Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament "Auf dem Weg zu einem integrierten Grenzschutz an den Außengrenzen der EU-Mitgliedstaaten" (KOM(2002) 233 – C5&nbhy;0505/2002 – 2002/2212(INI))
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission (KOM(2002) 233 – C5&nbhy;0505/2002),
– unter Hinweis auf den Plan für den Grenzschutz an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der vom Rat am 13. Juni 2002 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 21. und 22. Juni 2002 (Sevilla) zur schrittweisen Einführung eines koordinierten und integrierten Schutzes der Außengrenzen,
– unter Hinweis auf die Arbeiten des durch das Programm OISIN kofinanzierten Workshops "Police and Border Security", der in Österreich unter der Leitung der Innenministerien Österreichs, Belgiens und Finnlands abgehalten wurde, und unter Hinweis auf den daraus hervorgegangenen Endbericht vom 10. September 2002(1),
– unter Hinweis auf die unter Federführung Italiens erstellte Durchführbarkeitsstudie über den Aufbau einer Europäischen Grenzschutzpolizei(2),
– gestützt auf Artikel 163 und Artikel 47 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten (A5&nbhy;0449/2002),
A. in der Erwägung, dass aufgrund der aktuellen Bedrohungen durch organisiertes Verbrechen, illegale Einwanderung, Menschenhandel, Drogenhandel etc. die innere Sicherheit zunehmend zu einem Kernthema und damit zum Anliegen der Bürger Europas geworden ist,
B. in der Erwägung, dass die Außengrenzen noch immer ein schwaches Glied im System der gesamten inneren Sicherheit sind, und dass eine effiziente Gefahrenabwehr eine wesentliche Voraussetzung für die Garantie der inneren Sicherheit und die Realisierung des Grundsatzes der Freizügigkeit ist,
C. in der Erwägung, dass die europäischen Bürger erwarten, dass die Europäische Union dort, wo die Mitgliedsstaaten nicht mehr ausreichend Sicherheit gewährleisten können, funktionierende Konzepte anbietet,
D. in der Erwägung, dass die Europäische Union durch das Ergreifen kohärenter Maßnahmen im Bereich der Grenzsicherung dem Bürger einen Mehrwert gegenüber rein nationalen Maßnahmen bieten kann,
E. in der Erwägung, dass die rechtlichen und operativen Bestandteile des Schengen-Besitzstandes in den institutionellen Rahmen der Europäischen Union übernommen wurden, die Sicherheitsmaßnahmen jedoch teils im Rahmen der ersten und teils in dem des dritten Pfeilers ergriffen werden müssen; ferner in der Erwägung, dass dies zu Missverständnissen über die Quellen der Rechtsnormen einerseits und über die Organisation der betreffenden nationalen Behörden andererseits führt,
F. in der Erwägung, dass aufgrund der Unterschiede in den Mitgliedstaaten in den Ausgangssituationen, in der Ausbildung der Grenzwachen und ihrer Ausstattung sowie in der Umsetzung des Schengen-Besitzstandes bereits an den gegenwärtigen Außengrenzen Probleme auftreten,
G. in der Erwägung, dass die neuen Länder im Zuge der Erweiterung nach und nach die Außengrenzsicherung übernehmen werden und damit ein beträchtlicher Teil der Verantwortung auf diese Länder übertragen wird,
H. in der Erwägung, dass Außengrenzsicherung weiterhin grundsätzlich nationale Angelegenheit bleibt und national bewerkstelligt werden muss, eine Effizienzsteigerung beim Grenzschutz in erster Linie jedoch durch Maßnahmen auf europäischer Ebene erzielt werden kann,
I. in der Erwägung, dass das Fehlen einer gemeinsamen Asyl- und Einwanderungspolitik kombiniert mit einem integrierten Grenzschutz an den Außengrenzen zu einer steigenden Zahl illegaler Überschreitungen der Außengrenzen geführt hat,
1. befürwortet den Aktionsplan des Rates;
Analyse und Neudefinition der Aufgabenstellungen
2. hält es für notwendig, die Aufgabenstellung an den Außengrenzen entsprechend den gesammelten Erfahrungen neu und als gemeinsamen Standard zu definieren;
3. hält es für sinnvoll, eine Analyse der operativen Praxis in der Umsetzung des Schengen-Besitzstandes zu erstellen, um so eine gemeinsame Politik zur Überwachung der gegenwärtigen und künftigen Außengrenzen zu entwickeln;
4. begrüßt die Entscheidung des Rates, das gemeinsame Handbuch für Grenzsicherung einer Revision zu unterziehen und im Zuge dessen den von den Mitgliedstaaten ermittelten best practices normativen Charakter zu geben;
5. fordert, dass die Einhaltung der Bestimmungen des gemeinsamen Handbuchs durch eine gemeinsame Kontrollinstanz in regelmäßigen Abständen überprüft wird;
Operative Koordinierung und Zusammenarbeit
6. begrüßt den Großteil der im Aktionsplan vorgeschlagenen Maßnahmen für operative Koordinierung und Zusammenarbeit, hält jedoch das internationale Flughafenprojekt für ungeeignet für die Erprobung und Konzipierung von Standardverfahren, die dann dem Aktionsplan zufolge an anderen Grenzen angewendet werden können, da die Flughafensituation offensichtlich eine sehr spezifische ist, die von allen anderen Grenzsituationen stark abweicht;
Gemeinsame Fortbildung
7. fordert den Rat auf, die in Artikel 7 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen(3) vorgesehene gemeinsame Aus- und Fortbildung endlich umzusetzen;
8. begrüßt den Vorschlag des Rates, einen gemeinsamen zentralen Unterrichtsplan zur Aus- und Fortbildung der Grenzschutzbeamten zu erstellen;
9. schlägt vor, ein Europakolleg für leitende Beamte einzurichten, deren Training einen Multiplikatoreffekt bewirkt, sodass europaweite Standards gewährleistet werden können;
10. fordert die Kommission auf, ab sofort Projekte zur Verwirklichung gemeinsamer Ausbildungsstandards und operativer Standards durch das Programm ARGO zu finanzieren, für dessen Ausstattung der Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten eine Erhöhung um 3 Millionen Euro allein für die Grenzsicherung im Jahre 2003 vorgeschlagen hat;
Kompatible Ausstattung
11. fordert, dass Maßnahmen getroffen werden, die zur Kompatibilität in der technischen Ausstattung führen;
12. hält es für notwendig, dass zukünftige Systeme im Bereich der Radar- und Satellitenüberwachung so gestaltet werden, dass zwischenstaatliche Kooperationen problemlos möglich sind, und fordert daher die Unterstützung der Entwicklung neuer Technologien zur Erleichterung von Grenzkontrollen auf europäischer Ebene;
13. fordert den Rat auf, Vorschläge für die gemeinsame Beschaffung von mobilen Überwachungseinrichtungen zu entwickeln, die nach Bedarf für temporär sensible Grenzabschnitte der Europäischen Union genutzt werden können;
Risikoanalyse
14. verlangt, dass von Europol eine integrierte Risikoanalyse erstellt wird und dass die erstellten Lageprofile permanent aktualisiert und den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden;
15. regt zur Nutzung von Synergieeffekten eine Kooperation zwischen Schengen und Europol zur Bewältigung bestimmter Aufgaben, wie z.B. der Bekämpfung des Schlepperwesens an;
Lenkungsausschuss
16. fordert den Rat auf, dafür Sorge zu tragen, dass trotz der organisatorischen Trennung der Ratsarbeitsgruppe "Schengen Evaluierung (SCH/EVAL)" von der neu geschaffenen Instanz "SCIFA+", in der der "Strategische Ausschuss für Asyl und Immigration" mit den höchsten Beamten der nationalen Grenzschutzbehörden zusammentrifft, die Ergebnisse aus den beiden Ratsarbeitsgruppen zusammenfließen;
Europäisches Grenzschutzkorps
17. bedauert, dass sich der Rat in seinem Aktionsplan gegenüber der Idee eines europäischen Grenzschutzkorps sehr zurückhaltend äußert;
18. befürwortet den Aufbau eines europäischen, aus Spezialeinheiten bestehenden Grenzschutzkorps, das gemeinschaftlich finanziert wird und im Bedarfsfall und auf Anforderung der Mitgliedsstaaten für Risikoabschnitte an den Außengrenzen den nationalen Behörden temporär zur Seite gestellt wird;
19. ist der Auffassung, dass es für den Aufbau eines europäischen Grenzschutzkorps einer neuen Rechtsgrundlage bedarf und appelliert deshalb an den Konvent, sich mit der Thematik auseinander zu setzen, sodass mittelfristig die Idee eines gemeinsamen Grenzschutzkorps verwirklicht werden kann;
o o o
20. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.