Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B9-0270/2023Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B9-0270/2023

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum nachhaltigen Wiederaufbau der Ukraine und zu ihrer Integration in die euroatlantische Gemeinschaft

14.6.2023 - (2023/2739(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 132 Absätze 2 und 4
anstelle der folgenden Entschließungsanträge:
B9‑0270/2023 (Verts/ALE)
B9‑0274/2023 (S&D)
B9‑0275/2023 (PPE)
B9‑0278/2023 (Renew)
B9‑0281/2023 (ECR)

Michael Gahler, Andrius Kubilius, Rasa Juknevičienė, Željana Zovko, David McAllister, Vangelis Meimarakis, Siegfried Mureşan, Jerzy Buzek, Isabel Wiseler‑Lima, Traian Băsescu, Vladimír Bilčík, Gheorghe Falcă, Tomasz Frankowski, Sunčana Glavak, Andrzej Halicki, Sandra Kalniete, Andrey Kovatchev, David Lega, Miriam Lexmann, Antonio López‑Istúriz White, Elżbieta Katarzyna Łukacijewska, Aušra Maldeikienė, Lukas Mandl, Liudas Mažylis, Dace Melbārde, Gheorghe‑Vlad Nistor, Janina Ochojska, Radosław Sikorski, Michaela Šojdrová, Eugen Tomac, Inese Vaidere, Tom Vandenkendelaere, Tomáš Zdechovský, Milan Zver
im Namen der PPE-Fraktion
Pedro Marques, Tonino Picula, Sven Mikser, Juozas Olekas
im Namen der S&D-Fraktion
Petras Auštrevičius, Izaskun Bilbao Barandica, Nicola Beer, José Ramón Bauzá Díaz, Katalin Cseh, Bernard Guetta, Klemen Grošelj, Karin Karlsbro, Ilhan Kyuchyuk, Nathalie Loiseau, Karen Melchior, Javier Nart, Urmas Paet, Frédérique Ries, Michal Šimečka, Ramona Strugariu, Dragoş Tudorache
im Namen der Renew-Fraktion
Viola von Cramon‑Taubadel
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Anna Fotyga, Ryszard Czarnecki, Alexandr Vondra, Veronika Vrecionová, Jadwiga Wiśniewska, Anna Zalewska, Dominik Tarczyński, Bogdan Rzońca, Elżbieta Rafalska, Witold Jan Waszczykowski, Roberts Zīle, Eugen Jurzyca, Zbigniew Kuźmiuk, Tomasz Piotr Poręba, Joachim Stanisław Brudziński
im Namen der ECR-Fraktion


Verfahren : 2023/2739(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B9-0270/2023
Eingereichte Texte :
RC-B9-0270/2023
Aussprachen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zum nachhaltigen Wiederaufbau der Ukraine und zu ihrer Integration in die euroatlantische Gemeinschaft

(2023/2739(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Ukraine und insbesondere jene, die seit der Eskalation des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 angenommen wurden,

 unter Hinweis auf das im Jahr 2014 unterzeichnete Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits[1] und die dazugehörige vertiefte und umfassende Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und der Ukraine,

 unter Hinweis auf den Antrag der Ukraine vom 28. Februar 2022 auf Mitgliedschaft in der Union und auf die anschließende Zuerkennung des Status als Bewerberland durch den Europäischen Rat am 23. Juni 2022,

 unter Hinweis auf die zum Abschluss des 24. Gipfeltreffens EU-Ukraine am 3. Februar 2023 in Kyjiw (Kiew) abgegebene gemeinsame Erklärung,

 unter Hinweis auf die auf dem Gipfeltreffen der NATO vom 3. April 2008 in Bukarest abgegebene Erklärung,

 unter Hinweis auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G7 vom 27. Juni 2022 zur Unterstützung der Ukraine und auf die jüngste Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G7 vom 19. Mai 2023,

 unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, und des für Krisenmanagement zuständigen Mitglieds der Kommission, Janez Lenarčič, vom 6. Juni 2023 zur Zerstörung des Staudamms von Kachowka,

 unter Hinweis auf das Abschlussdokument der Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine (URC2022), die vom 4. bis 5. Juli 2022 in Lugano stattfand, und auf die bevorstehende URC2023 vom 21. bis 22. Juni 2023 in London,

 unter Hinweis auf das Ergebnis der Internationalen Expertenkonferenz zur Erholung der Wirtschaft, zum Wiederaufbau und zur Modernisierung der Ukraine, die am 25. Oktober 2022 in Berlin stattfand,

 gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass sich die geopolitische Lage in Europa seit dem 24. Februar 2022, als Russland seinen unprovozierten, ungerechtfertigten und unrechtmäßigen Angriffskrieg gegen die Ukraine großmaßstäblich begann, grundlegend verändert hat; in der Erwägung, dass dieser Angriffskrieg einen unverhohlenen und offenkundigen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und die Grundprinzipien des Völkerrechts darstellt; in der Erwägung, dass für die Verbrechen Russlands gegen die Ukraine, zu denen auch das Verbrechen der Aggression, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehören, die unter Umständen als Völkermord einzustufen sind, staatliche Amtsträger, Militärkommandeure, in den Medien tätige Propagandisten und andere Täter im Einklang mit dem Völkerrecht uneingeschränkt zur Rechenschaft gezogen werden müssen; in der Erwägung, dass die Ukraine und ihre Bürgerinnen und Bürger entschlossen Widerstand gegen den Angriffskrieg Russlands leisten und dass sie ihr Land bislang erfolgreich verteidigt haben, wenngleich dies mit hohen Kosten in Form ziviler und militärischer Opfer, der Zerstörung ziviler und kritischer Infrastruktur sowie der Zerstörung von Naturräumen und Kulturerbestätten verbunden ist; in der Erwägung, dass ein Drittel der Bevölkerung der Ukraine aus ihrer Heimat geflohen ist und dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes im Jahr 2022 schätzungsweise um mindestens ein Drittel zurückgegangen ist; in der Erwägung, dass Russland mit seinen in den vergangenen 16 Monaten in der Ukraine verübten Handlungen den Frieden und die Sicherheit in Europa und weltweit weiter bedroht;

B. in der Erwägung, dass die Ukraine als unabhängiges und souveränes Land das grundlegende Recht hat, über die eigene Zukunft zu entscheiden; in der Erwägung, dass hierzu auch die Freiheit gehört, zu entscheiden, welche Bündnisse sie eingeht, ihre eigene Politik festzulegen und ihre nationalen Interessen im Einklang mit dem Willen ihrer Bevölkerung zu verfolgen; in der Erwägung, dass eine starke, stabile und unabhängige Ukraine für die Stabilität des euroatlantischen Raums und für die Förderung von Frieden und Stabilität in Europa und der Welt sowie für die Wahrung der Grundsätze der Demokratie und des Völkerrechts unentbehrlich ist;

C. in der Erwägung, dass die Ukraine ein Bewerberland für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union ist und von der Union in allen Bereichen massive Unterstützung erhalten hat; in der Erwägung, dass die Ukraine bei wichtigen Reformen greifbare Fortschritte erzielt und ein klares Engagement für die Integration in die Union und die NATO unter Beweis gestellt hat; in der Erwägung, dass die Kommission im Oktober 2023 einen Bericht über die Fortschritte der Ukraine bei der Umsetzung der sieben Empfehlungen vorlegen soll, die die Kommission in ihrer Stellungnahme vom 17. Juni 2022 zu dem Antrag des Landes auf Beitritt zur Union abgegeben hat; in der Erwägung, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung im Dezember 2023 voraussichtlich entscheidet, ob die Ukraine für eine Mitgliedschaft in der Union gerüstet ist und wie ihr weiterer Weg in die Union aussieht;

D. in der Erwägung, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten gemeinsam mit internationalen Partnern und den NATO-Verbündeten wesentliche militärische Unterstützung leisten, um der Ukraine bei der Wahrnehmung ihres legitimen Rechts auf Selbstverteidigung gegen den Angriffskrieg Russlands beizustehen;

E. in der Erwägung, dass die Alliierten in der auf dem Gipfeltreffen der NATO in Bukarest abgegebenen Erklärung die euroatlantischen Bestrebungen der Ukraine begrüßt haben und übereingekommen sind, dass die Ukraine unter Umständen NATO-Mitglied wird; in der Erwägung, dass bei jeder Erweiterungsrunde der NATO der Grundsatz, dass die Sicherheit der bereits der NATO angehörenden Staaten dadurch erhöht werden sollte, beherzigt wurde; in der Erwägung, dass sich der im Juli anstehende NATO-Gipfel in Vilnius mit der Frage befassen muss, wie mit der 2008 in Bukarest abgegebenen Erklärung bezüglich der Unterstützung des Beitritts der Ukraine weiter verfahren werden soll;

F. in der Erwägung, dass der Staudamm von Kachowka am Dnipro in dem von Russland besetzten Gebietsteil im Süden der Ukraine am 6. Juni 2023 durch einen Akt des Terrorismus vorsätzlich zerstört wurde; in der Erwägung, dass durch die Explosion eine große Bresche in den Damm gesprengt wurde, durch die Wasser flussabwärts in Richtung Cherson abfließt; in der Erwägung, dass durch den Dammbruch mehrere Todesfälle verursacht wurden, die lokale Zivilbevölkerung evakuiert werden musste, Infrastruktur und Häuser zerstört wurden, Wildtiere verendet sind und das Wasser mit Industriechemikalien und Öl verunreinigt wurde; in der Erwägung, dass laut Schätzungen der Ukraine Zehntausende Menschen in dem betroffenen Gebiet festsitzen und Hunderttausende keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben; in der Erwägung, dass Landminen durch die Wassermassen hinweggespült wurden, was ein erheblicher Grund zur Sorge hinsichtlich der Sicherheit ist; in der Erwägung, dass Zehntausende Hektar landwirtschaftlicher Fläche in Mitleidenschaft gezogen wurden und durch die Entwässerung des Stausees Kachowka 584 000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche nicht mehr bewässert werden können; in der Erwägung, dass das Kernkraftwerk (KKW) Saporischschja aus dem riesigen Stausee Kühlwasser bezogen hat und dass der sinkende Wasserstand eine zusätzliche Bedrohung für dieses Kraftwerk darstellt;

G. in der Erwägung, dass nach der zweiten Schnellbewertung des Schadens und des Bedarfs, die am 23. März 2023 von der Regierung der Ukraine, der Weltbank-Gruppe, der Kommission und den Vereinten Nationen veröffentlicht wurde, die Kosten des Wiederaufbaus und der Erholung der Wirtschaft in der Ukraine schätzungsweise auf mindestens 383 Mrd. EUR gestiegen sind; in der Erwägung, dass dieser Betrag wahrscheinlich weiter steigt, wenn weitere Infrastruktur beschädigt oder zerstört wird, was an dem unlängst zerstörten Staudamm von Kachowka beispielhaft ersichtlich ist; in der Erwägung, dass am 26. Januar 2023 die von vielen Akteuren getragene Geberkoordinierungsplattform für die Ukraine ins Leben gerufen wurde, auf der hochrangige Beamte aus der Ukraine, der EU, den G7-Staaten und aus internationalen Finanzinstitutionen wie der Europäischen Investitionsbank, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank zusammenkommen; in der Erwägung, dass die Plattform ein Katalysator für die Mobilisierung der internationalen Zusagen sein soll, die erforderlich sind, um den Bedarf der Ukraine zu decken;

1. bekräftigt seine unverbrüchliche Solidarität mit dem mutigen Volk und der mutigen politischen Führung der Ukraine, die die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit des Landes couragiert verteidigen, und zollt ihnen Anerkennung;

2. verurteilt erneut aufs Schärfste den unprovozierten, unrechtmäßigen und ungerechtfertigten Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Verstrickung des in Belarus herrschenden Regimes in diesen Krieg; fordert Russland auf, alle militärischen Handlungen in der Ukraine sofort einzustellen und alle Streitkräfte, Hilfstruppen und das gesamte militärische Gerät aus dem gesamten international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine abzuziehen, die Deportation ukrainischer Zivilisten einzustellen und alle inhaftierten und deportierten Ukrainer, insbesondere Kinder, freizulassen;

3. bekräftigt seine Entschlossenheit, die Ukraine weiter zu unterstützen, bis ihre international anerkannten Grenzen wiederhergestellt sind und sie deren Kontrolle wiedererlangt hat und diese Unterstützung auch während des gesamten Prozesses der dauerhaften Erholung der Wirtschaft und des Wiederaufbaus der Ukraine fortzusetzen; würdigt die Widerstandskraft und Entschlossenheit des Volkes der Ukraine bei seinem Streben nach demokratischen Werten, bei seinen Reformbemühungen und bei seinen Bestrebungen zur Integration in die euroatlantische Staatengemeinschaft;

4. verurteilt aufs Schärfste die Zerstörung des Staudamms von Kachowka durch Russland am 6. Juni 2023, durch die in der Ukraine großflächige Überschwemmungen, eine Umweltkatastrophe und ein Ökozid herbeigeführt wurden und die ein Kriegsverbrechen darstellt; bekräftigt, dass alle, die für diese Kriegsverbrechen, auch für die Zerstörung des Staudamms, verantwortlich sind, gemäß dem Völkerrecht zur Rechenschaft gezogen werden; begrüßt die rasche Aktivierung des Katastrophenschutzverfahrens der Union; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle wesentlichen Hilfsgüter bereitzustellen, die nun im überschwemmten Gebiet benötigt werden, insbesondere Ausrüstung und Maschinen für Katastrophenhilfe, Trinkwasseraufbereitung und Lebensmittel; ist beunruhigt darüber, dass die Zerstörung des Staudamms von Kachowka auch die Sicherheit des KKW Saporischschja gefährden könnte; unterstützt die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs zur Zerstörung des Staudamms von Kachowka;

5. bringt seine anhaltende Besorgnis über die Lage im KKW Saporischschja zum Ausdruck, das von der Russischen Föderation illegal besetzt und kontrolliert wird; fordert, dass das Personal der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) sofort Zugang zu allen Anlagen des KKW Saporischschja erhält; unterstützt die Bemühungen um die Aufrechterhaltung einer kontinuierlichen Präsenz der IAEO im KKW Saporischschja; betont, dass der internationale Rahmen für den Schutz von friedlichen Zwecken dienenden kerntechnischen Anlagen, auch in bewaffneten Konflikten, gestärkt werden muss; bekräftigt seine tiefe Besorgnis über die umfangreicheren langfristigen Umweltauswirkungen des Konflikts; weist erneut darauf hin, dass Russland bereits zuvor Akte des Ökozids gegen die Flora und Fauna der Ukraine – zu denen die Abholzung von Wäldern der Ukraine, die Verminung weiter Landstriche und die Vergiftung von Luft- und Wasserressourcen zählen – begangen hat, und verurteilt diese Akte;

6. betont, dass ein durch den Sieg der Ukraine herbeigeführter Frieden durch die Integration der Ukraine in die Union und die NATO gesichert werden muss; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Unterstützung für den Beschluss des Europäischen Rates, der Ukraine den Status eines Bewerberlandes zuzuerkennen; hofft auf eine befürwortende Empfehlung der Kommission, wenn die sieben von der Kommission in der Stellungnahme der Kommission zum Antrag der Ukraine auf den Beitritt zur Union genannten Kriterien erfüllt sind; fordert den Rat und die Kommission auf, einen klaren Pfad für die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen auf der Grundlage eines Ansatzes mit einzelnen Schritten aufzuzeigen, bei dem der Schwerpunkt darauf liegt, der Gesellschaft und den Bürgerinnen und Bürgern der Ukraine von Beginn des Prozesses an greifbare Vorteile zu bringen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Ukraine auch künftig zu unterstützen, damit die Verhandlungen über den Beitritt des Landes zur Union in diesem Jahr aufgenommen werden können, und stellt fest, dass anschließend innerhalb des gleichen Zeitrahmens eine Regierungskonferenz abgehalten werden könnte; bekräftigt seine Unterstützung für die Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union, die eine geostrategische Verschiebung und eine Investition in ein geeintes und starkes Europa darstellt;

7. bekräftigt seine Forderung nach einem innovativen, komplementären und flexiblen Zusammenspiel der laufenden Arbeiten zur Umsetzung des geltenden Assoziierungsabkommens und des Prozesses der Beitrittsverhandlungen, damit die Ukraine schrittweise in den Unionsbinnenmarkt und die bereichsspezifischen Programme integriert werden kann, was auch bedeutet, ihr Zugang zu Unionsmitteln in den jeweiligen Bereichen zu gewähren; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, von einseitigen Maßnahmen abzusehen, durch die der Zugang der Ukraine zum Unionsbinnenmarkt eingeschränkt würde;

8. betont, dass der Prozess des Beitritts zur EU im Einklang mit Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union erfolgen muss, wobei die einschlägigen Verfahren eingehalten und die festgelegten Kriterien, insbesondere die Kopenhagener Kriterien für die Mitgliedschaft in der Union, erfüllt sein müssen, und dass der Beitrittsprozess nach wie vor ein Verfahren ist, bei dem auf die Verdienste des jeweiligen Landes abgestellt wird und das die Annahme und Durchführung einschlägiger Reformen erfordert, und zwar insbesondere in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Marktwirtschaft und Übernahme des Besitzstands der Union; fordert die Ukraine nachdrücklich auf, der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, der Fortsetzung der Reform ihrer Justiz und der Bekämpfung der Korruption Vorrang einzuräumen, da Fortschritte in diesen Bereichen nicht nur für ihr Vorankommen auf dem Weg in die Union, sondern auch für einen erfolgreichen Wiederaufbau und die erfolgreiche Erholung der Wirtschaft ausschlaggebend sind; ist fest davon überzeugt, dass eine feste, auf Verdiensten beruhende Aussicht der Ukraine auf eine Mitgliedschaft in der Union im politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interesse der Union liegt;

9. fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, der Ukraine auf ihrem Weg zum Beitritt zur Union mehr Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen, wobei hierzu auch technisches Fachwissen, der Aufbau von Kapazitäten und die institutionellen Reformen gehören, die erforderlich sind, damit die Beitrittskriterien erfüllt werden können; betont, dass die Union selbst die Reformen durchführen muss, die im Hinblick auf künftige Erweiterungen erforderlich sind;

10. begrüßt den auf dem Gipfeltreffen des Europarats vom 17. Mai 2023 in Reykjavík gefassten Beschluss, ein Register der infolge des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine verursachten Schäden einzurichten, das ein erster Schritt hin zu einem internationalen Entschädigungsmechanismus für die Opfer des Angriffskriegs Russlands ist; fordert die weiteren Mitglieder des Europarats auf, der Vereinbarung so rasch wie möglich beizutreten; fordert in diesem Zusammenhang die Organe und die Mitgliedstaaten der Union erneut auf, weiter ambitioniert auf die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einziehung der Vermögenswerte des Staates Russland zur Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine und der Entschädigung der Opfer des Angriffskriegs Russlands hinzuarbeiten; betont seine Überzeugung, dass Russland nach Kriegsende verpflichtet werden muss, die ihm auferlegten Reparationen zu zahlen, damit es einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau der Ukraine leistet;

11. hält es für geboten, dass der Wiederaufbau Ukraine mit den Vorbereitungen des Landes auf den Beitritt zur Union und mit den laufenden innenpolitischen Reformen verknüpft wird; bekräftigt, dass beschädigte Infrastruktur und beschädigte Industrieanlagen im Einklang mit dem Grundsatz „Building Back Better“ und den Zielen des europäischen Grünen Deals wiederhergestellt werden sollten, um eine CO2-freie und digitale Wirtschaft zu fördern und die Ukraine zu einem modernen europäischen Wohlfahrtsstaat und einer Marktwirtschaft umzugestalten;

12. hebt hervor, dass vorrangig an einem umfassenden Aufbaupaket der Union für die Ukraine gearbeitet werden muss, dessen Schwerpunkt auf Soforthilfe und auf mittel- und langfristiger Hilfe für das Land und auf dem Wiederaufbau und der Erholung der Wirtschaft des Landes liegen sollte; fordert, dass das Aufbaupaket durch eine verlässliche und angemessene bedarfsgerechte Finanzierung der Union unterstützt wird, und sieht den Vorschlägen der Kommission für die Halbzeitüberprüfung des derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmens und für die Finanzierung des Wiederaufbaubedarfs der Ukraine in den kommenden Jahren im Wege der Fazilität „RebuildUkraine“ – sobald diese geschaffen worden ist – erwartungsvoll entgegen;

13. würdigt die Arbeit, die von der Ukraine, der Union, den G7-Staaten, internationalen Finanzinstitutionen und anderen gleichgesinnten Partnern geleistet wurde, um einen Plan für die Erholung der Wirtschaft und den Wiederaufbau der Ukraine auszuarbeiten; begrüßt und unterstützt insbesondere die sieben Leitprinzipien der Erklärung von Lugano; fordert die Kommission auf, gemeinsam mit der Union und den internationalen Partnern der Ukraine eine weitere hochrangige Konferenz einzuberufen, die sich mit dem Wiederaufbau und der Erholung der Wirtschaft der Ukraine befasst und an die Ergebnisse der 2022 in Lugano und Berlin abgehaltenen internationalen Konferenzen sowie der bevorstehenden internationalen Konferenz in London anknüpft und außerdem dazu beiträgt, den Wiederaufbau enger mit dem Prozess der Integration der Ukraine in die Union zu verknüpfen; begrüßt die Absicht der Union, eine Führungsrolle zu übernehmen, und zwar insbesondere im Wege der mit der Ukraine, den G7-Staaten, internationalen Finanzinstitutionen und anderen wichtigen Partnern vereinbarten von vielen Akteuren getragenen Geberkoordinierungsplattform; hält es für geboten, dass das Europäische Parlament als Beobachter hieran beteiligt wird; betont, dass es einer guten Abstimmung und angemessenen Aufteilung der Arbeit zwischen den Gebern und der Ukraine bedarf; hebt hervor, dass die Ukraine uneingeschränkt selbst für den Wiederaufbau verantwortlich sein muss und dass Organisationen der Zivilgesellschaft und die lokalen Gebietskörperschaften eng eingebunden werden müssen; fordert die Union, die Mitgliedstaaten und die internationalen Finanzinstitutionen nachdrücklich auf, anstelle von Darlehen an Bedingungen geknüpfte Zuschüsse zu vergeben;

14. hebt hervor, dass die Minenräumung und die Beseitigung nicht gezündeter Sprengkörper („Unexploded explosive ordnance“ – UXO) Voraussetzungen für den Wiederaufbau der Ukraine einschließlich ihrer landwirtschaftlichen Erzeugung sind, die für die Wirtschaft der Ukraine und für die globale Ernährungssicherheit unentbehrlich ist; weist darauf hin, dass ein großer Teil des Hoheitsgebiets der Ukraine mit Minen und UXO kontaminiert ist; betont, dass die derzeitigen Räumungs- und Beseitigungsbemühungen hinter dem entsprechenden Bedarf zurückbleiben; hebt hervor, dass die Minenräumung und die Beseitigung von UXO beschleunigt werden müssen, damit die am stärksten von der Aggression Russlands betroffenen Landesteile in angemessenem Umfang unterstützt werden können; hebt hervor, dass diese Bemühungen eine umfangreiche und langfristige Finanzierung erfordern;

15. fordert die Regierung der Ukraine auf, die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung fortzusetzen und den Erfolg der Dezentralisierungsreform in die Gesamtstruktur der Verfahren für die Instandsetzungsarbeiten, die Erholung der Wirtschaft und den Wiederaufbau in der Ukraine einfließen zu lassen, unter anderem indem lokalen Gebietskörperschaften eine wichtige Funktion bei der Entscheidungsfindung in Bezug auf Wiederaufbauprojekte übertragen wird; weist auf den Verband ukrainischer Städte und die Europäische Allianz der Städte und Regionen für den Wiederaufbau der Ukraine hin, von denen die letztere am 30. Juni 2022 ins Leben gerufen wurde, um den lokalen und regionalen Bedarf in der Ukraine zu erfassen;

16. ist der Überzeugung, dass der Wiederaufbau und die Erholung der Wirtschaft der Ukraine fest auf den Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit und der Inklusion, der Gleichstellung der Geschlechter, der Nachhaltigkeit und des grünen Wandels, der lokalen Eigenverantwortung, der Transparenz und der Rechenschaftspflicht beruhen müssen und mit wirksamen Mechanismen zu ihrer Überwachung einhergehen sollten; hebt hervor, dass es einer transparenten Verwaltungsstruktur, der Rechenschaftspflicht und der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung bedarf; hält es für geboten, Umweltverträglichkeitsprüfungen für künftige Wiederaufbauprojekte, insbesondere in Schutzgebieten wie denjenigen in der Gebirgskette der Karpaten, durchzuführen;

17. hält es außerdem für erforderlich, den Bedenken und Bedürfnissen und der Sachkenntnis von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen Rechnung zu tragen, da ihre Wiedereingliederung in die lokalen Gemeinschaften für die Stärkung der gesellschaftlichen und institutionellen Resilienz und der Einheit der Ukraine von entscheidender Bedeutung ist; weist auf die sich abzeichnende Herausforderung hin, dass auf das Leid der Opfer und Veteranen eingegangen werden muss, von denen viele bei der vollständigen Wiedereingliederung in das Sozialleben nach Kriegsende mit Schwierigkeiten konfrontiert sein dürften, insbesondere diejenigen, die von den Besatzungstruppen Russlands gefangen gehalten, gefoltert, vergewaltigt oder anderweitig misshandelt wurden; weist erneut darauf hin, dass viele von ihnen auf lange Sicht psychologische und medizinische Unterstützung bei Wiedereingliederung und Reintegration benötigen;

18. bekräftigt seinen Standpunkt, dass Vertreter der kommunalen Selbstverwaltung und der Zivilgesellschaft in der Ukraine aktiv in die Erholung der Wirtschaft und den Wiederaufbau einbezogen und dabei die strengsten Normen in Bezug auf Transparenz und Rechenschaftspflicht eingehalten werden müssen; fordert, dass besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Jugend und schutzbedürftiger Gruppen gerichtet wird;

19. fordert die Organe der Union und die Mitgliedstaaten auf, die Einheit der Union zu bewahren und Russland und seine Verbündeten unter anderem durch weitere Sanktionspakete stärker unter Druck zu setzen, um die Kriegsfähigkeit Russlands strategisch zu schwächen; verurteilt das Verhalten der Staaten, Einrichtungen und Einzelpersonen, die Russland dabei helfen, sich den Auswirkungen der Sanktionen der Union zu entziehen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen Mechanismus zu entwickeln, mit dem die Umgehung von Sanktionen verhindert werden kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Sanktionen um ein in allen Mitgliedstaaten geltendes, vollständiges Verbot der Vermarktung und des Schleifens von Diamanten mit Ursprung in Russland bzw. solchen, die von Russland wiederausgeführt werden, zu erweitern und die Preisobergrenze für Öl aus Russland zu senken; fordert die Unternehmen aus der Union erneut auf, ihre Geschäftstätigkeit in Russland einzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, besondere Maßnahmen zu ergreifen, mit denen verhindert wird, dass technisch fortgeschrittene Produkte, die in Drittländer ausgeführt werden, nach Russland gelangen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Personen oder Einrichtungen, die an der Umgehung von Sanktionen der Union beteiligt sind, strafrechtlich sehr rigoros zu verfolgen; fordert, dass die restriktiven Maßnahmen gegen das Regime in Belarus, die trotz zahlreicher einschlägiger Forderungen den gegen Russland verhängten Sanktionen nicht entsprechen, verschärft werden;

20. betont, dass die Union beileibe nicht nur zivile Bereiche unterstützt, sondern auch weitreichende militärische Unterstützung leistet; fordert die Union, die Mitgliedstaaten und gleichgesinnte Partner auf, die militärische Zusammenarbeit mit der Ukraine unter anderem so zu verstärken, dass sie verstärkt Fähigkeiten, Ausbildungsmöglichkeiten und Kapazitätsaufbau anbieten, um die Verteidigungsfähigkeiten der Ukraine in dem Umfang zu stärken, der erforderlich ist, um das international anerkannte Hoheitsgebiet der Ukraine zu befreien und im Hinblick auf etwaige erneute Angriffe auf das Land eine abschreckende Wirkung zu erzielen; bekräftigt, dass es diese Maßnahmen und ihre erhebliche Ausweitung unterstützt und dass die Europäische Friedensfazilität in dieser Hinsicht in vollem Umfang genutzt werden muss;

21. betont, dass sich die Streitkräfte der Ukraine dadurch, dass sie den Angriffen Russlands erfolgreich Widerstand leisten, als eine der kampferprobtesten und erfahrensten Streitkräfte der Welt erwiesen hat; würdigt und lobt den bedeutenden Beitrag, den die Ukraine zur Sicherheit des euroatlantischen Raums und zur Verteidigung seiner Werte leistet, indem sie dem Angriffskrieg Russlands standhält; weist auf die Risiken hin, die damit verbunden sind, wenn die Ukraine dauerhaft in einer sicherheitspolitischen Grauzone verbleibt, da dies ein Anreiz für Russland wäre, die Feindseligkeiten auf lange Sicht weiterzuführen;

22. fordert die NATO-Bündnispartner auf, ihren Zusagen in Bezug auf die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine nachzukommen, und erwartet, dass auf den bevorstehenden Gipfeltreffen in Vilnius und Washington der Weg für eine Einladung der Ukraine zum NATO-Beitritt geebnet wird und das Beitrittsverfahren nach Kriegsende beginnt und so rasch wie möglich abgeschlossen wird; fordert die Union, die Mitgliedstaaten, die NATO-Bündnispartner und gleichgesinnte Partner auf, eng mit der Ukraine zusammenzuarbeiten, um einen befristeten Rahmen für Sicherheitsgarantien zu entwickeln, der unmittelbar nach dem Krieg umgesetzt wird, bis die vollständige NATO-Mitgliedschaft verwirklicht ist; betont, dass durch die Integration der Ukraine in die NATO und die Union die regionale und globale Sicherheit verbessert und die Stabilität gefördert würde sowie die Bande der Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der euroatlantischen Gemeinschaft und ihre gemeinsamen Werte gestärkt würden;

23. fordert die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Mitgliedstaaten auf, sowohl in der Ukraine als auch in den Mitgliedstaaten die strategische Kommunikation zu stärken und relevante Informationen über die beiderseitigen Vorteile und Chancen der Erweiterung bereitzustellen, damit der Beitrittsprozess noch stärker unterstützt und noch besser verstanden wird; fordert die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Mitgliedstaaten auf, die von der Union geleistete Finanzierung und ihre greifbaren Ergebnisse in der Ukraine noch stärker in den Vordergrund zu rücken; beharrt darauf, dass die Union und die Zivilgesellschaft der Ukraine tatkräftig an der Verwirklichung dieser Ziele mitwirken sollten;

24. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten, der Regierung und der Werchowna Rada der Ukraine, dem Generalsekretär der NATO und dem Präsidenten der parlamentarischen Versammlung der NATO, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation, dem Europarat und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu übermitteln.

 

 

Letzte Aktualisierung: 14. Juni 2023
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