Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B9-0169/2020/REV1Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B9-0169/2020/REV1

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu dem Gesetz der VR China über die nationale Sicherheit in Bezug auf Hongkong und dem notwendigen Eintreten der EU für Hongkongs hohes Maß an Autonomie

15.6.2020 - (2020/2665(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 132 Absätze 2 und 4 der Geschäftsordnung
anstelle der folgenden Entschließungsanträge:
B9-0169/2020 (Renew)
B9-0171/2020 (S&D)
B9-0173/2020 (Verts/ALE)
B9-0176/2020 (PPE)
B9-0181/2020 (ECR)

Michael Gahler, Miriam Lexmann, Sandra Kalniete
im Namen der PPE-Fraktion
Kati Piri, Evelyne Gebhardt, Tonino Picula
im Namen der S&D-Fraktion
Hilde Vautmans, Abir Al Sahlani, Petras Auštrevičius, José Ramón Bauzá Díaz, Izaskun Bilbao Barandica, Engin Eroglu, Bernard Guetta, Moritz Körner, Nathalie Loiseau, Javier Nart, Frédérique Ries, María Soraya Rodríguez Ramos, Nicolae Ştefănuță, Marie Pierre Vedrenne
im Namen der Renew-Fraktion
Reinhard Bütikofer, Hannah Neumann
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Anna Fotyga, Raffaele Fitto, Bert Jan Ruissen, Hermann Tertsch, Charlie Weimers, Elżbieta Kruk, Nicola Procaccini, Bogdan Rzońca, Valdemar Tomaševski, Ruža Tomašić
im Namen der ECR-Fraktion
Fabio Massimo Castaldo, Daniela Rondinelli, Rosa D’Amato


Verfahren : 2020/2665(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B9-0169/2020
Eingereichte Texte :
RC-B9-0169/2020
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Gesetz der VR China über die nationale Sicherheit in Bezug auf Hongkong und dem notwendigen Eintreten der EU für Hongkongs hohes Maß an Autonomie

(2020/2665(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 18. Juli 2019 zur Lage in Hongkong[1], vom 24. November 2016 zu dem Fall des in China inhaftierten Verlegers Gui Minhai[2], vom 4. Februar 2016 zu dem Fall der verschollenen Buchverleger aus Hongkong[3] und auf seine vorangegangenen Empfehlungen in Bezug auf Hongkong, insbesondere jene vom 13. Dezember 2017 zu Hongkong 20 Jahre nach der Übergabe an China[4],

 unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu China, insbesondere jene vom 12. September 2018[5] und vom 16. Dezember 2015[6] zu den Beziehungen zwischen der EU und China,

 unter Hinweis auf die Annahme der Entschließung des chinesischen Nationalen Volkskongresses vom 28. Mai 2020 zum Gesetz über die nationale Sicherheit Hongkongs,

 unter Hinweis auf die am 22. Mai und 29. Mai 2020 im Namen der Europäischen Union vom Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) abgegebenen Erklärungen zu Hongkong,

 unter Hinweis auf die auf dem 21. Gipfeltreffen EU-China vom 9. April 2019 abgegebene gemeinsame Erklärung,

 unter Hinweis auf das Grundgesetz („Basic Law“) der Sonderverwaltungsregion Hongkong vom 4. April 1990, das am 1. Juli 1997 in Kraft getreten ist,

 unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der HR/VP vom 22. Juni 2016 zu Elementen einer neuen EU-Strategie für China (JOIN(2016)0030), die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der HR/VP vom 12. März 2019 mit dem Titel „EU-China – Strategische Perspektiven“ (JOIN(2019)0005) und die Schlussfolgerungen des Rates vom 18. Juli 2016 zu einer EU-Strategie für China,

 unter Hinweis auf die gemeinsamen Jahresberichte der Kommission und der HR/VP vom 8. Mai 2019 (JOIN(2019)008), 26. April 2017 (JOIN(2016)0016) und 25. April 2016 (JOIN(2016)0010) über die Sonderverwaltungsregion Hongkong und die vorausgegangenen 20 Berichte in ähnlicher Form;

 unter Hinweis auf den 13. jährlichen strukturierten Dialog, der am 28. November 2019 in Hongkong stattfand, und den 37. Menschenrechtsdialog zwischen der EU und China, der am 1. und 2. April 2019 in Brüssel stattfand,

 unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Regierung der Volksrepublik China vom 19. Dezember 1984 zur Hongkong-Frage, auch bekannt als Gemeinsame britisch-chinesische Erklärung,

 unter Hinweis auf die „Ein-China-Politik“ der EU,

 unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

 unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966,

 gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass in der Gemeinsamen britisch-chinesischen Erklärung von 1984 garantiert und im Grundgesetz der Sonderverwaltungsregion Hongkong von 1990 festgelegt ist, dass in Hongkong die Autonomie und Unabhängigkeit der Exekutive, Legislative und Judikative sowie die Grundrechte und -freiheiten, einschließlich der Rede-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Pressefreiheit, für 50 Jahre nach der Übergabe der Souveränität erhalten bleiben; in der Erwägung, dass das Grundgesetz der Sonderverwaltungsregion Hongkong Bestimmungen enthält, mit denen Hongkongs Autonomie bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung und beim Erlass von Rechtsvorschriften zum Verbot von Verrat, Abspaltung, Aufruhr oder Subversion gegen die Zentralregierung der VR China gewährleistet wird; in der Erwägung, dass sowohl in der Gemeinsamen Erklärung als auch im Grundgesetz das zwischen China und dem Vereinigten Königreich vereinbarte Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ verankert ist; in der Erwägung, dass auch die VR China internationale Übereinkommen über diese Rechte unterzeichnet und ratifiziert und mithin die Bedeutung und Universalität der Menschenrechte anerkannt hat; in der Erwägung, dass Hongkong Vertragspartei des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte ist;

B. in der Erwägung, dass sich die EU dafür einsetzt, die Menschenrechte, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit als Grundwerte zu fördern und zu achten, von denen sie sich im Einklang mit ihrer Zusage, diese Werte im Rahmen ihres auswärtigen Handelns zu wahren, in ihren langjährigen Beziehungen zur Volksrepublik China leiten lässt; in der Erwägung, dass die EU weiterhin für die dauerhafte Stabilität und den dauerhaften Wohlstand Hongkongs nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ eintritt und dem Erhalt des hohen Maßes an Autonomie Hongkongs im Einklang mit dem Grundgesetz und völkerrechtlichen Verpflichtungen sowie der Achtung dieses Grundsatzes große Bedeutung beimisst; in der Erwägung, dass der Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ insbesondere seit den Protesten der Regenschirm-Bewegung durch die Einmischung der Staatsorgane Chinas ausgehöhlt wird, politische Führungspersönlichkeiten inhaftiert werden, die Redefreiheit untergraben wird, immer mehr Personen erzwungenermaßen oder unfreiwillig verschwinden sowie pekingfreundliche Eigentümer Buchhandlungen und Medien erwerben;

C. in der Erwägung, dass der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses am 28. Mai 2020 eine Entschließung angenommen hat, in der der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses ermächtigt wird, Gesetze gegen Separatismus, die Untergrabung der Staatsgewalt, Terrorismus und ausländische Einmischung in Hongkong zu verabschieden, und dass in der Entschließung weitere Maßnahmen genannt werden, die ergriffen werden sollen, darunter Lerninhalte zur nationalen Sicherheit, die Einrichtung nationaler Sicherheitsorgane in Hongkong, die der chinesischen Zentralregierung unterstellt sind, sowie eine regelmäßige Berichterstattung der Hongkonger Regierungschefin („Chief Executive“) an die Zentralregierung darüber, inwieweit Hongkong seine Pflicht zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit erfüllt hat;

D. in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft die Ansicht vertritt, dass dieser Beschluss eine Bedrohung für den Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ darstellt, dass dadurch die Bestimmungen des Grundgesetzes Hongkongs und der Gemeinsamen britisch-chinesischen Erklärung missachtet werden, dass der Beschluss den Verpflichtungen Hongkongs in Bezug auf die Menschenrechte zuwiderläuft, dass dadurch Hongkongs eigener Gesetzgebungsprozess vollständig umgangen wird und dass dies den jüngsten und krassesten der seit Jahren von Peking unternommenen Versuche darstellt, die Freiheit und Autonomie Hongkongs und die bürgerlichen Freiheiten seiner Bürger einzuschränken;

E. in der Erwägung, dass die Menschen in Hongkong in den vergangenen Jahren in noch nie dagewesener Zahl auf die Straße gegangen sind und von ihrem Grundrecht Gebrauch gemacht haben, sich zu versammeln und zu protestieren; in der Erwägung, dass durch dieses Gesetz die anhaltenden Spannungen in Hongkongs Politik und Gesellschaft nicht verringert werden, sondern vielmehr die bestehende Unzufriedenheit weiter verschärft wird; in der Erwägung, dass die Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong im Februar 2019 das „Gesetz 2019 über flüchtige Straftäter und die gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen zur Änderung der Verordnung über flüchtige Straftäter“ ungeachtet des massiven Widerstands vonseiten der Bürger Hongkongs vorgeschlagen hatte, was Massenproteste in Hongkong im vergangenen und in diesem Jahr auslöste, bis das Vorhaben nach 20 Wochen währenden Protestkundgebungen aufgegeben wurde;

F. in der Erwägung, dass Peking im April und Mai 2020 seine Bemühungen intensiviert hat, seine Herrschaft in Hongkong durchzusetzen, und dass dabei Hunderte Anhänger der Demokratiebewegung und Angehörige von Oppositionsgruppen zum Schweigen gebracht, verhaftet und strafrechtlich verfolgt wurden; in der Erwägung, dass die Hongkonger Polizei Straffreiheit genießt, was ihr brutales Vorgehen gegen Demonstranten in den Jahren 2019 und 2020 anbelangt; in der Erwägung, dass mehr als 360 Anhänger der Demokratiebewegung von Hongkong am 27. Mai 2020 bei Demonstrationen gegen das chinesische Gesetz zur Bekämpfung von Aufruhr festgenommen wurden; in der Erwägung, dass die Hongkonger Polizei Maßnahmen zur Sicherstellung der räumlichen Distanzierung im Zusammenhang mit COVID-19 als Vorwand genutzt hat, um unnötige und übermäßige Gewalt gegen die überwiegend friedlichen Demonstranten auszuüben, unter anderem durch den Einsatz von Tränengas, Gummigeschossen, Beanbag-Geschossen und Pfefferspray;

G. in der Erwägung, dass die Hongkonger Regierungschefin am 20. April 2020 von Mitgliedern des Europäischen Parlaments aufgefordert wurde, dafür zu sorgen, dass die Anklagen gegen 15 prodemokratische Aktivisten, die 2019 an friedlichen Protesten in Hongkong teilgenommen hatten, fallengelassen werden; in der Erwägung, dass Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen am 13. Mai 2020 die Behörden der Sonderverwaltungsregion Hongkong nachdrücklich aufgefordert haben, die strafrechtliche Verfolgung der 15 prodemokratischen Aktivisten unverzüglich einzustellen;

H. in der Erwägung, dass gemäß dem vorgeschlagenen Plan für die nationalen Sicherheit Aktionsgruppen verboten und strafrechtlich verfolgt werden könnten, Gerichte lange Gefängnisstrafen für Verstöße gegen die nationale Sicherheit verhängen könnten, die chinesischen Sicherheitsorgane offen in der Stadt tätig sein könnten und dass eine neue Bestimmung bezüglich des Verbots des Terrorismus den Staatsorganen, Sicherheitskräften und Streitkräften Chinas weitgehende und unkontrollierte Befugnisse einräumen wird, in Hongkong zu agieren; in der Erwägung, dass die Strafverfolgungsbehörden von Festlandchina Berichten zufolge bereits illegal in Hongkong tätig sind; in der Erwägung, dass jeder Einsatz der Strafverfolgungsbehörden der VR China in Hongkong eine schwerwiegende Verletzung des Grundsatzes „Ein Land, zwei Systeme“ darstellt;

I. in der Erwägung, dass die Regierungschefin Hongkongs, Carrie Lam, die von Peking vorgeschlagenen Rechtsvorschriften verteidigt und eingeräumt hat, dass in Hongkong keine öffentliche Konsultation zum Sicherheitsplan stattfinden wird, wobei sie darauf verwies, dass Rechte und Freiheiten nicht absolut seien; in der Erwägung, dass die Regierungschefin von Hongkong in einem am 29. Mai 2020 in Zeitungen abgedruckten Schreiben an die Bürger Hongkongs appellierte, volles Verständnis für den vom Nationalen Volkskongress gefassten Beschluss aufzubringen und ihn nachdrücklich zu unterstützen;

J. in der Erwägung, dass der Staatsrat der VR China am 10. Juni 2014 ein Weißbuch über die praktische Umsetzung der Formel „Ein Land, zwei Systeme“ in Hongkong veröffentlicht und dabei betont hat, dass die Autonomie der Sonderverwaltungsregion Hongkong letztlich von der Genehmigung der Zentralregierung der VR China abhängt; in der Erwägung, dass die Regierung Chinas der Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong unter Verstoß gegen das Grundgesetz Hongkongs nahegelegt hat, aus Gründen der nationalen Sicherheit eine neue Null-Toleranz-Politik in Bezug auf jegliche Erwähnung der Begriffe „Selbstbestimmung“ oder „Unabhängigkeit“ zu verfolgen;

K. in der Erwägung, dass die Justiz in Festlandchina nicht unabhängig von der Regierung und der Kommunistischen Partei Chinas ist und durch willkürliche Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen, schwere Verletzungen der Rechte auf einen fairen Prozess, die Praxis des Verschwindenlassens und verschiedene Systeme der Isolationshaft ohne Gerichtsverfahren gekennzeichnet ist;

L. in der Erwägung, dass eine parteiübergreifende internationale Koalition unter der Leitung des ehemaligen Gouverneurs von Hongkong, Lord Patten, der sich bisher etwa 900 Parlamentarier und politische Entscheidungsträger aus über 40 Ländern angeschlossen haben, eine Erklärung abgegeben hat, in der die „unilaterale Einführung von Vorschriften über die nationale Sicherheit in Hongkong“ durch Peking kritisiert wird und aufgeschlossene Regierungen aufgefordert werden, sich gegen diesen „eklatanten Verstoß gegen die Gemeinsame chinesisch-britische Erklärung“ zusammenzuschließen;

M. in der Erwägung, dass das vereinigte prodemokratische Lager bei der Wahl zu den Distrikträten in Hongkong vom 24. November 2019 einen überwältigenden Sieg erzielte; in der Erwägung, dass für September 2020 die Wahl zum Legislativrat Hongkongs angesetzt ist;

N. in der Erwägung, dass der britische Außenminister Dominic Raab am 2. Juni 2020 im Unterhaus erklärt hat, dass die britische Regierung im Falle der Umsetzung der vorgeschlagenen Rechtsvorschriften durch China neue Regelungen einführen wird, die es den Inhabern britischer Überseepässe in Hongkong ermöglichen, für einen längeren Zeitraum als die derzeit geltenden sechs Monate in das Vereinigte Königreich einzureisen, sodass sie im Vereinigten Königreich leben und einen zwölfmonatigen, verlängerbaren Studien- und Arbeitsaufenthalt beantragen können, wodurch ihnen auch ein Weg zur Staatsbürgerschaft eröffnet wird;

O. in der Erwägung, dass es in Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) wie folgt heißt: „Die Union lässt sich bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen leiten, die für ihre eigene Entstehung, Entwicklung und Erweiterung maßgebend waren und denen sie auch weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will“;

1. verurteilt die unilaterale Einführung von Rechtsvorschriften über die nationale Sicherheit in Hongkong durch die Pekinger Zentralregierung. da dies einen massiven Angriff auf die Autonomie der Stadt, die Rechtsstaatlichkeit und die Grundfreiheiten darstellt; betont, dass die Gültigkeit des Grundsatzes „Ein Land, zwei Systeme“ ernsthaft gefährdet ist; betont, dass die Einführung der geplanten Rechtsvorschriften über die nationale Sicherheit als Verstoß gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen der VR China, insbesondere im Rahmen der Gemeinsamen britisch-chinesischen Erklärung, anzusehen wäre, was das Vertrauensverhältnis zwischen China und der Europäischen Union, die künftige Zusammenarbeit und das Vertrauen der Wirtschaft in Hongkong als bedeutendes globales Finanzzentrum erheblich zu beschädigen droht;

2. verurteilt die anhaltenden und sich häufenden Einmischungen Chinas in die inneren Angelegenheiten Hongkongs sowie die jüngste Behauptung Chinas aufs Schärfste, wonach es sich bei der Gemeinsamen britisch-chinesischen Erklärung aus dem Jahr 1984 um ein geschichtliches Dokument handele, das folglich nicht länger gültig sei; betont, dass sich die chinesische Regierung in der Gemeinsamen Erklärung, die bei den Vereinten Nationen als rechtlich bindender Vertrag hinterlegt wurde, verpflichtet hat, das hohe Maß an Autonomie Hongkongs und dessen Rechte und Freiheiten aufrechtzuerhalten; ist zutiefst besorgt darüber, dass ein dauerhafter Verstoß gegen den autonomen Regierungsrahmen Hongkongs dessen Wirtschaft erheblich schwächen wird; fordert die Zentralregierung der VR China auf, die Geschäftswelt nicht unter Druck zu setzen, damit sie die Rechtsvorschriften zur nationalen Sicherheit unterstützt, und die internationale Unterstützung für die Autonomie und die Freiheiten Hongkongs nicht als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ und Akte der Subversion und Trennung zu bezeichnen, da diese Anliegen verbindliche internationale Verpflichtungen der VR China betreffen;

3. fordert die Staatsorgane Chinas auf, die mit der Gemeinsamen britisch-chinesischen Erklärung eingegangenen internationalen Verpflichtungen Chinas einzuhalten; betont, dass China das Hongkonger Grundgesetz und den Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ uneingeschränkt achten sollte, indem es unter anderem das allgemeine Wahlrecht einführt; betont, dass China das hohe Maß an Autonomie der Sonderverwaltungsregion Hongkong nicht unterlaufen sollte;

4. schließt sich der Einschätzung des HR/VP an, wonach eine neue und solidere Strategie im Umgang mit einem immer dominanter auftretenden China sowie ein offener und ehrlicher Dialog vonnöten sind; fordert den Rat und den EAD nachdrücklich auf, einen entschlosseneren Standpunkt zur Unterstützung der fortgesetzten rechtlichen Autonomie Hongkongs einzunehmen; betont, dass dies von entscheidender Bedeutung ist, damit die Befürworter der Demokratie in Hongkong und die internationale Gemeinschaft im weiteren Sinne wissen, dass die EU an ihren Grundwerten der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit festhält;

5. fordert den Rat und den HR/VP nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass alle Aspekte der Beziehungen der EU zur VR China an den Grundsätzen und Werten ausgerichtet werden, die in Artikel 21 EUV niedergelegt sind, und dass das Gesetz über die nationale Sicherheit in Bezug auf Hongkong auf dem bevorstehenden Gipfeltreffen EU-China und auf dem geplanten Treffen der Führungsspitzen der EU und Chinas ebenso wie andere Menschenrechtsfragen wie die Lage der Uiguren vorrangig behandelt wird;

6. betont, dass die EU Chinas wichtigstes Ausfuhrziel ist; ist der Ansicht, dass die EU ihren wirtschaftlichen Einfluss nutzen sollte, indem sie auf Chinas massive Menschenrechtsverstöße mit wirtschaftlichen Maßnahmen reagiert; betont, dass das Parlament aufgrund der derzeitigen Lage in seiner Überzeugung bestärkt wird, dass die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ein wichtiger Bestandteil der Verhandlungen über ein Investitionsabkommen zwischen der EU und China sein muss; fordert die Kommission auf, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, so auch im Rahmen der laufenden Verhandlungen über ein bilaterales Investitionsabkommen, zu nutzen, um Druck auf die chinesischen Staatsorgane auszuüben, damit sie Hongkongs hohes Maß an Autonomie sowie die Grundrechte und Grundfreiheiten seiner Bürger und unabhängigen Organisationen der Zivilgesellschaft wahren und die Menschenrechtslage auf dem Festland und in Hongkong verbessern; bekräftigt seine Forderung, ein verbindliches und durchsetzbares Kapitel über nachhaltige Entwicklung in das Abkommen aufzunehmen; fordert die EU im Hinblick auf Artikel 21 EUV nachdrücklich auf, eine Menschenrechtsklausel in künftige Handelsabkommen mit der VR China aufzunehmen; beauftragt die Kommission, die chinesische Seite davon in Kenntnis zu setzen, dass das Parlament die Menschenrechtslage in China und auch in Hongkong zu berücksichtigen gedenkt, wenn es darum ersucht wird, ein umfassendes Investitionsabkommen oder künftige Handelsabkommen mit der VR China zu billigen;

7. betont, dass die internationale Gemeinschaft eng zusammenarbeiten muss, um Druck auf Peking auszuüben, damit seine Maßnahmen im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen stehen, die das Land im Rahmen der Gemeinsamen britisch-chinesischen Erklärung von 1984 eingegangen ist;

8. stellt fest, dass die Politik der VR China, den Ansatz „Ein Land, zwei Systeme“ aufzugeben, in der Bevölkerung Taiwans auf starkes Missfallen stößt, und betont seine Bereitschaft, mit internationalen Partnern zusammenzuarbeiten, um zur Stärkung der Demokratie in Taiwan beizutragen;

9. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, für den Fall, dass das neue Sicherheitsgesetz angewandt wird, die Einreichung einer Klage vor dem Internationalen Gerichtshof zu prüfen, in der geltend gemacht wird, dass Chinas Beschluss, Hongkong ein Gesetz über die nationale Sicherheit aufzuerlegen, gegen die Gemeinsame britisch-chinesische Erklärung und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte verstößt;

10. fordert die Mitgliedstaaten der EU, die Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sind, nachdrücklich auf, ein Treffen nach der „Arria-Formel“ einzuberufen, um die Situation in Hongkong mit politisch engagierten Bürgern, Vertretern nichtstaatlicher Organisationen und Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen zu erörtern; fordert die EU in diesem Zusammenhang auf, darauf zu drängen, dass sich der Generalsekretär der Vereinten Nationen oder die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte entsprechend der Initiative der Vorsitzenden der Ausschüsse für auswärtige Angelegenheiten des Vereinigten Königreichs, Kanadas, Australiens und Neuseelands einen Sondergesandten oder Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Lage in Hongkong ernennt;

11. fordert den Rat und den HR/VP auf, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten und eine internationale Kontaktgruppe zu Hongkong einzurichten sowie sich beim weiteren Vorgehen mit internationalen Partnern, insbesondere mit dem Vereinigten Königreich, abzustimmen;

12. fordert den Rat und insbesondere den kommenden Ratsvorsitz auf, die Arbeit an einer weltweit geltenden EU-Sanktionsregelung für Menschenrechtsverletzungen im Jahr 2020 abzuschließen, wie es das Parlament in seiner Entschließung vom 14. März 2019 gefordert hat[7], und fordert den Rat auf, gezielte Sanktionen wie das Einfrieren von Vermögenswerten gegen chinesische Amtsträger zu beschließen, die für die Ausarbeitung und Umsetzung politischer Maßnahmen verantwortlich sind, mit denen Menschenrechte verletzt werden; ist der Ansicht, dass auf diesen Menschenrechtsrahmen zurückgegriffen werden könnte, um gegen die führenden Politiker, die für dieses harte Vorgehen gegen Hongkong und seine Bevölkerung und für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, Sanktionen zu verhängen, die vergleichbar mit denen sind, die im „Magnitsky Act“ aufgeführt sind; betont, dass solche Sanktionen mit demokratischen Partnern wie Australien, Kanada, den USA, Japan und Südkorea erörtert und nach Möglichkeit koordiniert werden sollten;

13. fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, darauf hinzuarbeiten, dass geeignete Ausfuhrkontrollmechanismen unter anderem für Güter zur digitalen Überwachung eingeführt werden, um China und insbesondere Hongkong den Zugang zu Technologien zu verwehren, die bei der Verletzung grundlegender Rechte zum Einsatz kommen; fordert die Mitgesetzgeber in diesem Zusammenhang auf, sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zur Reform der Verordnung über Güter mit doppeltem Verwendungszweck zu einigen; betont, dass das Parlament den Vorschlag der Kommission zur Aufnahme strenger Ausfuhrkontrollen für verzeichnete und nicht verzeichnete Technologien der digitalen Überwachung weiterentwickelt und verschärft hat;

14. fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, sorgfältig zu prüfen, wie eine wirtschaftliche und insbesondere technologische Abhängigkeit von der VR China verhindert werden kann, auch bei ihren Entscheidungen über den Ausbau ihrer 5G-Netze;

15. fordert den Rat und die Kommission auf, für den Fall einer weiteren Verschlechterung der Situation der Menschenrechte und Grundfreiheiten die Schaffung einer „Rettungsboot-Regelung“ für die Bürger Hongkongs zu prüfen;

16. verurteilt alle Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Hongkong aufs Schärfste, insbesondere willkürliche Festnahmen, illegale Auslieferungen, erzwungene Geständnisse, Haft ohne Kontakt zur Außenwelt und Verstöße gegen die Publikations- und Meinungsfreiheit; fordert ein sofortiges Ende der Menschenrechtsverletzungen und der politischen Einschüchterung; äußert sich zutiefst besorgt über gemeldete Praktiken der geheimen Inhaftierung, Folter und Misshandlung sowie der erzwungenen Geständnisse; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, die einschlägigen Menschenrechtsleitlinien der EU uneingeschränkt anzuwenden und das gesamte diplomatische Personal aufzubieten, um entschlossen auf Festnahmen und Verurteilungen von politisch engagierten Bürgern zu reagieren, indem unter anderem für die Beobachtung von Gerichtsverfahren gesorgt wird, Gefängnisbesuche beantragt werden und Kontakt zu den zuständigen staatlichen Stellen aufgenommen und dabei nachdrücklich die Freilassung der Personen gefordert wird, die wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert und verurteilt wurden;

17. fordert, dass der Einsatz von Gewalt gegen Demonstranten durch die Hongkonger Polizei unabhängig, unparteiisch, effizient und zügig untersucht wird; fordert die zuständigen Stellen der Sonderverwaltungsregion Hongkong auf, dafür zu sorgen, dass die Anklagen gegen die 15 prodemokratischen Aktivisten und Politiker sowie gegen friedliche Demonstranten fallengelassen und die Strafverfahren eingestellt werden, darunter die gegen Martin Lee, Margaret Ng, Lee Cheuk-yan, Benny Tai, Jimmy Lai, Albert Ho und Leung Kwok-hung;

18. bringt seine große Besorgnis über die stetige Verschlechterung der Bürgerrechte, der politischen Rechte und der Pressefreiheit zum Ausdruck; ist zutiefst besorgt über die Aufhebung der Rechte von Journalisten, den bislang beispiellosen Druck gegenüber Journalisten und über die sich bei ihnen häufende Selbstzensur, insbesondere wenn es um die Berichterstattung über sensible Themen geht, die Festlandchina oder die Regierung Hongkongs betreffen;

19. ist immer mehr darüber besorgt, dass das Inkrafttreten des Gesetzes über die nationale Sicherheit für Hunderttausende von EU-Bürgern in Hongkong eine erhöhte Gefahr darstellt;

20. fordert den HR/VP und die Delegationen der Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Vorbereitungen auf die derzeit für September anberaumte Wahl des Legislativrats genau zu überwachen und regelmäßig darüber Bericht zu erstatten, wobei insbesondere darauf geachtet werden sollte, ob Kandidaten durch verfahrenstechnische Hindernisse oder grundlose Gerichtsverfahren unrechtmäßig daran gehindert werden, sich zur Wahl zu stellen, wobei auch zu berücksichtigen ist, ob man sich zu Wahlkampfzwecken versammeln darf und ob die Wähler ihre Stimme frei abgeben können; fordert die Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong auf, die freie und faire Wahl des Legislativrats im September 2020 sicherzustellen; fordert China nachdrücklich auf, sich nicht in den Ablauf der Wahl in der Sonderverwaltungsregion Hongkong einzumischen; fordert erneut eine systematische Reform, mit der eine direkte Wahl für das Amt des Regierungschefs und zum Legislativrat eingeführt wird, wie dies auch im Grundgesetz verankert ist, und fordert, dass eine Einigung über ein Wahlsystem erzielt wird, das insgesamt gesehen demokratisch, fair, offen und transparent ist und in dessen Rahmen den Menschen in der Sonderverwaltungsregion Hongkong bei dem Verfahren zur Auswahl aller Führungspositionen ein aktives und ein passives Wahlrecht eingeräumt wird;

21. fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung des in der VR China inhaftierten schwedischen Buchhändlers Gui Minhai;

22. fordert den HR/VP, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, all diese Anliegen konsequent anzusprechen und einen Dialog mit den Regierungen der Sonderverwaltungsregion Hongkong und Chinas sicherzustellen; bekräftigt, dass es wichtig ist, dass die EU im Einklang mit ihrer Verpflichtung, gegenüber China mit einer Stimme zu sprechen und ihre Standpunkte klar und nachdrücklich zu vertreten, das Thema der Menschenrechtsverletzungen in China, insbesondere jener, die die Minderheiten in Tibet und Xinjiang betreffen, in allen politischen Dialogen und allen Menschenrechtsdialogen mit den Staatsorganen Chinas zur Sprache bringt; weist ferner darauf hin, dass sich China im Zuge seines fortschreitenden Reformprozesses und seines zunehmenden globalen Engagements dem internationalen Rechtsrahmen für die Menschenrechte angeschlossen hat, indem es zahlreiche Menschenrechtsabkommen unterzeichnete; fordert, dass der Dialog mit China fortgeführt wird, damit erreicht wird, dass das Land seinen Verpflichtungen nachkommt;

23. zollt dem mutigen Volk Chinas Respekt, das sich im Juni 1989 auf dem Tiananmen-Platz in Peking versammelte und dort die Beseitigung der Korruption, die Einleitung politischer Reformen und die Gewährung der bürgerlichen Freiheiten forderte; fordert die Staatsorgane Chinas nachdrücklich auf, das Gedenken an das Massaker auf dem Tiananmen-Platz nicht nur in Hongkong, sondern auch im gesamten Hoheitsgebiet der VR China zu ermöglichen;

24. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China und der Regierungschefin und der Gesetzgebenden Versammlung der Sonderverwaltungsregion Hongkong zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 19. Juni 2020
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