Entschließung des Europäischen Parlaments zu Guantánamo
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Rechten der Häftlinge von Guantánamo auf einen fairen Prozess, insbesondere seine Entschließung vom 7. Februar 2002 zu den Häftlingen in Guantánamo Bay(1), und seine Empfehlung vom 10. März 2004 an den Rat zu dem Recht der Häftlinge in Guantánamo auf ein faires Verfahren(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. April 2005 zu den Menschenrechten in der Welt 2004(3),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Januar 2006 zu Afghanistan(4),
– unter Hinweis auf die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1984 angenommene Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,
– unter Hinweis auf die 2001 angenommenen Leitlinien der Europäischen Union gegen Folter und Todesstrafe und ihre Leitlinien für den Menschenrechtsdialog mit Drittländern,
– unter Hinweis auf die von Präsident Bush am 30. Dezember 2005 unterzeichnete Gesetzesvorlage "Defence Authorization Bill" mit dem "Zusatzartikel McCain" ("McCain Amendment"), in dem die Anwendung von Folter für ungesetzlich erklärt wird, sowie dem "Zusatzartikel Graham-Levin" ("Graham-Levin Amendment"), wonach – entsprechend der Auslegung ("signing statement") des Weißen Hauses – in Guantánamo festgehaltene Ausländer kein Recht auf einen Haftprüfungstermin vor US-Zivilgerichten haben,
– unter Hinweis auf die neue "Army Regulation 190-55" der Vereinigten Staaten, die am 17. Februar 2006 in Kraft treten soll und der zufolge von Kriegsgerichten zum Tode verurteilte Häftlinge in allen Gefangenenlagern, darunter auch in Guantánamo Bay, hingerichtet werden können,
– in Kenntnis des von fünf Sachverständigen der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen ausgearbeiteten Berichts über das Gefangenenlager Guantánamo Bay,
– unter Hinweis auf die jüngste Forderung der deutschen Bundeskanzlerin nach Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo Bay,
– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
1. fordert die Regierung der Vereinigten Staaten auf, das Gefangenenlager Guantánamo Bay zu schließen, und drängt darauf, dass alle Gefangenen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht behandelt und unverzüglich in einer fairen und öffentlichen Verhandlung vor ein zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht gestellt werden;
2. verurteilt jegliche Form von Folter und Misshandlung und verweist erneut auf die Notwendigkeit der Einhaltung des Völkerrechts;
3. betont, dass der heutige Terrorismus und insbesondere der gegen die Demokratien und ihre Völker gerichtete weltweite Terrorismus eine Bedrohung der Grundrechte und der grundlegenden Menschenrechte unserer Gesellschaften darstellt;
4. weist erneut darauf hin, dass die Bekämpfung des Terrorismus, die eine der Prioritäten der Union und ein wesentlicher Bestandteil ihrer außenpolitischen Maßnahmen ist, nur erfolgreich fortgesetzt werden kann, wenn die Menschenrechte und die bürgerlichen Freiheiten uneingeschränkt geachtet werden;
5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Hohen Vertreter für die GASP, den Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen sowie dem Präsidenten und dem Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika zu übermitteln.