GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage im Jemen
3.10.2018 - (2018/2853(RSP))
anstelle der folgenden Entschließungsanträge:
B8-0444/2018 (ECR)
B8-0445/2018 (S&D)
B8-0446/2018 (PPE)
B8-0447/2018 (Verts/ALE)
B8-0448/2018 (EFDD)
B8-0449/2018 (ALDE)
B8-0450/2018 (GUE/NGL)
Cristian Dan Preda, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Arnaud Danjean, Sandra Kalniete, David McAllister, Ramona Nicole Mănescu, Elmar Brok, Julia Pitera, Lorenzo Cesa, Fernando Ruas, Anna Maria Corazza Bildt im Namen der PPE-Fraktion
Victor Boştinaru, Pier Antonio Panzeri, Knut Fleckenstein, Enrique Guerrero Salom, Elena Valenciano im Namen der S&D-Fraktion
Charles Tannock, Raffaele Fitto im Namen der ECR-Fraktion
Marietje Schaake, Petras Auštrevičius, Beatriz Becerra Basterrechea, Izaskun Bilbao Barandica, Gérard Deprez, Martina Dlabajová, María Teresa Giménez Barbat, Ivan Jakovčić, Petr Ježek, Ilhan Kyuchyuk, Patricia Lalonde, Valentinas Mazuronis, Louis Michel, Javier Nart, Urmas Paet, Maite Pagazaurtundúa Ruiz, Carolina Punset, Jozo Radoš, Frédérique Ries, Robert Rochefort, Jasenko Selimovic, Pavel Telička, Ramon Tremosa i Balcells, Ivo Vajgl, Cecilia Wikström im Namen der ALDE-Fraktion
Ángela Vallina, Patrick Le Hyaric, Merja Kyllönen, Luke Ming Flanagan, Marie-Christine Vergiat, Marie-Pierre Vieu im Namen der GUE/NGL-Fraktion
Bodil Valero, Barbara Lochbihler, Pascal Durand, Jordi Solé im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Fabio Massimo Castaldo, Ignazio Corrao, Isabella Adinolfi im Namen der EFDD-Fraktion
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage im Jemen
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Jemen, insbesondere die Entschließungen vom 25. Februar 2016[1] und 15. Juni 2017[2] zur humanitären Lage im Jemen und vom 9. Juli 2015[3] und 30. November 2017[4] zur Lage im Jemen,
– unter Hinweis auf den von der Gruppe unabhängiger namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger für den Jemen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen am 28. August 2018 veröffentlichten Bericht über die Lage der Menschenrechte im Jemen, einschließlich der Verletzungen und Verstöße seit September 2014,
– unter Hinweis auf die gemeinsamen Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, und des Mitglieds der Kommission Christos Stylianides vom 13. Juni 2018 zu den jüngsten Entwicklungen um Hudaida (Jemen) und vom 4. August 2018 zu den Luftangriffen in Hudaida,
– unter Hinweis auf den Jahresbericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 24. September 2018 über die Lage im Jemen,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Juni 2018 zum Jemen,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 15. März 2018,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Sondergesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für den Jemen vom 6. September 2018,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Exekutivdirektors des Welternährungsprogramms vom 19. September 2018,
– unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs,
– unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zum Jemen, insbesondere die Resolutionen 2216 (2015), 2201 (2015) und 2140 (2014),
– gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der anhaltende Konflikt im Jemen bereits ins vierte Jahr geht und mehr als 22 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen; in der Erwägung, dass die Ernährungssicherheit von mehr als 17 Millionen Menschen nicht gewährleistet ist, wobei mehr als 8 Millionen dieser Menschen unter gravierender Ernährungsunsicherheit leiden und vom Hungertod bedroht sind; in der Erwägung, dass die derzeitige Fragmentierung des Konflikts ein deutliches Anzeichen für die Aushöhlung der Einheit des Staates ist; in der Erwägung, dass die Lage im Jemen zudem ernste Risiken für die Stabilität der ganzen Region mit sich bringt;
B. in der Erwägung, dass der Konflikt 2015 begann, als die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen den international anerkannten Präsidenten des Landes aus dem Amt jagten und dieser daraufhin eine multinationale Koalition unter der Führung Saudi-Arabiens zu Hilfe rief, die den Kampf gegen die Rebellen und die mit ihnen verbündeten Kampfverbände aufnahm;
C. in der Erwägung, dass die von Saudi-Arabien angeführte Koalition seit November 2017 alle Einfuhren in das von den Huthis kontrollierte Gebiet mit Ausnahme dringender humanitärer Materialien und Hilfsmaterialien blockiert; in der Erwägung, dass nach Angaben des OCHA der Jemen seit Beginn der Blockade nur 21 % seines Kraftstoffbedarfs und 68 % seines Bedarfs an Lebensmitteleinfuhren erhalten hat; in der Erwägung, dass in bestimmten Fällen Huthi-Rebellen die Lieferung wichtiger medizinischer Versorgungsgüter, Lebensmittel und humanitärer Hilfsgüter in von der Regierung kontrollierte Städte blockiert haben;
D. in der Erwägung, dass die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) angeführte Koalition im Juni 2018 eine Offensive begann, um die Stadt Hudaida einzunehmen; in der Erwägung, dass nach Berichten der Hilfsorganisation „Save the Children“ diese Operation Hunderte zivile Opfer gefordert hat; in der Erwägung, dass Hudaida der wichtigste Hafen des Jemen ist und den Transitknoten für 70 % der für das Land lebenswichtigen Hilfslieferungen mit Nahrungsmitteln und humanitären Hilfsgütern darstellt; in der Erwägung, dass den Vereinten Nationen zufolge seit Anfang Juni 2018 fast 470 000 Menschen aus dem Gouvernement Hudaida geflohen sind; in der Erwägung, dass ein weiterer Angriff auf Hudaida verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung hätte; in der Erwägung, dass die Konfliktparteien verpflichtet sind, die rasche und ungehinderte Durchfahrt humanitärer Hilfsgüter, einschließlich Arzneimittel, Lebensmittel und anderer überlebenswichtiger Güter, zu gestatten und zu ermöglichen;
E. in der Erwägung, dass die Verhandlungen über eine Waffenruhe unter der Leitung des Sondergesandten der Vereinten Nationen für den Jemen, Martin Griffiths, zu einer zeitweiligen Einstellung der Offensive geführt haben; in der Erwägung, dass das Scheitern der jüngsten Bemühungen, Friedensgespräche in Genf abzuhalten, am 7. September 2018 zu einem Wiederaufflammen der Feindseligkeiten geführt hat; in der Erwägung, dass seit Beginn der Offensive die Zahl der zivilen Todesopfer um 164 % angestiegen ist; in der Erwägung, dass es den Konfliktparteien und ihren regionalen und internationalen Unterstützern, zu denen auch Saudi-Arabien und der Iran gehören, trotz des internationalen Drängens auf eine stabile politische Lösung der Krise, an der alle Seiten beteiligt sind, bisher nicht gelungen ist, einen Waffenstillstand oder irgendeine Einigung zu erzielen, und die Kampfhandlungen und wahllosen Bombardierungen unvermindert fortgesetzt werden;
F. in der Erwägung, dass am 9. August 2018 bei einem Luftangriff der von Saudi-Arabien angeführten Koalition auf einem Markt in der Provinz Saada im Norden des Landes ein Schulbus getroffen wurde, wobei zahlreiche Menschen getötet wurden, darunter mindestens 40 Kinder, von denen die meisten jünger als zehn Jahre waren; in der Erwägung, dass auf diesen Angriff zwei Wochen später, am 24. August, ein weiterer Angriff der von Saudi-Arabien angeführten Koalition folgte, bei dem 27 Zivilisten – die meisten davon Kinder – getötet wurden, die auf der Flucht vor der Gewalt in der belagerten Stadt Hudaida im Süden des Landes waren;
G. in der Erwägung, dass die Militäroffensive unter der Führung Saudi-Arabiens und die intensiven Luftangriffe, darunter wahllose Angriffe auf dicht besiedelte Gebiete, die humanitären Auswirkungen des Krieges noch verschärfen; in der Erwägung, dass vorsätzliche und wahllose Angriffe auf die Zivilbevölkerung und zivile Ziele, wie Schulen und Krankenhäuser, nach dem Kriegsrecht verboten sind; in der Erwägung, dass derartige Angriffe nach den Erkenntnissen der Gruppe unabhängiger namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger als Kriegsverbrechen gelten und die Personen, die sie ausführen, für diese Verbrechen strafrechtlich verfolgt werden könnten; in der Erwägung, dass es den Ermittlungen der Koalition unter der Führung Saudi-Arabiens zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen im Jemen an Glaubwürdigkeit mangelte und zivile Opfer keine Wiedergutmachung erhalten haben;
H. in der Erwägung, dass seit März 2015 über 2 500 Kinder getötet und über 3 500 Kinder verstümmelt oder verletzt wurden und eine zunehmende Zahl von Kindern von Streitkräften vor Ort rekrutiert wird; in der Erwägung, dass Frauen und Kinder besonders unter den anhaltenden Feindseligkeiten leiden; in der Erwägung, dass nach Angaben von UNICEF fast zwei Millionen Kinder nicht zur Schule gehen, wodurch die Zukunft einer ganzen Generation von Kindern im Jemen gefährdet wird, weil sie wenig oder keinen Zugang zu Bildung haben, wodurch sie leicht Opfer militärischer Rekrutierung oder sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt werden;
I. in der Erwägung, dass in einem Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte im August 2018 die Schlussfolgerung geäußert wird, dass es „hinreichend Gründe gibt anzunehmen“, dass alle Konfliktparteien im Jemen möglicherweise Kriegsverbrechen begangen haben; in der Erwägung, dass die Truppen beider Konfliktparteien beschuldigt werden, mit schweren Waffen in bebaute und dicht besiedelte Gebiete gefeuert sowie Luftangriffe auf Krankenhäuser und andere nicht militärische Gebäude durchgeführt zu haben;
J. in der Erwägung, dass der Krieg zur Zerstörung der Infrastruktur und zum Zusammenbruch der Wirtschaft des Jemen geführt und in weiten Landesteilen die Versorgung mit Gütern des grundlegenden Bedarfs sowie mit öffentlichen Dienstleistungen, sanitären Anlagen und sauberem Trinkwasser unmöglich gemacht hat; in der Erwägung, dass die regelmäßigen Gehaltszahlungen an bis zu 1,4 Millionen zivile Mitarbeiter des jemenitischen öffentlichen Dienstes Ende 2016 praktisch eingestellt wurden;
K. in der Erwägung, dass eine unabhängige und glaubwürdige Berichterstattung über die Lage im Jemen unter anderem dadurch behindert wird, dass die Flüge der Vereinten Nationen nicht von Vertretern internationaler Medien und Menschenrechtsorganisationen genutzt werden können, was zu der weltweiten Vernachlässigung des Konflikts beiträgt;
L. in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische sexuelle Gewalt seit Beginn des Konflikts exponentiell zugenommen hat; in der Erwägung, dass die schon zuvor geringe Fähigkeit des Strafjustizwesens, auf sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt einzugehen, völlig verlorenging und in Bezug auf Praktiken wie die Entführung und Vergewaltigung von Frauen oder das Aussprechen von Drohungen, dies zu tun, mit denen Geld von ihren Familien und Gemeinschaften erpresst werden soll, keine Ermittlungen stattfinden;
M. in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger unablässigen Schikanen, Bedrohungen und Verleumdungskampagnen seitens aller Konfliktparteien ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidigerinnen, Journalistinnen und Aktivistinnen aufgrund ihres Geschlechts spezieller Repression ausgesetzt sind;
N. in der Erwägung, dass die De-facto-Staatsorgane der Huthis Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und religiöse Minderheiten systematisch schikanieren; in der Erwägung, dass 24 Jemeniten aus der Bahai-Minderheit, darunter ein Kind, allein wegen ihres Glaubens und friedlicher Handlungen Straftaten zur Last gelegt werden, die die Todesstrafe nach sich ziehen könnten;
O. in der Erwägung, dass die Huthi-Rebellen beschuldigt werden, mit ihrer Belagerung von Tais, der drittgrößten Stadt des Jemen, ein Massensterben unter der Zivilbevölkerung verursacht zu haben; in der Erwägung, dass sie einen Zermürbungskrieg gegen die Zivilbevölkerung in den von der Regierung kontrollierten Gebieten führen; in der Erwägung, dass sie auch verbotene Antipersonenminen eingesetzt und Kinder rekrutiert haben;
P. in der Erwägung, dass Kamel Jendoubi, der Vorsitzende der Gruppe unabhängiger namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger, die am 28. August 2018 einen Bericht an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zur Lage der Menschenrechte im Jemen veröffentlicht hat, Opfer einer Verleumdungskampagne ist, die die Gruppe einschüchtern und Zweifel an ihren Erkenntnissen schüren soll;
Q. in der Erwägung, dass der Jemen das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert hat; in der Erwägung, dass mehrere Bestimmungen des Römischen Statuts, unter anderem diejenigen über Kriegsverbrechen, internationalem Gewohnheitsrecht entsprechen;
R. in der Erwägung, dass Russland im Februar 2018 sein Veto gegen eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen eingelegt hat, in der die Beteiligung des Iran an dem Konflikt angeprangert werden sollte;
S. in der Erwägung, dass ein internationales Waffenembargo gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen gilt und dass dem 18. EU-Jahresbericht über Waffenausfuhren zufolge EU-Mitgliedstaaten auch nach der Eskalation des Konflikts weitere Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien genehmigt und damit gegen den Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend die Kontrolle von Waffenausfuhren verstoßen haben; in der Erwägung, dass einige EU-Mitgliedstaaten im vergangenen Jahr Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und die VAE teilweise oder vollständig ausgesetzt haben; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament die VP/HR wiederholt aufgefordert hat, im Einklang mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP eine Initiative zur Verhängung eines Waffenembargos der EU gegen Saudi-Arabien einzuleiten;
T. in der Erwägung, dass die meisten Angriffe der US-Streitkräfte im Jemen tödliche Drohnenangriffe sind; in der Erwägung, dass die Entscheidung, bestimmte Personen auf die Listen der Ziele von Drohnenangriffen aufzunehmen, oft ohne richterliche Anordnung oder Gerichtsbeschluss getroffen wird; in der Erwägung, dass gezielte Tötungen von bestimmten Personen unter bestimmten Umständen als außergerichtliche Tötungen angesehen werden können;
U. in der Erwägung, dass der Krieg im Jemen den Nährboden für extremistische Gruppen, wie etwa Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel, bereitet hat, die ihren Aktionsradius nun ausdehnen und dadurch die ganze Region bedrohen können; in der Erwägung, dass ein stabiler, sicherer Jemen mit einer funktionierenden Regierung von entscheidender Bedeutung für die internationalen Bemühungen um die Bekämpfung des Extremismus und der Gewalt in der Großregion und darüber hinaus sowie für den Frieden und die Stabilität im Jemen selbst ist;
V. in der Erwägung, dass Stabilität in der Großregion für die EU von entscheidender Bedeutung ist; in der Erwägung, dass sich die EU um einen umfassenden und strategischen Ansatz bemüht, bei dem alle einschlägigen regionalen Akteure einbezogen werden; in der Erwägung, dass die Herbeiführung einer politischen Lösung des Konflikts unter der Schirmherrschaft der Friedensinitiative der Vereinten Nationen für den Jemen für die EU und die internationale Gemeinschaft insgesamt Vorrang haben sollte;
W. in der Erwägung, dass die EU nach wie vor entschlossen ist, allen darauf angewiesenen Menschen in Jemen weiterhin lebensrettende Hilfe zu leisten; in der Erwägung, dass die EU gleichzeitig die Bedenken der Vereinten Nationen und anderer Geber dazu teilt, dass der humanitäre Raum immer enger wird; in der Erwägung, dass die EU von 2015 bis jetzt mehr als 233 Mio. EUR an humanitärer Hilfe für den Jemen bereitgestellt hat;
1. verurteilt die fortgesetzte Gewalt im Jemen und die Angriffe auf die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur aufs Schärfste; hebt hervor, dass es angesichts des Konflikts, der sich zurzeit weiterhin zu einer der schlimmsten humanitären, politischen und wirtschaftlichen Krisen ausweitet, in großer Sorge ist; erinnert alle beteiligten Parteien, einschließlich ihrer regionalen und internationalen Unterstützer, daran, dass gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur, wie etwa Krankenhäuser und medizinisches Personal, Anlagen zur Wasserversorgung, Häfen, Flughäfen und Märkte, einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen;
2. bedauert zutiefst die Todesopfer, die der Konflikt gefordert hat, und das Leid der von den Kämpfen betroffenen Menschen und spricht den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus; bekräftigt, dass es entschlossen ist, den Jemen und seine Bevölkerung auch weiterhin zu unterstützen;
3. fordert alle Konfliktparteien auf, die Feindseligkeiten unverzüglich einzustellen; fordert Saudi-Arabien und die anderen beteiligten Akteure nachdrücklich auf, die gegen den Jemen verhängte Blockade weiter zu lockern; fordert alle direkt oder indirekt betroffenen Staaten und die einschlägigen Akteure, darunter auch den Iran, auf, größtmöglichen Druck auf alle Parteien auszuüben, damit sie auf Deeskalation hinarbeiten und unverzüglich aufhören, in direkter oder indirekter Weise die militärischen Akteure vor Ort politisch, militärisch oder finanziell zu unterstützen;
4. vertritt die Auffassung, dass nur eine politische Lösung des Konflikts, in die alle Seiten einbezogen werden und die im Wege von Verhandlungen erreicht wird, den Frieden wiederherstellen und die Einheit, Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit des Jemen wahren kann; fordert alle internationalen und regionalen Akteure auf, konstruktiv mit den Parteien im Jemen zusammenzuarbeiten, um einer Deeskalation des Konflikts und einer Verhandlungslösung den Weg zu ebnen;
5. unterstützt die Bemühungen des Sondergesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für den Jemen, Martin Griffiths, den politischen Prozess wieder in Gang zu bringen; weist auf dessen an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gerichtete Erklärung vom 11. September 2018 hin, der zufolge es gelungen sei, den politischen Prozess mit eindeutiger Unterstützung der jemenitischen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft wieder in Gang zu bringen, obwohl eine der Seiten bei den Konsultationen in Genf in der vorangegangenen Woche nicht anwesend gewesen sei und die Konsultationen alles andere als planmäßig verlaufen seien; begrüßt den Besuch von Martin Griffiths in Sanaa am 16. September 2018; fordert, dass der Sondergesandte uneingeschränkten und ungehinderten Zugang zum gesamten Gebiet des Jemen erhält; fordert die VP/HR und alle EU-Mitgliedstaaten auf, Martin Griffiths politisch zu unterstützen, um auf dem Verhandlungsweg zu einer Einigung zu kommen, die alle Gruppen einbezieht;
6. verurteilt alle Terroranschläge auf das Schärfste; ist zutiefst besorgt darüber, dass kriminelle und terroristische Gruppierungen, darunter Al-Qaida und der IS, im Jemen verstärkt vertreten sind; fordert alle Konfliktparteien auf, entschlossen gegen derartige Gruppierungen vorzugehen; verurteilt die Anwesenheit ausländischer Kämpfer und fordert, dass alle diese Kämpfer den Jemen verlassen;
7. fordert alle Konfliktparteien auf, die Konfliktgebiete unverzüglich und uneingeschränkt für humanitäre Hilfe zu öffnen, damit der notleidenden Bevölkerung geholfen werden kann; fordert den Rat und den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, im Einklang mit der Resolution 2216 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen die Personen zu ermitteln, die die Leistung humanitärer Hilfe im Jemen behindern, und gezielte Sanktionen gegen sie zu verhängen;
8. betont, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen seine Unterstützung für den Verifikations- und Inspektionsmechanismus der Vereinten Nationen (UNVIM) hervorgehoben hat und die EU die Fortführung des UNVIM und die vollständige und ungehinderte Umsetzung seines Mandats uneingeschränkt unterstützt;
9. fordert alle Konfliktparteien auf, sämtliche Angriffe gegen die Meinungsfreiheit sofort einzustellen und alle Journalisten und Menschenrechtsverteidiger, die ausschließlich deshalb festgehalten werden, weil sie ihre Menschenrechte wahrgenommen haben, freizulassen; fordert alle Parteien auf, die Arbeit von Mitarbeitern internationaler Medien und humanitärer Organisationen in Bezug auf den Konflikt nicht länger zu behindern;
10. fordert alle Konfliktparteien auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit in allen Fällen mutmaßlicher Menschenrechtsverstöße und -verletzungen sowie mutmaßlicher Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht wirksame, unparteiische und unabhängige Untersuchungen im Einklang mit internationalen Standards gewährleistet werden; ist zutiefst besorgt über Berichte über die Verweigerung der Religions- oder Glaubensfreiheit, die die internationalen Normen verletzt, etwa durch Diskriminierung, unrechtmäßige Inhaftierungen, die Anwendung von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, wie etwa sexuelle und andere Gewalt gegen Frauen, Männer, Mädchen und Jungen;
11. fordert alle Konfliktparteien auf, die Rekrutierung oder den Einsatz von Kindern als Soldaten einzustellen und anderen schweren Verletzungen der Rechte von Kindern, die Verstöße gegen das geltende Völkerrecht und die internationalen Normen darstellen, ein Ende zu setzen; fordert alle Parteien auf, bereits rekrutierte Kinder freizulassen und im Hinblick auf ihre Resozialisierung und Wiedereingliederung in ihre lokalen Gemeinschaften mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten; unterstützt die entscheidende Arbeit von UNICEF im Jemen;
12. fordert das Sonderstrafgericht im von den Huthi kontrollierten Gebiet in Sanaa auf, Asmaa al-Umaissi, Said al-Ruwaischid und Ahmad Bawasir, die gewaltsam verschleppt, gefoltert und nach einem grob ungerechten Verfahren wegen angeblicher Unterstützung eines verfeindeten Staates zum Tode verurteilt wurden, freizusprechen und freizulassen;
13. fordert das Sonderstrafgericht in Sanaa auf, die 25 Anhänger des Bahai-Glaubens, die derzeit in Haft sind, weil sie friedlich ihre Religion ausübten, und denen Straftaten zur Last gelegt werden, die mit dem Tod bestraft werden können, unverzüglich freizulassen;
14. erinnert alle Konfliktparteien daran, dass sie gemäß dem Völkerrecht für alle von ihnen begangenen Verbrechen verantwortlich sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um mutmaßliche Täter von Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen, insbesondere durch strafrechtliche Verfolgung von Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen, die derartiger Verstöße verdächtigt werden, auf nationaler oder internationaler Ebene, durch die Anwendung des Grundsatzes der universellen Gerichtsbarkeit und durch Ermittlungen und Strafverfolgung gegen die mutmaßlichen Verantwortlichen für Gräueltaten im Jemen;
15. würdigt die Arbeit der Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger der Vereinten Nationen für den Jemen und bekundet seine uneingeschränkte Solidarität mit ihrem Vorsitzenden, Kamel Jendoubi; begrüßt den Jahresbericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte über die Lage im Jemen vom 24. September 2018, in dem der Menschenrechtsrat beschlossen hat, das Mandat der Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger um ein weiteres Jahr zu verlängern, einen Zeitraum, der mit Genehmigung des Menschenrechtsrats erneut verlängert werden kann, um das Mandat auf die Erhebung von Beweisen für im Jemen begangene Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auszudehnen, damit diejenigen, die sich dieser Verbrechen schuldig gemacht haben, strafrechtlich verfolgt und bestraft werden können; fordert, die Lage im Jemen an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zu verweisen; fordert den Jemen nachdrücklich auf, dem IStGH beizutreten, was es ermöglichen würde, alle Personen strafrechtlich zu verfolgen, die für die während des Konflikts begangenen Verbrechen verantwortlich sind, ohne dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen befasst wird;
16. fordert die Europäische Union und alle Mitgliedstaaten auf, die Gruppe namhafter internationaler und regionaler Sachverständiger in allen einschlägigen Gremien der Vereinten Nationen und insbesondere im Menschenrechtsrat geschlossen, unverzüglich und wirksam zu unterstützen;
17. fordert den Rat, die VP/HR und die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, sich gegen außergerichtliche Tötungen – einschließlich des Einsatzes von Drohnen – zu stellen, den Standpunkt der EU im Einklang mit dem Völkerrecht entschlossen zu vertreten und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedstaaten keine rechtswidrigen tödlichen Operationen durchführen, ermöglichen oder anderweitig daran beteiligt sind; fordert den Rat auf, einen Gemeinsamen Standpunkt zum Einsatz bewaffneter Drohnen anzunehmen;
18. fordert die EU auf, auf der nächsten Tagung des Menschenrechtsrats die Initiative zu ergreifen und die Frage der Mitgliedschaft von Staaten aufzuwerfen, die eine zutiefst fragwürdige Menschenrechtsbilanz aufweisen;
19. fordert die VP/HR, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, mit den Ländern der Region weiterhin einen Dialog über Menschenrechte und Grundfreiheiten zu führen; bekundet seine Bereitschaft, mit den Staatsorganen der Länder der Region einen konstruktiven und offenen Dialog über die Einhaltung ihrer internationalen Verpflichtungen in Bezug auf die Menschenrechte zu führen; fordert einen Austausch von Fachwissen über justizielle und rechtliche Themen, damit der Schutz der Rechte des Einzelnen in den Ländern der Region verbessert wird;
20. fordert den Rat auf, gemäß den einschlägigen EU-Leitlinien wirksam für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts einzutreten; bekräftigt insbesondere, dass die im Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP festgelegten Regelungen von allen EU-Mitgliedstaaten strikt eingehalten werden müssen; verweist vor diesem Hintergrund auf seine Entschließungen vom 25. Februar 2016 und vom 30. November 2017 zur Lage im Jemen; fordert in diesem Zusammenhang alle EU-Mitgliedstaaten auf, davon Abstand zu nehmen, Waffen und Militärausrüstung an Saudi-Arabien, die VAE oder ein anderes Mitglied der internationalen Koalition oder an die jemenitische Regierung oder eine andere der Konfliktparteien zu verkaufen;
21. beklagt die Zerstörung jemenitischen Kulturerbes, wie der Altstadt von Sanaa und der historischen Stadt Sabid, durch die Luftangriffe der von Saudi-Arabien angeführten Koalition; bedauert diese Zerstörung, weist auf die Verantwortung der Koalition dafür hin und betont, dass sie auch für derartige Taten zur Rechenschaft gezogen werden wird; fordert den Generalsekretär der Vereinten Nationen auf, den Sicherheitsrat mit einer Resolution zu der Frage des Schutzes aller Kulturstätten, die vom Konflikt im Jemen bedroht sind, zu befassen;
22. begrüßt den Plan der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen im Jemen von 2018 und die Hochrangige Geberkonferenz für den Jemen von 2018, auf der von internationalen Gebern mehr als 2 Mrd. USD zugesagt wurden; bedauert jedoch, dass es im Jemen immer noch eine Finanzierungslücke gibt; begrüßt es, dass sich die EU verpflichtet hat, die vom Konflikt im Jemen Betroffenen zu unterstützen, und Hilfe in Höhe von 107,5 Mio. EUR zugesagt hat; fordert alle Geber auf, die zugesagten Beträge rasch auszuzahlen; begrüßt es, dass die EU dem Jemen weiterhin Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen wird, wobei Maßnahmen, die auf die Stabilisierung des Landes abzielen, Vorrang haben, und in stabilen Gebieten mit den Behörden vor Ort zusammenarbeiten wird, um zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung beizutragen und darauf hinzuwirken, dass die Bevölkerung vor Ort über eine tragfähige Existenzgrundlage verfügt;
23. behält sich vor, die Angelegenheit erneut zu prüfen, bis eine Verhandlungslösung erzielt worden ist; empfiehlt, dass sein Unterausschuss Menschenrechte die Entwicklung der Menschenrechtslage im Jemen beobachtet und einen Bericht über die in dem Land begangenen Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen erstellt;
24. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär des Golf-Kooperationsrats, dem Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten und der Regierung des Jemen zu übermitteln.
- [1] ABl. C 35 vom 31.1.2018, S. 142.
- [2] ABl. C 331 vom 18.9.2018, S. 146.
- [3] ABl. C 265 vom 11.8.2017, S. 93.
- [4] Angenommene Texte, P8_TA(2017)0473.