Entschließung des Europäischen Parlaments zu der strategischen Überprüfung des Internationalen Währungsfonds (2005/2121(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf Artikel 111 Absatz 4 des EG-Vertrags betreffend die Vertretung und den Standpunkt der Gemeinschaft auf internationaler Ebene im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU),
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 9. November 1998 für einen Beschluss des Rates über die Vertretung und die Festlegung von Standpunkten der Gemeinschaft auf internationaler Ebene im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Währungsunion (KOM(1998)0637),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Wien vom 11. und 12. Dezember 1998,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2001 zu dem internationalen Währungssystem - Verbesserung der Funktionsweise und Vermeidung künftiger Krisen(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Juli 2003 zur internationalen Rolle des Euro-Raums und die für die nächsten Jahre denkbaren Entwicklungen(2),
– unter Hinweis auf den Bericht des geschäfsführenden Direktors des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom 15. September 2005 über die mittelfristige Strategie des Fonds(3),
– unter Hinweis auf die Beschlüsse der Tagung der Finanzminister der G8 vom 11. Juni 2005 über den Schuldenerlass für die armen Länder,
– unter Hinweis auf Artikel 178 des Vertrags betreffend die Kohärenz zwischen den von der Europäischen Union verfolgten Politiken, die die Entwicklungsländer berühren können, und den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Brüssel vom 16. und 17. Juni 2005,
– unter Hinweis auf den Bericht der Weltbank über die Entwicklung in der Welt für 2006,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen mit dem Titel "Vorschlag für eine gemeinsame Erklärung des Rates, des Europäischen Parlaments und der Kommission – Die Entwicklungspolitik der Europäischen Union – "Der europäische Konsens" (KOM(2005)0311),
– unter Hinweis auf die Millennium-Erklärung der Vereinten Nationen vom 8. September 2000, in der die Millennium-Entwicklungsziele als von der gesamten internationalen Staatengemeinschaft aufgestellte Kriterien zur Beseitigung der Armut festgelegt werden,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. April 2005 zu der Rolle der Europäischen Union bei der Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele(4),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2005 zu der weltweiten Aktion gegen Armut(5),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. November 2005 zu dem Vorschlag für eine gemeinsame Erklärung des Rates, des Europäischen Parlaments und der Kommission über die Entwicklungspolitik der Europäischen Union – "Der europäische Konsens" (6),
– gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Ausschusses für Internationalen Handel (A6-0022/2006),
A. in Erwägung der Entwicklung der Rolle, die die Institutionen von Bretton Woods seit ihrer Errichtung gespielt haben, sowie ihres strategischen Auftrags im Dienste des Wachstums, der Entwicklung und der finanziellen Stabilität; in Erwägung der Notwendigkeit, ein stabiles und solidarisches internationales Währungs- und Finanzsystem zu fördern,
B. in der Erwägung, dass das durch ihre Stimmrechte oder ihre Quoten ausgedrückte Gewicht der verschiedenen Mitgliedstaaten in den Institutionen von Bretton Woods deren relatives Gewicht derzeit nur unvollkommen wiedergibt und dass die Rolle der Gemeinschaft – ungeachtet des Umfangs ihres Beitrags zum Kapital der Institutionen von Bretton Woods – ihrem Gewicht in der Weltwirtschaft und im Welthandel nicht entspricht,
C. in der Erwägung, dass in den genannten Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Wien die Rolle des IWF als "Eckpfeiler des internationalen Währungs- und Finanzsystems" bekräftigt und unter dem Titel "Europa als globaler Akteur – Mit einer Stimme sprechen" betont wird, dass es "zwingend erforderlich ist, dass die Gemeinschaft ihre Rolle in der internationalen währungs- und wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit in Foren wie der G7 und dem Internationalen Währungsfonds uneingeschränkt wahrnimmt", und dass dort zunächst gefordert wird, dass "[d]er EZB als Einrichtung der Gemeinschaft, die für die Währungspolitik zuständig ist, im Direktorium des IWF ein Beobachterstatus eingeräumt werden [sollte]", und dass darüber hinaus "[d]ie Standpunkte der Europäischen Gemeinschaft bzw. der WWU zu anderen Fragen von besonderer Bedeutung für die WWU im Direktorium des IWF durch das zuständige Mitglied des Exekutivdirektoriums jenes Mitgliedstaates vorgetragen [würde], der gerade die Präsidentschaft in der Euro-11-Gruppe innehat" sowie, dass "dieses Mitglied von einem Vertreter der Kommission unterstützt [würde]"; in der Erwägung, dass es in Artikel 1 des vorgenannten Vorschlags der Kommission vom 9. November 1998 heißt, dass die Gemeinschaft im Rahmen der WWU auf internationaler Ebene durch den Rat zusammen mit der Kommission sowie durch die Europäischen Zentralbank (EZB) vertreten werden sollte,
D. in der Erwägung insbesondere, dass die mangelnde Koordinierung der Gemeinschaft und des Euro-Raums sowie die auf mehrere Stimmrechtsgruppen ("constituencies") aufgeteilte Vertretung es den Mitgliedstaaten nicht ermöglicht, die vom IWF gefassten Beschlüsse entsprechend ihrem wirtschaftlichen Gewicht zu beeinflussen,
E. in der Erwägung, dass der IWF gegenüber seinen Anteilseignern (nämlich den nationalen Regierungen) verantwortlich ist und dass diese Anteilseigner ihrerseits gegenüber ihren Wählern verantwortlich sind,
F. in der Erwägung, dass die Stabilisierungsmaßnahmen des IWF erforderlich sind, um eine solide Wachstumsbasis in diesen Ländern zu schaffen, auch wenn sie nicht immer die erwarteten Ziele erreicht haben; in der Erwägung, dass die eingeleiteten Anpassungsprogramme umfassendere Erläuterungen erfordern, um zu gewährleisten, dass alle nationalen Akteure einbezogen werden und dass ihre Weiterbehandlung einer transparenten demokratischen Kontrolle unterliegen muss,
G. in der Erwägung, dass es zwar schwierig ist, die Eigenverantwortlichkeit von Staaten mit den bisweilen zahlreichen Auflagen für Hilfsmaßnahmen und Entschuldung zu vereinbaren, dass diese Bedingungen, vor allem die auf eine Verbesserung der Regierungsführung abzielenden Bedingungen, jedoch zur Sicherstellung der Transparenz erforderlich sind,
H. in der Erwägung, dass der IWF mit der Zeit eine wichtige Rolle in den Entwicklungsländern übernommen hat und sich entsprechend anpassen musste; jedoch auch in der Erwägung, dass für die Förderung der Entwicklung der ärmsten Länder eine Bereitstellung neuer Instrumente zur effektiven Verringerung des Schuldenstands und die Suche nach innovativen Instrumenten zu der Finanzierung der Entwicklung und der Bekämpfung der Armut im Rahmen der Millennium-Entwicklungsziele erforderlich sind; in der Erwägung, dass ein solches Vorgehen eine eindeutige und effizientere Aufteilung der Rollen zwischen dem IWF, der Weltbank und den UN-Institutionen sowie ein hohes Niveau an Koordinierung und Kooperation geboten erscheinen lässt,
I. in der Erwägung, dass in den genannten Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Brüssel die Bedeutung betont wird, "dass die Europäische Union weiterhin bei all ihren politischen Maßnahmen, die sich voraussichtlich auf Entwicklungsländer auswirken werden, den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung tragen wird", und "dass der sozialen Dimension der Globalisierung in den einzelnen Politikbereichen sowie bei der internationalen Zusammenarbeit Rechnung getragen wird",
1. vertritt die Auffassung, dass der IWF als Institution nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Förderung eines ausgewogenen globalen Wirtschaftswachstums und der Stabilität der Wechselkurse spielt, indem er den Welthandel und die Fähigkeit der Mitgliedsländer, sich an den Weltmarkt anzupassen, fördert und die mit Zahlungsbilanzschwierigkeiten konfrontierten Mitgliedsländer unterstützt;
2. begrüßt die derzeitige strategische Überprüfung des IWF; unterstützt eine Neuorientierung der IWF-Maßnahmen im Sinne einer Konzentration auf sein Kernmandat, nämlich die weltweiten Wechselkursschwankungen zu stabilisieren und als Kreditgeber letzter Instanz für die Länder zu fungieren, die gravierende Zahlungsbilanzprobleme haben;
3. stellt fest, dass sich die Aufgaben des IWF seit seiner Errichtung beträchtlich verändert haben, dass dies jedoch nur von geringfügigen Änderungen seiner Politikführung begleitet war; weist darauf hin, dass sich die Aufteilung des Kapitals und der Stimmrechte im Laufe der Jahre trotz der mehrfachen Überprüfungen der Quoten und des einheitlichen Zuteilungssystems der Basisstimmrechte kaum entwickelt hat; fordert daher den IWF auf, im Interesse seiner eigenen Legitimität die Möglichkeiten einer Aufteilung der Quoten und der Stimmrechte in seinen Beschlussorganen dahingehend zu prüfen, dass diese repräsentativer für die Situation der Weltwirtschaft gestaltet werden und eine Steigerung des Gewichts der Entwicklungsländer und der Schwellenländer ermöglichen;
4. weist darauf hin, dass die wichtigsten Faktoren, die es verhindern, dass sich die Entwicklungsländer im IWF ihrem Anteil an der Weltbevölkerung entsprechend Gehör verschaffen, die fehlenden Stimmen im Gouverneursrat (die afrikanischen Länder, die einen Anteil von 25 % der Mitglieder ausmachen, haben nur etwas mehr als 4 % der Stimmen) sowie der Mangel an qualifizierten Humanressourcen und an technischen und institutionellen Kapazitäten für eine wirksame Beteiligung an Beratungen und Beschlüssen sind;
5. stellt fest, dass der IWF außerdem dazu veranlasst worden ist, seine Empfehlungen auf die Bereiche Sozialpolitik und Umweltpolitik auszudehnen und dass diese eigentlich mit den Strukturpolitiken verknüpft sind; weist darauf hin, dass die makroökonomische Stabilität eine wesentliche Voraussetzung für die ordnungsgemäße Entwicklung derartiger Politiken ist; befürwortet eine verbesserte Koordinierung zwischen den für die Entwicklung derartiger Politiken zuständigen verschiedenen Institutionen;
6. ist der Auffassung, dass die Befugnisse des IWF diesen veranlassen müssten, Hintergrund und Werdegang seines Personals unter Wahrung eines hohen Niveaus zu diversifizieren, um es ihm zu ermöglichen, einen entscheidenden Beitrag zur Verwirklichung der Millennium-Entwicklungsziele zu leisten;
7. stellt fest, dass es aufgrund der zunehmenden Öffnung der Kapitalmärkte und der Liberalisierung des Kapitalverkehrs schwierig ist, das Auftreten von Finanzkrisen zu vermeiden; betont daher die Notwendigkeit, dass der IWF eine systematische Überwachung aller Mitgliedsländer durchführt;
8. ist der Auffassung, dass die fortdauernden weltweiten Ungleichgewichte im Bereich des Handels und der Wechselkurse eine Stärkung der Überwachungsaufgabe des IWF erforderlich machen, die sowohl bei der Vorhersage und der Verringerung der weltweiten finanziellen Instabilität als auch bei der Beratung einzelner Länder bezüglich Maßnahmen im Zusammenhang mit finanzieller Stabilität, Wirtschaftswachstum, Wechselkursen und Rücklagenbildung von großer Bedeutung ist; ist der Auffassung, dass der IWF nur dann eine systematische Überwachung durchführen und Ratschläge für wünschenswerte Maßnahmen zur Verhinderung des Auftretens von Finanzkrisen geben kann, wenn die Mitgliedstaaten ihre gesamten Statistiken, beispielsweise für Währungsreserven und Geldumlaufmenge, regelmäßig bekannt geben;
9. besteht darauf, dass die europäischen Standpunkte in der Vertretung der Europäischen Union im IWF besser koordiniert werden müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, auf eine einzige Stimmrechtsgruppe hinzuarbeiten und dabei möglicherweise als Euro-Stimmrechtsgruppe zu beginnen, um längerfristig eine einheitliche europäische Vertretung sicherzustellen, an der der Vorsitz des ECOFIN-Rates und die Kommission beteiligt werden und die der Kontrolle des Europäischen Parlaments unterliegt;
10. stellt fest, dass es die Anpassungspolitiken des IWF häufig nicht ermöglicht haben, die Entstehung weiterer und wiederholter Krisen zu vermeiden; bedauert in diesem Zusammenhang die zahlreichen vergeblichen Bemühungen, wirtschaftlich vernünftige Politiken zur Vermeidung von Krisen zu fördern; weist darauf hin, dass die Inflation in den Entwicklungsländern nicht das einzige wirtschaftliche Problem darstellt und dass die IWF-Politiken auf das Ziel einer makroökonomischen Stabilität und eines nachhaltigen Wachstums ausgerichtet werden sollten; schlägt vor, dass die Konditionalität auch im Rahmen einer verbesserten Kooperation mit den Fachgremien der Vereinten Nationen festgelegt und unter den internationalen Gebern koordiniert werden sollte;
11. stellt fest, dass die Existenz von bewährten makroökonomischen Politiken für die Erreichung eines nachhaltigen Wachstums wichtig ist; bekräftigt in diesem Sinne, dass die makroökonomische Stabilität nicht im Widerspruch zu einer gerechten Verteilung des Wachstums steht;
12. räumt ein, dass die vom IWF vorgeschriebenen Auflagen in einigen Fällen zu unflexibel und nicht immer an die speziellen lokalen Bedingungen angepasst waren; betont dennoch die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Verwendung der Darlehen, wobei jedoch gleichzeitig der Standpunkt der demokratisch gewählten Institutionen des Empfängerlandes zu berücksichtigen ist;
13. erkennt die derzeitige Überprüfung der Auflagen des IWF für die Vergabe seiner Darlehen an einkommensschwache Länder an; empfiehlt, dass im Zuge der Überprüfung vor allem die Verringerung der Armut als Ziel aller IWF-Darlehen an einkommensschwache Länder angesehen wird;
14. betont, dass der Grundsatz der Eigenverantwortung des Partnerlandes ("partner country ownership") im Mittelpunkt der Entwicklungszusammenarbeit stehen muss; fordert daher den IWF auf, bei der Prüfung der Auflagen für Darlehen vollständig anzuerkennen, dass der Beseitigung der Armut Vorrang eingeräumt werden muss, und das Erreichen der Millennium-Entwicklungsziele in keiner Weise zu erschweren;
15. befürwortet eine schrittweise, sequenzielle und dauerhafte Liberalisierung des Finanzsystems der Entwicklungsländer, die an deren institutionelle Kapazitäten angepasst ist und eine wirksame Regulierung und Verwaltung der Kapitalbewegungen ermöglicht;
16. teilt die Auffassung, wonach der IWF seine Analyse der Entwicklungen auf den Finanz- und Kapitalmärkten sowie der Auswirkungen auf die interne und die weltweite finanzielle Stabilität verstärken sollte;
17. dringt darauf, dass die Entwicklungsländer nicht zu einer totalen und uneingeschränkten Öffnung ihrer Märkte für ausländische Einfuhren veranlasst werden und die Möglichkeit erhalten sollten, einen zeitlich begrenzten Schutz bestimmter Industriezweige vorzusehen, um dadurch eine stabile Entwicklung zu ermöglichen; ersucht die europäischen Exekutivdirektoren des Exekutivdirektoriums des IWF, dafür zu sorgen, dass die verbleibenden Auflagen die einkommensschwachen Länder nicht zu einer einseitigen Öffnung der Märkte außerhalb des Rahmens der WTO-Verhandlungen drängen oder ihre Fähigkeit behindern, im Rahmen der WTO-Verhandlungen nach eigenem Gutdünken und zu ihren eigenen Bedingungen den Umfang der Marktöffnung auszuhandeln, zu dessen Zusage sie bereit sind; ersucht den IWF ferner, eine angemessene Flexibilität bei der Erfüllung der handelsbezogenen Auflagen zu gewährleisten, um es dadurch den Empfängerländern zu ermöglichen, das Ausmaß ihrer Marktöffnung selbst zu bestimmen; ist jedoch der Auffassung, dass eine vollständige Integration in den Weltmarkt letztlich den Entwicklungsländern, den Schwellenländern und den Industrieländern beträchtliche Wachstumsmöglichkeiten bietet;
18. fordert den IWF auf, seine Bemühungen zur Verbesserung der Transparenz fortzusetzen und eine institutionelle Struktur aufzubauen, die seinem Auftrag und den wechselnden Bedingungen der internationalen Finanzpolitik entspricht; bedauert, dass die Nichtregierungsorganisationen und die nationalen Parlamente nur unzureichend an der Definition der Konditionalität beteiligt werden; betont, dass es den nationalen Vertretern obliegt, grundsätzliche wirtschaftliche Entscheidungen wie beispielsweise die Entwicklungsstrategie oder die Armutsbekämpfungsstrategie auszuarbeiten und zu treffen;
19. verweist auf die Rolle des IWF bei der Koordinierung der europäischen und nationalen Entwicklungspolitiken zur Bekämpfung der Armut durch eine umfassende Strategie, die auf dem Konzept basiert, dass die Handels- und Währungspolitiken kein Selbstzweck sind, sondern ein Instrument zur Bekämpfung der Armut;
20. fordert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, mit Hilfe des bestehenden Stimmrechtssystems sicherzustellen, dass die Stimmrechtsgruppen ("constituencies"), zu denen sie gehören, eine entwicklungsfreundliche Agenda auf der Grundlage des Erreichens der Millennium-Entwicklungsziele bis 2015 nachdrücklich fördern und dass ihre Stimmrechtsgruppen den technischen und institutionellen Schwächen der Entwicklungsländer in den jeweiligen Gruppen besondere Beachtung schenken und die erforderliche technische Unterstützung zur Überwindung dieser Probleme bereitstellen;
21. fordert eine bessere Koordinierung und verstärkte Kohärenz der Maßnahmen des IWF, der Weltbank, der WTO, der EZB, verschiedener weiterer internationaler Organisationen und der Europäischen Union, insbesondere hinsichtlich der Instrumente, die die verschiedenen Märkte miteinander verknüpfen, darunter der Integrierte Entwicklungsrahmen, der Handelsintegrationsmechanismus, die Armutsbekämpfungs- und Wachstumsfazilität (PRGF) und die kürzlich beschlossenen Begleitinstrumente der Politik (Policy Support Instruments - PSI), um zu gewährleisten, dass die Maßnahmen zur Marktöffnung sich positiv auf den Abbau der Armut auswirken; fordert mehr Kohärenz zwischen den IWF-Programmen und den Millennium-Entwicklungszielen; unterstreicht diesbezüglich die Ambivalenz der Situation des IWF, der, obwohl er nur für einen sehr spezifischen Aspekt des öffentlichen Handelns zuständig ist, eine führende, wenn nicht gar eine beherrschende Rolle bei der Umsetzung der von allen Akteuren verfolgten Strategien spielt;
22. ist davon überzeugt, dass die Transparenz des IWF und der Vergabe seiner Mittel durch eine stärkere parlamentarische Kontrolle seitens der IWF-Mitgliedsländer gesteigert werden sollte;
23. begrüßt die Bestrebungen des IWF zur Verbesserung des Bildungs- und Gesundheitsniveaus in Entwicklungsländern; betont, dass die Verbesserung der Regierungsführung, der Bekämpfung der Korruption und der effizienten Nutzung der Ressourcen die sichersten Mittel sind, um die Ungleichheiten beim Zugang zu den Gütern und den Grundrechten der Bildung und der Gesundheit zu verringern;
24. ist der Überzeugung, dass die internationale finanzielle Stabilität nur dann gefördert werden kann, wenn die Reform des IWF mit einer nachhaltigen Haushaltspolitik und einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz in jedem Mitgliedsland einhergeht;
25. verweist auf den auffallenden Kontrast zwischen dem Umfang der Druckmittel gegenüber den Entwicklungs- oder Schwellenländern und der Unfähigkeit des IWF, die Politiken der Industrieländer erheblich zu beeinflussen, deren Haushaltspolitik und Zahlungsbilanz die vom IWF aufgestellten Kriterien teilweise nicht erfüllen und dadurch die internationale finanzielle Stabilität untergraben können;
26. begrüßt den vom IWF und der Weltbank gefassten Beschluss, die HIPC-Initiative (Schuldeninitiative für die hochverschuldeten armen Länder) zu verlängern; verweist auf die unterschiedlichen Auswirkungen der HIPC-Programme und die historischen Erfahrungen mit der Umschuldung und dem Schuldenerlass; spricht sich dafür aus, dass der IWF Politiken entwickelt, um neue Schuldenkrisen in Zukunft zu vermeiden;
27. nimmt Kenntnis von dem neuen Beurteilungsrahmen für die Schuldentragfähigkeit für die einkommensschwachen Länder, den der IWF und die Weltbank im April 2005 angenommen haben; begrüßt die Tatsache, dass mit dem neuen Beurteilungsrahmen angestrebt wird, die Verschuldung in den Mittelpunkt der Beschlussfassungsverfahren der internationalen Finanzinstitutionen zu stellen; bedauert, dass der Vorschlag insgesamt keine Lösung des Problems der langfristigen realen Nachhaltigkeit im Sinne der Schaffung von Bedingungen zur Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele durch einkommensschwache Länder bietet;
28. begrüßt die PRGF des IWF ganz allgemein;
29. unterstützt die vom UN-Generalsekretär im Rahmen des "High Level Dialogue" 2005 zur Entwicklungsfinanzierung erhobene Forderung, die Schuldentragfähigkeit neu zu definieren als das Schuldenniveau, das es einem Land ermöglicht, die Millennium-Entwicklungsziele bis 2015 zu erreichen, ohne seinen Schuldenquotienten erhöhen zu müssen, was eine stärkere Komplementarität zwischen Schuldenerleichterung und bestehenden Anforderungen an die Entwicklungsfinanzierung erfordert; bedauert daher, dass der IWF in dem neuen Beurteilungsrahmen für die Schuldentragfähigkeit für die einkommensschwachen Länder die Schuldentragfähigkeit nach wie vor auf der Grundlage von Ausfuhrquoten definiert (was nur unzuverlässige Voraussagen bezüglich der Schuldentragfähigkeit für die Länder ermöglicht, die gegenüber Schocks und starken Schwankungen bei den Ausfuhrerlösen extrem anfällig sind), dass es ihm an realistischen Bewertungen der Anfälligkeit mangelt und dass es keine systematische Analyse gibt, die die Vorteile der HIPC-Initiative in einen Zusammenhang mit den zum Erreichen der Millennium-Entwicklungsziele benötigten zusätzlichen Finanzmitteln stellt;
30. begrüßt die Bemühungen der multilateralen Institutionen, einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der Schuldenreduzierung im Rahmen des Übereinkommens der G8 zu leisten, räumt jedoch gleichzeitig ein, dass diese notwendigen Beteiligungen die betreffenden Institutionen nicht in finanzielle Schwierigkeiten bringen darf;
31. befürwortet eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem IWF und dem Europäischen Parlament sowie den nationalen Parlamenten, insbesondere in den Entwicklungsländern, um die Transparenz, die demokratische Verantwortung und die Legitimität des IWF und seiner Politiken zu stärken und fordert die Veröffentlichung ausführlicherer Protokolle des Exekutivdirektoriums des IWF;
32. betont die Bedeutung regelmäßiger Kontakte zwischen den Exekutivdirektoren des IWF und den nationalen Vertretern ihres Herkunftslandes;
33. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie dem IWF, den UN-Organisationen, der EZB sowie den IWF-Gouverneuren der EU-Mitgliedstaaten zu übermitteln.