Entschließung des Europäischen Parlaments zur Zwangsprostitution im Rahmen internationaler Sportereignisse
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Weltfrauentag am 8. März 2006,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union(1), insbesondere deren Artikel 5 Absatz 3, in dem es heißt: "Menschenhandel ist verboten",
– unter Hinweis auf das am 4. Januar 1969 in Kraft getretene Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,
– unter Hinweis auf die kürzlich vorgelegte Mitteilung der Kommission "Bekämpfung des Menschenhandels – ein integriertes Vorgehen und Vorschläge für einen Aktionsplan" (KOM(2005)0514),
– unter Hinweis auf den jüngsten EU-Aktionsplan des Rates über bewährte Vorgehensweisen, Normen und Verfahren zur Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2006 zu den Strategien zur Verhinderung des Handels mit Frauen und Kindern, die durch sexuelle Ausbeutung gefährdet sind(3),
– unter Hinweis auf die Konvention des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes sowie das Übereinkommen der IAO über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit,
– gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Menschenhandel, insbesondere mit Frauen und Kindern, zwecks sexueller oder sonstiger Ausbeutung eine der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen ist und dass der Menschenhandel in der Folge der Entwicklung der organisierten Kriminalität und ihrer Rentabilität zunimmt,
B. in der Erwägung, dass die Zwangsprostitution, bei der Frauen und Kinder ausgebeutet werden, ein erhebliches Problem darstellt, das nicht nur den betroffenen Frauen oder Kindern schadet, sondern auch der gesamten Gesellschaft,
C. in der Erwägung, dass die Erfahrung gezeigt hat, dass bei jeder großen Sportveranstaltung, bei der viele Menschen zusammenkommen, ein spektakulärer befristeter Anstieg der Nachfrage nach sexuellen Dienstsleistungen zu verzeichnen ist,
D. in der Erwägung, dass die meisten Frauen, die Opfer von Menschenhandel sind, in die Netze der organisierten Kriminalität gerieten und mittels falscher Dokumente rekrutiert, von Stellenangeboten angezogen, oft durch das falsche Versprechen einer legitimen Arbeit getäuscht und dann gezwungen wurden, als Prostituierte zu arbeiten,
E. in der Erwägung, dass von allen Mitgliedstaaten praktizierte Verfahren wie die wirksame Nutzung der Kommunikationsmittel und die Durchführung kohärenter Sensibilisierungskampagnen, bei denen die Medien und bekannte Persönlichkeiten aus der Welt des Sports intervenieren, einen positiven Einfluss auf Mentalitäts- und Verhaltensänderungen der Bevölkerung haben könnten,
1. begrüßt die vom Deutschen Frauenrat eingeleitete Kampagne und plädiert für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowie einen Austausch bewährter Praktiken; betont die Notwendigkeit einer integrierten Kampagne auf europäischer Ebene; fordert die Mitgliedstaaten folglich auf, die Kampagne in enger Zusammenarbeit mit allen interessierten Parteien, d.h. den einschlägigen Nichtregierungsorganisationen, der Polizei, den Strafverfolgungsbehörden, den Sportverbänden und -organisationen, den Kirchen und den Sozial- und Gesundheitsdiensten, einzuleiten und zu fördern;
2. fordert Deutschland und die übrigen Mitgliedstaaten auf, einen mehrsprachigen Telefonhilfsdienst einzurichten, der Gegenstand einer breit angelegten Kommunikationskampagne ist, um notwendige Informationen, Ratschläge, sichere Unterbringung und Rechtshilfe für Frauen und Kinder sowie weitere Opfer sicherzustellen, die zur Prostitution gezwungen wurden, und andere Opfer zu informieren, die oft in Wohneinheiten oder Industriegebieten isoliert sind, die Sprache des Transit- oder Bestimmungslandes nicht sprechen und nicht über die grundlegenden Informationen verfügen, um zu wissen, an wen sie sich wenden und welche Maßnahmen sie ergreifen können;
3. fordert das Internationale Olympische Komitee, die Sportverbände, d.h. die FIFA, die UEFA, den Deutschen Fußballbund und die sonstigen Organisationen sowie die Sportler selbst auf, die "Rote Karte"-Kampagne zu unterstützen und Menschenhandel und Zwangsprostitution schärfstens zu verurteilen;
4. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auf europäischer Ebene eine Kampagne anlässlich internationaler Sportveranstaltungen im Allgemeinen einzuleiten, die darauf abzielt, die breite Öffentlichkeit, vor allem die Sportler, die Fans und die Anhänger, über die Problematik und die Tragweite der Zwangsprostitution und des Menschenhandels zu informieren und entsprechende Aufklärungsarbeit zu leisten, aber insbesondere – und dies ist der wichtigste Aspekt – die Nachfrage zu reduzieren, indem potenzielle Kunden sensibilisiert werden;
5. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine Präventionskampagne zu starten, die sich an die potenziellen Opfer richtet und sie über die Risiken und Gefahren informiert, sich im Netz des Menschenhandels zu verfangen und folglich Opfer von Zwangsprostitution und sexueller Ausbeutung zu werden, und sie auch mit Informationen über ihre Rechte und darüber versorgt, wo sie in den Bestimmungsländern Unterstützung erhalten können;
6. wiederholt seine Forderungen, bereits 2006 einen Tag gegen den Menschenhandel zu proklamieren, um das Bewusstsein für das Problem des Menschenhandels in all seinen Aspekten zu stärken, sowie kostenlose Telefonhilfsdienste einzurichten; verweist auf die Notwendigkeit, auf EU-Ebene Daten über den Menschenhandel zu sammeln und Europol und Eurojust eng in die Bekämpfung dieses Übels einzubinden;
7. fordert alle Mitgliedstaaten dringend auf, die Konvention des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels zu ratifizieren, in der für den Schutz der Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung Mindeststandards festgesetzt werden, sowie die Richtlinie 2004/81/EG des Rates über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind(4), umzusetzen;
8. fordert die Mitgliedstaaten, die die Frist 1. August 2004 für die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates zur Bekämpfung des Menschenhandels(5) nicht eingehalten haben, dringend auf, unverzügliche Maßnahmen zu ergreifen, und fordert Kommission und Rat auf, möglichst rasch den im Rahmenbeschluss vorgesehenen Bewertungsbericht vorzulegen;
9. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Deutschen Fußballbund, den Bewerberländern und den Beitrittsländern zu übermitteln.