Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B9-0311/2023Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B9-0311/2023

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Stand des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit EU-Kuba vor dem Hintergrund des jüngsten Besuchs der Insel durch den Hohen Vertreter

10.7.2023 - (2023/2744(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 132 Absätze 2 und 4 der Geschäftsordnung
anstelle der folgenden Entschließungsanträge:
B9‑0311/2023 (PPE)
B9‑0321/2023 (Renew)
B9‑0322/2023 (ECR)

Gabriel Mato, Antonio López‑Istúriz White, Francisco José Millán Mon, Leopoldo López Gil, Paulo Rangel
im Namen der PPE-Fraktion
Javier Nart, Dita Charanzová, Malik Azmani, José Ramón Bauzá Díaz, Olivier Chastel, Urmas Paet, Hilde Vautmans
im Namen der Renew-Fraktion
Carlo Fidanza, Joachim Stanisław Brudziński, Andżelika Anna Możdżanowska
im Namen der ECR-Fraktion


Verfahren : 2023/2744(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B9-0311/2023
Eingereichte Texte :
RC-B9-0311/2023
Aussprachen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zum Stand des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit EU-Kuba vor dem Hintergrund des jüngsten Besuchs der Insel durch den Hohen Vertreter

(2023/2744(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Kuba,

 unter Hinweis auf das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Republik Kuba andererseits[1], das im Dezember 2016 unterzeichnet wurde und seit dem 1. November 2017 vorläufig angewandt wird,

 unter Hinweis auf die Ergebnisse des dritten formellen Menschenrechtsdialogs, der am 26. Februar 2021 im Rahmen des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit abgehalten wurde,

 unter Hinweis auf die Ergebnisse der Tagung des Gemeinsamen Rates EU-Kuba vom 26. Mai 2023 in Havanna und die gemeinsame Presseerklärung, die im Anschluss an die Tagung vom Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der stellvertretenden Ministerin Kubas für auswärtige Angelegenheiten abgegeben wurde,

 unter Hinweis auf die Erklärung, die der Hohe Vertreter im Namen der Europäischen Union zum ersten Jahrestag der Demonstrationen abgegeben hat, die sich am 11. und 12. Juli 2021 in Kuba ereignet hatten,

 unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 sowie andere internationale Menschenrechtsverträge und ‑instrumente,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984, zu dessen Vertragsparteien Kuba gehört,

 unter Hinweis auf die Verfassung und das Strafgesetzbuch Kubas,

 unter Hinweis auf den EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2020-2024,

 unter Hinweis auf die Entschließung 2506 (2023) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 22. Juni 2023 zu den politischen Folgen des Angriffskriegs der Russischen Föderation gegen die Ukraine,

 unter Hinweis auf den Bericht Nr. 83/23 der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IAMRK) vom 9. Juni 2023 in der Sache 14.196 mit dem Titel „Admissibility and merits report (publication) – Oswaldo José Payá Sardiña et al. – Cuba“ (Bericht über die Zulässigkeit und Begründetheit (Veröffentlichung) – Oswaldo José Payá Sardiña et al. – Kuba),

 unter Hinweis auf den Bericht der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierungen vom 6. August 2021,

 unter Hinweis auf die Definition des Begriffs „Organisation der Zivilgesellschaft“ im Amtsblatt der Europäischen Union,

 unter Hinweis auf das Dokument ARES (2021) 2474104 des stellvertretenden geschäftsführenden Direktors des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) für Amerika,

 unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern,

 unter Hinweis auf die Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch, Human Rights Foundation und Prisoners Defenders,

 unter Hinweis auf Kapitel IV.B des Jahresberichts 2020 der IAMRK über Kuba,

 unter Hinweis auf die an die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte gerichtete Mitteilung der Sonderberichterstatterin über moderne Formen der Sklaverei, einschließlich ihrer Ursachen und Folgen, und der Sonderberichterstatterin über den Menschenhandel, insbesondere den Frauen- und Kinderhandel, vom 6. November 2019 zu den kubanischen Ärztebrigaden,

 unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der jüngsten allgemeinen regelmäßigen Überprüfung zu Kuba aus dem Jahr 2018 zu den kubanischen Ärztebrigaden,

 gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 5. Juli 2017[2] seine Zustimmung zu dem Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit erteilte und diese an eindeutige Bedingungen hinsichtlich der Verbesserung der Lage der Menschenrechte und der Demokratie in Kuba knüpfte, die in den Erwägungen H, I, J, L und T sowie den Ziffern 7, 8, 9, 10 und 12 der genannten Entschließung dargelegt sind; in der Erwägung, dass die Union während des dritten formellen Menschenrechtsdialogs mit Kuba am 26. Februar 2021 darauf hingewiesen hat, dass die völkerrechtlichen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte eingehalten werden müssen; in der Erwägung, dass das Ratifizierungsverfahren noch nicht vollständig abgeschlossen ist und das Abkommen vorläufig angewandt wird;

B. in der Erwägung, dass jeder politische Dialog ohne Einschränkungen auch die direkte und intensive Beteiligung von Vertretern der unabhängigen Zivilgesellschaft und aller politischen Akteure der Opposition umfassen muss, wie in Artikel 36 des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit hervorgehoben wird; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament wiederholt Menschenrechtsverletzungen in Kuba verurteilt und dabei die Verstöße gegen Artikel 1 Absatz 5, Artikel 2 Buchstabe c, Artikel 5, Artikel 22 und Artikel 43 Absatz 2 des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit hervorgehoben hat, in denen sich die Regierung Kubas verpflichtet hat, die Menschenrechte zu achten;

C. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament den EAD mehrmals darauf hingewiesen hat, dass die Beteiligung von Vertretern der unabhängigen Zivilgesellschaft an den politischen Dialogen und den Kooperationsprojekten im Rahmen des Abkommens ein wesentlicher Bestandteil des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit ist und dass der seit der Unterzeichnung des Abkommens bestehende Missstand, dass Vertreter der unabhängigen Zivilgesellschaft vom Zugang zu Mitteln für die Zusammenarbeit bzw. von der Beteiligung an dem Abkommen ausgeschlossen sind und sich hingegen ausschließlich Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist oder die von ihm kontrolliert werden, am Abkommen beteiligen dürfen und Zugang zu Mitteln für die Zusammenarbeit erhalten, umgehend behoben werden sollte;

D. in der Erwägung, dass das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit eine sogenannte Menschenrechtsklausel enthält, bei der es sich um einen wesentlichen Standardbaustein von internationalen Übereinkommen der Union handelt, auf dessen Grundlage das Abkommen – wie in Ziffer 11 der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2017, in der es seine Zustimmung zu dem Abkommen erteilte, niedergelegt – im Fall von Verletzungen der Bestimmungen über die Menschenrechte ausgesetzt werden kann;

E. in der Erwägung, dass die Billigung des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit durch das Europäische Parlament an die Zusage der Kommission und des EAD geknüpft war, die Einrichtung eines regelmäßigen Austauschs mit dem Europäischen Parlament über die Anwendung des Abkommens und die Erfüllung der darin enthaltenen gegenseitigen Verpflichtungen, insbesondere in Bezug auf die Umsetzung aller Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte, sicherzustellen; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament den EAD zudem aufgefordert hat, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Lage der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Kuba im Zuge der Anwendung des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit genau zu beobachten;

F. in der Erwägung, dass das Regime, das Kuba schrittweise aufgezwungen wurde, jede Aussicht auf einen demokratischen Wandel ausschließt, da in Artikel 5 der Verfassung Kubas festgelegt ist, dass die „einzigartige, martianische, fidelistische, marxistische und leninistische Kommunistische Partei Kubas“ die höchste führende politische Kraft der Gesellschaft und des Staates ist und das derzeitige politische System in den Artikeln 4 und 229 als unumkehrbar festgelegt ist;

G. in der Erwägung, dass die Artikel 72 bis 84 des Strafgesetzbuchs Kubas Begriffe wie „Gefahrenlage“ und „Sicherheitsmaßnahmen im Vorfeld von Straftaten“ enthalten, aufgrund deren jedes Jahr Tausende von Menschen zu einem bis vier Jahren Haft verurteilt werden, ohne dass eine zurechenbare Straftat vorliegt, und aufgrund deren in der Vergangenheit mehr als 8000 Menschen inhaftiert und mehr als 2500 Menschen zu Zwangsarbeit ohne Internierung verurteilt worden sind;

H. in der Erwägung, dass die Union ein sozioökonomisches und soziopolitisches Modell bietet, das darauf beruht, dass eine demokratische Gesellschaft sowie wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit angestrebt werden; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament wiederholt gefordert hat, dass in Kuba Reformen durchgeführt werden, die vor dem Hintergrund der anhaltenden Wirtschafts-, Gesellschafts- und Menschenrechtskrise wichtiger denn je sind;

I. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament seinen Sacharow-Preis für geistige Freiheit bereits dreimal kubanischen Aktivisten verliehen hat, 2002 Oswaldo Payá, 2005 den Damen in Weiß und 2010 Guillermo Fariñas; in der Erwägung, dass die Träger des Sacharow-Preises sowie deren Angehörige nach wie vor immer wieder schikaniert, eingeschüchtert und an der Ausreise aus dem Land sowie an der Teilnahme an internationalen Veranstaltungen gehindert werden;

J. in der Erwägung, dass das Fazit des Berichts Nr. 83/23 der IAMRK in der Sache 14.196 lautet, dass der kubanische Staat unmittelbar für den Tod von Oswaldo Payá und Harold Cepero verantwortlich ist; in der Erwägung, dass in dem Bericht auch darauf hingewiesen wird, dass die IAMRK festgestellt habe, dass Verstöße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und gegen die Vereinigungsfreiheit in der Vergangenheit als Politik des kubanischen Staates institutionalisiert wurden, um jede kritische Haltung zu unterbinden, die sich gegen das Regime oder die Verhältnisse unter anderem in den Bereichen Politik, Beschäftigung und Bildung richtet;

K. in der Erwägung, dass die IAMRK bei der Bewertung der Menschenrechtslage in Kuba im Rahmen ihres Jahresberichts 2022 beschlossen hat, ein gesondertes Kapitel zu Kuba (Kapitel IV.B) aufzunehmen, da die Lage auf der Insel nach Ansicht der IAMRK eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Elemente und Institutionen einer repräsentativen Demokratie darstellt, die in der Interamerikanischen Demokratischen Charta vorgesehen sind; in der Erwägung, dass die IAMRK diese Elemente und Institutionen als wesentlich für die Verteidigung der Menschenrechte erachtet; in der Erwägung, dass die IAMRK feststellt, dass das kubanische Regime massive, schwerwiegende und systematische Verletzungen der Menschenrechte begangen hat, die in der Amerikanischen Erklärung der Rechte und Pflichten des Menschen, der Amerikanischen Menschenrechtskonvention und anderen geltenden Menschenrechtsinstrumenten verankert sind;

L. in der Erwägung, dass Kuba bisher keine konkreten Fortschritte in Bezug auf die mit dem Abkommen verfolgten allgemeinen Grundsätze und Ziele der Verbesserung der Menschenrechtslage erzielt hat, sondern das kubanische Regime vielmehr die Unterdrückung verstärkt hat und häufiger gegen die Arbeitnehmer- und Menschenrechte verstößt und die Zahl der politischen Gefangenen gestiegen ist; in der Erwägung, dass das wichtigste Ziel des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit, nämlich die Verbesserung der Grundfreiheiten in Kuba, nicht erreicht wurde;

M. in der Erwägung, dass das kubanische Regime seine Beziehungen zum Putin-Regime seit Beginn des unrechtmäßigen, ungerechtfertigten und unprovozierten Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine intensiviert hat; in der Erwägung, dass Kuba keine der Resolutionen der Vereinten Nationen zur Aggression Russlands gegen die Ukraine unterstützt hat und dass es die Annexionen mehrerer Gebiete der Ukraine durch Russland nachdrücklich gelobt hat; in der Erwägung, dass die Staatsorgane von Belarus und Kuba bekannt gegeben haben, dass sich Angehörige der Streitkräfte Kubas zu Militärübungen nach Belarus begeben werden, dem Verbündeten Russlands, der am stärksten in Russlands Einmarsch in die Ukraine verwickelt ist und mit dem Havanna derzeit seine politischen und wirtschaftlichen Beziehungen stärkt; in der Erwägung, dass der Minister der Revolutionären Streitkräfte Kubas, Álvaro López Miera, während seines Besuchs im Juni 2023 in Moskau erklärt hat, dass die Erweiterung der NATO bis an die Grenzen Russlands Russland dazu veranlasst habe, seine „militärische Spezialoperation“ in die Wege zu leiten, und dass Russland vor diesem Hintergrund eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung der Ausbreitung des Faschismus in Europa spiele;

N. in der Erwägung, dass die Parlamentarische Versammlung des Europarates in ihrer Entschließung vom 22. Juni 2023 Kuba als Verbündeten des Putin-Regimes einstuft und die Parlamente der Mitgliedstaaten des Europarats auffordert, die noch ausstehende Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Kuba nicht zu vollziehen;

O. in der Erwägung, dass Menschenrechtsorganisationen nach wie vor verzeichnen, dass mit unverminderter Härte gegen Personen vorgegangen wird, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und ihr Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ausüben wollen, und dass die Staatsorgane Kubas abweichende Stimmen unterdrücken und gezielt gegen Menschenrechtsverteidiger vorgehen; in der Erwägung, dass es mit Stand 31. Mai 2023 in Kuba insgesamt 1037 politische Gefangene und Gefangene aus Gewissensgründen, darunter auch 35 Minderjährige, gab;

P. in der Erwägung, dass die Menschenrechtslage in Kuba alarmierend ist, insbesondere für Dissidenten und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen wie Frauen, Menschen afrikanischer Abstammung und die LGBTIQ+-Gemeinschaft; in der Erwägung, dass die Zahl der Femizide in Kuba gestiegen ist;

Q. in der Erwägung, dass das kubanische Regime alle wirtschaftlichen Probleme auf der Insel dem Embargo der USA anlastet, obwohl die Armut in Kuba einzig und allein das Ergebnis des völligen Scheiterns des Wirtschafts- und Produktionssystems des Landes ist; in der Erwägung, dass das kubanische Regime die wirtschaftliche Lage als Vorwand für die von ihm begangenen Verstöße heranzieht und ausnutzt, um die Unterstützung ausländischer Regierungen zu erlangen, die andernfalls möglicherweise bereit wären, die repressiven Praktiken des Landes schärfer zu verurteilen;

R. in der Erwägung, dass die Schikanierung und Unterdrückung durch das kubanische Regime seit langer Zeit von restriktiven Gesetzen, ständiger Überwachung, Zensur und Einschüchterungstaktiken geprägt sind, wobei sich die Maschinerie zur Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und auf friedliche Versammlung immer weiter auswächst, während Personen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, unfairen Gerichtsverfahren und willkürlichen Festnahmen ausgesetzt und mit fingierten und jedweder Grundlage entbehrenden Vorwürfen konfrontiert sind; in der Erwägung, dass es in Kuba laut dem Bericht des Ausschusses der Vereinten Nationen über das Verschwindenlassen für 2021 im Jahr 2021 mehr Ersuchen um Sofortmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Verschwindenlassen von Personen gab als in jedem anderen Land der Welt und Kuba bei der Gesamtzahl von Ersuchen dieser Art seit 2012 an dritter Stelle steht;

S. in der Erwägung, dass am 11. Juli 2021 die größten Proteste in Kuba seit dem „Maleconazo“-Protest von 1994 stattfanden; in der Erwägung, dass in Kuba seit den Protesten vom Juli 2021 zahlreiche Demonstranten inhaftiert wurden, darunter Journalisten, zahlreiche Regierungsgegner, Menschenrechtsverteidiger, Künstler und junge Menschen;

T. in der Erwägung, dass sich die Staatsorgane Kubas geweigert haben, Diplomaten der Union und der Mitgliedstaaten, internationalen Medien und Menschenrechtsorganisationen die Beobachtung von Gerichtsverfahren gegen Personen zu gestatten, die während der Proteste vom 11. Juli 2021 festgenommen wurden; in der Erwägung, dass über 100 kubanische Zivilisten, die an den Protesten vom 11. Juli 2021 teilgenommen hatten und zu jener Zeit weder Militärdienst leisteten noch eine militärische Funktion ausübten, unter Verstoß gegen das Völkerrecht vor Militärgerichte gestellt und zu 2 bis 22 Jahren Haft verurteilt wurden;

U. in der Erwägung, dass die willkürlich inhaftierten Personen ständig in Einzelhaft gehalten und dabei auch in Strafzellen gesperrt und grausamer Folter und unmenschlicher Behandlung unterzogen werden, ohne Zugang zu ihren Anwälten und angemessener medizinischer Behandlung zu haben, wodurch ihr Leben in Gefahr gerät; in der Erwägung, dass einige von ihnen in Gefängnissen festgehalten werden, die sich weit entfernt von ihrem Zuhause befinden, sodass ihren Familien die Möglichkeit genommen wird, sie zu besuchen; in der Erwägung, dass Berichten zufolge derzeit über 1000 politische Gefangene – darunter Minderjährige, junge Menschen und Frauen – in Kuba gefoltert werden; in der Erwägung, dass die Organisation „Prisoners Defenders“ in einem Bericht vom 30. Mai 2023 181 Fälle systematischer Folter politischer Gefangener in Kuba dokumentiert hat;

V. in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierungen im Oktober 2020 zu dem Schluss kam, dass die willkürlichen Inhaftierungen der vergangenen Jahrzehnte in Kuba keine Einzelfälle sind, sondern vielmehr eine systematische, jahrzehntelang betriebene Praxis der Staatsorgane Kubas;

W. in der Erwägung, dass in den Schreiben des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen über moderne Formen der Sklaverei, einschließlich ihrer Ursachen und Folgen, und der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über den Menschenhandel, insbesondere den Frauen- und Kinderhandel, von Human Rights Watch, der Human Rights Foundation und anderer Organisationen angeprangert wurde, dass kubanische Zivilisten, die im Ausland arbeiten, Gegenstand des Menschenhandels sind, und zwar infolge von per se bindenden Gesetzen und Vorschriften, die sehr explizit die Grundfreiheiten betreffen, etwa von Artikel 176 des Strafgesetzbuchs zum Migrationsrecht und von der Resolution 368 des Ministeriums Kubas für Außenhandel und ausländische Investitionen aus dem Jahr 2020; in der Erwägung, dass die Regierung Kubas Arbeitnehmern, die sie als „Überläufer“ und „unerwünschte Personen“ bezeichnet, gemäß dem Migrationsgesetz für acht Jahre die Rückkehr nach Kuba untersagt und sie als „Emigranten“ kategorisiert, wodurch sie ihren staatsbürgerlichen Schutz, ihre Rechte und ihr Eigentum verlieren und was bedeutet, dass sie ihre Kinder oder ihre Familienangehörigen in Kuba nicht besuchen dürfen;

X. in der Erwägung, dass José Daniel Ferrer einzig und allein wegen seiner Überzeugungen und der friedlichen Ausübung seiner Menschenrechte inhaftiert bleibt; in der Erwägung, dass sein Gesundheitszustand prekär ist; in der Erwägung, dass er – ähnlich wie Luis Manuel Otero Alcántara und Maykel „Osorbo“ Castillo Pérez – nur eines von mehreren Beispielen für Hunderte Kubaner ist, denen vonseiten ihrer eigenen Regierung Unrecht und Unterdrückung widerfährt; in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierungen in ihrer 87., 88. und 89. Sitzung über neun Fälle und dabei gegen Kuba entschieden hat, darunter auch in den Fällen José Daniel Ferrer (Gruppe der 75, festgenommen wegen seiner Beteiligung an den Protesten vom 11. Juli 2021) und Aymara Nieto (Mitglied der Damen in Weiß, mehr als fünf Jahre lang grundlos inhaftiert);

Y. in der Erwägung, dass der Sacharow-Preisträger Guillermo Fariñas am 26. Juni 2023 erneut in einen Hungerstreik getreten ist, um sich für die bedingungslose Freilassung aller politischen Gefangenen auf der Insel einzusetzen;

Z. in der Erwägung, dass der Vizepräsident der Kommission und Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP), Josep Borrell, am 25. Mai 2023 nach Kuba reiste, um die Union auf der dritten Tagung des Gemeinsamen Rates zu vertreten; in der Erwägung, dass dieser Besuch eine Gelegenheit bot, den politischen Dialog zwischen der Union und Kuba wieder aufzunehmen und die Menschenrechtslage in Kuba in den Mittelpunkt der Erörterungen zu stellen; in der Erwägung, dass der HR/VP es bewusst unterließ, mit glaubwürdigen und unabhängigen Organisationen der Zivilgesellschaft und mit politischen Gefangenen und/oder deren Angehörigen zusammenzutreffen;

AA. in der Erwägung, dass der HR/VP, Josep Borrell, während seines Besuchs öffentlich erklärte, die Union habe weder die Möglichkeit noch den Willen, der Insel politische Veränderungen aufzuerlegen;

AB. in der Erwägung, dass sich die Staatsorgane Kubas – obwohl seit Jahren immer wieder betont wird, dass Besuche der Insel notwendig sind – systematisch weigern, offiziellen Ausschüssen und Delegationen und bestimmten Fraktionen des Europäischen Parlaments, internationalen Menschenrechtsorganisationen und sonstigen unabhängigen Beobachtern der Menschenrechtslage, auch den Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen, die Einreise nach Kuba zu gestatten;

1. weist erneut darauf hin, dass in dem Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit betont wird, dass die Achtung und Förderung der demokratischen Grundsätze, die Achtung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in den wichtigsten internationalen Menschenrechtsübereinkommen und ihren Fakultativprotokollen niedergelegt sind, die für die Vertragsparteien gelten, und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit einen wesentlichen Bestandteil dieses Abkommens bilden, und dass das kubanische Regime diese Grundsätze und Rechte dennoch seit Jahrzehnten ständig missachtet und dagegen verstößt und diese Verstöße in jüngster Zeit noch zugenommen haben; ist der Ansicht, dass sich die von einem Mangel an Demokratie und Freiheiten geprägte Lage in Kuba in der langen Zeit, die seit dem Inkrafttreten des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit verstrichen ist, in keiner Weise verbessert hat; stellt vielmehr fest, dass sich die Menschenrechtslage auf der Insel weiter zugespitzt und verschlechtert hat, was einen klaren und systematischen Verstoß gegen die grundlegenden Bestimmungen des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit darstellt;

2. betont, dass alle Parteien verpflichtet sind, die bindenden Bestimmungen des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit einzuhalten und den Grundsatz der Universalität der Menschenrechte zu wahren; bedauert, dass sich die Lage der Demokratie und der Menschenrechte in Kuba trotz der Annahme des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit verschlechtert hat; weist erneut darauf hin, dass in dem Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit eine sogenannte Menschenrechtsklausel enthalten ist, bei der es sich um einen wesentlichen Standardbaustein internationaler Übereinkommen der Union handelt und auf deren Grundlage das Abkommen im Fall von Verletzungen der Bestimmungen über die Menschenrechte ausgesetzt werden kann;

3. verurteilt aufs Schärfste die vom kubanischen Regime begangenen systematischen Menschenrechtsverletzungen, die sich unter anderem gegen Demonstranten, politische Dissidenten, Religionsführer, Menschenrechtsverteidiger und unabhängige Künstler richten; fordert die Staatsorgane Kubas nachdrücklich auf, der Politik der Repression umgehend ein Ende zu setzen; verurteilt, dass in Kuba keine Religionsfreiheit herrscht;

4. fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Personen, die ausschließlich wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung und des Rechts auf friedliche Versammlung, inhaftiert wurden; fordert zudem, dass missbräuchlich erhobene strafrechtliche Vorwürfe fallengelassen werden und dass es im Exil lebenden Personen gestattet wird, in ihr Land zurückzukehren;

5. verurteilt die Anwendung von Folter und Misshandlung durch die Staatsorgane Kubas; fordert, dass rasch und unparteiisch ermittelt wird und dass Inhaftierte sofortigen Zugang zu medizinischer Versorgung ihrer Wahl erhalten und ihnen der Kontakt zu ihren Familien ermöglicht wird;

6. bekräftigt seine Forderung, dass das Recht auf ein faires Verfahren und die Unabhängigkeit der Justiz gewährleistet werden und dass Personen, denen ihre Freiheit entzogen wird, der Zugang zu einem unabhängigen Rechtsanwalt garantiert wird;

7. fordert den Staat Kuba auf, die Menschenrechte zu schützen und das Recht auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung ohne Diskriminierung wegen politischer Ansichten sicherzustellen; fordert die Staatsorgane Kubas auf, ihrer umfangreichen Zensur der Medien und ihrer Kontrolle über den Zugang zum Internet umgehend ein Ende zu setzen; fordert, dass die Staatsorgane Kubas das Recht auf Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit achten; fordert die Staatsorgane Kubas auf, den Stimmen seiner Bürger Gehör zu schenken und einen alle einbeziehenden nationalen Dialog zu führen, um die Modernisierung und Demokratisierung des Landes voranzubringen;

8. betont, dass der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidigern, Journalisten und Religionsführern in Kuba große Bedeutung zukommt, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle Opfer von Menschenrechtsverletzungen und willkürlichen Inhaftierungen in dem Land zu unterstützen;

9. bekräftigt seine entschiedene und bedingungslose Unterstützung für das kubanische Volk und alle Menschenrechtsverteidiger in Kuba sowie für ihr verdienstvolles Engagement für Freiheiten, die ihnen das kubanische Regime seit Jahrzehnten verweigert;

10. fordert die Staatsorgane Kubas auf, einer Delegation des Europäischen Parlaments, der Union und der Mitgliedstaaten sowie unabhängigen Menschenrechtsorganisationen Zugang zu gewähren, damit sie die Gerichtsverfahren, die gegen Aktivisten und ganz normale Kubaner geführt werden, die wegen der Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit nach wie vor zu Hunderten inhaftiert sind, beobachten und diese Menschen in den Gefängnissen besuchen können;

11. betont, dass die krisenhafte Lage der Menschenrechte in Kuba mit einer entsprechenden Reaktion der Union und der Mitgliedstaaten einhergehen muss, mit der dem Ausmaß und der Schwere der Lage Rechnung getragen wird; fordert die Mitgliedstaaten, den EAD und seine Delegation in Kuba erneut auf, die repressive Politik des dortigen Regimes entschieden und öffentlich zu verurteilen und ihre Unterstützung für die Vertreter der echten und unabhängigen Zivilgesellschaft, einschließlich der Sacharow-Preisträger, zu verstärken;

12. missbilligt, dass der HR/VP, während er in dem Land weilte, nicht mit unabhängigen Vertretern der Zivilgesellschaft, politischen Gefangenen oder deren Angehörigen zusammengekommen ist und damit eine Gelegenheit verpasst hat; bedauert zutiefst, dass der HR/VP die Chance verspielt hat, die Demokratie mittels der kubanischen Zivilgesellschaft und der politischen Gefangenen zu unterstützen und eine klare Botschaft auszusenden, was die Bedenken der Union in Bezug auf die Menschenrechtsverletzungen in Kuba anbelangt; bedauert. dass durch die Schönfärberei des kubanischen Regimes, zu der der HR/VP mit seinem Besuch beigetragen hat, eine kontraproduktive Wirkung erzielt wurde; weist darauf hin, dass sich der Dialog zwischen der Union und der kubanischen Zivilgesellschaft und die Finanzierungsmöglichkeiten nur auf unabhängige Organisationen der Zivilgesellschaft und nicht auf nichtstaatliche Organisationen, die vom Regime finanziert und toleriert werden, erstrecken dürfen, da die Unterstützung Letzterer letztlich der Finanzierung ebendieses Regimes gleichkommt, das die kollektiven Grundfreiheiten des kubanischen Volkes beschneidet; missbilligt nachdrücklich, dass der HR/VP, Josep Borrell, während seines Besuchs in Kuba kundtat, die Union habe weder die Möglichkeit noch den Willen, Kuba Veränderungen aufzuerlegen, und das, obwohl eines der Hauptziele des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit darin besteht, die Grundfreiheiten und den Lebensstandard der Bürger Kubas zu verbessern;

13. bedauert, dass der EAD nach der Unterzeichnung des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit den Beschluss des kubanischen Regimes hingenommen hat, unabhängige Organisationen der Zivilgesellschaft von der Teilnahme an allen Seminaren für die Zivilgesellschaft EU-Kuba als Interessenträger bei der Entwicklung des Dialogs im Rahmen des Abkommens[3] auszuschließen, wodurch ebendiesem ein wesentlicher Teil seines Zweckes genommen wurde und was dem Willen des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten der Union, die es unterzeichnet haben, zuwiderläuft;

14. bekräftigt seine Forderung, dass die Union Artikel 85 Absatz 3 Buchstabe b des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit aktiviert, damit wegen Verstößen gegen das Abkommen seitens der Regierung Kubas, die einen „besonders dringenden Fall“ darstellen, umgehend eine Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses einberufen wird, was zur Aussetzung des Abkommens führen kann, da anhaltend, schwerwiegend und wesentlich gegen die demokratischen Grundsätze verstoßen wird, sämtliche grundlegenden Menschenrechte und Grundfreiheiten, die ein wesentliches Element des Abkommens sind, wie in Artikel 1 Absatz 5 verankert ist, nicht ausreichend geachtet werden und trotz zahlreicher Aufforderungen, diese Verstöße abzustellen, nicht gehandelt wird;

15. fordert den Rat erneut auf, die Bestimmungen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte (des Magnitski-Gesetzes der EU) anzuwenden und Sanktionen gegen diejenigen zu verhängen, die für die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Kuba verantwortlich sind, zuvörderst gegen Miguel Díaz-Canel als ranghöchste Persönlichkeit in der Befehlskette der Sicherheitskräfte Kubas und andere hochrangige Amtsträger der Regierung Kubas;

16. betont, dass das bevorstehende Gipfeltreffen zwischen der Union und der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten eine Gelegenheit bietet, die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte hochzuhalten, und fordert, dass sich alle Teilnehmer an diese Grundsätze halten; weist darauf hin, dass dies ohne eine wirklich transparente, umfassende und konstruktive Einbeziehung der unabhängigen Zivilgesellschaft nicht möglich ist; ist der Ansicht, dass autokratische Regime an solchen Gipfeltreffen von Ländern, die demokratische Werte teilen und die Menschenrechte achten, nicht teilnehmen sollten; fordert die Teilnehmer des Gipfeltreffens auf, eine Erklärung herauszugeben, in der die gebührende Achtung der Menschenrechte in beiden Regionen gefordert und insbesondere auf die mangelnde Achtung der Demokratie und der Grundfreiheiten in Kuba eingegangen wird;

17. verurteilt, dass das kubanische Regime den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine unterstützt und sich hinter Russland und Belarus stellt; weist erneut auf die Erklärungen des HR/VP hin, wonach eine mangelnde Unterstützung der Ukraine im Zusammenhang mit der Aggression Russlands Konsequenzen haben werde, und missbilligt, dass sich diese Erklärungen als leeres Gerede erwiesen und den Worten keine Taten folgten;

18. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Regierung und der Nationalversammlung der Volksmacht Kubas, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Kommission, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte und den Regierungen der Mitglieder der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 12. Juli 2023
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