ANLAGE VII : ZUSTIMMUNG ZUR KOMMISSION UND ÜBERPRÜFUNG DER WÄHREND DER ANHÖRUNGEN EINGEGANGENEN VERPFLICHTUNGEN
Teil I – Zustimmung des Parlaments zum gesamten Kollegium der Kommission
Artikel 1 : Bewertung
1. Das Parlament bewertet die designierten Kommissionsmitglieder aufgrund ihrer allgemeinen Befähigung, ihres Einsatzes für Europa und ihrer persönlichen Unabhängigkeit. Es bewertet ferner die Kenntnis ihres künftigen Geschäftsbereichs und ihre Kommunikationsfähigkeiten.
2. Das Parlament achtet besonders auf die ausgewogene Vertretung von Männern und Frauen. Es kann sich zur Aufteilung der Geschäftsbereiche durch den gewählten Präsidenten äußern.
3. Das Parlament kann alle Informationen einholen, die für seine Entscheidung über die Eignung der designierten Kommissionsmitglieder relevant sind. Es erwartet die vollständige Offenlegung der Informationen über ihre finanziellen Interessen. Die Interessenerklärungen der designierten Kommissionsmitglieder werden zur Prüfung an den für Rechtsfragen zuständigen Ausschuss übermittelt.
Artikel 2 : Prüfung der Erklärung über die finanziellen Interessen
1. Der für Rechtsfragen zuständige Ausschuss prüft die Erklärungen über die finanziellen Interessen und bewertet, ob der Inhalt der Erklärung über die finanziellen Interessen eines designierten Kommissionsmitglieds wahrheitsgetreu und vollständig ist und ob aus dem Inhalt auf einen Interessenkonflikt geschlossen werden kann.
2. Die Bestätigung des für Rechtsfragen zuständigen Ausschusses, dass kein Interessenkonflikt besteht, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Durchführung der Anhörung durch den in der Sache zuständigen Ausschuss. Solange eine solche Bestätigung nicht vorliegt, ist das Verfahren zur Ernennung des designierten Kommissionsmitglieds ausgesetzt, und das Verfahren nach Absatz 3 Buchstabe c wird angewandt.
3. Bei der Prüfung der Erklärungen über finanzielle Interessen durch den für Rechtsfragen zuständigen Ausschuss sind folgende Leitlinien zu berücksichtigen:
a) Gelangt der für Rechtsfragen zuständige Ausschuss bei der Prüfung einer Erklärung über die finanziellen Interessen aufgrund der vorgelegten Dokumente zu der Auffassung, dass die Erklärung über die finanziellen Interessen wahrheitsgetreu und vollständig ist und keine Angaben enthält, die tatsächlich oder möglicherweise auf einen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit dem Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds schließen lassen, übermittelt der Vorsitz des Ausschusses den für die Anhörung zuständigen Ausschüssen oder – im Fall eines Verfahrens während der Amtszeit eines Kommissionsmitglieds – den beteiligten Ausschüssen ein Schreiben, in dem diese Feststellung bestätigt wird.
(b) Gelangt der für Rechtsfragen zuständige Ausschuss zu der Auffassung, dass die Interessenerklärung eines designierten Kommissionsmitglieds unvollständig ist oder widersprüchliche Angaben enthält oder dass weitere Informationen erforderlich sind, fordert er gemäß der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission das designierte Kommissionsmitglied auf, zusätzliche Informationen unverzüglich zu übermitteln, und fasst nach Eingang und entsprechender Prüfung der Informationen einen Beschluss; der für Rechtsfragen zuständige Ausschuss kann das designierte Kommissionsmitglied erforderlichenfalls zu einem Gespräch einladen.
(c) Gelangt der für Rechtsfragen zuständige Ausschuss auf der Grundlage der Erklärung über die finanziellen Interessen oder der vom designierten Kommissionsmitglied zusätzlich übermittelten Angaben zu der Auffassung, dass ein Interessenkonflikt besteht, formuliert er Empfehlungen, die auf eine Lösung des Interessenkonflikts abzielen; es kann unter anderem die Empfehlung ausgesprochen werden, von den fraglichen finanziellen Interessen Abstand zu nehmen oder dem Präsidenten der Kommission wird dazu geraten, dem designierten Kommissionsmitglied einen anderen Geschäftsbereich zu übertragen; in schwerer wiegenden Fällen kann der für Rechtsfragen zuständige Ausschuss – wenn keine Lösung für den Interessenkonflikt gefunden wird – als letztes Mittel zu dem Schluss gelangen, dass das designierte Kommissionsmitglied nicht in der Lage ist, das Amt gemäß den Verträgen und dem Verhaltenskodex auszuüben; der Präsident des Parlaments ersucht in diesem Fall den Präsidenten der Kommission um Auskunft über die weiteren Schritte, die dieser zu unternehmen beabsichtigt.
Artikel 3 : Anhörungen
1. Jedes designierte Kommissionsmitglied wird aufgefordert, vor dem zuständigen Ausschuss oder den zuständigen Ausschüssen zu einer einzigen Anhörung zu erscheinen.
2. Die Anhörungen werden von der Konferenz der Präsidenten auf Empfehlung der Konferenz der Ausschussvorsitze organisiert. Der Vorsitz und die Koordinatoren jedes Ausschusses sind für die konkreten Vorkehrungen verantwortlich. Es können Berichterstatter benannt werden.
3. Wenn sich Geschäftsbereiche überschneiden, werden geeignete Vorkehrungen zur Beteiligung der betreffenden Ausschüsse getroffen. Dabei können sich drei Fälle ergeben:
a) Der Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds betrifft die Zuständigkeiten eines einzigen Ausschusses; in diesem Fall wird das designierte Kommissionsmitglied nur vor diesem Ausschuss (dem zuständigen Ausschuss) angehört;
b) der Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds betrifft zu etwa gleichen Teilen die Zuständigkeiten von mehr als einem Ausschuss; in diesem Fall wird das designierte Kommissionsmitglied von den betreffenden Ausschüssen (den gemeinsamen Ausschüssen) gemeinsam angehört; und
c) der Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds betrifft zu einem sehr großen Teil die Zuständigkeiten eines Ausschusses und nur am Rande die Zuständigkeiten von mindestens einem weiteren Ausschuss; in diesem Fall wird das designierte Kommissionsmitglied von dem in erster Linie zuständigen Ausschuss, unter Beteiligung des anderen Ausschusses bzw. der anderen Ausschüsse (der assoziierten Ausschüsse) angehört.
4. Der gewählte Kommissionspräsident wird zu den Vorkehrungen in vollem Umfang angehört.
5. Die Ausschüsse unterbreiten den designierten Kommissionsmitgliedern rechtzeitig vor den Anhörungen schriftliche Fragen. Jedem designierten Kommissionsmitglied werden zwei von der Konferenz der Ausschussvorsitze ausgearbeitete gemeinsame Fragen gestellt, wobei sich die erste auf die Themen allgemeine Befähigung, Einsatz für Europa und persönliche Unabhängigkeit bezieht, während die zweite die Verwaltung des Geschäftsbereichs und die Zusammenarbeit mit dem Parlament zum Gegenstand hat. Der zuständige Ausschuss unterbreitet fünf weitere Fragen; Teilfragen sind nicht zulässig. Bei gemeinsamen Ausschüssen ist jeder Ausschuss berechtigt, drei Fragen zu unterbreiten.
Die Lebensläufe der designierten Kommissionsmitglieder und deren Antworten auf die schriftlichen Fragen werden vor der Anhörung auf der Website des Parlaments veröffentlicht.
6. Für jede Anhörung ist eine Dauer von drei Stunden vorgesehen. Die Anhörungen finden unter Umständen und Bedingungen statt, die die Gleichbehandlung der designierten Kommissionsmitglieder gewährleisten und ihnen gleiche Möglichkeiten geben, sich selbst und ihre Auffassungen darzustellen.
7. Die designierten Kommissionsmitglieder werden ersucht, eine einleitende mündliche Erklärung von höchstens 15 Minuten abzugeben. Während der Anhörung können bis zu 25 Fragen gestellt werden, die im Rahmen des Möglichen nach Themen zu bündeln sind. Innerhalb der zugewiesenen Redezeit kann unmittelbar im Anschluss eine Anschlussfrage gestellt werden. Der größte Teil der Redezeit wird in entsprechender Anwendung des Artikels 171 den Fraktionen zugewiesen. Bei der Durchführung der Anhörungen ist anzustreben, dass ein pluralistischer politischer Dialog zwischen dem designierten Kommissionsmitglied und den Mitgliedern des Parlaments entsteht. Vor dem Ende der Anhörung erhält das designierte Kommissionsmitglied Gelegenheit, eine kurze Abschlusserklärung abzugeben.
8. Die Anhörungen werden audiovisuell direktübertragen und der Öffentlichkeit und den Medien kostenfrei zur Verfügung gestellt. Eine mit einem Index versehene Aufzeichnung der Anhörungen wird innerhalb von 24 Stunden für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Artikel 4 : Bewertung
1. Der Vorsitz und die Koordinatoren treten nach der Anhörung umgehend zusammen, um ihre Bewertung des designierten Kommissionsmitglieds vorzunehmen. Diese Sitzungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Koordinatoren werden ersucht, dazu Stellung zu nehmen, ob die designierten Kommissionsmitglieder ihrer Ansicht nach geeignet sind, dem Kollegium anzugehören und die besonderen Aufgaben wahrzunehmen, mit denen sie betraut werden sollen. Die Konferenz der Ausschussvorsitze arbeitet ein Modell aus, das die Bewertung erleichtert.
2. Im Fall gemeinsamer Ausschüsse arbeiten der Vorsitz und die Koordinatoren der betroffenen Ausschüsse während des gesamten Verfahrens zusammen.
3. Für jedes designierte Kommissionsmitglied gibt es ein einziges Erklärungsschreiben zur Bewertung. Die Stellungnahmen aller an der Anhörung beteiligten Ausschüsse sind darin enthalten.
4. Die folgenden Grundsätze gelten für die Bewertung der Koordinatoren:
a) Stimmen die Koordinatoren der Ernennung des designierten Kommissionsmitglieds einstimmig zu, übermittelt der Vorsitz in ihrem Namen ein Zustimmungsschreiben.
b) Lehnen die Koordinatoren die Ernennung des designierten Kommissionsmitglieds einstimmig ab, übermittelt der Vorsitz in ihrem Namen ein Ablehnungsschreiben.
c) Stimmt eine Mehrheit der Koordinatoren, die mindestens zwei Drittel der Ausschussmitglieder vertritt, der Ernennung des designierten Kommissionsmitglieds zu, übermittelt der Vorsitz in ihrem Namen ein Schreiben, aus dem hervorgeht, dass eine große Mehrheit der Ernennung des designierten Kommissionsmitglieds zustimmt. Auf Antrag werden Minderheitenansichten aufgeführt.
d) Erzielen die Koordinatoren keine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Ausschussmitglieder für die Zustimmung zur Ernennung des designierten Kommissionsmitglieds,
- ersuchen sie zunächst um weitere Informationen durch weitere schriftliche Fragen;
- fordern sie, sofern sie weiterhin nicht überzeugt sind, vorbehaltlich der Zustimmung durch die Konferenz der Präsidenten, eine weitere 90-minütige Anhörung.
e) Stimmt nach Anwendung von Buchstabe d eine Mehrheit der Koordinatoren, die mindestens zwei Drittel der Ausschussmitglieder vertritt, der Ernennung des designierten Kommissionsmitglieds zu, übermittelt der Vorsitz in ihrem Namen ein Schreiben, aus dem hervorgeht, dass eine große Mehrheit der Ernennung des designierten Kommissionsmitglieds zustimmt. Auf Antrag werden Minderheitenansichten aufgeführt.
f) Stimmt nach Anwendung von Buchstabe d weiterhin keine Mehrheit der Koordinatoren, die mindestens zwei Drittel der Ausschussmitglieder vertritt, der Ernennung des designierten Kommissionsmitglieds zu, beruft der Vorsitz eine Sitzung des Ausschusses ein und bringt die beiden in Absatz 1 genannten Fragen zur Abstimmung. Der Vorsitz übermittelt ein Schreiben, aus dem die Bewertung des Ausschusses hervorgeht.
5. Die Schreiben der Ausschüsse über die Bewertung werden innerhalb von 24 Stunden nach Abschluss des Bewertungsprozesses übermittelt. Die Schreiben werden von der Konferenz der Ausschussvorsitze geprüft und anschließend der Konferenz der Präsidenten vorgelegt. Sofern sie nicht beschließt, weitere Informationen einzuholen, erklärt die Konferenz der Präsidenten die Anhörungen nach einer Aussprache für abgeschlossen und genehmigt die Veröffentlichung aller Bewertungsschreiben.
Artikel 5 : Vorstellung des Kollegiums
1. Der gewählte Präsident der Kommission wird aufgefordert, das gesamte Kollegium der designierten Kommissionsmitglieder und ihr Programm in einer Sitzung des Parlaments vorzustellen, zu der der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident des Rates eingeladen werden. An die Vorstellung schließt sich eine Aussprache an. Zum Abschluss der Aussprache kann eine Fraktion oder Mitglieder, durch die mindestens die niedrige Schwelle erreicht wird, einen Entschließungsantrag einreichen. Artikel 132 Absätze 3 bis 8 finden Anwendung.
2. Nach der Abstimmung über den Entschließungsantrag stimmt das Parlament darüber ab, ob es der Ernennung des gewählten Präsidenten und der designierten Mitglieder der Kommission seine Zustimmung erteilt. Das Parlament beschließt in namentlicher Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Es kann die Abstimmung auf die folgende Sitzung verschieben.
Artikel 6 : Überprüfung der während der Anhörungen eingegangenen Verpflichtungen
Die von den designierten Kommissionsmitgliedern während der Anhörungen eingegangenen Verpflichtungen und genannten Prioritäten werden im Laufe ihrer gesamten Amtszeit vom zuständigen Ausschuss im Rahmen des jährlichen strukturierten Dialogs mit der Kommission gemäß Anhang IV Absatz 1 der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission überprüft.
Teil II – Wesentliche Änderung der Geschäftsbereiche oder Änderung in der Zusammensetzung des Kollegiums der Kommissionsmitglieder während dessen Amtszeit
Artikel 7 : Freiwerdende Ämter
Wenn ein durch Rücktritt, erzwungenen Rückzug oder Tod frei gewordener Posten zu besetzen ist, fordert das Parlament das designierte Kommissionsmitglied unverzüglich auf, unter den in Teil I festgelegten Bedingungen an einer Anhörung teilzunehmen.
Artikel 8 : Beitritt eines neuen Mitgliedstaates
Im Falle des Beitritts eines neuen Mitgliedstaates fordert das Parlament das designierte Kommissionsmitglied auf, unter den in Teil I festgelegten Bedingungen an einer Anhörung teilzunehmen.
Artikel 9 : Wesentliche Änderung der Geschäftsbereiche
Im Falle einer wesentlichen Änderung der Geschäftsbereiche während der Amtszeit der Kommission werden die betroffenen Kommissionsmitglieder aufgefordert, an einer Anhörung unter denselben Bedingungen, wie die in Teil I aufgeführten, teilzunehmen, bevor sie ihre neuen Aufgaben übernehmen.
Artikel 10 : Abstimmung im Plenum
Abweichend von dem in Artikel 125 Absatz 7 geregelten Verfahren wird bei Ernennung eines einzigen Kommissionsmitglieds im Plenum in geheimer Abstimmung abgestimmt.