GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Myanmar
9.2.2021 - (2021/2540(RSP))
anstelle der folgenden Entschließungsanträge:
B9-0116/2021 (The Left)
B9-0117/2021 (Verts/ALE)
B9-0120/2021 (S&D)
B9-0122/2021 (Renew)
B9-0125/2021 (ECR)
B9-0128/2021 (PPE)
Michael Gahler, Seán Kelly, Isabel Wiseler-Lima, Daniel Caspary, Miriam Lexmann, Tom Vandenkendelaere
im Namen der PPE-Fraktion
Kati Piri, Marianne Vind
im Namen der S&D-Fraktion
Urmas Paet, Izaskun Bilbao Barandica, Olivier Chastel, Vlad Gheorghe, Svenja Hahn, Moritz Körner, Frédérique Ries, María Soraya Rodríguez Ramos, Michal Šimečka, Dragoş Tudorache, Nicolae Ştefănuță
im Namen der Renew-Fraktion
Heidi Hautala, Hannah Neumann
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Anna Fotyga
im Namen der ECR-Fraktion
Marisa Matias
im Namen der Fraktion The Left
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Myanmar
Das Europäische Parlament,
unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Myanmar und zur Lage der Rohingya, insbesondere die Entschließungen vom 22. November 2012[1], vom 20. April 2012[2], vom 20. Mai 2010[3], vom 25. November 2010[4], vom 7. Juli 2016[5], vom 15. Dezember 2016[6], vom 14. September 2017[7], vom 14. Juni 2018[8], vom 13. September 2018[9] und vom 19. September 2019[10],
unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Februar 2018 und vom 10. Dezember 2018 zu Myanmar/Birma,
unter Hinweis auf den Beschluss des Rates vom 23. April 2020, die geltenden restriktiven Maßnahmen gegen Myanmar um weitere zwölf Monate zu verlängern,
unter Hinweis auf den am 14. Oktober 2020 per Videokonferenz abgehaltenen sechsten Menschenrechtsdialog zwischen der Europäischen Union und Myanmar,
unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 1. Februar 2021 zu Myanmar,
unter Hinweis auf die Erklärung zu Myanmar, die der Hohe Vertreter und Vizepräsident im Namen der Europäischen Union am 2. Februar 2021 abgab,
unter Hinweis auf den vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 23. März 2018 veröffentlichten Bericht des Generalsekretärs über sexuelle Gewalt im Zusammenhang mit Konflikten (S/2018/250),
unter Hinweis auf die Berichte des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen über Myanmar und die Lage der Menschenrechte der Muslime vom Volk der Rohingya und anderer Minderheiten,
unter Hinweis auf den Bericht der unabhängigen internationalen Ermittlungsmission für Myanmar vom 22. August 2019 über sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt in Myanmar und die geschlechtsspezifischen Auswirkungen seiner ethnischen Konflikte (A/HRC/42/CRP.4),
unter Hinweis auf die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar und des Amtes des Hohen Kommissars für Menschenrechte sowie auf die Berichte im Rahmen des Aufsichtsmechanismus der IAO,
unter Hinweis auf die Verfügung des Internationalen Gerichtshofs vom 23. Januar 2020 über das Ersuchen der Republik Gambia um die Angabe vorläufiger Maßnahmen in der Rechtssache betreffend die Anwendung der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Gambia gegen Myanmar),
unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle,
unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,
unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und das Protokoll von 1967 zu diesem Übereinkommen,
unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes,
unter Hinweis auf Artikel 25 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966,
unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der diplomatischen Vertretungen in Myanmar vom 29. Januar 2021 zur Unterstützung des Übergangs zur Demokratie und zu den Bemühungen um die Förderung von Frieden, Menschenrechten und Entwicklung in Myanmar,
unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 1. Februar 2021 zu Myanmar,
unter Hinweis auf die Erklärung der Außenminister der G7 vom 3. Februar 2021, in der der Staatsstreich in Myanmar verurteilt wird;
unter Hinweis auf die Presseerklärung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 5. Februar 2021 zu Myanmar,
unter Hinweis auf die Presseerklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen António Guterres vom 4. Februar 2021,
unter Hinweis auf die Erklärung des Vorsitzenden des Verbands südostasiatischer Staaten (ASEAN) vom 1. Februar 2021 zu den Entwicklungen in der Republik der Union Myanmar,
unter Hinweis auf den IPBPR,
unter Hinweis auf die Erklärungen des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Myanmar, Tom Andrews,
gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
- in der Erwägung, dass die unter dem Namen Tatmadaw bekannten Streitkräfte von Myanmar am 1. Februar 2021 den Präsidenten Win Myint und die Staatsberaterin Aung San Suu Kyi sowie führende Mitglieder der Regierung festgenommen, durch einen Staatsstreich die Macht über die Legislative, Judikative und Exekutive an sich gerissen und einen einjährigen Ausnahmezustand verhängt haben, was ein eindeutiger Verstoß gegen die Verfassung des Landes ist;
- in der Erwägung, dass es als Reaktion auf den Staatsstreich in mehreren Städten Myanmars zu Protesten gekommen ist; in der Erwägung, dass sich am 7. Februar 2021 in Rangun etwa 100 000 Menschen friedlich an einer Demonstration gegen den Staatsstreich beteiligt haben; in der Erwägung, dass seit dem 1. Februar 2021 etwa 164 Politiker, Regierungsbeamte, Vertreter der Zivilgesellschaft, Mönche und Schriftsteller rechtswidrig festgenommen oder unter Hausarrest gestellt wurden; in der Erwägung, dass die Streitkräfte als Reaktion auf die anhaltenden Proteste am 8. Februar in den größten Städten des Landes das Kriegsrecht ausriefen, eine nächtliche Ausgangsperre verhängten und alle Versammlungen von mehr als fünf Personen verboten;
- in der Erwägung, dass die Nationale Liga für Demokratie (NLD) bei der Parlamentswahl, die am 8. November 2020 in Myanmar abgehalten wurde, als Wahlsieger 396 von 476 Sitzen (etwa 83 % aller verfügbaren Sitze) gewann; in der Erwägung, dass es sich dabei um die zweite umstrittene Wahl nach fast 50 Jahren Militärdiktatur handelte; in der Erwägung, dass die von den Streitkräften von Myanmar unterstützte Unionspartei für Solidarität und Entwicklung (USDP) nur 33 Sitze erringen konnte; in der Erwägung, dass die NLD gegenüber der Wahl von 2015, der ersten demokratischen Wahl in Myanmar seit 1990, bei der auf sie 360 und auf die USDP 41 Sitze entfallen waren, noch mehr Stimmen erhalten hat; in der Erwägung, dass sich die Streitkräfte bereits geweigert hatten, das Ergebnis der Wahl von 1990 anzuerkennen, bei der die NLD 392 der 492 Sitze gewonnen hatte;
- in der Erwägung, dass die Wahlbeteiligung bei allen demokratischen Wahlen konstant bei etwa 70 % lag, was davon zeugt, dass die Bürger Myanmars für die Demokratie eintreten;
- in der Erwägung, dass das neugewählte Parlament am Tag des Staatsstreichs zum ersten Mal zusammentreten sollte; in der Erwägung, dass der demokratisch zum Ausdruck gebrachte Wille der Bevölkerung von Myanmar durch den Staatsstreich der Streitkräfte missachtet wird, und dass dies die Absicht der Streitkräfte widerspiegelt, erneut die alleinige Herrschaft über Myanmar zu übernehmen, so wie es während der Militärherrschaft der Fall war, die offiziell 2012 abgelöst wurde, jedoch in Wirklichkeit nie endete; in der Erwägung, dass die Streitkräfte von Myanmar erklärt haben, nach dem für ein Jahr verhängten Ausnahmezustand werde es Neuwahlen geben, was bedeutet, dass das Land bis dahin ohne parlamentarische Vertretung sein wird;
- In der Erwägung, dass 70 gewählte Abgeordnete am 4. Februar 2021 trotz des Staatsstreiches der Streitkräfte den parlamentarischen Amtseid abgelegt und gelobt haben, die Aufgaben des Parlaments auszuüben und ihr Mandat als Volksvertreter auszuüben;
- in der Erwägung, dass die Streitkräfte, die sich der geringen Unterstützung vonseiten der Bevölkerung sehr wohl bewusst sind, nicht bereit waren, das Wahlergebnis zu akzeptieren, und auf weitverbreiteten Wahlbetrug verwiesen haben, ohne Beweise vorzulegen; in der Erwägung, dass die Wahlkommission von Myanmar und die Wahlbeobachter diese Vorwürfe der Streitkräfte nicht bestätigt haben; in der Erwägung, dass die Streitkräfte und ihr politischer Arm, die USDP in den vergangenen Wochen verstärkt Anschuldigungen wegen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl erhoben und die Wahlkommission der Union von Myanmar zum Eingreifen aufgefordert haben; in der Erwägung, dass die Streitkräfte Demonstrationen zur Unterstützung der Streitkräfte organisieren; in der Erwägung, dass schätzungsweise 1,5 Millionen Wähler, die ethnischen Minderheiten in Konfliktgebieten angehören und von denen die meisten Rohingya sind, nicht an den Wahlen teilnehmen durften; in der Erwägung, dass Rohingya gemäß dem Gesetz über die Staatsbürgerschaft von Myanmar „Ausländer“ bzw. „ausländische Gebietsansässige“ sind, wodurch ihnen die Staatsbürgerschaft entzogen wird;
- in der Erwägung, dass dieser Staatsstreich eindeutig eine Verletzung der Verfassung von Myanmar von 2008 darstellt; in der Erwägung, dass nach der Verfassung von Myanmar allein der Präsident eine zivile Regierung tatsächlich abberufen kann; in der Erwägung, dass der Staatsstreich der Streitkräfte vom 1. Februar 2021 somit verfassungswidrig war, da Präsident Win Myint widerrechtlich verhaftet wurde;
- in der Erwägung, dass die Streitkräfte General Myint Swe als vorläufigen Präsidenten eingesetzt haben; in der Erwägung, dass der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Min Aung Hlaing, der wegen seiner Beteiligung an der Verfolgung der muslimischen Minderheit auf internationalen Sanktionslisten steht, wahrscheinlich weiterhin die wichtigste Führungspersönlichkeit bleiben wird;
- in der Erwägung, dass die Streitkräfte seit dem Staatsstreich den Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft und der Medien stark eingeschränkt haben, etwa durch die vollständige Abschaltung des Internets und von Plattformen der sozialen Medien gehört; in der Erwägung, dass die Streitkräfte von Myanmar von internationalen Beobachtern beschuldigt werden, Falschmeldungen zu verbreiten, um die öffentliche Meinung in Bezug auf den Staatsstreich zu manipulieren; in der Erwägung, dass landesweite Beschränkungen für soziale Medien eingeführt wurden und im Fernsehen ausschließlich der militäreigene Sender Myawaddy ausgestrahlt wird;
- in der Erwägung, dass die Streitkräfte dafür bekannt sind, politische Rivalen und Kritiker mithilfe abstruser Straftatbestände zu marginalisieren, in der Erwägung, dass Aung San Suu Kyi festgenommen und anschließend angeklagt wurde, mindestens zehn tragbare Funksprechgeräte illegal eingeführt zu haben; in der Erwägung, dass der gestürzte Präsident Win Myint am 1. Februar 2021 inhaftiert wurde, weil er gegen die Coronavirus-Notverordnung verstoßen haben soll, und dass er beschuldigt wird, während des Wahlkampfes im vergangenen Jahr ein vollbesetztes Auto gegrüßt zu haben, in dem seine Anhänger saßen; in der Erwägung, dass Aung San Suu Kyi und Win Myint bis zu drei Jahre Haft drohen, sollten sie für schuldig befunden werden; in der Erwägung, dass ihre Vorstrafen sie dann daran hindern könnten, erneut ein öffentliches Amt zu bekleiden;
- in der Erwägung, dass sich etwa 100 Gruppen der Bewegung für zivilen Ungehorsam (CDM) angeschlossen haben, die zu Streiks unter anderem im Gesundheitswesen aufgerufen hat;
- in der Erwägung, dass Myanmar von einer langen Geschichte des demokratischen Kampfes und der Unterdrückung durch die Streitkräfte geprägt ist; in der Erwägung, dass die Streitkräfte seit der Unabhängigkeit des Landes von Großbritannien im Jahr 1948, insbesondere über den langen Zeitraum von 1962 bis 2015, die Macht fest in ihren Händen hielten, jeden demokratischen Fortschritt, unter anderem in Form zivilgesellschaftlicher Organisationen, weitgehend unterbunden, die Wahrung der Menschenrechte beschnitten und Oppositionelle inhaftiert haben, darunter die Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 1991 Aung San Suu Kyi, die im Zeitraum von 1989 bis 2010 überwiegend unter Hausarrest stand;
- in der Erwägung, dass die geltende Verfassung 2008 in Kraft getreten ist und dass vor der Wahl von Menschenrechtsorganisationen Bedenken geäußert wurden, da mit ihr 25 % der Parlamentssitze den Streitkräften von Myanmar zugesprochen werden, die dadurch jegliche Verfassungsänderungen, für die 75 % der Stimmen erforderlich sind, mit einem Veto verhindern können; in der Erwägung, dass mit der Verfassung außerdem die uneingeschränkte Herrschaft der Streitkräfte über die Sicherheitskräfte und die Polizei sowie über das Innen-, Verteidigungs- und Grenzschutzministerium sichergestellt wird;
- in der Erwägung, dass sich das Land nach wiederkehrenden Protesten und internen Auseinandersetzungen Anfang der 2010er Jahre allmählich in Richtung einer demokratischen Öffnung bewegte, wodurch immer mehr bürgerliche Freiheiten gewährt und allmählich demokratische Fortschritte erkennbar wurden, was sich auch in der Parlamentswahl von 2015 sowie einer Reihe von Nachwahlen niederschlug, die alle größtenteils von der oppositionellen NLD gewonnen wurden;
- in der Erwägung, dass es in Myanmar bei dieser heiklen Gemengelage zwar seit 2015 eine halbdemokratische und zivile Regierung gab, sich das Land aber weiterhin in einem fragilen und angespannten Zustand befindet, da sich die prodemokratischen Kräfte und die Streitkräfte von Myanmar zwar weitgehend über bestimmte Projekte zur wirtschaftlichen Entwicklung und Wirtschaftsreformen einig sind, jedoch jeweils grundlegend unterschiedliche Auffassungen vom künftigen Weg ihres Landes haben;
- in der Erwägung, dass die demokratische Öffnung Myanmars seit den 2010er Jahren weitgehend auf der Notwendigkeit beruhte, das Land wirtschaftlich zu entwickeln, das aufgrund der Militärherrschaft und der verheerenden Menschenrechtsbilanz unter strengen internationalen Sanktionen litt; in der Erwägung, dass im Zuge der zaghaften demokratischen Reformen einige der internationalen Sanktionen langsam aufgehoben wurden, was wiederum eine wirtschaftliche Entwicklung ermöglichte, von der große Teile der Bevölkerung von Myanmar profitierten; in der Erwägung, dass durch den Staatsstreich der Zustand vor dem Demokratisierungsprozess wiederhergestellt worden ist, was den Bedingungen für die Gewährung von Präferenzen nach der Regelung „Alles außer Waffen“ und für die Aufhebung der Sanktionen zuwiderläuft;
- in der Erwägung, dass die Menschenrechtsverletzungen, insbesondere gegen die muslimische Minderheit des Landes, und zwar vor allem gegen die Rohingya, die die Regierung von Myanmar nicht als einheimische ethnische Gruppe anerkennt, auch nach der demokratischen Öffnung anhielten und 2017 in tragischer Weise in Gräueltaten kulminierten, die von den Vereinten Nationen als ethnische Säuberung eingestuft wurden und zu einer Massenflucht in das Nachbarland Bangladesch führten; in der Erwägung, dass die Minderheit der Rohingya trotz zahlreicher Appelle der internationalen Gemeinschaft in Myanmar bis zum heutigen Tag weiterhin verfolgt wird;
- in der Erwägung, dass internationale Aufrufe, die gegen Rohingya gerichtete ethnische Säuberung einzustellen und ihre Lage zu verbessern, von der Regierung von Myanmar weitgehend ignoriert wurden; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament infolgedessen im September 2019 schließlich Aung San Suu Kyi, die zu dem Zeitpunkt Staatsberaterin und Außenministerin von Myanmar war, bis auf weiteres von der Gemeinschaft der Sacharow-Preisträger ausschloss, weil sie nichts gegen diese gut dokumentierten Menschenrechtsverletzungen unternommen hatte; in der Erwägung, dass wegen dieser Menschenrechtsverletzungen seither internationale Sanktionen gegen die Streitkräfte und unter anderem gegen den amtierenden Oberbefehlshaber General Min Aung Hlaing verhängt wurden;
- in der Erwägung, dass es in Myanmar zahlreiche ethnische Gruppen gibt, darunter die Rohingya, Karen, Arakanesen, Shan und Chin; in der Erwägung, dass interne Konflikte in den letzten Jahrzehnten tragischerweise Tausende von Todesopfern gefordert haben; in der Erwägung, dass durch die jüngsten gewaltsamen Auseinandersetzungen im Bundesstaat Kayin allein seit Dezember 2020 4 000 Menschen vertrieben wurden; in der Erwägung, dass die Streitkräfte in den vergangenen Jahren mutmaßlich schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und Grausamkeiten wie etwa Vergewaltigungen und Kriegsverbrechen begangen haben, so dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) eine Untersuchung eröffnet hat, in deren Rahmen die Lage der Rohingya-Minderheit besonders berücksichtigt wird; in der Erwägung, dass die unabhängige internationale Ermittlungsmission für Myanmar Ermittlungen gegen General Min Aung Hlaing und seine strafrechtliche Verfolgung wegen Völkermord im Norden des Bundesstaats Rakhaing sowie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in den Bundesstaaten Rakhaing, Kachin und Shan forderte;
- in der Erwägung, dass der Internationale Gerichtshof (IGH) mit seinem Urteil vom 23. Januar 2020 in dem das Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und die Rohingya betreffenden Verfahren, das Gambia gegen Myanmar angestrengt hatte, vorläufige Maßnahmen angeordnet hat; in der Erwägung, dass die Regierung von Myanmar, deren Verteidigung vor dem IGH Aung San Suu Kyi in leitender Position übernahm, die Vorwürfe des Völkermords als irreführende und unvollständige Darstellung der Sachlage bezeichnet hat; in der Erwägung, dass die Regierung von Myanmar mit mehreren Erlassen des Präsidenten in begrenztem Maße Schritte gegen die Menschenrechtsverletzungen unternommen hat; in der Erwägung, dass die Regierung wichtige Gesetze, die der Diskriminierung der Rohingya Vorschub leisten, einschließlich des Gesetzes über die Staatsbürgerschaft aus dem Jahr 1982, noch nicht abgeändert bzw. aufgehoben hat;
- in der Erwägung, dass die EU immer wieder forderte, die für diese Verbrechen Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, und die im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 27. September 2018 und im Dritten Ausschuss der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 16. November 2018 verabschiedeten Resolutionen unterstützte; in der Erwägung, dass die hochrangigsten Militärangehörigen, die die Angriffe gegen die Rohingya befehligten, nach wie vor im Amt sind und am Staatsstreich beteiligt waren; in der Erwägung, dass das Parlament immer wieder die Menschenrechtsverletzungen und die systematischen und weit verbreiteten Angriffe auf die Volksgruppe der Rohingya verurteilt hat;
- in der Erwägung, dass die Europäische Union den demokratischen Wandel in Myanmar seit 2013 politisch und finanziell unterstützt und enorme Anstrengungen unternommen hat, um Frieden, Menschenrechte und Entwicklung im Land zu fördern; in der Erwägung, dass die EU im Oktober 2015 als internationaler Beobachter das landesweite Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet hat, was Ausdruck ihrer Schlüsselrolle bei der Unterstützung des Friedensprozesses ist; in der Erwägung, dass die EU im Zeitraum von 2014 bis 2020 Entwicklungshilfe für Myanmar in Höhe von 688 Mio. EUR bereitgestellt hat; in der Erwägung, dass Myanmar im Rahmen der Regelung „Alles außer Waffen“ (EBA) Handelspräferenzen genießt, die einen zoll- und kontingentfreien Zugang zum europäischen Binnenmarkt ermöglichen; in der Erwägung, dass der Prozess der verstärkten Herangehensweise im Rahmen der EBA-Regelung mit einem Schwerpunkt auf der Einhaltung der Menschenrechtsübereinkommen und der Wahrung von Arbeitnehmerrechten bereits 2018 eingeleitet wurde;
- in der Erwägung, dass der Rat die restriktiven Maßnahmen gegen Myanmar am 23. April 2020 um ein Jahr bis zum 30. April 2021 verlängert hat, zu denen auch das Einfrieren der Vermögenswerte von 14 hochrangigen Angehörigen der Streitkräfte, des Grenzschutzes und der Polizei in Myanmar und ein Reiseverbot für diese Personen gehören, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, welche an der Bevölkerungsgruppe der Rohingya und an ethnischen Minderheiten angehörenden Dorfbewohnern und Zivilisten in den Staaten Rakhaing, Kachin und Shan begangen wurden; in der Erwägung, dass keine restriktiven Maßnahmen gegen General Min Aung Hlaing und den stellvertretenden Oberbefehlshaber General Soe Win verhängt wurden;
- in der Erwägung, dass schätzungsweise etwa 600 000 Rohingya im Bundesstaat Rakhaing verblieben und nach wie vor diskriminierenden Maßnahmen und Praktiken, systematischen Verletzungen ihrer Grundrechte und willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt, in überfüllten Lagern eingesperrt und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind und nur in äußerst geringem Umfang Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben;
- in der Erwägung, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) in der Woche vor dem Staatsstreich 350 Mio. USD an Coronavirus-Soforthilfe an Myanmar überwiesen hat;
- in der Erwägung, dass die Streitkräfte und ihre Generäle mit umfangreichen Korruptionsvorwürfen konfrontiert sind und über enge Verbindungen zur Wirtschaft von Myanmar verfügen, da sie mächtige Konglomerate besitzen, den Handel mit wertvoller Jade und Holz kontrollieren, Infrastruktur wie Häfen und Dämme verwalten sowie Banken, Versicherungen, Krankenhäuser, Sportstätten und Medienunternehmen betreiben; in der Erwägung, dass der Militärputsch die Fortsetzung internationaler Investitionen, die Aufrechterhaltung des Tourismus und die Weiterführung von Finanzierungen gefährdet;
- in der Erwägung, dass der Staatsstreich von zahlreichen internationalen Akteuren wie den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Japan, Indien, Australien und Kanada verurteilt, kritisiert und mit Besorgnis aufgenommen wurde; in der Erwägung, dass der Vorsitz des ASEAN eine Erklärung abgegeben hat, in der er sich für Dialog, Aussöhnung und die Rückkehr zur Normalität ausgesprochen hat; in der Erwägung, dass der indonesische Präsident Joko Widodo und der malaysische Premierminister Muhyiddin Yassin am 5. Februar 2021 eine Sondersitzung des ASEAN zu diesem Thema forderten;
- in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres den Staatsstreich als „absolut inakzeptabel“ bezeichnet hat; in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Presseerklärung abgegeben hat, in der er seine „tiefe Besorgnis“ über die Machtübernahme durch die Streitkräfte in Myanmar zum Ausdruck brachte und die unverzügliche Freilassung der gewählten führenden Politikerin Myanmars Aung San Suu Kyi und des Präsidenten des Landes Win Myint forderte; in der Erwägung, dass China und Russland die Annahme eines schärfer formulierten Textes im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhindert haben; in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Myanmar, Tom Andrews, am 7. Februar 2021 eine Erklärung veröffentlicht hat, in der unter anderem der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen nachdrücklich aufgefordert wird, unverzüglich eine Sondersitzung einzuberufen;
- in der Erwägung, dass die Vorverfahrenskammer III des Internationalen Strafgerichtshofs am 14. November 2019 entschieden hat, eine Untersuchung der rechtswidrigen Ausweisung von Rohingya aus Myanmar nach Bangladesch zuzulassen; in der Erwägung, dass das Vorgehen der Regierung Myanmars dem neusten UNIFFM-Bericht vom 16. September 2019 zufolge weiterhin Teil eines großflächigen und systematischen Angriffs auf die im Bundesstaat Rakhaing verbliebenen Rohingya ist, der einer Verfolgung und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommt;
- bringt seine Sympathie und seine Unterstützung für die Bevölkerung von Myanmar in ihrem friedlichen und legitimen Kampf für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zum Ausdruck;
- verurteilt die Machtübernahme durch die Streitkräfte von Myanmar unter dem Oberbefehl von General Min Aung Hlaing am 1. Februar 2021 nachdrücklich als einen Staatsstreich und fordert die Streitkräfte auf, das Ergebnis der demokratischen Wahl vom November 2020 uneingeschränkt zu respektieren und, um nicht alle in den vergangenen Jahren erzielten demokratischen Fortschritte zu gefährden, die Zivilregierung unverzüglich wiedereinzusetzen, den Ausnahmezustand zu beenden und allen gewählten Parlamentsabgeordneten die Ausübung ihres Mandats zu ermöglichen, damit die verfassungsmäßige Ordnung und demokratische Normen wiederhergestellt werden; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten sowie die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck auf, die militärische Führung Myanmars, darunter General Min Aung Hlaing, General Soe Win und der kommissarische Präsident Myint Swe, nicht anzuerkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen;
- fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung von Präsident Win Myint, Staatsberaterin Aung San Suu Kyi, und allen anderen Personen, die unter dem Vorwand der Wahlfälschung oder anderer Vorwürfe, die jeder Grundlage entbehren, widerrechtlich festgenommen wurden; erinnert die Streitkräfte daran, dass ihre Glaubwürdigkeit im Land und international durch diese Art von Vorwürfen weiter erschüttert wird; betont, dass die Streitkräfte von Myanmar darlegen müssen, auf welcher Rechtsgrundlage die inhaftierten Personen festgenommen wurden, und dafür sorgen müssen, dass deren Rechte, darunter der Schutz vor Misshandlung, uneingeschränkt geachtet werden und sie Zugang zu Rechtsanwälten ihrer Wahl und zu ihren Familien haben;
- verurteilt das scharfe Vorgehen der Streitkräfte gegen unabhängige Aktivisten, die Medien und Organisationen der Zivilgesellschaft im Anschluss an den Staatsstreich; fordert die unverzügliche Freilassung aller Aktivisten der Zivilgesellschaft sowie aller Mönche und Journalisten, die ausschließlich deswegen verhaftet wurden, weil sie abweichende Meinungen geäußert haben, und beharrt darauf, dass ihr Recht auf friedlichen Protest gegen diesen unrechtmäßigen Staatsstreich nicht eingeschränkt werden darf und dass Zivilpersonen keinerlei Repressalien ausgesetzt werden dürfen;
- begrüßt, dass am 8. November 2020 die zweite demokratische Wahl in Myanmar stattfand, und fordert alle Seiten auf, den Willen der Menschen in Myanmar uneingeschränkt zu respektieren; fordert alle Seiten nachdrücklich auf, den Übergang Myanmars zur Demokratie fortzusetzen; fordert entschieden, dass beide Kammern der Versammlung der Union unverzüglich einberufen werden, um die vollständig transparente und demokratische Amtseinführung und Ernennung der wichtigsten Führungspersönlichkeiten des Landes, wie etwa des Präsidenten, der Vizepräsidenten und der neuen Zivilregierung, zu ermöglichen; bekräftigt das Angebot des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, nach dem die Europäische Union bereit ist, den Dialog mit allen wichtigen Interessenträgern zu unterstützen, die den Konflikt in gutem Glauben lösen und eine Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung in Myanmar erreichen wollen;
- fordert die Streitkräfte auf, das Ergebnis der Parlamentswahl vom 8. November 2020 anzuerkennen, den Ausnahmezustand unverzüglich zu beenden und die Macht an die gewählten zivilen Gremien zu übergeben; weist darauf hin, dass alle Behauptungen, dass es bei der Wahl zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, durch Beweise gestützt und über die dafür zuständigen demokratischen Kanäle untersucht werden müssen, wobei die Entscheidungen der rechtmäßigen staatlichen Stellen umfassend respektiert werden müssen; vertritt die Auffassung, dass die von den Streitkräften am 3. Februar 2021 ernannte derzeitige Wahlkommission der Union nicht legitimiert ist und nicht das Recht hat, die Ergebnisse vergangener oder künftiger Wahlen zu bestätigen; fordert entschieden, dass die vorherige Wahlkommission der Union unverzüglich wieder eingesetzt wird;
- fordert die Streitkräfte und die rechtmäßig gewählte Regierung von Myanmar unter Präsident Win Myint nachdrücklich auf, gemeinsam mit der Bevölkerung von Myanmar einen freien und fairen Prozess der Ausarbeitung und Einführung einer neuen Verfassung einzuleiten, damit für echte Demokratie gesorgt und ein Staat geschaffen wird, der sich für das Wohlergehen und den Wohlstand aller Menschen in Myanmar einsetzt und der insbesondere die Anerkennung und Vertretung aller ethnischen Gruppen in Myanmar, einschließlich der Rohingya, garantiert und Sicherheit, Freiheit, Harmonie und Frieden für alle sicherstellt;
- kritisiert aufs Schärfste die Beschneidung der Bürger- und Menschenrechte sowie die Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und verurteilt in diesem Zusammenhang außerdem nachdrücklich die Einschränkung der Medienfreiheit durch die Abschaltung des Internets und die Einschränkung und Sperrung sozialer Medien wie Facebook und Twitter;
- betont, dass die Unterbrechung der Telekommunikationsverbindungen neben der weiterhin grassierenden COVID-19-Pandemie und dem anhaltenden internen Konflikt, an dem bewaffnete Gruppen beteiligt sind und unter dem die Zivilbevölkerung in mehreren Landesteilen zu leiden hat, eine zusätzliche Bedrohung für die Bevölkerung darstellt; betont daher, dass die Telefon- und Internetverbindungen unverzüglich und vollständig wiederhergestellt werden müssen;
- weist auf die Erklärung des Vizepräsidenten und Hohen Vertreters hin, der zufolge die Europäische Union erwartet, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sowohl Myanmars als auch ihrer Mitgliedstaaten jederzeit gewährleistet wird, und alle ihr zur Verfügung stehenden Optionen prüfen wird, um zu gewährleisten, dass die Demokratie sich durchsetzt;
- zollt der Bevölkerung von Myanmar Anerkennung, die Jahrzehnte der Militärherrschaft überstanden hat und die, obwohl sie nur begrenzte demokratische Freiheiten genießen konnte, weiter nach einem demokratischen Myanmar strebt, und würdigt die beeindruckende Wahlbeteiligung von rund 70 % im Jahr 2020, die ein klarer Beleg für den Wunsch der Bürger ist, an den demokratischen Entscheidungsprozessen ihres Landes mitzuwirken;
- bekräftigt seine entschiedene Unterstützung für die Zivilgesellschaft und die Mitglieder der Demokratiebewegung in Myanmar und fordert die EU und ihre Organe auf, ihre Bemühungen um Fortschritte im Bereich der Zivilgesellschaft trotz der derzeitigen und möglicherweise andauernden Einschränkungen durch die herrschende Militärregierung fortzusetzen;
- bekräftigt seine grundlegende Überzeugung, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte von grundlegender Bedeutung sind, um Wirtschaftswachstum und Wohlstand nachhaltig und wirklich inklusiv zu gestalten;
- bekräftigt, dass Aung San Suu Kyi für die Menschen in Myanmar weiterhin eine Symbolfigur für demokratische Bestrebungen und den Wunsch nach einer gerechteren und demokratischeren Zukunft ist, auch wenn sie die Menschenrechtsverletzungen gegen Minderheiten in Myanmar nicht angemessen verurteilt hat;
- ist besorgt über die Zunahme gefälschter und manipulierter Nachrichten, die von den Streitkräften in Myanmar verbreitet werden, und sieht in der zunehmenden Verbreitung derartiger Falschmeldungen in Myanmar eine beunruhigende Entwicklung;
- weist darauf hin, dass Myanmar seinen Verpflichtungen und Zusagen in Bezug auf die demokratischen Grundsätze und die Menschenrechte nachkommen muss, die ein wesentlicher Bestandteil der Handelsbestimmungen im Rahmen der EBA-Regelung sind; fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine Untersuchung gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe a der APS‑Verordnung einzuleiten, mit dem Ziel, die Handelspräferenzen auszusetzen, die Myanmar und insbesondere Unternehmen, die sich im Besitz von Angehörigen der Streitkräfte befinden, in bestimmten Wirtschaftszweigen genießen, und das Parlament ordnungsgemäß auf dem Laufenden zu halten; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Druck auf die Streitkräfte zu erhöhen und alle ihnen zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um die Rückkehr der gewählten Staatsorgane an die Macht sicherzustellen; fordert die Kommission auf, graduelle Strafmaßnahmen zu erarbeiten, um angemessen auf die bestehenden und mögliche weitere Verletzungen zu reagieren, ohne andere Maßnahmen wie etwa Sanktionen gegen die für den Staatsstreich Verantwortlichen auszuschließen, und dabei gleichzeitig die positiven Auswirkungen der zuvor gewährten Handelspräferenzen auf die Zivilgesellschaft und die zivile Wirtschaft zu berücksichtigen;
- fordert die Kommission nachdrücklich auf, dringend Empfehlungen an Unternehmen mit Sitz in der EU herauszugeben, um sie auf die Risiken hinsichtlich der Achtung der Menschenrechte und für ihren eigenen Ruf sowie auf die rechtlichen Risiken aufmerksam zu machen, die Geschäftsbeziehungen mit den Streitkräften von Myanmar in sich bergen; fordert Unternehmen mit Sitz in der EU nachdrücklich auf, ihren Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Menschenrechte umfassend nachzukommen und dafür zu sorgen, dass sie nicht in Verbindung zu den Sicherheitskräften von Myanmar, zu Mitarbeitern der Sicherheitskräfte oder zu Unternehmen, die sich im Besitz oder im Einflussbereich der Sicherheitskräfte befinden, stehen, und dass sie nicht in direkter oder indirekter Weise zu dem scharfen Vorgehen der Streitkräfte gegen Demokratie und Menschenrechte beitragen; fordert Unternehmen mit Sitz in der EU, darunter Mutter- und Tochtergesellschaften, auf, ihre Geschäftsverbindungen in Myanmar unverzüglich einer erneuten Bewertung zu unterziehen und alle Beziehungen mit Unternehmen mit Bezug zu den Streitkräften abzubrechen; weist darauf hin, dass derzeit Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen erarbeitet werden, mit denen EU-Unternehmen und Unternehmen, die im Binnenmarkt tätig sind, Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte auferlegt werden und mit denen dafür gesorgt wird, dass Unternehmen, die an Menschenrechtsverletzungen und an Verletzungen des humanitären Völkerrechts in Myanmar beteiligt oder in diese verstrickt sind, gemäß den einzelstaatlichen Bestimmungen zur Rechenschaft gezogen werden;
- fordert die EU-Organe und internationale Finanzinstitute auf, die Finanzgeschäfte der Streitkräfte und ihrer Angehörigen genau zu prüfen und festzustellen, welche Maßnahmen sinnvollerweise ergriffen werden könnten, sollte sich die Lage in Myanmar nicht verbessern oder gar verschlechtern;
- fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, eine internationale Koordinierung zu fördern, um zu verhindern, dass ungenehmigte Güter illegal aus Myanmar ausgeführt werden, insbesondere wenn dies den Streitkräften wirtschaftlich nutzen würde, und um die Erzeugung von illegalen Gütern, insbesondere die Ausbeutung natürlicher Ressourcen etwa durch illegalen Holzeinschlag, zu beenden;
- fordert den Rat auf, das Waffenembargo der EU gegen Myanmar zu überprüfen und möglicherweise so zu verändern, dass zur Überwachung dienende Geräte und Produkte mit doppeltem Verwendungszweck, die von den Streitkräften bei ihrem scharfen Vorgehen gegen Rechte und Widerstand verwendet werden können, von dem Embargo betroffen sind;
- fordert die EU auf, Programme weiterzuführen, die den Bürgerinnen und Bürgern des Landes zugutekommen, und die Unterstützung dort zu verstärken, wo dies angesichts der gegenwärtigen Krise erforderlich ist, etwa im Bereich der humanitären Hilfe und der Initiativen zu Förderung der Demokratie; begrüßt die am 1. Juli 2020 von Österreich, Finnland, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Polen getroffene Entscheidung, Myanmar die Aussetzung der Rückzahlung von Schulden in Höhe von 98 Mio. US-Dollar zu gestatten, um das Land dabei zu unterstützen, die schweren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu bekämpfen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass Entwicklungshilfe nicht über die staatlichen Stellen Myanmars verteilt wird, da diese jetzt in der Hand der Streitkräfte sind;
- ist der Ansicht, dass der ASEAN bei Bedarf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft für Myanmar kanalisieren kann, wie dies nach den Zerstörungen in Myanmar durch den Zyklon Nargis im Jahr 2008 der Fall war; fordert den ASEAN ferner auf, eine aktive Vermittlungsrolle bei der derzeitigen Krise in Myanmar zu spielen; ist der Ansicht, dass Wahlbeobachtungsmissionen ein wirksames Instrument sein können, über die der ASEAN die Konsolidierung der Demokratie in seinen Mitgliedstaaten unterstützen kann, da diese Missionen dem Wahlprozess ein zusätzliches Maß an Legitimität verleihen;
- fordert den Hohen Vertreter und Vizepräsidenten auf, eng mit gleichgesinnten Partnern wie den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Japan, Indien, Australien und Kanada, aber vor allem auch mit den ASEAN-Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten und seine Positionen und Initiativen mit ihnen abzustimmen, um möglichst bald die Wiedereinsetzung einer zivilen Regierung in Myanmar zu erreichen;
- fordert, dass internationalen Menschenrechtsbeobachtern, wie etwa dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar sowie den Vertretern sämtlicher Sonderverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen, unverzüglicher und ungehinderter Zugang zum gesamten Staatsgebiet von Myanmar gewährt wird; begrüßt die enge Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen im Hinblick auf Myanmar;
- begrüßt die Erklärung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, in der die sofortige Freilassung aller Festgenommenen gefordert wird; fordert den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, möglichst bald eine Resolution zu verabschieden, mit der der Staatsstreich der Streitkräfte von Myanmar verurteilt wird und klare, verbindliche und durchsetzbare Konsequenzen angedroht werden, wenn die Streitkräfte weiterhin gegen demokratische Verfahren verstoßen;
- fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, sich auf der nächsten Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen für die Annahme einer Resolution zu Myanmar auszusprechen;
- fordert China und Russland ferner auf, sich aktiv an der internationalen Diplomatie zu beteiligen und ihrer Verantwortung als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gerecht zu werden, und erwartet, dass sie bei der Prüfung der Lage in Myanmar eine konstruktive Rolle spielen;
- lobt den Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, für seine entschiedenen Worte zu dem Vorgehen der Streitkräfte von Myanmar und begrüßt die Erklärung des ASEAN-Vorsitzes zu den „Entwicklungen in der Republik der Union Myanmar“, in der die Bedeutung des „Festhaltens an den Prinzipien der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und einer verantwortungsvollen Regierungsführung sowie an der Achtung und dem Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ hervorgehoben wird;
- weist darauf hin, dass Myanmar ein Vielvölkerstaat ist, und fordert die Streitkräfte nachdrücklich auf, die unveräußerlichen Rechte aller Volksgruppen uneingeschränkt zu achten; betont, dass die Europäische Union die Maßnahmen der Militärführung in Bezug auf die Minderheiten des Landes, insbesondere die Rohingya, die in der Vergangenheit bereits unter ungeheuerlichen Grausamkeiten gelitten haben, weiterhin genau überwachen wird; bekundet der Regierung und der Bevölkerung Bangladeschs in dieser Hinsicht seinen Dank und seinen Respekt, die ungefähr eine Million Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar aufgenommen haben und weiterhin beherbergen; betont nachdrücklich, dass Myanmar letztlich die Verantwortung für diese Flüchtlinge hat und ihre sichere, humane und geordnete Rückkehr und Wiedereingliederung in Myanmar sicherstellen muss; fordert, dass humanitärer Hilfe umfassend und ungehindert Einlass nach Myanmar gewährt wird;
- verurteilt erneut auf das Schärfste alle früheren und derzeitigen Menschenrechtsverletzungen und die systematischen und weit verbreiteten Übergriffe, darunter Morde, Schikanen, Vergewaltigungen und die Zerstörung von Eigentum, die nach den Berichten der UNIFFM und des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen, die die Streitkräfte an der Bevölkerungsgruppe der Rohingya begehen; hebt hervor, dass die Streitkräfte von Myanmar kontinuierlich gegen die internationalen Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht verstoßen;
- begrüßt, dass der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) die 2018 verhängten Sanktionen gegen Angehörige und Amtsträger der Streitkräfte von Myanmar, des Grenzschutzes und der Polizei, die für schwere Menschenrechtsverletzungen gegen die Bevölkerungsgruppe der Rohingya verantwortlich sind, erneut verhängt und ausgedehnt hat, und erwartet, dass diese Personen im Rahmen der Sanktionen kontinuierlich überprüft werden;
- spricht erneut seine Unterstützung für den Beschluss der Chefanklägerin des IStGH aus, Vorermittlungen zu den Verbrechen gegen die Rohingya aufzunehmen, wie auch für jede angemessene Initiative, die dazu beiträgt, für Gräueltaten verantwortliche Personen, wie etwa die Generäle Min Aung Hlaing und Soe Wen, zur Rechenschaft zu ziehen;
- fordert den Rat nachdrücklich auf, das Mandat für die geltenden restriktiven Maßnahmen so zu ändern, dass es sich auch auf Verstöße gegen die Demokratie bezieht, und gezielte Sanktionen auf alle Führungspersönlichkeiten der Streitkräfte von Myanmar auszuweiten, darunter alle am Staatsstreich beteiligten Personen und die in ihrem Besitz stehenden Unternehmen;
- begrüßt in diesem Zusammenhang die Führungsrolle der EU bei der Einrichtung des Unabhängigen Ermittlungsmechanismus der Vereinten Nationen für Myanmar (IIMM), in dessen Rahmen Beweise für die schwersten seit 2011 in Myanmar begangenen internationalen Verbrechen und Verstöße gesammelt, zusammengeführt, gesichert und analysiert werden sollen; fordert Myanmar nachdrücklich auf, sich internationalen Bemühungen um eine Rechenschaftspflicht anzuschließen, etwa indem es dem IIMM endlich uneingeschränkten Zugang zu seinem Staatsgebiet gewährt; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, dafür zu sorgen, dass der IIMM die für die Durchführung seines Mandats erforderliche Unterstützung, auch finanzieller Art, erhält;
- fordert den Vizepräsidenten und Hohen Vertreter und die EU-Mitgliedstaaten auf, die Lage in Myanmar aufmerksam zu verfolgen, und fordert den Vizepräsidenten und Hohen Vertreter auf, dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments regelmäßig Bericht zu erstatten, damit ein angemessener parlamentarischer Meinungsaustausch über diese wichtige und besorgniserregende Situation sichergestellt wird;
- beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem rechtmäßigen Präsidenten und der rechtmäßigen Regierung von Myanmar, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Kommission, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der EU, der USA, des Vereinigten Königreichs, Japans, Indiens, Australiens und Kanadas, den ASEAN-Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär des ASEAN, der zwischenstaatlichen Kommission für Menschenrechte des ASEAN, der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Flüchtlinge und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, dem Unterhaus (Pyidaungsu Hluttaw) der Union Myanmar sowie dem Präsidenten, der Staatsberaterin und den Streitkräften von Myanmar zu übermitteln.
- [1] ABl. C 419 vom 16.12.2015, S. 189.
- [2] ABl. C 258E vom 7.9.2013, S. 79.
- [3] ABl. C 161E vom 31.5.2011, S. 154.
- [4] ABl. C 99E vom 3.4.2012, S. 120.
- [5] ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 134.
- [6] ABl. C 238 vom 6.7.2018, S. 112.
- [7] ABl. C 337 vom 20.9.2018, S. 109.
- [8] ABl. C 28 vom 27.1.2020, S. 80.
- [9] ABl. C 433 vom 23.12.2019, S. 124.
- [10] Angenommene Texte, P9_TA(2019)0018.