Entschließung des Europäischen Parlaments zu neuen Instrumenten zur Finanzierung der Entwicklung im Rahmen der Millenniumsziele
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die anstehende Internationale Konferenz über Innovative Quellen zur Entwicklungshilfefinanzierung vom 28. Februar bis 1. März 2006 in Paris,
– in Kenntnis der Millenniums-Entwicklungsziele und des UN-Weltgipfels vom 14. bis 16. September 2005 zur Bestandsaufnahme der Fortschritte bei der Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele,
– in Kenntnis des Berichts Landau über "Neue internationale Finanzierungsinstrumente für die Entwicklung", der im November 2003 von Präsident Chirac in Auftrag gegeben worden war,
– unter Hinweis auf die im Rahmen der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahre 2004 von mehr als 120 Ländern unterzeichnete Erklärung von New York zu Maßnahmen gegen Hunger und Armut,
– in Kenntnis des vom britischen Schatzkanzler Gordon Brown vorgelegten Vorschlags für eine Internationale Finanzierungsfazilität (IFF), mit der die Höhe der Entwicklungshilfe verdoppelt werden könnte,
– unter Hinweis darauf, dass in Frankreich ab dem 1. Juli 2006 Solidarbeiträge auf Flugtickets erhoben werden,
– in Kenntnis des Arbeitsdokuments der Dienststellen der Kommission, mit dem ein Zuschlag auf Flugtickets als mögliche neue Geldquelle für die Entwicklungsfinanzierung geprüft wird (SEK(2005)0733),
– in Kenntnis der von 79 Regierungen unterzeichneten Erklärung zu innovativen Quellen für die Entwicklungsfinanzierung im Vorfeld des UN-Weltgipfels vom September 2005,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass solide entwicklungspolitische Maßnahmen, die von einer substantiellen und wirksamen Entwicklungshilfe flankiert werden, von entscheidender Bedeutung sind, um die Spirale der Armut zu durchbrechen und den Entwicklungsländern die Mittel an die Hand zu geben, die sie benötigen, um ihr wirtschaftliches Potenzial freizusetzen,
B. in der Erwägung, dass keine noch so umfassende Entwicklungshilfe den Teufelskreis der Armut in den Entwicklungsländern wird durchbrechen können, solange diese nicht über ausreichende Kapazitäten verfügen, um die Hilfe aufzunehmen, zu einer soliden Staatsführung überzugehen und die Korruption zu bekämpfen,
C. in der Erwägung, dass im Fortschrittsbericht 2005 über die Millenniums-Entwicklungsziele eindeutig nachgewiesen wird, dass das Ziel, den armen Ländern dabei zu helfen, die Millenniums-Entwicklungsziele bis zum Jahr 2015 zu erreichen, nur dann verwirklicht werden kann, wenn zusätzliche politische und finanzielle Hilfszusagen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht gegeben werden,
D. in der Erwägung ferner, dass in der New Yorker Erklärung zu Maßnahmen gegen Hunger und Armut die Regierungen der Industrieländer aufgefordert werden, konkrete Verpflichtungen zur Finanzierung der Millenniums-Entwicklungsziele einzugehen,
E. in der Erwägung, dass entsprechende innovative Mechanismen in Bezug auf die öffentliche Entwicklungshilfe unbedingt ergänzenden Charakter haben müssen, damit sie einen echten Mehrwert für die Entwicklungsfinanzierung darstellen; in der Erwägung ferner, dass die Mitgliedstaaten energisch zu ihrer Verpflichtung stehen müssen, 0,7% ihres BNE für öffentliche Entwicklungshilfe bereitzustellen, und einen Zeitplan festlegen müssen, um dieses Ziel bis 2015 zu erreichen,
F. in der Erwägung, dass Schätzungen der Weltbank zufolge jährlich mindestens 50 Milliarden US-Dollar zusätzlich in die öffentliche Entwicklungshilfe fließen müssen, damit die Millenniums-Entwicklungsziele bis 2015 erreicht werden können,
G. in der Erwägung, dass die Beiträge zum Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria weniger als 15 % der erforderlichen Mittel ausmachen,
H. in der Erwägung, dass die mangelhafte Kontinuität und Vorhersagbarkeit der Entwicklungshilfe und der Finanzierung in den Entwicklungsländern zu den Haupthindernissen bei der Bekämpfung der Armut gehören; in der Erwägung ferner, dass eine sichere Finanzierung vor allem zur Finanzierung zentraler öffentlicher Dienstleistungen wie Gesundheit und Bildung von elementarer Bedeutung ist,
I. in der Erwägung, dass die vom Vereinigten Königreich vorgeschlagene IFF für Impfungen (IFFIm) auf internationaler Ebene in die Wege geleitet worden ist, um in mehr als 70 Ländern die Verwendung nicht ausreichend genutzter Impfstoffe zu fördern und die Systeme zur Ausgabe von Impfungen zu verbessern,
1. begrüßt, dass im Rahmen der Konferenz vom 28. Februar bis 1. März 2006 in Paris versucht werden soll, Fortschritte bei der Einigung auf internationale Abgaben zu erzielen, wobei eine mögliche Abgabe auf Flugtickets im Mittelpunkt stehen wird;
2. besteht darauf, dass alternative Verfahren der Entwicklungsfinanzierung neue zusätzliche Mittel für die Entwicklung bereitstellen müssen und nicht die öffentliche Entwicklungshilfe ersetzen dürfen;
3. begrüßt nachdrücklich die vom Rat im Juni 2005 erzielte Einigung, derzufolge die Hilfe der Union für die Entwicklungsländer verdoppelt wird und die Mitgliedstaaten sich verpflichten, ihre öffentliche Entwicklungshilfe aufzustocken, um bis zum Jahr 2010 0,56 % des BNE und bis zum Jahr 2015 0,7 % des BNE zu erreichen;
4. begrüßt die Tatsache, dass sich die internationale Gemeinschaft auf dem UN-Weltgipfel erneut dazu verpflichtet hat, die Millenniums-Entwicklungsziele zu verwirklichen und die nachhaltige Entwicklung zu fördern; bedauert, dass es keinen genauen Zeitplan gibt, der alle Industrieländer dazu verpflichtet, die mittel- und langfristigen Millenniums-Entwicklungsziele umzusetzen;
5. fordert die Industrieländer auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen und ihre Zusagen zur Aufstockung der nationalen Entwicklungshilfebudgets auf 0,7 % des BIP einzuhalten, und vertritt die Auffassung, dass die Suche nach innovativen Finanzierungsformen kein Ersatz für dieses wirklich vorrangige Ziel sein darf;
6. betont, dass eine mengenmäßige Aufstockung der Hilfe einhergehen muss mit einer qualitativen Verbesserung, d.h. dass die Wirksamkeit der Hilfe durch die drei K – Koordination, Komplementarität, Kohärenz – verbessert werden muss, sowie dadurch, dass die Transaktionskosten der Hilfe verringert, die Kalkulierbarkeit und die Nachhaltigkeit der Hilfsmechanismen verbessert, das Tempo der tatsächlichen Auszahlung der Hilfe beschleunigt, weitere Hilfen freigegeben, Lösungen für nicht nachhaltige Schuldenlasten gefunden, eine solide Staatsführung sowie die Bekämpfung der Korruption gefördert und die Aufnahmefähigkeit der Hilfeempfänger verbessert werden;
7. begrüßt die Idee eines Pilotprojektes für eine Solidarabgabe auf Flugtickets zur Finanzierung des Kampfes gegen HIV/AIDS und andere Pandemien und zur Unterstützung der Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele; begrüßt ebenfalls die Aussicht, dass die Entwicklungsfinanzierung stabiler und vorhersagbarer gestaltet werden soll;
8. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich aktiv an der bevorstehenden Konferenz in Paris zu beteiligen und sorgfältig die Möglichkeit zu prüfen, sich dieser Initiative anzuschließen; anerkennt allerdings, dass steuerliche Fragen, die nicht der Harmonisierungspolitik der Europäischen Union unterliegen, nach wie vor in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen;
9. begrüßt die Beteiligung des Vereinigten Königreiches, von Frankreich, Italien, Spanien und Schweden, die zusammen über 4 Milliarden US-Dollar für die IFFIm bereitgestellt haben, einen Betrag, der zur Unterstützung und zum Ausbau der Arbeit der Globalen Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI) eingesetzt werden soll; fordert die übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nachdrücklich auf, ihren Beitrag zur IFFIm zu leisten;
10. 10 begrüßt im Zusammenhang mit innovativer Finanzierung die vor kurzem angekündigte Auflage eines Treuhandfonds der Kommission und der Europäischen Investitionsbank zur Finanzierung von Infrastrukturen in Afrika; fordert eine Steigerung der Darlehenstätigkeiten der EIB in Entwicklungsländern;
11. fordert die Organe und Regierungen der Union auf, die Realisierbarkeit einer weltweiten Lotterie zur Finanzierung von Maßnahmen zur Bekämpfung des Hungers in der Welt, wie dies vom Welternährungsprogramm in Form des Nahrungsmittelprojektes vorgeschlagen wurde, sorgfältig zu prüfen;
12. unterstreicht, dass es angesichts einer äußerst angespannten Haushaltslage erforderlich ist, bei neuen Initiativen mit Sorgfalt und Umsicht vorzugehen, damit sie von den europäischen Bürgern uneingeschränkt unterstützt werden und die Akzeptanz von entwicklungspolitischen Zielen in der europäischen Öffentlichkeit nicht gefährdet wird;
13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Sonderberater der Vereinten Nationen für die Millenniums-Entwicklungsziele, der Weltbank und dem Sekretariat der OECD zu übermitteln.