Ankündigung zukünftiger Wirtschaftssanktionen reicht, auf die Absicht Russlands hindeutet, die Region der Östlichen Partnerschaft weiterhin als seine ausschließliche Einflusssphäre zu betrachten und sich der Möglichkeit einer durch den Abschluss der Assoziierungsabkommen erfolgenden stärkeren Integration der Länder dieser Region mit der Europäischen Union zu widersetzen, wobei es sich um einen Ansatz handelt, der die Grundsätze der nationalen Souveränität, des gegenseitigen Vertrauens und gutnachbarschaftlicher Beziehungen verletzt;
D. in der Erwägung, dass die Staaten der Östlichen Partnerschaft gemäß der Schlussakte von Helsinki das umfassende souveräne Recht und die Freiheit haben, gleichberechtigte Beziehungen mit Partnern ihrer Wahl aufzubauen;
E. in der Erwägung, dass mehr denn je auf den besorgniserregenden Druck hingewiesen werden muss, der auf die östliche Nachbarschaft der EU und das Projekt der Östlichen Partnerschaft selbst ausgeübt wird, das von Russland angefochten und in Frage gestellt wird;
F. in der Erwägung, dass ein Assoziierungsabkommen mit der EU politische und rechtliche Reformen umfasst, die zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, Verringerung der Korruption und Sicherung einer stärkeren Achtung der Menschenrechte beitragen; in der Erwägung, dass der Beitritt zur Zollunion demgegenüber keine wertbasierten Vergleichsmaßstäbe und Auflagen beinhaltet und daher nicht als Anreiz für innerstaatliche Reformen betrachtet werden kann;
G. in der Erwägung, dass festgefahrene Konflikte wiederholt dazu verwendet werden, die volle Souveränität mancher Länder der Östlichen Partnerschaft nach Maßgabe der geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen Russlands zu schwächen oder zu untergraben;
1. weist darauf hin, dass die Grundsätze der Gleichheit und der Achtung der der Souveränität innewohnenden Rechte, die Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, die gute Zusammenarbeit von Staaten und die Erfüllung von Verpflichtungen des Völkerrechts in gutem Glauben – wie im Rahmen der Abkommen von Helsinki vereinbart – Grundvoraussetzungen für die Regelung der internationalen Beziehungen zwischen unabhängigen Staaten sind und als solche in keiner Weise verletzt werden sollten;
2. bedauert, dass im Vorfeld des Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft in Vilnius verschiedenartiger Druck auf die Staaten der Östlichen Partnerschaft ausgeübt wird, die in die letzte Etappe der Verhandlungen zur Unterzeichnung oder Paraphierung ihrer Assoziierungsabkommen eintreten; hält diesen Druck für nicht hinnehmbar; ist ferner der Ansicht, dass die fortschreitende Integration der Partnerstaaten mit der EU mit ihrem Streben nach gutnachbarschaftlichen Beziehungen zu Russland im Einklang steht, und fordert Russland auf, keine Maßnahmen zu ergreifen, die im klaren Widerspruch zu den oben genannten Grundsätzen von Helsinki stehen; fordert die Russische Föderation auf, von der Ausübung zunehmenden Drucks auf die östlichen Partner abzusehen und deren souveränes Recht, ihre eigenen politischen Entscheidungen zu treffen, umfassend anzuerkennen;
3. betont nachdrücklich, dass die Staaten der Östlichen Partnerschaft aufgrund der von ihnen getroffenen freien Entscheidungen, die dem Handel mit Russland in keiner Weise abträglich sind, nicht Folgen wie handelspolitischen Maßnahmen, Visabeschränkungen, Einschränkungen der Mobilität von Arbeitnehmern und der Einmischung in festgefahrene Konflikte ausgesetzt sein sollten; wendet sich ferner entschieden gegen das Nullsummenspiel als Paradigma für die Beziehungen der EU und Russlands mit den Staaten der Östlichen Partnerschaft;
4. ist überzeugt, dass weitere politische und wirtschaftliche Reformen in diesen Staaten auf der Grundlage der Werte und Normen der EU letztlich auch im eigenen Interesse Russlands sind, da diese das Gebiet der Stabilität, des Wohlstands und der Zusammenarbeit an seinen Grenzen vergrößern würde; erinnert an die bestehende Einladung der EU an Russland, zu diesem Prozess mit konstruktivem Engagement in den Staaten der Östlichen Partnerschaft beizutragen;
5. fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auf, diese Entwicklungen über rein handelspolitische Gesichtspunkte hinausgehend zu betrachten, da diese lediglich den offenkundigen politischen Druck verdecken, und zum Schutz der Partner der Union eine deutliche Botschaft auszusenden, in der sie ihre Unterstützung aller Staaten der Östlichen Partnerschaft bei der Verwirklichung ihrer europäischen Ziele und Entscheidungen zum Ausdruck bringen;
6. bekräftigt seine nachdrückliche Unterstützung für die Paraphierung oder Unterzeichnung der Assoziierungsabkommen während des Gipfeltreffens in Vilnius mit den Staaten, die dazu bereit und gewillt sind, sofern die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind; ist der Ansicht, dass damit neue Impulse für die schrittweise Integration und die wesentliche Vertiefung der Beziehungen gesetzt werden und somit den europapolitischen Bestrebungen dieser Staaten entsprochen wird; fordert in diesem Zusammenhang die Staaten der Östlichen Partnerschaft auf, ihre Bemühungen um den Abschluss ihrer laufenden Arbeiten im Vorfeld des Gipfeltreffens fortzusetzen und zu verstärken und dem auf sie ausgeübten Druck nicht nachzugeben;
7. betont, dass es für die EU notwendig ist, ihrer Verantwortung nachzukommen, die Staaten der Östlichen Partnerschaft zu ermutigen und zu verteidigen, die offenem, beunruhigendem und zunehmendem Druck seitens Russland ausgesetzt sind, der darauf gerichtet ist, sie von der Assoziation mit der EU abzuhalten, und fordert die Kommission und den Rat auf, spezifische und effektive Maßnahmen zur Unterstützung der Partnerstaaten vorzulegen;
8. erinnert daran, dass die Assoziierungsabkommen und die DCFTA darauf abzielen, die Wettbewerbsfähigkeit und die Wirtschaftsleistung unserer Partnerstaaten und der EU zu steigern, wobei gleichzeitig die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Staaten der Östlichen Partnerschaft mit Russland in einer Weise respektiert wird, die allen Parteien nützt; weist darauf hin, dass die Assoziierungsabkommen und die DCFTA nicht die langen Handelsbeziehungen untergraben, die die Staaten der Östlichen Partnerschaft in der Region unterhalten; ist im Gegenteil der Ansicht, dass diese Abkommen nicht als unvereinbar mit diesen Handelsbeziehungen gesehen werden sollten und dass unbeschadet der Verpflichtungen, die sich aus den Assoziierungsabkommen und den DCFTA ergeben, alle Handelsstreitigkeiten nach den Regeln und Verpflichtungen der Welthandelsorganisation beigelegt werden sollten; bekräftigt darüber hinaus, dass die EU bereit ist, die Partner der Östlichen Partnerschaft in ihren Integrationsbemühungen zu unterstützen, indem nach der Unterzeichnung die vorläufige Anwendung der einschlägigen Abschnitte der Assoziierungsabkommen und der DCFTA gefördert wird, nach der Unterzeichnung bzw. Paraphierung der Assoziierungsabkommen und der DCFTA ausgesetzte Darlehen und Hilfsprogramme freigegeben werden sowie Visaerleichterungen und die Aussicht auf Visumfreiheit bei Reisen weiterverfolgt werden;
9. weist darauf hin, dass die europäische Integration von einer Mehrheit der breiten Öffentlichkeit in den Staaten, die die Assoziierungsabkommen paraphieren oder unterzeichnen sollen, unterstützt wird; fordert die Kommission und den EAD dennoch nachdrücklich auf, ihre Bemühungen um eine bessere Sichtbarkeit der Östlichen Partnerschaft und ihres Nutzens für die breite Öffentlichkeit in den Partnerstaaten zu verstärken, um den politischen Konsens in Bezug auf ihre Entscheidung für Europa zu festigen; fordert, in den betreffenden Partnerländern kurzfristig eine breit angelegte öffentliche Informations- und Sensibilisierungskampagne über den Charakter, die Vorteile und die Anforderungen der Assoziierungsabkommen auszuarbeiten und durchzuführen;
10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Mitgliedstaaten, den Regierungen und Parlamenten der Staaten der Östlichen Partnerschaft und der Russischen Föderation, der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu übermitteln.