Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B8-0066/2014Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B8-0066/2014

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu dem Verbrechen der Aggression

16.7.2014 - (2014/2724(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 123 Absätze 2 und 4 der Geschäftsordnung
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
Verts/ALE (B8‑0066//2014)
S&D (B8‑0067/2014)
GUE/NGL (B8‑0068/2014)
PPE (B8‑0069/2014)
ALDE (B8‑0070/2014)

Andrzej Grzyb, Cristian Dan Preda, Godelieve Quisthoudt-Rowohl, Monica Luisa Macovei, Eduard Kukan, László Tőkés im Namen der PPE-Fraktion
Pier Antonio Panzeri, Elena Valenciano Martínez-Orozco, Josef Weidenholzer, Ana Gomes, David Martin, Richard Howitt im Namen der S&D-Fraktion
Marietje Schaake, Marielle de Sarnez, Louis Michel, Jean-Marie Cavada, Izaskun Bilbao Barandica, Alexander Graf Lambsdorff, Fernando Maura Barandiarán, Charles Goerens, Ramon Tremosa i Balcells, Annemie Neyts-Uyttebroeck im Namen der ALDE-Fraktion
Helmut Scholz, Marie-Christine Vergiat im Namen der GUE/NGL-Fraktion
Barbara Lochbihler, Judith Sargentini im Namen der Verts/ALE-Fraktion

Verfahren : 2014/2724(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B8-0066/2014
Eingereichte Texte :
RC-B8-0066/2014
Aussprachen :
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Verbrechen der Aggression

(2014/2724(RSP))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,

–   unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) und insbesondere Artikel 5 in Bezug auf das Verbrechen der Aggression als eines der schwersten, der Gerichtsbarkeit des IStGH unterliegenden Verbrechen,

–   unter Hinweis auf die auf der Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts im Jahr 2010 in Kampala (Uganda) beschlossenen Änderungen und insbesondere auf die Resolution RC/Res. 6 über das Verbrechen der Aggression,

–   unter Hinweis auf den Beschluss 2011/168/GASP des Rates und den darin enthaltenen Verweis auf die in Kampala beschlossenen Änderungen,

–   unter Hinweis auf den am 12. Juli 2011 im Einklang mit dem Beschluss 2011/168/GASP angenommenen überarbeiteten Aktionsplan,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Mai 2010 zur Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala (Uganda)[1],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. November 2011 zum Thema „Unterstützung der Europäischen Union für den IStGH: Bewältigung der Herausforderungen und Überwindung der Schwierigkeiten[2],

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Jahresberichten zur Lage der Menschenrechte in der Welt und über die Politik der EU zu diesem Thema, einschließlich der Auswirkungen für die strategische Menschenrechtspolitik der EU,

–   unter Hinweis auf den 9. Bericht des Internationalen Strafgerichtshofs an die Vereinten Nationen für den Zeitraum 2012/13,

–   unter Hinweis auf das Ergebnis der 25. Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom April 2014,

–   unter Hinweis auf die Entschließung der Generalversammlung des Lateinamerikanischen Parlaments vom 19./20. Oktober 2013 über die Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs und die Ratifizierung der in Kampala beschlossenen Änderungen (AO/2013/07XXIX),

–   unter Hinweis auf die Resolution der Vertragsstaaten des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 27. November 2013 über die Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs und der Versammlung der Vertragsstaaten (ICC-ASP/12/Res.8), in der die künftigen Vertragsstaaten aufgefordert werden, das Statut in der geänderten Fassung zu ratifizieren, alle Vertragsstaaten aufgefordert werden, die Ratifizierung der Änderungen in Betracht zu ziehen, und die jüngsten Ratifizierungen der Änderungen durch eine Reihe von Vertragsstaaten gewürdigt werden,

–   unter Hinweis auf das Handbuch über die Ratifizierung und Umsetzung der in Kampala beschlossenen Änderungen des Römischen Status des IStGH, das von der Ständigen Vertretung des Fürstentums Liechtenstein bei den Vereinten Nationen, dem Global Institute for the Prevention of Aggression und dem an der Princeton University ansässigen Liechtenstein Institute on Self-Determination erstellt wurde,

–   unter Hinweis auf den am 17. Juli begangenen Internationalen Tag der Gerechtigkeit, an dem die Fortschritte hin zu mehr Rechenschaftspflicht für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord gewürdigt werden,

–   gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die EU-Mitgliedstaaten seit der Gründung des IStGH dessen zuverlässige Verbündete sind, finanzielle, politische, diplomatische und logistische Unterstützung leisten, die Universalität des Römischen Statuts fördern und dessen Integrität verteidigen, und zwar zum Zwecke der Stärkung der Unabhängigkeit des Gerichtshofs;

B.  in der Erwägung, dass das Parlament am 17. November 2011[3] die Annahme der in Kampala beschlossenen Änderungen am Römischen Statut, darunter in Bezug auf das Verbrechen der Aggression, begrüßt und alle Mitgliedstaaten aufgerufen hat, sie zu ratifizieren und in ihr nationales Recht aufzunehmen;

C. in der Erwägung, dass das Parlament anschließend am 18. April 2012[4] die Entschließung 2012/0126 verabschiedet und den Rat und die Kommission aufgefordert hat, ihre internationale Autorität im Interesse der Gewährleistung und Stärkung der Universalität des Römischen Statuts für eine international vereinbarte Definition völkerrechtswidriger Akte der Aggression einzusetzen;

D. in der Erwägung, dass die Ratifizierung der in Kampala beschlossenen Änderungen des Römischen Statuts in Bezug auf das Verbrechen der Aggression durch mindestens 30 Vertragsstaaten und eine nach dem 1. Januar 2017 durch eine Zweidrittelmehrheit der Vertragsstaaten zu treffende Entscheidung den Weg für die Errichtung eines ständigen Systems internationaler Rechenschaftspflicht für Verbrechen ebnen wird, indem das Verbrechen der Aggression unter Strafe gestellt wird;

E.  in der Erwägung, dass 122 Länder Vertragsstaaten des Römischen Statuts des IStGH sind;

F.  in der Erwägung, dass bis jetzt 14 Vertragsstaaten die in Kampala beschlossene Änderung in Bezug auf das Verbrechen der Aggression ratifiziert haben, darunter acht EU-Mitgliedstaaten, nämlich Belgien, Deutschland, Estland, Kroatien, Luxemburg, die Slowakei, Slowenien und Zypern; in der Erwägung, dass mindestens 35 Vertragsstaaten derzeit aktiv an einer Ratifizierung der Änderungen in Bezug auf das Verbrechen der Aggression arbeiten und dass andere Vertragsstaaten Zusagen hinsichtlich einer Ratifizierung gemacht haben;

G. in der Erwägung, dass Liechtenstein am 8. Mai 2012 als erstes Land die Änderungen in Bezug auf das Verbrechen der Aggression zusammen mit den Änderungen in Bezug auf Artikel 8 (Kriegsverbrechen), die auf der Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des IStGH im Jahr 2010 in Kampala (Uganda) beschlossen wurden, ratifiziert hat;

H. in der Erwägung, dass Länder, die keine Vertragsstaaten des Römischen Statuts sind, dieses – einschließlich der in Kampala beschlossenen Änderungen – ratifizieren und somit dazu beitragen können, dass künftig auch das Verbrechen der Aggression der Gerichtsbarkeit des IStGH unterliegt;

I.   in der Erwägung, dass die in Kampala beschlossenen Änderungen in vollem Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen stehen, da mit ihnen nur die schwersten Formen des unrechtmäßigen Einsatzes von Gewalt, nämlich diejenigen, die aufgrund ihres Wesens, ihrer Schwere und ihres Ausmaßes die Charta der Vereinten Nationen ganz offensichtlich verletzen, als Straftatbestand eingestuft werden;

J.   in der Erwägung, dass die Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression einen Beitrag zur Rechtsstaatlichkeit auf internationaler Ebene sowie zu Frieden und Sicherheit in der Welt leisten wird, indem es von rechtswidriger Gewaltanwendung abschrecken und somit aktiv dazu beitragen wird, derartige Verbrechen zu verhindern und den Boden für einen dauerhaften Frieden zu bereiten;

K. in der Erwägung, dass die Ratifizierung der beiden in Kampala beschlossenen Änderungen durch die Staaten und die Inkraftsetzung der Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression dazu beitragen werden, dass Aggressoren nicht länger ungestraft bleiben;

L.  in der Erwägung, dass die Ratifizierung der in Kampala beschlossenen Änderungen und die Inkraftsetzung der Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression einen Beitrag zum Schutz der Menschenrechte leisten wird, indem der Akt der Aggression, der oft am Anfang der Kausalkette von schweren Menschenrechtsverletzungen zu gravierenden Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und gegen internationale Menschenrechtsnormen steht, unter Strafe gestellt wird;

M. in der Erwägung, dass die Einstufung von Akten der Aggression als Straftatbestand auch das Recht auf Leben von Kombattanten, die unrechtmäßig in den Krieg geschickt werden, und von solchen des angegriffenen Staates schützen wird und damit ein Schlupfloch im Römischen Statut und im humanitären Völkerrecht, die derzeit nur auf den Schutz von Zivilisten und anderen Kategorien „geschützter Personen” abzielen, geschlossen wird;

N. in der Erwägung, dass die Inkraftsetzung der Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression einen Beitrag zur Universalität des Römischen Statuts leisten wird, da mehrere Staaten Interesse daran haben könnten, das um die in Kampala beschlossenen Änderungen ergänzte Römische Statut zu ratifizieren, und zwar auch im Hinblick auf das strategische Ziel des jeweiligen Staates, von rechtswidriger Gewaltanwendung gegen ihn abzuschrecken;

1.  bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für die Arbeit des IStGH, damit die Straffreiheit für die Täter der schwerwiegendsten Verbrechen von Belang für die internationale Gemeinschaft beendet wird;

2.  fordert die EU auf, einen gemeinsamen Standpunkt zu dem Verbrechen der Aggression und den in Kampala beschlossenen Änderungen festzulegen;

3.  unterstreicht die Bedeutung des Grundsatzes der Universalität des Römischen Statuts und fordert die EU auf, sich energisch für das Inkrafttreten der in Kampala beschlossenen Änderungen in Bezug auf das Verbrechen der Aggression einzusetzen, die Bemühungen im Hinblick auf die Erreichung dieses Ziels zu unterstützen und ihren Mitgliedstaaten nahezulegen, zunächst die Änderung zu ratifizieren und dann den von der Versammlung der Vertragsstaaten des Römischen Statuts gefassten Beschluss dahingehend, die Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression in Kraft zu setzen, sobald die erforderlichen 30 Ratifizierungen erreicht worden sind, aktiv zu unterstützen;

4.  betont, dass die Unterstützung für den IStGH, die Ratifizierung des Römischen Statuts in der geänderten Fassung und die Ratifizierung der beiden in Kampala beschlossenen Änderungen beim auswärtigen Handeln der EU stets aktiv gefördert werden sollten, und zwar auch durch den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte und die EU-Delegationen vor Ort, einschließlich technischer Unterstützung für Staaten, die eine Ratifizierung und/oder Umsetzung anstreben; fordert in diesem Zusammenhang die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihr Engagement und ihre – auch finanzielle – Unterstützung für den IStGH fortzusetzen;

5.  fordert die EU auf, sich für den Kampf gegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression einzusetzen, und ist der Auffassung, dass die Bekämpfung der Straffreiheit bei schweren Menschenrechtsverletzungen beim auswärtigen Handeln der EU und der Mitgliedstaaten Vorrang haben muss; fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin auf, ihre Bemühungen um die Förderung der Umsetzung und Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts im Allgemeinen – unter anderem vonseiten nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen – zu intensivieren;

6.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die nationalen Rechtsvorschriften rasch an die Bestimmungen der in Kampala beschlossenen Änderungen und an andere Verpflichtungen gemäß dem Römischen Statut anzugleichen und somit nationale Untersuchungen und eine strafrechtliche Verfolgung durch EU-Mitgliedstaaten zu ermöglichen sowie mit dem IStGH zusammenzuarbeiten;

7.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte sowie dem Präsidenten des Internationalen Strafgerichtshofs zu übermitteln.