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Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments
9. Wahlperiode - Februar 2023
EPUB 156kPDF 728k
INHALT
HINWEIS FÜR DIE LESER
TEXTSAMMLUNG DER WICHTIGSTEN RECHTSAKTE IN BEZUG AUF DIE GESCHÄFTSORDNUNG

TITEL XIIIa : AUSSERGEWÖHNLICHE UMSTÄNDE

Artikel 237a : Außerordentliche Maßnahmen

1.   Dieser Artikel gilt für Situationen, in denen das Parlament aufgrund außergewöhnlicher und unvorhersehbarer, nicht von ihm zu vertretender Umstände daran gehindert wird, gemäß den Verträgen seine Aufgaben wahrzunehmen und seine Vorrechte auszuüben, und eine befristete Ausnahme von den herkömmlichen Verfahren des Parlaments, die anderswo in dieser Geschäftsordnung niedergelegt sind, erforderlich ist, um außerordentliche Maßnahmen zu verabschieden, die es dem Parlament ermöglichen, weiterhin diese Aufgaben wahrzunehmen und diese Vorrechte auszuüben.

Derartige außergewöhnliche Umstände gelten als gegeben, wenn der Präsident auf der Grundlage zuverlässiger Erkenntnisse, die gegebenenfalls von den Dienststellen des Parlaments bestätigt wurden, zu dem Schluss kommt, dass es aus Gründen der Sicherheit oder des Schutzes oder infolge der fehlenden Verfügbarkeit technischer Mittel unmöglich oder gefährlich ist oder sein wird, dass das Parlament gemäß seinen herkömmlichen Verfahren, wie sie anderswo in dieser Geschäftsordnung niedergelegt sind, und seinem angenommenen Sitzungskalender zusammentritt.

2.   Wenn die Voraussetzungen von Absatz 1 vorliegen, kann der Präsident im Einvernehmen mit der Konferenz der Präsidenten beschließen, eine oder mehrere der Maßnahmen gemäß Absatz 3 anzuwenden.

Wenn es aus Gründen unabdingbarer Dringlichkeit unmöglich ist, dass die Konferenz der Präsidenten physisch oder virtuell zusammentritt, kann der Präsident beschließen, eine oder mehrere der Maßnahmen gemäß Absatz 3 anzuwenden. Ein derartiger Beschluss tritt fünf Tage nach seiner Annahme außer Kraft, es sei denn, er wird von der Konferenz der Präsidenten innerhalb dieses Zeitraums gebilligt.

Nach einem Beschluss des Präsidenten, der von der Konferenz der Präsidenten gebilligt wurde, können Mitglieder oder eine oder mehrere Fraktionen, von denen mindestens die mittlere Schwelle erreicht wird, jederzeit verlangen, dass einige oder alle der durch diesen Beschluss getroffenen Maßnahmen dem Parlament einzeln zur Billigung ohne Aussprache vorgelegt werden. Die Abstimmung im Plenum wird auf die Tagesordnung der unmittelbar auf die Vorlage des Antrags folgenden Sitzung gesetzt. Es können keine Änderungsanträge eingereicht werden. Erhält eine Maßnahme nicht die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wird sie nach der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses hinfällig. Über eine vom Plenum gebilligte Maßnahme kann nicht während derselben Tagung erneut abgestimmt werden.

3.   Der in Absatz 2 genannte Beschluss kann sich auf alle angemessenen Maßnahmen beziehen, die erlassen werden, um den außergewöhnlichen Umständen gemäß Absatz 1 zu begegnen, und insbesondere auf die folgenden Maßnahmen:

a)   Vertagung einer anberaumten Tagung, einer anberaumten Sitzung oder eines anberaumten Treffens eines Ausschusses auf ein späteres Datum und/oder Absage oder Beschränkung von Treffen von interparlamentarischen Delegationen und anderen Gremien;

b)   Verlagerung einer Tagung, einer Sitzung oder eines Treffens eines Ausschusses vom Sitz des Parlaments an einen seiner Arbeitsorte oder an einen externen Ort oder von einem seiner Arbeitsorte an den Sitz des Parlaments, an einen der anderen Arbeitsorte des Parlaments oder an einen externen Ort;

c)   Abhaltung einer Tagung oder Sitzung in den Räumlichkeiten des Parlaments, ganz oder teilweise in getrennten Sitzungsräumen, sodass entsprechende Abstandsregeln eingehalten werden können;

d)   Abhaltung einer Tagung, einer Sitzung oder eines Treffens von Organen des Parlaments im Rahmen der Regelung der Fernteilnahme gemäß Artikel 237c;

e)   für den Fall, dass durch das Ad-hoc-System für die Vertretung eines Mitglieds gemäß Artikel 209 Absatz 7 den außergewöhnlichen Umständen nicht ausreichend begegnet werden kann, vorübergehende, durch die Fraktionen bestimmte Vertretung von Mitgliedern in einem Ausschuss, es sei denn, das betreffende Mitglied spricht sich gegen diese vorübergehende Vertretung aus.

4.   Ein Beschluss gemäß Absatz 2 ist zeitlich begrenzt, und in ihm sind die Gründe angegeben, die ihm zugrunde liegen. Er tritt mit seiner Veröffentlichung auf der Website des Parlaments oder, wenn die Umstände eine derartige Veröffentlichung verhindern, mit seiner Veröffentlichung mit den besten verfügbaren alternativen Mitteln in Kraft.

Alle Mitglieder werden überdies unverzüglich persönlich von dem Beschluss unterrichtet.

Der Beschluss kann gemäß dem Verfahren nach Absatz 2 vom Präsidenten einmal, oder mehr als einmal, für einen begrenzten Zeitraum verlängert werden. In dem Beschluss sind die Gründe anzugeben, die ihm zugrunde liegen.

Der Präsident widerruft einen gemäß diesem Artikel angenommenen Beschluss unverzüglich, sobald die in Absatz 1 genannten außergewöhnlichen Umstände, die zu seiner Annahme geführt haben, nicht mehr vorliegen.

5.   Dieser Artikel wird nur als letztes Mittel angewandt, und es werden nur Maßnahmen ausgewählt und angewandt, die unbedingt erforderlich sind, um den außergewöhnlichen Umständen zu begegnen.

Bei der Anwendung dieses Artikels wird insbesondere dem Grundsatz der repräsentativen Demokratie, dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitglieder, dem Recht der Mitglieder, ihr parlamentarisches Mandat ungehindert auszuüben, einschließlich ihrer Rechte aus Artikel 167, und ihres Rechts, frei, einzeln und persönlich abzustimmen, sowie dem Protokoll Nr. 6 zu den Verträgen über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen, sonstiger Stellen und Dienststellen der Europäischen Uniongebührend Rechnung getragen.

Letzte Aktualisierung: 21. Februar 2023Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen