Entschließung des Europäischen Parlaments zu Usbekistan
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den zentralasiatischen Republiken und Usbekistan, insbesondere auf seine Entschließungen vom 9. Juni 2005(1) und 27. Oktober 2005(2),
– unter Hinweis auf das Strategiepapier der Kommission für Zentralasien 2002-2006,
– unter Hinweis auf das Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Usbekistan andererseits, das am 1. Juli 1999 in Kraft getreten ist,
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 18. Juli und 3. Oktober 2005,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Ratsvorsitzes der Europäischen Union zur Menschenrechtssituation in Usbekistan in den Jahren 2005 und 2006,
– unter Hinweis auf den Bericht der UN-Arbeitsgruppe zur Frage des gewaltsam verursachten bzw. unfreiwilligen Verschwindens von Personen vom 27. Dezember 2005,
– unter Hinweis auf den Bericht des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/BDIMR) vom 3. März 2006 über die Verfolgung der Prozesse,
– in Kenntnis des Berichts des UN-Sonderberichterstatters über Folter, Manfred Nowak, über bürgerliche und politische Rechte, einschließlich der Frage der Folter und Inhaftierung, vom 21. März 2006,
– unter Hinweis auf das an den UN-Generalsekretär gerichtete Schreiben des Ständigen Vertreters der Republik Usbekistan bei den Vereinten Nationen über die Menschenrechtssituation in Usbekistan vom 26. Juni 2006,
– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die nächste Sitzung des Kooperationsrates der Europäischen Union und der Republik Usbekistan am 8. November 2006 stattfinden soll,
B. in der Erwägung, dass erwartet wird, dass der Rat Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen am 13. November 2006 prüft, ob er die im vergangenen Jahr im Anschluss an die Vorfälle vom Mai 2005 in Andischan beschlossenen Sanktionen verlängert werden,
C. in der Erwägung, dass die Regierung von Usbekistan die vom Rat bei der Verhängung der Sanktionen genannten Bedingungen nicht erfüllt hat,
D. in der Erwägung, dass die usbekische Regierung noch keine unabhängige Untersuchung der Ereignisse vom 13. Mai 2005 in Andischan zugelassen hat, obwohl dies im vergangenen Jahr von verschiedenen internationalen Einrichtungen stetig und wiederholt gefordert wurde,
E. in der Erwägung, dass die usbekischen Behörden nach dem Massaker 2005 in Andischan die Bedingungen für Menschenrechtsaktivisten, unabhängige Journalisten und Institutionen der Zivilgesellschaft verschärften und Hunderte von Personen, die der Verwicklung in die Revolte verdächtigt wurden, vor Gericht stellten,
F. in der Erwägung, dass internationalen Menschenrechtsorganisationen zufolge im vergangenen Jahr keine Nachrichten von den Tausenden von Personen zu verzeichnen waren, die zur Verschleierung der Wahrheit festgenommen worden waren; in der Erwägung, dass die Inhaftierten einer großer Gefahr ausgesetzt sind, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden, sowie in der Erwägung, dass keine Beobachter zu den Verfahren gegen viele derjenigen zugelassen wurden, die eines Kapitalverbrechens beschuldigt werden,
G. in der Erwägung, dass laut dem im März 2006 veröffentlichten Bericht des UN-Sonderberichterstatters über Folter keine grundlegende Änderung bei der weit verbreiteten Anwendung von Folter oder in Bezug auf Maßnahmen und Praktiken zu verzeichnen ist, die diese effektiv bekämpfen könnten, sowie in der Erwägung, dass die usbekische Regierung keine wesentlichen Schritte eingeleitet hat, um der Kultur der Straflosigkeit ein Ende zu machen,
H. in der Erwägung, dass das Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in Taschkent am 17. März 2006 geschlossen wurde,
I. in der Erwägung, dass nach den Vorfällen in Andischan Hunderte von usbekischen Bürgern gezwungen waren, nach Kirgisistan und in andere Nachbarländer zu flüchten, sowie in der Erwägung, dass usbekische Flüchtlinge nach Usbekistan ausgeliefert wurden, obwohl dies einen eklatanten Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951 darstellt,
J. in der Erwägung, dass die usbekische Gesellschaft im Wesentlichen säkular ist und dass der begrenzte religiöse Extremismus, der existiert, hauptsächlich durch soziale Ungerechtigkeit angeheizt wird, sowie in der Erwägung, dass die Bekämpfung von religiösem Extremismus nur mit legalen Mitteln und nicht durch Unterdrückung erfolgen kann,
K. in der Erwägung, dass die Zivilgesellschaft in Zentralasien, auch in Usbekistan, in zunehmendem Maße eine offenere Gesellschaft fordert, in der individuelle Freiheiten und Menschenrechte umfassend respektiert werden, sowie einen demokratischen Wandel,
1. bekräftigt die Bedeutung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Usbekistan und würdigt die entscheidende Rolle Usbekistans in der zentralasiatischen Region, betont aber, dass diese Beziehungen auf gegenseitigem Respekt für die Grundsätze der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte basieren müssen, wie es im Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Usbekistan klar festgelegt ist;
2. fordert den Rat auf, am 13. November 2006 eine überlegte und auf bessere Beziehungen in der Zukunft ausgerichtete Entscheidung über die mögliche Verlängerung der Sanktionen auf der Grundlage der von der usbekischen Seite am 8. November 2006 im Rahmen des Kooperationsrates EU-Usbekistan eingegangenen Verpflichtungen sowie der von in der Region ansässigen europäischen Diplomaten erhaltenen Informationen zu treffen;
3. weist darauf hin, dass die Politik der gezielten Sanktionen bisher keine positiven Ergebnisse gezeigt hat, und fordert die Kommission und den Rat daher auf, die Situation aufmerksam zu überprüfen, um Mittel und Wege zum Erreichen der gesetzten politischen Ziele zu finden;
4. fordert nachdrücklich die Fortführung des Embargos in Bezug auf Verkäufe von Waffen und Transfers von Militärs;
5. fordert Usbekistan auf, umfassend mit der OSZE und den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten, insbesondere in Bezug auf die Forderung nach einer glaubwürdigen und transparenten unabhängigen Untersuchung, sowie das Völkerrecht zu respektieren und alle eventuellen UN-Sonderverfahren zu akzeptieren, für die Einladungen beantragt wurden, sowie sich für OSZE-Beobachter und unabhängige Beobachter zu öffnen;
6. fordert den Rat auf, im Rahmen des UN-Menschenrechtsrats alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass das vertrauliche "1503"-Verfahren im Fall Usbekistans keine Anwendung mehr findet, und dieses Land einem öffentlichen Kontrollverfahren zu unterwerfen, wie Louise Arbour, die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, in ihrem Bericht vom Juli 2005 über das Massaker in Andischan gefordert hat;
7. fordert die Regierung Usbekistans auf, alle Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Oppositionsmitglieder freizulassen, die noch in Haft sind, und sie ungehindert und ohne Furcht vor Verfolgung arbeiten zu lassen sowie der Schikanierung von Nichtregierungsorganisationen zu beenden;
8. fordert die usbekische Regierung auf, die Wiedereröffnung des UNHCR-Büros in Taschkent zu erlauben;
9. fordert die Kirgisische Republik sowie die anderen Nachbarländer auf, umfassend die Genfer Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951 zu respektieren, der zufolge keine Flüchtlinge mit Gewalt in ihr Heimatland zurückgebracht werden dürfen, und daher keine usbekischen Flüchtlinge nach Usbekistan auszuliefern; fordert in diesem Zusammenhang den Rat und die Kommission auf, aufmerksam die Situation aller usbekischen Flüchtlinge zu verfolgen, die bereits nach Usbekistan ausgeliefert wurden;
10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem EU-Sonderbeauftragten für Zentralasien, den Präsidenten, Regierungen und Parlamenten von Usbekistan und Kirgisistan, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Generalsekretär der OSZE zu übermitteln.