GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Russland, dem Fall von Ojub Titijew und dem Menschenrechtszentrum Memorial
7.2.2018 - (2018/2560(RSP))
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
Verts/ALE (B8-0096/2018)
ECR (B8-0098/2018)
PPE (B8-0099/2018)
ALDE (B8-0102/2018)
S&D (B8-0105/2018)
GUE/NGL (B8-0106/2018)
Cristian Dan Preda, Tunne Kelam, Tomáš Zdechovský, Jeroen Lenaers, Bogdan Brunon Wenta, Jaromír Štětina, Michaela Šojdrová, Romana Tomc, Laima Liucija Andrikienė, Roberta Metsola, Eduard Kukan, Ivan Štefanec, Milan Zver, Patricija Šulin, Bogdan Andrzej Zdrojewski, Krzysztof Hetman, Agnieszka Kozłowska-Rajewicz, Dubravka Šuica, Francis Zammit Dimech, László Tőkés, David McAllister, Adam Szejnfeld, Mairead McGuinness, Csaba Sógor, Sandra Kalniete, Ramona Nicole Mănescu, Anna Maria Corazza Bildt, Deirdre Clune, Seán Kelly, Pavel Svoboda, Inese Vaidere, Željana Zovko, Stanislav Polčák, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra im Namen der PPE-Fraktion
Elena Valenciano, Victor Boştinaru, Soraya Post im Namen der S&D-Fraktion
Charles Tannock, Karol Karski, Ruža Tomašić, Jan Zahradil, Kosma Złotowski, Anna Elżbieta Fotyga, Zdzisław Krasnodębski im Namen der ECR-Fraktion
Petras Auštrevičius, Beatriz Becerra Basterrechea, Dita Charanzová, Gérard Deprez, Martina Dlabajová, Nathalie Griesbeck, Marian Harkin, Ivan Jakovčić, Ilhan Kyuchyuk, Louis Michel, Urmas Paet, Maite Pagazaurtundúa Ruiz, Jozo Radoš, Frédérique Ries, Robert Rochefort, Marietje Schaake, Jasenko Selimovic, Pavel Telička, Ramon Tremosa i Balcells, Johannes Cornelis van Baalen, Hilde Vautmans, Cecilia Wikström im Namen der ALDE-Fraktion
Helmut Scholz, Merja Kyllönen, Barbara Spinelli im Namen der GUE/NGL-Fraktion
Heidi Hautala, Barbara Lochbihler, Klaus Buchner, Ernest Urtasun, Alyn Smith, Florent Marcellesi, Davor Škrlec im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Russland, dem Fall von Ojub Titijew und dem Menschenrechtszentrum Memorial
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Berichte und Entschließungen zu Russland, insbesondere seine Entschließungen vom 13. Juni 2013 zur Rechtsstaatlichkeit in Russland[1], vom 13. März 2014 zu Russland und zur Verurteilung von Demonstranten, die an den Vorfällen auf dem Bolotnaja-Platz beteiligt waren[2], und vom 23. Oktober 2014 zur Schließung der nichtstaatlichen Organisation „Memorial“ (Träger des Sacharow-Preises 2009) in Russland[3],
– unter Hinweis auf die Erklärung des Vorsitzenden seines Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Vorsitzenden seines Unterausschusses Menschenrechte vom 12. Januar 2018, in der die sofortige Freilassung des Menschenrechtsverfechters Ojub Titijew gefordert wird,
– unter Hinweis auf Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und Artikel 7 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, denen zufolge niemand der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf und denen die Russische Föderation beigetreten ist,
– unter Hinweis auf die Erklärung der EU vom 19. Januar 2018 zu Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Menschenrechtszentrum Memorial in Russland und auf die Erklärung des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 11. Januar 2018 zu der Inhaftierung des Direktors des Menschenrechtszentrums Memorial in der Republik Tschetschenien, Ojub Titijew,
– unter Hinweis auf den Besuch des Ausschusses zur Verhütung von Folter des Europarates in der Republik Tschetschenien der Russischen Föderation im November und Dezember 2017,
– unter Hinweis auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
– unter Hinweis auf die am 9. Dezember 1998 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Erklärung zu Menschenrechtsverteidigern,
– unter Hinweis auf das derzeit geltende Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit (PKA) zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits sowie auf die ausgesetzten Verhandlungen über ein neues Abkommen zwischen der EU und Russland,
– unter Hinweis auf den siebten periodischen Bericht der Russischen Föderation, der vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen auf seiner 3136. und 3137. Tagung am 16. bzw. 17. März 2015 behandelt wurde,
– unter Hinweis auf die Leitlinien des Rates der Europäischen Union vom 24. Juni 2013 für die Förderung und den Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Personen (LGBTI),
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Berichte und Entschließungen zu Russland, insbesondere seine Entschließungen vom 12. März 2015 zu der Ermordung des russischen Oppositionsführers Boris Nemzow und dem Zustand der Demokratie in Russland[4], vom 24. November 2016 zu dem Fall des in Russland aus Gewissensgründen inhaftierten Ildar Dadin[5] und vom 6. April 2017 zu Russland, der Festnahme von Alexei Nawalny und anderen Demonstranten[6],
– gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Russische Föderation als Vollmitglied des Europarates, Unterzeichnerstaat der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe dazu verpflichtet hat, die Grundsätze der Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit sowie die Grundfreiheiten und die Menschenrechte zu achten; in der Erwägung, dass Russland verpflichtet ist und die Mittel dazu hat, die Verbrechen der Organe Tschetscheniens zu untersuchen; in der Erwägung, dass die Russische Föderation 11 der 18 Verträge des internationalen Völkerrechts ratifiziert hat;
B. in der Erwägung, dass Ojub Titijew, Leiter des tschetschenischen Büros des 2009 mit dem Sacharow-Preis ausgezeichneten Menschenrechtszentrums Memorial, das allgemein unter der Kurzbezeichnung „Memorial“ bekannt ist, am 9. Januar 2018 von der tschetschenischen Polizei verhaftet und des Drogenbesitzes beschuldigt wurde; in der Erwägung, dass er diese Vorwürfe zurückweist, die von nichtstaatlichen Organisationen und weiteren Menschenrechtsverfechtern als fingiert bezeichnet werden;
C. in der Erwägung, dass das Oberste Gericht der Republik Tschetschenien am 25. Januar 2018 die Entscheidung des Stadtgerichts Schali bestätigte, Ojub Titijew für zwei Monate in Untersuchungshaft zu nehmen;
D. in der Erwägung, dass das Strafgesetzbuch der Russischen Föderation geändert und der neue Artikel 212.1 eingefügt wurde, der vorsieht, dass wegen Verstoßes gegen das Gesetz über öffentliche Versammlungen Anklage erhoben werden kann, obzwar durch diese Gesetzesänderung das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Versammlungsrecht eingeschränkt werden;
E. in der Erwägung, dass die Staatsorgane Russlands dazu neigen, das Recht auf Versammlungsfreiheit nicht zu respektieren, und am 26. März 2017 nach friedlichen Demonstrationen allein in Moskau über 1000 Bürger und in vielen anderen Städten der Russischen Föderation zahlreiche weitere Bürger verhafteten;
F. in der Erwägung, dass die Zahl der Gefangenen aus Gewissensgründen in dem Land in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen ist und 2016 in Russland nach Angaben des Menschenrechtszentrums Memorial bereits 102 Personen aus Gewissensgründen inhaftiert waren;
G. in der Erwägung, dass die Möglichkeiten nichtstaatlicher Organisationen, sich unabhängig und wirksam zu betätigen, durch das Gesetz über nichtstaatliche Organisationen von 2012 stark eingeschränkt wurden; in der Erwägung, dass das Justizministerium der Russischen Föderation Memorial gemäß diesem Gesetz als „ausländischen Agenten“ einstuft;
H. in der Erwägung, dass Juri Dmitrijew, ein Historiker von Memorial, in dem Team mitwirkte, das in Sandarmoch ein Massengrab von über 9000 Personen entdeckte, von denen viele der Intelligenzija der UdSSR angehörten; in der Erwägung, dass Memorial nach den Entwicklungen der vergangenen Jahre nunmehr die letzte verbliebene unabhängige Menschenrechtsorganisation ist, die nach wie vor in der Republik Tschetschenien tätig ist; in der Erwägung, dass die Übergriffe auf Menschenrechtsverfechter in der Republik Tschetschenien, darunter auch die fingierten und Ojub Titijew zur Last gelegten Sachverhalte und die Brandanschläge in den benachbarten Republiken, höchstwahrscheinlich als Vergeltungsmaßnahmen gegen Memorial inszeniert wurden, weil Memorial Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien aufdeckt und gerichtlich dagegen vorgeht;
I. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament dem Menschenrechtszentrum Memorial im Jahr 2009 den Sacharow-Preis für geistige Freiheit verliehen hat;
J. in der Erwägung, dass Russland im Demokratieindex 2017 des Wochenmagazins „The Economist“ auf Platz 135 von 167 Ländern liegt und somit gegenüber 2006, als das Land noch auf Platz 102 lag, deutlich zurückgefallen ist;
K. in der Erwägung, dass es sehr großen Anlass zu Besorgnis darüber gibt, dass die Menschenrechte von LGBTI-Personen in Tschetschenien verletzt werden; in der Erwägung, dass die Russische Föderation Unterzeichnerstaat mehrerer internationaler Menschenrechtsverträge und als Mitglied des Europarates auch Unterzeichnerstaat der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist und deshalb verpflichtet ist, die Sicherheit aller möglicherweise gefährdeten Personen zu gewährleisten; in der Erwägung, dass die EU Russland mehrmals zusätzliche Unterstützung und Fachwissen angeboten hat, um dem Land dabei behilflich zu sein, seine Verfassungs- und Rechtsordnung nach Maßgabe der Normen des Europarates zu modernisieren und sich daran zu halten; in der Erwägung, dass Russland verpflichtet ist und die Mittel dazu hat, die Verbrechen der Organe Tschetscheniens zu untersuchen; in der Erwägung, dass Homosexualität in der Russischen Föderation seit 1993 nicht mehr unter Strafe steht;
1. fordert, dass der Leiter des Menschenrechtszentrums Memorial in der Republik Tschetschenien, Ojub Titijew, der am 9. Januar 2018 festgenommen und anschließend unter dem frei erfundenen Vorwurf des rechtswidrigen Erwerbs und Besitzes von Drogen angeklagt und in Untersuchungshaft genommen wurde, mit sofortiger Wirkung freigelassen wird; fordert die Staatsorgane Russlands nachdrücklich auf, die Menschenrechte und gesetzlichen Befugnisse von Ojub Titijew uneingeschränkt zu achten, zu denen auch der Zugang zu einem Anwalt und ärztlicher Behandlung, die Wahrung der körperlichen Unversehrtheit und die Achtung der Würde sowie der Schutz vor Schikanierung durch die Justiz, Kriminalisierung und willkürlicher Verhaftung gehört;
2. missbilligt die Erklärung der Organe Tschetscheniens, in der Menschenrechtsverfechtern und -organisationen ihre Tätigkeit zum Vorwurf gemacht wird; nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass die Verhaftung kurz nach öffentlichen Äußerungen von Magomed Daudow, dem Sprecher des Parlaments Tschetscheniens, erfolgte, der Gewalt gegen Menschenrechtsverfechter offenbar stillschweigend gutheißt;
3. hält die Verhaftung von Ojub Titijew für einen Ausdruck der besorgniserregenden Entwicklung, dass unabhängige Journalisten und Menschenrechtsverfechter, die in Tschetschenien tätig sind, verhaftet, Übergriffen ausgesetzt, eingeschüchtert und verunglimpft werden; weist auf weitere Fälle hin, die diese besorgniserregende Entwicklung belegen, nämlich die Verhaftungen des Vorsitzenden der Konföderation der Kaukasusvölker, Ruslan Kutajew, und des Journalisten Schalaudi Gerijew, die in den Jahren 2014 bzw. 2016 jeweils aufgrund fragwürdiger Begründungen im Zusammenhang mit Drogen verurteilt wurden;
4. bekundet seine tiefe Besorgnis darüber, dass noch niemand für die Ermordung von Natalja Estemirowa zur Rechenschaft gezogen wurde, der Vorgängerin von Ojub Titijew bei Memorial, die in Tschetschenien als Menschenrechtsaktivistin tätig war und im Juli 2009 in der Nähe ihres Hauses in Grosny entführt und noch am selben Tag unweit des Dorfes Gasi-Jurt im benachbarten Inguschetien erschossen aufgefunden wurde; fordert die Staatsorgane Russlands nachdrücklich auf, dieses Verbrechen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit zu untersuchen; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein weiterer Menschenrechtsanwalt und -aktivist, der wegen seines Vorgehens gegen Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien bekannte Stanislaw Markelow, 2009 in der Moskauer Innenstadt erschossen wurde;
5. fordert die Staatsorgane Russlands nachdrücklich auf, umgehend der besorgniserregenden Entwicklung Einhalt zu gebieten, dass unabhängige Journalisten und Menschenrechtsverfechter, die in diesem Teil der Russischen Föderation tätig sind, verhaftet, Übergriffen ausgesetzt, eingeschüchtert und verunglimpft werden, womit ihr Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt wird; verurteilt die Übergriffe der Organe Tschetscheniens auf Menschenrechtsverfechter und fordert Moskau nachdrücklich auf, diesen Übergriffen Einhalt zu gebieten und darauf hinzuwirken, dass Menschenrechtsverfechter und -organisationen in Tschetschenien und anderen Teilen der Russischen Föderation normale Arbeitsbedingungen vorfinden;
6. ist zutiefst besorgt darüber, dass die kritische Zivilgesellschaft in Russland unter immer schlechteren Bedingungen arbeiten muss, zumal sich diese Verschlechterung insbesondere auf Organisationen auswirkt, die im Bereich der Menschenrechte und demokratischen Freiheiten tätig sind und Kritik an einschlägigen Strategien des Staates äußern; betont, dass Memorial, das 2009 mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet wurde, auch heute noch eine der maßgeblichen Stimmen in Sachen Menschenrechte in Russland ist, die überdies als letzte verbliebene unabhängige Menschenrechtsorganisation nach wie vor in der Republik Tschetschenien tätig ist, und bekundet dem Zentrum seine Solidarität und seine nachdrückliche Unterstützung für dessen engagierte Arbeit;
7. fordert die Staatsorgane Russlands auf, alle Bürger Russlands vor unrechtmäßigen Übergriffen zu schützen; fordert die Staatsorgane Russlands auf, dem gewaltsamen Vorgehen gegen die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung in Tschetschenien sofort ein Ende zu setzen, Opfern und Zeugen von Menschenrechtsverletzungen wirksame Sicherheitsgarantien zu bieten und die Täter vor Gericht zu bringen; betont, dass Russland und seine Regierung letztendlich dafür zuständig sind, derlei Taten zu untersuchen, die Täter vor Gericht zu stellen und alle Bürger Russlands vor unrechtmäßigen Übergriffen zu schützen;
8. weist darauf hin, dass der Brandanschlag vom 17. Januar 2018 auf die Büroräume von Memorial in der benachbarten Republik Inguschetien und der Anschlag vom 22. Januar 2018, als Unbekannte ein Fahrzeug aus dem Bestand des Büros von Memorial in Dagestan in Brand setzten, weitere Indizien für die Verfolgung und Schikanierung von Menschenrechtsorganisationen im Nordkaukasus sind; verurteilt diese Anschläge und fordert die Staatsorgane Russlands nachdrücklich auf, nicht nur zum Schein, sondern tatsächlich Ermittlungen wegen dieser und weiterer Übergriffe auf das Eigentum von Memorial und wegen Drohungen gegen die Mitarbeiter von Memorial durchzuführen und dafür zu sorgen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden;
9. fordert die Staatsorgane Russlands mit aller Dringlichkeit auf, die bedauerlichen Entwicklungen in Tschetschenien umgehend, unabhängig, objektiv und sorgfältig zu untersuchen; fordert die Organe Tschetscheniens und die Staatsorgane der Russischen Föderation auf, die innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu befolgen, internationalen Verpflichtungen nachzukommen, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren und die universellen Menschenrechtsnormen einzuhalten sowie die Sicherheit und die demokratischen Freiheiten aller möglicherweise gefährdeten Personen zu gewährleisten;
10. nimmt zur Kenntnis, dass Memorial beantragt hat, dass die Ermittlungen im Fall Titijew außerhalb Tschetscheniens durchgeführt werden;
11. verurteilt die Übergriffe auf weitere zivilgesellschaftliche Gruppen und nichtstaatliche Organisationen in Tschetschenien, etwa die Übergriffe auf und die Hetzkampagne gegen die gemeinsame mobile Gruppe der Menschenrechtsverfechter in Tschetschenien, die bewirkten, dass sich die Gruppe im Jahr 2016 aus Sorge um ihre Sicherheit aus Tschetschenien zurückzog;
12. ist zutiefst besorgt angesichts von Berichten über willkürliche Inhaftierungen und Folter von vermeintlichen LGBTI-Personen in der Republik Tschetschenien; fordert die Organe Tschetscheniens auf, diese Verfolgungskampagne zu beenden und internationalen Menschenrechtsorganisationen eine glaubwürdige Untersuchung der mutmaßlichen Verbrechen zu gestatten; verurteilt außerdem die als „Ehrenmord“ verharmloste Tötung von Personen durch Familienmitglieder und missbilligt, dass die Organe Tschetscheniens derlei Verbrechen unterstützen und zu deren Begehung anregen;
13. fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die aus Tschetschenien Geflüchteten zu unterstützen und die organisierten Übergriffe ans Licht zu bringen; begrüßt, dass zahlreiche EU-Mitgliedstaaten den Opfern dieser Übergriffe Asyl gewährt haben, und fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Verfahren, in deren Rahmen Opfer, Journalisten und Menschenrechtsverfechter im Einklang mit dem Unionsrecht und einzelstaatlichem Recht Asyl beantragen können, fortzuführen oder auszubauen;
14. fordert die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den EAD auf, zum einen dafür zu sorgen, dass die Fälle aller aus politischen Gründen Verfolgten bei den Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland zur Sprache kommen, wenn diese wiederaufgenommen werden, und dass die Vertreter Russlands bei diesen Konsultationen offiziell aufgefordert werden, sich zu jedem Fall zu äußern, und zum anderen dem Parlament über den Austausch mit den russischen Staatsorganen Bericht zu erstatten;
15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation und den Organen Tschetscheniens zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P7_TA(2013)0284.
- [2] ABl. C 378 vom 9.11.2017, S. 250.
- [3] ABl. C 274 vom 27.7.2016, S. 21.
- [4] Angenommene Texte, P8_TA(2015)0074.
- [5] Angenommene Texte, P8_TA(2016)0446.
- [6] Angenommene Texte, P8_TA(2017)0125.