Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B9-0502/2021Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B9-0502/2021

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Menschenrechtslage in Myanmar, einschließlich der Lage religiöser und ethnischer Gruppen

6.10.2021 - (2021/2905(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 der Geschäftsordnung
anstelle der folgenden Entschließungsanträge:
B9-0502/2021 (Verts/ALE)
B9-0503/2021 (Renew)
B9-0504/2021 (S&D)
B9-0505/2021 (PPE)
B9-0506/2021 (ECR)

Željana Zovko, Loránt Vincze, Michael Gahler, David McAllister, Sandra Kalniete, Isabel Wiseler-Lima, Inese Vaidere, Michaela Šojdrová, Magdalena Adamowicz, David Lega, Krzysztof Hetman, Tom Vandenkendelaere, Adam Jarubas, José Manuel Fernandes, Elżbieta Katarzyna Łukacijewska, Miriam Lexmann, Peter Pollák, Christian Sagartz, Tomáš Zdechovský, Maria Walsh, Vladimír Bilčík, Ivan Štefanec, Gabriel Mato, Eva Maydell, Paulo Rangel, Vangelis Meimarakis, Stelios Kympouropoulos, Stanislav Polčák, Jiří Pospíšil, Janina Ochojska, Antonio López-Istúriz White, Andrey Kovatchev
im Namen der PPE-Fraktion
Andrea Cozzolino, Pedro Marques, Evin Incir
im Namen der S&D-Fraktion
Urmas Paet, Petras Auštrevičius, Izaskun Bilbao Barandica, Olivier Chastel, Svenja Hahn, Karen Melchior, Javier Nart, María Soraya Rodríguez Ramos, Nicolae Ştefănuță, Ramona Strugariu
im Namen der Renew-Fraktion
Heidi Hautala
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Anna Fotyga, Karol Karski, Ryszard Antoni Legutko, Jadwiga Wiśniewska, Valdemar Tomaševski, Bogdan Rzońca, Ryszard Czarnecki, Ladislav Ilčić, Angel Dzhambazki, Raffaele Fitto, Bert-Jan Ruissen, Eugen Jurzyca, Jan Zahradil, Adam Bielan, Alexandr Vondra, Assita Kanko
im Namen der ECR-Fraktion
Fabio Massimo Castaldo


Verfahren : 2021/2905(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B9-0502/2021
Eingereichte Texte :
RC-B9-0502/2021
Aussprachen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Menschenrechtslage in Myanmar, einschließlich der Lage religiöser und ethnischer Gruppen

(2021/2905(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Myanmar und zur Lage der Rohingya, insbesondere die Entschließungen vom 22. November 2012[1], vom 20. April 2012[2], vom 20. Mai 2010[3], vom 25. November 2010[4], vom 7. Juli 2016[5], vom 15. Dezember 2016[6], vom 14. September 2017[7], vom 14. Juni 2018[8], vom 13. September 2018[9], vom 19. September 2019[10] und vom 11. Februar 2021[11],

 unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 22. Februar 2021 zu Myanmar,

 unter Hinweis auf die Erklärungen des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 23. März 2021 zur Eskalation der Gewalt in Myanmar und vom 19. April 2021, 30. April 2021, 12. Mai 2021 und 27. Juli 2021 zur Lage in Myanmar,

 unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Vertreters im Namen der EU vom 30. April 2021 über die Ergebnisse des ASEAN-Gipfeltreffens,

 unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes vom 3. März 2021 zu anhaltenden Menschenrechtsverletzungen durch das Militär und vom 23. Mai 2021 zu den jüngsten Entwicklungen in Myanmar,

 unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2021/1000 des Rates vom 21. Juni 2021 zur Änderung des Beschlusses 2013/184/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Myanmar/Birma[12],

 unter Hinweis auf den Beschluss des Rates vom 29. April 2021 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Myanmar/Birma[13],

 unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit,

 unter Hinweis auf Artikel 34 der Verfassung von Myanmar von 2008, in dem die Religions- und Weltanschauungsfreiheit anerkannt und den Bürgern das „Recht auf ein freies Bekenntnis zu einer Religion und auf freie Religionsausübung“ garantiert wird,

 unter Hinweis auf den Fünf-Punkte-Konsens des Verbands südostasiatischer Nationen vom 24. April 2021,

 unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 31. August 2021 mit dem Titel „Situation of human rights of Rohingya Muslims and other minorities in Myanmar“ (Lage der Menschenrechte der muslimischen Volksgruppe der Rohingya und anderer Minderheiten in Myanmar),

 unter Hinweis auf die Resolution 75/287 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Juni 2021 zur Lage in Myanmar,

 unter Hinweis auf den Bericht der unabhängigen internationalen Ermittlungsmission der Vereinten Nationen für Myanmar vom 22. August 2019 mit dem Titel „Sexual and gender-based violence in Myanmar and the gendered impact of its ethnic conflicts“ (Sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt in Myanmar und die geschlechtsspezifischen Auswirkungen seiner ethnischen Konflikte),

 unter Hinweis auf die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar und des Amtes des Hohen Kommissars für Menschenrechte sowie auf die Berichte im Rahmen des Aufsichtsmechanismus der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO),

 unter Hinweis auf den Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 16. September 2021 zur Menschenrechtslage in Myanmar,

 unter Hinweis auf die Feststellungen der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 23. September 2021 zu Myanmar,

 unter Hinweis auf die Erklärung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zu der Lage der Menschenrechte in Myanmar, Thomas H. Andrews, vom 22. September 2021,

 unter Hinweis auf die Berichte des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen über Myanmar und die Lage der Menschenrechte der Muslime vom Volk der Rohingya und anderer Minderheiten,

 unter Hinweis auf den Bericht des Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar vom 1. Juli 2021,

 unter Hinweis auf den Abschlussbericht und die Empfehlungen der Beratungskommission zum Rakhaing-Staat (Annan-Bericht),

 unter Hinweis auf die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs vom 23. Januar 2020 über das Ersuchen der Republik Gambia um die Angabe vorläufiger Maßnahmen in der Rechtssache betreffend die Anwendung der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Gambia gegen Myanmar),

 unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

 unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle,

 unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords,

 gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die unter dem Namen Tatmadaw bekannten Streitkräfte von Myanmar am 1. Februar 2021 den Präsidenten Win Myint und die Staatsberaterin Aung San Suu Kyi sowie führende Mitglieder der Regierung festgenommen, durch einen Staatsstreich die Macht über die Legislative, Judikative und Exekutive an sich gerissen und einen einjährigen Ausnahmezustand verhängt haben, was ein eindeutiger Verstoß gegen die Verfassung des Landes ist; in der Erwägung, dass der Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing im August 2021 bekanntgab, sich selbst zum Ministerpräsidenten zu ernennen und den Ausnahmezustand bis August 2023 zu verlängern;

B. in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte in Myanmar in einer formellen Erklärung darauf hingewiesen hat, dass die massiven systematischen Angriffe der Militärjunta auf die Bevölkerung von Myanmar wahrscheinlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen nach dem Völkerrecht darstellen; in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen ausdrücklich erklärt hat, dass die Drahtzieher und Ausführenden des Staatsstreichs und die für die Verstöße Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden sollten;

C. in der Erwägung, dass die Militärjunta im Mai 2021 erste Schritte unternommen hat, um die Partei von Aung San Suu Kyi aufzulösen, die bis zum Staatsstreich im Februar 2021 an der Regierung war;

D. in der Erwägung, dass der Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, sowie die Regierung der Nationalen Einheit gebildet wurden, um die demokratischen Bestrebungen des Volkes von Myanmar zu vertreten;

E. in der Erwägung, dass es als Reaktion auf den Staatsstreich in verschiedenen Städten in Myanmar zu friedlichen Protesten und Demonstrationen gekommen ist; in der Erwägung, dass seit dem 1. Februar 2021 Politiker, Regierungsbeamte, Vertreter der Zivilgesellschaft, religiöse Würdenträger, friedliche Demonstranten und Schriftsteller rechtswidrig festgenommen oder unter Hausarrest gestellt wurden; in der Erwägung, dass dem jüngsten Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zufolge seit dem Staatsstreich mehr als 1 120 Menschen getötet wurden und die Militärbehörden über 8 000 Menschen festgenommen haben, darunter Hunderte von Politikern, engagierten Bürgern und Beamten; in der Erwägung, dass die Gerichte 312 Personen schuldig gesprochen und 26 von ihnen zum Tode verurteilt haben, darunter zwei Kinder; in der Erwägung, dass Berichten zufolge mindestens 120 Menschen in der Haft gestorben sind; in der Erwägung, dass die Junta nach Stand vom Juli 2021 mindestens 75 Kinder getötet hat;

F. in der Erwägung, dass das Militär gleichzeitig immer härter gegen die Medien in Myanmar vorgeht, wobei immer mehr Journalisten willkürlich festgenommen, inhaftiert und angeklagt werden, um die Medien zum Schweigen zu bringen und die Meinungsfreiheit zu beseitigen; in der Erwägung, dass die Junta durch Beschränkungen der Telekommunikation und des Internets zunehmend auf Instrumente der Überwachung und Zensur setzt;

G. in der Erwägung, dass Personen, die wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen für Demokratie in Gewahrsam genommen wurden, häufig gefoltert werden; in der Erwägung, dass zu den Foltermethoden Schläge, Scheinhinrichtungen mit Schusswaffen, Verbrennungen durch Zigaretten sowie Vergewaltigung und Androhung von Vergewaltigung gehören; in der Erwägung, dass Folter durch die Polizei bereits zuvor in Myanmar ein Problem war, dass das Militär jedoch bei seinen Bemühungen, die Opposition zu unterdrücken, die Androhung von Folter nun systematisch anwendet;

H. in der Erwägung, dass die Junta zunehmend auf kollektive Bestrafung zurückgreift, einschließlich der Entführung von Familienangehörigen von Personen, gegen die ein Haftbefehl ausgestellt wurde, derer die Polizei und das Militär aber nicht habhaft werden können; in der Erwägung, dass auch Kinder, darunter Kleinkinder, getötet oder entführt wurden, um ihre Eltern mutmaßlich dazu zu zwingen, sich den Staatsorganen zu stellen;

I. in der Erwägung, dass ethnische Minderheiten Christen (6,3 % der Bevölkerung, vornehmlich Chin, Kachin und Karen), Muslime (2,1 %, vornehmlich Rohingya, Malaien, Bewohner von Jangon und Angehörige anderer Minderheiten) oder Hindus (0,5 %, vornehmlich birmanische Inder) sind;

J. in der Erwägung, dass an religiösen und ethnischen Minderheiten in Myanmar Verletzungen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit und anderer Menschenrechte begangen werden;

K. in der Erwägung, dass Kirchen beschossen und geplündert und Priester und Pastoren festgenommen wurden; in der Erwägung, dass die Streitkräfte zudem Lager in Kirchengebäuden eingerichtet haben, wodurch sie noch weniger als Zufluchtsstätten für Menschen in Not dienen können;

L. in der Erwägung, dass es in Myanmar zahlreiche ethnische Gruppen gibt; in der Erwägung, dass interne Konflikte in den letzten Jahrzehnten tragischerweise Tausende von Todesopfern gefordert haben;

M. in der Erwägung, dass im Gesetz über die Staatsbürgerschaft des Landes die Rohingya als „Ausländer“ oder „ausländische Gebietsansässige“ bezeichnet werden und ihnen daher die Staatsbürgerschaft vorenthalten wird, was ihre prekäre Lage weiter verschärft; in der Erwägung, dass die Verfolgung der Minderheit der Rohingya trotz zahlreicher Forderungen der internationalen Gemeinschaft immer noch andauert;

N. in der Erwägung, dass die rund 600 000 Rohingya, die sich weiterhin im Bundesstaat Rakhine aufhalten, unter anhaltenden diskriminierenden Maßnahmen und Praktiken, systematischen Verletzungen ihrer Grundrechte, willkürlichen Festnahmen, der Internierung in überfüllten Lagern und einem stark eingeschränkten Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung leiden; in der Erwägung, dass die den Rohingya auferlegten repressiven Bedingungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen;

O. in der Erwägung, dass die Rohingya und andere ethnische Minderheiten, insbesondere Frauen und Mädchen, nach wie vor einem erheblichen Risiko sexueller Gewalt ausgesetzt sind, insbesondere im Zusammenhang mit dem langwierigen Konflikt zwischen dem Militär und der Arakan-Rohingya-Heilsarmee;

P. in der Erwägung, dass sich die humanitäre Krise in Myanmar zuspitzt, da es dort allein in diesem Jahr mehr als 210 000 Binnenvertriebene und drei Millionen Menschen gibt, die humanitäre Hilfe benötigen – eine Zahl, die sich in den letzten acht Monaten verdreifacht hat – und die Hälfte der Bevölkerung, d. h. etwa 20 Millionen Menschen, unterhalb der Armutsgrenze leben;

Q. in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen darauf hingewiesen hat, dass die Gefahr eines großen bewaffneten Konflikts einen kollektiven Ansatz erfordere, damit eine multidimensionale Katastrophe im Herzen Südostasiens und darüber hinaus verhindert wird;

R. in der Erwägung, dass Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge 6,2 Millionen Menschen in ganz Myanmar von Ernährungsunsicherheit und Hunger bedroht sind, im Vergleich zu 2,8 Millionen vor dem Militärputsch;

S. in der Erwägung, dass sich die humanitäre Lage in Myanmar auch durch die COVID-19-Krise weiter verschlechtert hat; in der Erwägung, dass willkürliche Massenverhaftungen von Demonstranten, überfüllte Gefängnisse und die generelle Vernachlässigung der Gesundheit von Gefangenen ebenfalls zu einem Anstieg der Zahl an COVID-19-Infektionen beigetragen haben;

T. in der Erwägung, dass das Militär die Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie genutzt hat, um gegen prodemokratische Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten vorzugehen; in der Erwägung, dass das Recht auf Gesundheit untergraben wird; in der Erwägung, dass die Junta Krankenhäuser geschlossen und medizinisches Personal ins Visier genommen hat, was zum Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu einem Zeitpunkt führte, als die COVID-19-Infektionen im ganzen Land sprunghaft angestiegen sind; in der Erwägung, dass die Streitkräfte medizinische Hilfsgüter und Ausrüstung zerstört und Dutzende medizinischer Einrichtungen besetzt haben, weshalb sich die Bevölkerung von Myanmar aus Angst davor, inhaftiert oder beschossen zu werden, von dort fernhält;

U. in der Erwägung, dass sich das Militär und seine Generäle durch den illegalen Verkauf von Holz, Edelsteinen, Erdgas und Erdöl unrechtmäßig bereichern und mit massiven Korruptionsvorwürfen konfrontiert sind;

V. in der Erwägung, dass den Vereinten Nationen zufolge bislang nur 46 % der beantragten Mittel für den Plan der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen in Myanmar aus dem Jahr 2021 bereitgestellt wurden und dass humanitäre Maßnahmen erheblichen unterfinanziert sind;

1. verurteilt aufs Schärfste den Staatsstreich vom 1. Februar 2021, den das Militär unter der Führung von Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing durchgeführt hat; fordert das Militär auf, das Ergebnis der demokratischen Wahlen vom November 2020 uneingeschränkt zu respektieren, die Zivilregierung unverzüglich wiedereinzusetzen, den Ausnahmezustand aufzuheben, Gewalt gegen friedliche Demonstranten einzustellen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit zu achten und allen gewählten Parlamentariern die Ausübung ihres Mandats zu ermöglichen; fordert das Militär von Myanmar auf, alle politischen Gefangenen freizulassen, die Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit aufzuheben und die Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu achten;

2. fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung von Präsident Win Myint, Staatsberaterin Aung San Suu Kyi und allen anderen, die aufgrund unbegründeter Anschuldigungen verhaftet wurden; hält die Freilassung aller politischen Führungspersonen und Gefangenen für den ersten wesentlichen Schritt auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung der Krise und zur Wiederherstellung der rechtmäßigen Staatsgewalt;

3. bringt seine Unterstützung für das Volk von Myanmar in seinem Kampf für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zum Ausdruck;

4. verurteilt die weit verbreitete gewaltsame Reaktion der Streitkräfte auf jede Art von Protest und die schweren Menschenrechtsverletzungen, die sie gegen das Volk von Myanmar, einschließlich ethnischer und religiöser Minderheiten, begangen hat und weiterhin begeht und die einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen; äußert seine tiefe Besorgnis über die häufigen Angriffe auf Kirchen, Moscheen, Schulen und medizinische Einrichtungen sowie über die Verhaftung von religiösen Würdenträgern;

5. unterstützt den Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, sowie die Regierung der Nationalen Einheit als die einzigen legitimen Vertreter der demokratischen Bestrebungen des Volkes von Myanmar und fordert den Verband südostasiatischer Nationen (ASEAN) und die internationale Gemeinschaft auf, sie in einen echten und umfassenden politischen Dialog und in Bemühungen um eine friedliche Lösung der Krise auf der Grundlage der Achtung der Rechtsstaatlichkeit einzubeziehen und sie daran zu beteiligen;

6. fordert, dass das Internationale Komitee vom Roten Kreuz sofortigen und regelmäßigen Zugang zu den Gefangenen und Gefängnissen erhält, wie dies in den Genfer Konventionen vorgesehen ist; fordert die Militär- und Polizeikräfte auf, den Familien aller Personen, die im Zusammenhang mit den Einsätzen der Sicherheitskräfte in ganz Myanmar vor und nach dem 1. Februar 2021 inhaftiert wurden, vollständige Informationen über ihr Schicksal und ihren Verbleib zu geben;

7. erinnert an den multiethnischen Charakter Myanmars; fordert die Streitkräfte nachdrücklich auf, die unveräußerlichen Rechte jeder Ethnie uneingeschränkt zu respektieren; fordert eine sofortige, strenge, unabhängige und transparente Untersuchung der vom Militär im Land begangenen Verbrechen und fordert, dass die Täter vor Gericht gestellt werden;

8. ist entsetzt über die Verbrechen der Streitkräfte an ethnischen und religiösen Gruppen in Myanmar; verurteilt aufs Schärfste die Angriffe des Militärs in den Bundesstaaten Kayin, Kayah, Kachin, Shan und Chin, die zu massiven Vertreibungen, dem Tod von Zivilisten, einschließlich Kinder, der Zerstörung religiöser Gebäude und anderen Verstößen gegen die Menschenrechte und das humanitäre Recht geführt haben;

9. verurteilt die Verfolgung von Christen in dem Land; fordert die Streitkräfte nachdrücklich auf, die Tötung und Verhaftung von Christen einzustellen sowie dem Beschuss und der Plünderung von Kirchen ein Ende zu setzen; unterstreicht die Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft ihre tiefe Besorgnis über die gewaltsamen Angriffe auf christliche Gemeinschaften in Myanmar zum Ausdruck gebracht hat;

10. verurteilt erneut die Menschenrechtsverletzungen und die systematischen und weit verbreiteten Angriffe gegen die Rohingya-Bevölkerung; betont, dass die EU das Vorgehen der Militärführung gegenüber Minderheiten im Lande, insbesondere den Rohingya, weiterhin genau beobachten wird; fordert die staatlichen Stellen Myanmars erneut auf, Bedingungen und Garantien für die sichere, freiwillige, würdevolle, dauerhafte und unter der Aufsicht der Vereinten Nationen erfolgende Rückkehr derjenigen Rohingya, die in ihre Heimat zurückkehren wollen, zu schaffen;

11. verurteilt aufs Schärfste die anhaltende Diskriminierung ethnischer Minderheiten, deren Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist und denen in Myanmar die Grundversorgung vorenthalten wird;

12. verurteilt jegliche Gewaltanwendung der Junta gegen ihre Bürger sowie andere Formen der Drangsalierung, insbesondere gegen Menschenrechtsverteidiger, Aktivisten der Zivilgesellschaft und Journalisten; fordert die Junta nachdrücklich auf, alle Beschränkungen der Telekommunikation und des Internets, einschließlich der Websites unabhängiger Medien und sozialer Medienplattformen, aufzuheben;

13. fordert die sofortige Beendigung der Gewalt gegen Arbeiter und Gewerkschaften und den Schutz der Rechte von Gewerkschaften und ihren Mitgliedern, einschließlich des Rechts, frei tätig zu sein;

14. fordert den sofortigen Zugang von humanitärer Hilfe zu schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen, einschließlich Frauen, Kinder und ethnischer Minderheiten, und deren Unterstützung sowie die Stärkung von Organisationen der Zivilgesellschaft und von Organisationen, die sich auf ethnische Gemeinschaften stützen, um sicherzustellen, dass die humanitäre Hilfe die Bedürftigen tatsächlich erreicht; fordert die Kommission auf, die humanitäre Hilfe, einschließlich der Unterstützung im Bereich der Gesundheitsfürsorge, über grenzüberschreitende Kanäle, lokale humanitäre Netze, ethnische Dienstleistungserbringer sowie gemeindebasierte und zivilgesellschaftliche Organisationen umzuleiten und zu verstärken; ersucht die Kommission darum zu analysieren, wie Entwicklungsprojekte mit diesen Gruppen am besten durchgeführt werden können, und die Entwicklungshilfe entsprechend auszurichten;

15. stellt mit großer Besorgnis fest, dass sich die humanitäre Krise durch eine dritte Welle von COVID-19 in Myanmar verschärft hat, wobei die Übertragungsraten unter den am stärksten marginalisierten Bevölkerungsgruppen, einschließlich derjenigen in den überfüllten und unhygienischen Gefängnissen des Landes, besonders besorgniserregend sind; fordert die Junta nachdrücklich auf, wieder eine Eindämmungsstrategie und ein System zur Ermittlung von Kontaktpersonen einzuführen und sicherzustellen, dass die Menschen Zugang zu Gesundheitsdiensten und Impfstoffen haben; ersucht die Kommission darum, ihre diesbezügliche Unterstützung zu verstärken und zu gewährleisten, dass diese Unterstützung die Bürger erreicht, unter anderem durch die Bereitstellung von COVID-19-Impfdosen;

16. ist entsetzt über die Angriffe, die Schikanen, die Inhaftierung und die Folterung von Mitarbeitern des Gesundheitswesens, insbesondere während der anhaltenden COVID-19-Krise; fordert die Junta auf, die Sicherheit aller im Gesundheitswesen tätigen Personen zu gewährleisten und alle Schikanen und Angriffe gegen diese Personen unverzüglich einzustellen; betont, dass die Behörden Myanmars dafür verantwortlich sind, den uneingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung zu gewährleisten;

17. verurteilt die Angriffe der Militärbehörden auf medizinisches Personal und Einrichtungen sowie die Reaktion dieser Behörden auf die COVID-19-Pandemie; betont, dass Gesundheit und der Zugang zu medizinischer Versorgung und Impfungen universelle Menschenrechte sind;

18. fordert die Streitkräfte auf, der Bevölkerung nicht länger das Recht auf Schutz vor COVID-19 und angemessene Behandlung der Krankheit zu verweigern, was in Myanmar zu erheblichen Verlusten an Menschenleben führen könnte;

19. fordert die Regierungen der Nachbarländer nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass ihre Behörden niemanden daran hindern, die Grenze zu überqueren, um Zuflucht zu suchen; fordert die Regierungen dieser Länder auf, dafür zu sorgen, dass Hilfsorganisationen und lokale Organisationen der Zivilgesellschaft Zugang zu den Gebieten mit Binnenflüchtlingen entlang ihrer Grenzen zu Myanmar erhalten;

20. bekräftigt seine Unterstützung für die Zivilgesellschaft und die Mitglieder der Demokratiebewegung in Myanmar und fordert die EU und ihre Organe auf, ihre Bemühungen um Fortschritte im Bereich der Zivilgesellschaft trotz der derzeitigen und möglicherweise andauernden Einschränkungen durch die herrschende Militärregierung fortzusetzen;

21. fordert den ASEAN, seine Mitglieder und insbesondere seinen Sondergesandten für Myanmar auf, seine besondere Rolle in Myanmar aktiver zu nutzen, mit der Sondergesandten der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten und mit allen beteiligten Parteien, insbesondere mit der Regierung der Nationalen Einheit und Vertretern der Zivilgesellschaft, insbesondere den Frauen und den ethnischen Gruppen, in Kontakt zu treten, um zumindest die wirksame und sinnvolle Umsetzung des Fünf-Punkte-Konsenses zu fördern, damit in naher Zukunft eine nachhaltige und demokratische Lösung der derzeitigen Krise erreicht werden kann;

22. fordert ferner China und Russland auf, sich aktiv an den internationalen diplomatischen Bemühungen zu beteiligen und ihrer Verantwortung als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gerecht zu werden; erwartet von ihnen, dass sie bei der Prüfung der Lage in Myanmar eine konstruktive Rolle spielen;

23. fordert Myanmar nachdrücklich auf, mit den internationalen Bemühungen um die Gewährleistung der Rechenschaftspflicht zusammenzuarbeiten, unter anderem dadurch, dass dem Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar (IIMM) endlich uneingeschränkter Zugang zum Land gewährt wird; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, dafür zu sorgen, dass der IIMM die erforderliche Unterstützung für die Ausübung seines Mandats erhält; weist darauf hin, dass Myanmar verpflichtet ist, der Anordnung vorläufiger Maßnahmen des Internationalen Gerichtshofs Folge zu leisten;

24. begrüßt die jüngsten Sanktionsrunden, die der Rat gegen Angehörige der Streitkräfte und ihre Unternehmen verhängt hat, und fordert den Rat auf, weiterhin gezielte und strenge Sanktionen zu verhängen, um die Lebensadern der Junta zu kappen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Bevölkerung Myanmars keinen Schaden erleidet; ist der Auffassung, dass die internationale Gemeinschaft weiterhin zusätzliche Maßnahmen gegen das Militär und seine Führer ergreifen und ihnen Kosten verursachen muss, bis sie ihren Kurs ändern und für eine Rückkehr zur Demokratie sorgen; betont, dass alle EU-Mitgliedstaaten die Sanktionen gegen alle staatlichen Unternehmen in Myanmar, insbesondere in der Holz- und Edelsteinindustrie, verstärken und durchsetzen müssen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die gegen Mitgliedstaaten und assoziierte Länder verhängten nationalen Bußgelder bei Verstößen gegen EU-Sanktionen wirksam sind; betont, dass dies das Einfrieren von Vermögenswerten und das Verbot internationaler Finanztransfers an die beiden staatlichen Banken, die Myanmar Foreign Trade Bank und die Myanmar Investment and Commercial Bank, über die alle Devisen eingezogen werden, sowie die Aufnahme des staatlichen Öl- und Gasunternehmens Myanmar Oil and Gas Enterprise, das für den größten Devisenzufluss der Junta sorgt, in die Sanktionsliste erfordern würde;

25. fordert den Rat auf, weiterhin gezielte Sanktionen gegen die für den Staatsstreich Verantwortlichen zu verhängen und weitere mögliche Maßnahmen in Erwägung zu ziehen; fordert den Rat nachdrücklich auf, den Staatsverwaltungsrat als Ganzes und nicht seine einzelnen Mitglieder in die Liste der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, gegen die restriktiven Maßnahmen gelten, aufzunehmen;

26. fordert die in der EU ansässigen Unternehmen, die in Myanmar tätig oder dort an Lieferketten beteiligt sind, erneut auf, eine verstärkte Sorgfaltsprüfung in Bezug auf die Menschenrechte durchzuführen und sicherzustellen, dass sie keine Verbindungen zu den Sicherheitskräften Myanmars, ihren einzelnen Mitgliedern oder zu Einrichtungen, die sich in ihrem Besitz befinden oder von ihnen kontrolliert werden, haben und dass sie weder direkt noch indirekt zum brutalen Vorgehen der Junta gegen Demokratie und Menschenrechte beitragen; fordert die in der EU ansässigen Unternehmen auf, ihre Schlussfolgerungen offen zu legen und an einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Umweltstandards in ihren Unternehmen in Myanmar zu arbeiten;

27. bekräftigt seine Forderung, weiterhin gezielte Sanktionen gegen diejenigen zu verhängen, die für die Gräueltaten gegen die Rohingya verantwortlich sind;

28. fordert die Kommission erneut auf, rasch eine Untersuchung der Handelspräferenzen einzuleiten, von denen Myanmar profitiert, insbesondere in Bezug auf Unternehmen, die sich im Besitz von Mitgliedern des Militärs von Myanmar befinden, und das Parlament über die zu ergreifenden Maßnahmen gebührend zu informieren; erkennt an, dass seit der Wiederaufnahme Myanmars in die „Alles außer Waffen“-Regelung im Jahr 2013 Verbesserungen erzielt wurden, beispielsweise die Schaffung von Arbeitsplätzen im Bekleidungssektor, was vor allem Frauen zugutekam; unterstreicht jedoch die Tatsache, dass der Prozess des verstärkten Engagements, der sich auf die Einhaltung der internationalen Menschenrechtskonventionen und der Arbeitnehmerrechte konzentriert, bereits 2018 eingeführt wurde und dass der Staatsstreich die während des Demokratisierungsprozesses erzielten Fortschritte zunichte gemacht und damit die Voraussetzungen für die Gewährung von Präferenzen im Rahmen der „Alles außer Waffen“-Regelung untergraben hat;

29. fordert die EU-Delegation in Myanmar und die Botschaften der Mitgliedstaaten auf, die Menschenrechts- und Gesundheitssituation in Myanmar sowie die Fälle von politischen Führungspersonen und anderen Personen, die derzeit in Gewahrsam oder Haft gehalten werden, genau zu beobachten;

30. fordert die Mitgliedstaaten und die assoziierten Länder auf, das Embargo für die direkte und indirekte Lieferung, den Verkauf und die Weitergabe, einschließlich der Durchfuhr, der Verbringung und der Vermittlung, aller Waffen, Munition und sonstiger militärischer, sicherheitsrelevanter und überwachungsrelevanter Ausrüstungen und Systeme sowie für die Bereitstellung von Ausbildung, Wartung und sonstiger militärischer und sicherheitsrelevanter Unterstützung aufrechtzuerhalten; unterstreicht die Notwendigkeit einer weiteren Untersuchung der Situation durch den Internationalen Strafgerichtshof;

31. warnt vor der Gefahr einer noch größeren humanitären Notlage als Folge der Eskalation der Gewalt und der schweren Wirtschaftskrise des Landes, der Armut und der Zahl der Vertriebenen; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, ihren finanziellen Verpflichtungen im Rahmen des Plans der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen in Myanmar von 2021 unbedingt nachzukommen;

32. fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) und die Mitgliedstaaten auf, die Lage in Myanmar energisch anzugehen, und fordert den HR/VP auf, dem Parlament, insbesondere seinem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, regelmäßig Bericht zu erstatten, auch über die Lage der religiösen und ethnischen Gruppen, um einen angemessenen parlamentarischen Dialog über diese wichtige und besorgniserregende Lage zu gewährleisten;

33. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem rechtmäßigen Präsidenten und der Regierung der Nationalen Einheit von Myanmar, dem Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, der Staatsberaterin von Myanmar, der Tatmadaw, dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Regierungen und Parlamenten der Vereinigten Staaten, Bangladeschs, des Vereinigten Königreichs, Japans, Indiens, Australiens, Kanadas, der Mitgliedstaaten des ASEAN, den Regierungen und Parlamenten Russlands und Chinas sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär des ASEAN, der zwischenstaatlichen Menschenrechtskommission des ASEAN, dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar, dem Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übermitteln.

 

 

Letzte Aktualisierung: 6. Oktober 2021
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